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Mein Sohn hat Depressionen - wie kann ich ihm helfen?

K
Hallo Zusammen,

Ich habe mich in diesem Forum angemeldet um hier vielleicht etwas Hilfe zu bekommen. Ich weiß dafür gibt es Hilfegruppen und Vereine, aber mir sind eure ehrlichen und ungefilterten Meinungen sehr wichtig. Ich werde etwas ausholen müssen, da das ganze nicht in ein paar Sätzen erklärt werden kann aber ich versuche mich kurz zu fassen.

Mein Sohn ist ein Scheidungskind. Seine Mutter und ich haben uns vor gut 10 Jahren getrennt, keine schöne Trennung aber wir haben zumindest versucht, dass die Kinder so wenig wie möglich davon mitbekommen. Mein Sohn ist heute 18, also hat er mit ca. 8 Jahren die volle Breitseite mitbekommen. Seit 3 Jahren wohnt er jetzt bei mir und eigentlich lief alles gut und sogar besser und besser. Wir waren nicht nur Vater und Sohn, sondern schon etwas mehr. Ich habe nach der Trennung noch mal geheiratet und in der Zeit, in der er bei mir war, habe ich mich von dieser Frau wieder getrennt, was uns noch mal zusätzlich näher gebracht hat. Seit einiger Zeit bin ich mit einer neuen Frau und die Verhältnisse waren gleich mehr als gut. Mein Sohn verstand sich blendend mit meiner Freundin, fragte sie sogar um Rat wenn es um seine Freundin ging und auch andere Dinge wo man nicht unbedingt mit jedem drüber redet. Wir pflegen ein sehr offenes und ehrlich Verhältnis zueinander.
Vor gut einem halben Jahr fing dann alles an Risse zu bekommen. Er entdeckte das Feiern mit Freunden für sich und hat auch, denke ich, den einen oder anderen J. getestet. Was auf jeden Fall war, war recht häufig und viel Alk.. Natürlich haben wir diesbezüglich interveniert und im klar gemacht, dass auch wenn er 18 ist, dass nicht gut für seinen Körper ist. Das wollte er natürlich nicht hören. So gingen dann viele Dinge auf ähnliche Weise weiter und man fängt an sich darüber zu Ärgern, was als Eltern auch, denke ich mal, völlig normal ist. Man geht ja auch nicht gleich immer vom schlimmsten aus. Wie haben dann versucht das Gespräch mit ihm zu suchen, aber der Tenor war immer der selbe. Es ist alles in Ordnung. Von daher haben wir ihn auch gewähren lassen. Sein Verhalten wurde aber immer fragwürdiger. Manchmal wirkte er total überdreht und manchmal zog er sich relativ viel zurück. Er spielt aber auch gerne via Internet mit seinen Freunden von daher war es nicht einfach festzustellen ob er sich übermäßig zurückgezogen hat oder nicht.
Vor einiger Zeit suchte er dann das Gespräch mit uns und erzählte uns, dass er glaubt Depressionen zu haben. Wir haben mit ihm darüber gesprochen und nach dem was er uns so erzählt hat, haben wir erstmal angenommen, dass es sich um ein ganz normales Tief handeln würde. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass es sich um eine Depression handeln soll. Ich habe auch das Gespräch mit seiner Mutter und ihren neuen Lebensgefährten gesucht. In erster Linie damit sie über ihren Sohn bescheid weiß, aber um mal zu sehen wie Sie das sehen. Auch sie konnten sich nicht vorstellen, dass es sich um eine Depression handeln soll.
Die Frage die ich mir natürlich immer wieder stelle, ist ob ich was falsch gemacht habe. Sein verhalten war in letzte Zeit auch eher an einen Rebellen angelehnt als an einen depressiven Menschen. Er wollte seine Ausbildung abbrechen und nutzte seit dem Gespräch darüber, jede nur erdenkliche Chance sich nicht an die Regeln oder Absprachen zu halten die wir miteinander getroffen hatten. Er versuchte sich hinter meinem Rücken einen Arbeitsvertrag an Land zu ziehen, ging nicht mehr zur Ausbildung, verschlief ständig und alle fing an nachdem er angekündigt hat die Ausbildung hinzuschmeißen um sich was anderes zu suchen. Das erzeugte bei uns natürlich in erster Linie mal die Vermutung, dass er sein Rechte als 18 Jähriger jetzt mit biegen und brechen durchsetzen will. Das haben wir aber gemeinsam mit seiner Mutter unterbunden. Den Vorwurf den ich mir mache, ist jetzt vielleicht falsch gehandelt zu haben und damit alles verschlimmert habe. Andererseits, wenn ich darüber nachdenke wie alles gelaufen ist, hätte ich nicht anders gehandelt. Man kann sein Kind doch nicht alles durchgehen lassen. Vor allem ließ sein Verhalten auch eigentlich nie auf eine Depression schließen.

Von daher erhoffe ich mir die eine oder andere Antwort zu bekommen, die mir bzw. uns allen weiterhelfen kann oder wird.
Vorab schon mal vielen Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt, euch mein Problem anzulesen.

27.11.2018 09:36 • #1


Pilsum
Hallo Kodi,

auf Deine Beschreibung zu antworten finde ich sehr schwierig.

Warum Dein Sohn depressiv ist, wird er, wenn überhaupt, nur selbst beantworten können.
Deine Sorgen verstehe ich.
Zitat:
Den Vorwurf den ich mir mache, ist jetzt vielleicht falsch gehandelt zu haben und damit alles verschlimmert habe.


In Familien wird man immer aus der Sicht des anderen, Fehler machen.
Solche Fehler führen aber selten automatisch zu Depressionen.
Daher finde ich, solltest Du Dir zunächst keine Vorwürfe machen.

Wie gut kann Dein Sohn über seine Gefühle und Empfindungen reden?
Könnten seine Freunde oder eine Freundin da eine Rolle spielen?

Viele Grüße

Bernhard

28.11.2018 00:53 • x 1 #2


A


Hallo Kodi,

Mein Sohn hat Depressionen - wie kann ich ihm helfen?

x 3#3


K
Hallo Pilsum,

Wie seine Depressionen zustande gekommen sind, kann ich auch nur vermuten. Natürlich hat er auch die eine oder andere Enttäuschung was seine Freunde angeht erlebt. Eine Freundin hatte er bis Anfang des Jahres, die wahr aber recht schwierig. Was eventuell dann auch noch erschwerend hinzukommt, mein Sohn ist recht intelligent. Aufgrund einer Vermutung im Kindergarten auf ADHS, sind wir damals mit Ihm zur Uni-Klinik gefahren, wo sie dann letzt endlich einen IQ-Test gemacht haben, den er mit 5 Jahren schon mit gut 120 abgeschlossen hat. Von daher ist es recht schwer für Ihn, jemanden zu finden, mit dem er sich niveauvoll unterhalten kann. Und von einer Freundin brauchen wir da gar nicht erst zu reden. Er hat zwar jetzt über das Internet ein Mädchen kennengelernt, mit der er sich auch über Dinge unterhalten kann, die ihn interessieren, die gute kommt aber aus Marokko (Schöne neue Welt).
Er ist auch eigentlich sehr Ehrgeizig, zumindest für die Sachen, für die er sich interessiert. Vielleicht sogar manchmal zu ehrgeizig was im dann auf die Füße fällt. Er macht Kartentricks, als interessant aussehende Fingerfertigkeit oder als Zaubertricks. Er tanzt und für das was er übt (nicht viel), sogar verdammt gut. Egal für was er sich interessiert, er steckt dann recht viel Energie darein. Es fällt ihm dann aber auf die Füße, wenn er mal einen Tag hat, an dem es nicht so klappt wie sonst. Im Normalfall würde man sagen, das ist normal. Viele Dinge die man tut, hängen auch von der Tagesform ab. Bei Ihm ist es dann so, dass er dann in ein kleines Tief fällt. Ich kenne das von mir selbst. Wenn bei mir im Sport irgendwas nicht so klappt, wie ich es gewohnt bin, dann kann ich mich da auch sehr drüber ärgern. Meist schreie ich meinen Frust dann mal kurz raus, und dann ist es aber auch wieder gut. Bei Ihm ist es dann eher so, dass er sich dann minderwertig vorkommt und gleich sich in eine Art Gedankengerüst einkesselt und sich einredet dass er gar nichts kann.
Es ist auch sehr schwer für mich, sich das vorzustellen wie es einem geht, der Depressionen hat oder welche Arten es gibt. Wie schon gesagt, bei meinem Onkel hab ich es mitbekommen. Der war halt permanent down, konnte nicht schlafen, etc. Bei meinem Sohn ist es dann aber auch so, dass er sehr viel Phasen hat, wo es im Augenscheinlich ganz gut zu gehen scheint. Von daher ist es recht schwer für mich, das mit einer Depression im Einklang zu bringen. Aber das ist ja auch letzt endlich der Grund, warum ich diese Forum ausgesucht habe. Ich will mich schlau machen und verstehen, um auch ihn verstehen zu können. Ich hatte mit meinem Sohn immer ein bomben Verhältnis, konnten uns alles sagen und wussten eigentlich alles voneinander. Das hat aber in der letzten Zeit alles Risse bekommen.

28.11.2018 08:29 • x 1 #3


A
Hallo Kodi.
Habt ihr mal mit eurem Hausarzt drüber gesprochen? Ich selbst bin im Moment auch in einer Situation wo ich einfach nicht genau weiß was mit mir los ist. Deshalb habe auch ich Hilfe in diesem Forum gesucht um von Leuten zu hören die ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
Bei mir war der Hausarzt die erste Person der ich wirklich alles erzählt habe was mich belastet und er hat auch wirklich alles untersucht und mich dann gefragt ob es vielleicht auch die Psyche sein kann.. er sagte es gibt ja so viele psychische Erkrankungen was alles nicht sofort Depressionen sind.
Wie sich das anhört für mich ist dein Sohn nah am Perfektionisten, was ja nicht unbedingt schlecht ist, aber das kann durchaus auch krankhaft werden sodass man sich selbst irgendwann nicht mehr Wertschätzt oder als minderwertig betrachtet wenn es nicht funktioniert..
ich habe auch eine dame kennengelernt die von sich sagt das sie perfektionistin ist, auch sie hat Phasen wo sie regelrecht depressive Phasen bekommt weil alles nicht so klappt wie sie das erwartet.
Ich würde mal mit deinem Sohn sprechen und mit ihm erstmal zum Hausarzt fahren, die sind zwar natürlich nicht der richtige Ansprechpartner aber haben meiner Meinung nach sehr viel wissen darüber was es alles so gibt. Er kann euch dann vielleicht auch weiter beraten, vielleicht ist es ja auch alles ganz harmlos und mit etwas verhaltenstraining gut in den Griff zu bekommen. Ich hoffe ich konnte dir etwas helfen und wünsche dir und deinem Sohn alles gute weiterhin

28.11.2018 08:46 • x 1 #4


Pilsum
Hallo Kodi,

Deinem Sohn zu helfen wird etwas schwierig sein.
Gut ist vermutlich, wenn Du ihn und das, was er sagt und macht, versuchst weitgehend zu akzeptieren.
Eine depressive Phase kann durchaus auch für einige Zeit normal sein. Ein junger Mensch
bildet seine Persönlichkeit in diesem Alter ein deutliches Stück weiter aus.
Viele Fragen werden deshalb für Deinen Sohn neu entstehen und noch nicht beantwortet werden können.
Er selbst sollte entscheiden, ob er noch damit zurechtkommt. Falls nicht, empfehle ihm,
sich ärztlichen Rat zu holen.
Zitat:
Es fällt ihm dann aber auf die Füße, wenn er mal einen Tag hat, an dem es nicht so klappt wie sonst. Im Normalfall
würde man sagen, das ist normal. Viele Dinge die man tut, hängen auch von der Tagesform ab. Bei Ihm ist es dann
so, dass er dann in ein kleines Tief fällt.


Gehört es nicht auch zu den wichtigen Erfahrungen im Leben, zu spüren, dass nie immer alles gut funktioniert?
Zitat:
Es ist auch sehr schwer für mich, sich das vorzustellen wie es einem geht, der Depressionen hat oder welche Arten es gibt. Wie schon gesagt, bei meinem Onkel hab ich es mitbekommen.

Zitat:
Bei meinem Sohn ist es dann aber auch so, dass er sehr viel Phasen hat, wo es im Augenscheinlich ganz gut zu gehen scheint. Von daher ist es recht schwer für mich, das mit einer Depression im Einklang zu bringen.


Ich hoffe und wünsche Dir, dass es sich nicht um eine eigentliche Depression handelt.
Dies ist aus Deinen Beschreibungen natürlich nicht annähernd heraus zu lesen.
Natürlich verstehe ich, das Du, das ihr euch Sorgen macht.
Zitat:
Ich hatte mit meinem Sohn immer ein bomben Verhältnis, konnten uns alles sagen und wussten eigentlich
alles voneinander. Das hat aber in der letzten Zeit alles Risse bekommen.


Das finde ich sehr normal. Er wird erwachsen. Somit meine ich, gerade wenn er intelligent ist, dann wird er
versuchen, sich von der Meinung seines Vaters ein wenig abzuheben.
Er baut doch seine eigene Basis, ein eigenes Selbstbewusstsein auf. Die Weltanschauung, die er nun entwickelt,
die wird sich immer mehr von Deiner Sichtweise entfernen.
Und das könnte teilweise etwas schwer für Dich werden, diese Selbstfindung zu akzeptieren.
Weil verstehen wird man als Elternteil so etwas wohl kaum.
Er wird sich gedanklich vielleicht etwas entfernen. Kann es sein, dass er noch nicht versteht, wo sein Weg
hingehen wird? Weil er sieht, die heile Welt der Familie und das, was er
draußen erlebt, unterscheiden sich deutlich.

Alles Gute für Euch

Bernhard

28.11.2018 09:06 • #5


JuliaW
Hallo Kodi,

ich würde gern einen Aspekt einbringen, der zwar mit Depression in Zusammenhang stehen kann, doch erstmal für sich betrachtet nicht unbedingt muss. Dabei geht es um das Thema Selbstwert vs. Selbstvertrauen. Ich habe neulich ein dazu Buch gelesen und diese Aussage von Dir hat mich sofort daran erinnert:

Zitat:
Es fällt ihm dann aber auf die Füße, wenn er mal einen Tag hat, an dem es nicht so klappt wie sonst. Im Normalfall würde man sagen, das ist normal. Viele Dinge die man tut, hängen auch von der Tagesform ab. Bei Ihm ist es dann so, dass er dann in ein kleines Tief fällt. [...] Bei Ihm ist es dann eher so, dass er sich dann minderwertig vorkommt und gleich sich in eine Art Gedankengerüst einkesselt und sich einredet dass er gar nichts kann.


Das Wort minderwertig beinhaltet schon das Wort Wert und ist damit sehr nahe an Selbstwert. Der Autor (Dan Svarre) ist Erziehungsexperte und erklärt den Unterschied zwischen Selbstvertrauen und Selbstwert und wie es sein kann, dass gerade auch Kinder, die sehr viel können, genau in solche Löcher fallen wie Du es beschreibst. Im Erleben der Kinder nistet sich ein, dass sie gar nichts können - und daran lässt sich etwas ändern. Es gilt den Selbstwert der Betroffenen zu stärken und da kann man sehr viel mit einer kleinen Veränderung in der eigenen Kommunikation erreichen. In diesem Beitrag Freund hat kein Selbstbewusstsein und Depressionen, Beitrag # 2 hatte ich auch schon mal darüber geschrieben und da ist auch der Link zu dem Buch enthalten, falls es Dich interessiert.

Wenn Du Dich in Richtung Depression informieren möchtest und nach einer fachkundigen, jedoch noch nicht im Mainsteam angekommenen Sichtweise suchst, dann würde ich Dir eines der Bücher von Josef Giger-Bütler empfehlen. Er hat mehrere geschrieben mit unterschiedlichem Fokus unter anderem auch, um Betroffenen beim Ausstieg aus der Depression zu unterstützen. Der Autor betrachtet die Depression als Entwicklungsgeschehen und dieses setzt ganz bestimmte Denk- und Verhaltensmuster voraus, die zu immer stärkerer Überforderung, Erschöpfung und in die Hoffnungslosigkeit führen. Ich könnte mir vorstellen, dass Du dadurch relativ fundiert einen Überblick gewinnen kannst, ob es sich bei Deinem Sohn um Depressionen handelt.

Ich wünsche Dir, dass Du einen Weg findest, um Dir mehr Klarheit zu verschaffen und Deinen Sohn unterstützen zu können.

Liebe Grüße,
Julia

28.11.2018 12:07 • x 1 #6


K
Hallo Bernhard,

das was Du schreibst, ist mir auf jeden Fall eine große Hilfe. Es ist nicht verkehrt mal einen Außenstehenden einen Blick über die Situation werfen zu lassen. Ich hoffe natürlich auch, dass es nur eine Phase der Selbstfindung ist in der er da grade drin steckt.

Zitat von Pilsum:
Kann es sein, dass er noch nicht versteht, wo sein Weg
hingehen wird? Weil er sieht, die heile Welt der Familie und das, was er
draußen erlebt, unterscheiden sich deutlich.


Das trifft es ziemlich auf den Punkt. Er kam vor etwas längere Zeit schon mal auf mich zu um mir genau das zu sagen. Dass er noch nicht weiß, wo für ihn die Reise hingeht. Dass er viele Sachen macht, die ihm auch Spaß machen, aber er sich nicht darin wiederfindet.

28.11.2018 15:10 • x 1 #7

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