Hallo fiasko!
Es stimmt mich immer traurig, wenn ich lese, wie sich ein Angehöriger nach und nach innerlich immer mehr vom Betroffenen distanziert. Bei mir war es nämlich damals so, dass ich einfach so sehr in der Depression gefangen war, dass ich nicht mehr in der Lage war, mich irgendwie innerlich meiner Partnerin zuzuwenden. Ich hatte immer das Gefühl, dass obwohl (oder gerade *weil*?) ich ja gar nichts tue, es sich trotzdem immer weiter zum Negativen entwickelt, und fühlte mich damit überfordert, diesen Prozess aufhalten zu wollen. Mein Wunsch war immer, dass unsere Beziehung sozusagen auf Eis liegt, bis ich mich wieder erholt habe, und dass meine Partnerin einfach abwartet, bis ich wieder da bin.
Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass so etwas einem Angehörigen gar nicht möglich ist, denn sein/ihr Leben bleibt ja nicht einfach so stehen und kann dann 1 Jahr später wie vorher weitergelebt werden.
Trotzdem freue ich mich, dass Ihr zumindest den Anfang gemacht habt mit den Gesprächen, und wünsche Euch, dass Dein Mann nicht vorzeitig abspringt. Das wäre sehr schade!
Das mit dem Fahrradfahren klingt mir ein bisschen nach einer Notlösung, nach einer Flucht. Gibt es nichts, wofür Du Dich wirklich interessierst, was Du immer mal machen wolltest? Einen VHS-Kurs, wo Du 1x die Woche hinkannst zum Beispiel. Etwas, worauf Du Dich freuen kannst, was Dir einen Wochen-Rhythmus gibt. Ich glaube, das könnte Dich sehr entlasten. Es sollte aber nicht zuhause sein, sondern Du solltest dazu rausgehen müssen. Es gibt doch bestimmt auch Sachen, die nicht viel oder sogar gar kein Geld kosten.
Das mit den Selbsthilfegruppen ist zum Beispiel ne super Idee. Ich war zum Beispiel letzte Woche das erste Mal bei einer Selbsthilfegruppe für Borderline-Angehörige, und allein schon dass ich mich aufgerafft habe, da hin zu gehen, hat mir wahnsinnig Selbstbestätigung gegeben. Als ich dann dort war, fühlte ich mich gut aufgenommen und verstanden. Und am nächsten Tag hatte ich das Gefühl, endlich etwas gefunden zu haben, dem ich mich anvertrauen und dem ich vertrauen kann und wo ich mich gut aufgehoben fühlen kann. Als hätte man plötzlich Begleiter auf seinem schweren Weg, die auf einen achten und sich um einen kümmern!
Dass es Deinen Mann nicht stören würde, wenn Du plötzlich weg wärst, glaube ich nicht. Er kann es Dir nur momentan nicht zeigen bzw. kann es selber auch gar nicht mehr fühlen. Aber was auch immer er an Dir findet, sei es nun dass er Dich wirklich liebt oder nur dass er Dich nur braucht, es ist noch immer in ihm, glaub mir. Es ist nur temporär verschüttet.
Und auch auf die Gefahr hin, dass diese Beitrag schon wieder zu lang wird, aber eins muss ich noch loswerden: Als Du von dem Alk. und dem Fremdgehen Deines Ex geschrieben hast, kam mir unweigerlich der Gedanke, dass Deine jetzige Situation nur deshalb so entstanden ist, damit Du die Gelegenheit bekommst, Dich mit dem damals Verdrängten auseinanderzusetzen. Du kriegst sozusagen vom Schicksal eine zweite Chance zur Heilung. Ich weiß, so was klingt wie Hohn, wenn man in so einer Situation drinsteckt. Aber versuch auch mal, die Chancen zu sehen, die sich für Dich ergeben. Wenn man dranbleibt und nicht aufgibt, dann kommt man aus *jeder* Krise als ein besserer und stärkerer Mensch hervor. Davon bin ich ganz fest überzeugt.
28.10.2013 07:58 •
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