fiasko
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leider sind in den letzten Jahren die Freunde auf der Strecke geblieben und ich habe nicht wirklich jemanden, mit dem ich meine Sorgen teilen und bereden kann. Daher versuche ich es auf diesem Wege. Ich habe vielleicht das eine oder andere vergessen zu erzählen, aber ich glaube im großen und ganzen doch zu verstehen.
Ich habe nun fast alle Beiträge hier durchgelesen und musste jedesmal mit den Tränen kämpfen, denn die Beiträge haben mich alle tief berührt und ich kann eure Gefühle nachempfinden.
Ich selber bin 47 Jahre alt und auch ich lebe mit einem depressiven Mann zusammen. Wir sind nun seit 13 Jahren ein Paar, davon 5 Jahre verheiratet. Als ich ihn kennengelernt habe konnte ich von Depressionen nichts spüren, aber kurz nach unserem kennen lernen erzählte er mir seinen Lebensweg. Schwere Kindheit mit gewalttätigem Vater ….. Kinderheim ….. Abstieg in Alk. und Dro., Schlägereien…… Kann man kaum glauben, wenn man ihn heute so sieht.
Unser Zusammenleben war von Anfang an nicht leicht, der ganze Weg bis zum heutigem Tag war nur voller Steine……. Möchte das hier aber nicht alles auflisten, sonst schreibe ich hier noch Stunden.
Mein Mann war immer ein Workaholic, immer nur ein paar Stunden Schlaf, dann war er zufrieden. 1995 hatte er dann ein Burn Out und war für ein halbes Jahr in der Psychosomatischen Klinik. Er hatte wieder zu sich gefunden, jedoch nie zu 100 %, litt weiter unter leichten wiederkommenden Depressionen.
2005 hatte er 3 leichte Schlaganfälle aufgrund psychischen Stresses mit dem Finanzamt (wir waren mal selbstständig). Wir sind dann in die Insolvenz gegangen und kurze Zeit später kam der Dauerschwindel. Der Schwindel wurde immer schlimmer und 2007 hatte er dann einen versteckten Herzinfarkt …. Er fühlte sich zu nichts mehr tauglich, kann seitdem keiner Arbeit mehr nachgehen, kein Geld verdienen. Ein Workaholic im Stillstand – geht gar nicht. Das ist wie ein Schlag ins Gesicht für so einen Mann……
Nach der Selbstständigkeit Arbeit für mich zu finden war nicht einfach, zu alt, zu lange aus dem Beruf raus, also Knochenarbeit in einer Baumschule, verdiene nicht all zu gut, aber es hält uns über Wasser. Er hat versucht Rente einzureichen, wurde abgelehnt, vom Staat bekommt er keinen Zuschuss, weil ich „zu gut“ verdiene, sprich über dem Existenzminimum liege. Hier nagt das Gewissen an ihm das ich mit der schweren Arbeit den Lebensunterhalt verdiene und er mit nichts beitragen kann.
Letztes Jahr im Oktober kam bei ihm ein Lagerungsschwindel hinzu, er ist fast abgedreht und ich hatte richtige Angst um ihn. Sie haben den Lagerungsschwindel nicht wirklich wegbekommen und Anfang diesen Jahres kam der Lagerungsschwindel dann nochmal und zwar ganz arg. Der HNO-Arzt konnte ihm helfen, aber mein Mann steckte inzwischen so tief in der Depression aufgrund des ewigen Dauerschwindels und dem psychischen Stress mit unserem Umfeld, dass er die Anweisung vom Arzt bekommen hatte nicht alleine zu sein, also habe ich meinen ganzen alten Urlaub und die Überstunden genommen um bei ihm zu sein. Es war ja auch schon wegen seiner schweren Depression ein Termin für die Psychosomatische Akutklinik vorhanden. Bis dahin mussten wir irgendwie durchhalten. Es war eine der schwersten Zeiten in meinem Leben, ich konnte nur hilflos daneben stehen und nicht im entferntestem helfen. Es tat so weh ihn so leiden zu sehen.
Er war dann 9 Wochen in der Akutklinik und hatte dort wohl auch kleine Fortschritte gemacht. Ich hatte in diesen Wochen wieder Zeit für mich bzw. konnte mein Akku wieder aufladen, denn ich hatte kaum noch Kraft, ich war total leer und ausgebrannt. Wir haben täglich telefoniert und es tat gut wieder mit ihm reden zu können, denn das konnten wir vorher schon so gut wie überhaupt nicht mehr. Ich war letztendlich total überfordert mit seiner Depression und bin selber in depressive Phasen/Verstimmungen gerutscht, die dann auch in Agressionen übergetreten sind und so hatten wir uns zuletzt häufiger gestritten als unterhalten. Ich habe hier leider auch meinen Beitrag zugetan um ihn weiter in die Depression zu stürzen :) Ich habe ihn und seine Gefühle einfach nicht verstehen können.
Nach seiner Rückkehr war er total verändert. Er war nur noch mit seiner Gruppe auf dem Handy am chatten (alles Frauen) von morgens bis abends. Ich selber stand außen vor, fühlte mich total ausgeschlossen aus seinem Leben was die Eifersucht in mir entfacht hat und letztendlich auch die Angst ihn zu verlieren, denn wenn ich eines in diesen Wochen gemerkt habe, dann das wie sehr ich diesen Mann liebe und in meinem Leben brauche. Das hat sich aber inzwischen geregelt und er erzählt mir auch viel von diesen Frauen und ihren Geschichten, es ist so eine Art Selbsthilfegruppe für ihn.
Da die Wirkung der Klinik nicht lange angehalten und die Depression sich inzwischen wieder verstärkt hat, verschlinge ich seit Tagen alles über Depressionen, damit ich ihn endlich verstehen und dementsprechend unterstützen kann. Ich bin ein sehr emotionaler Mensch und es ist nicht immer leicht für mich meinen Mund zu halten, aber ich bin dabei zu lernen. Mein Mann liebt mich und das weiß er auch, auch wenn er es nicht immer fühlt ……. Ich versuche viel mit ihm zu reden und sage ihm auch immer wieder das ich ihn liebe und immer an seiner Seite sein werde, immer für ihn da bin und er sich auf mich verlassen kann.
Laut seiner Therapeutin soll ich mich einer Selbsthilfegruppe anschließen, damit ich lerne mit seiner Depression umzugehen, denn er ist laut Auskunft mehrerer Therapeuten nicht mehr therapiefähig, weil er zu viele Therapien in seinem Leben hatte und sich daher selber bis zu einem gewissen Maß unter Kontrolle halten kann, aber diese Depression nicht wieder loswerden wird. Eine Selbsthilfegruppe gibt es hier in unserer Stadt und Umgebung leider nicht, so habe ich mich im Internet umgesehen und bin auf dieses Forum gestoßen…….
Ich hoffe, dass mir Eure Erfahrungen und der Austausch hier helfen wird mit der Depression meines Mannes umzugehen und danke Euch für das durchlesen.
Liebe Grüße
PS, Ich vergass zu erwähnen das er auch unter vielen und schweren Panikattacken leidet ......