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Mein Tagebuch

Nuala
Mittlerweile bin ich Mitte 50.
Demnach müsste ich eigentlich zu den alten, älteren gehören.
Als Kind dürften Leute meines Alters für mich uralt gewesen sein.
Und selbst als Studentin dürfte ich das so empfunden haben.

Manchmal denke ich an die Eltern einer Schulfreundin Sonja. Wir waren auch noch im Studium in Kontakt.
Ich erinnere mich, wie wir mit ihrer eher konservativen (Vater Professor) Familie am Tisch saßen.
Sie luden mich manchmal zum Essen ein. Insbesondere am an Weihnachten - immerhin am 2. Weihnachtstag - fand ich das wirklich nett.
Es kommt mir vor wie gestern. Ihre Eltern dürften damals auch Mitte 50 gewesen sein.
Und jetzt bin ich so alt wie die damals waren. Aber ich bin doch immer noch dieselbe wie damals Mitte/Ende 20.

Der Kontakt ist verloren gegangen. Die Eltern bauten weiter weg in Köln ein neues Haus.
Meine Freundin studierte Medizin, dann Zahnmedizin in einer anderen Stadt. Kam aber häufiger nach Hause.
Sonja hatte einen Freund namens Tim, der damals wohl schon fertiger Arzt war und im angrenzenden Ausland arbeitete.
Später saß dann auch noch die Freundin des Bruders meiner Freundin mit am Tisch.

Gerne erinnere ich mich daran zurück. Es war auch eine Art Familienersatz.
Und ich bewunderte die gehobenen, perfekten, harmonischen Verhältnisse.
Alle schlank, beide Kids studieren und erwarben später - wie erwartet - Doktortitel.
Vor dem Vater hatte ich etwas Angst.
Ich glaube, zu Schulzeiten war ich schon dort gewesen. Natürlich wurde ich etwas ausgefragt und konnte dem nicht wirklich gewachsen sein.
Ich wollte schon gar nicht mehr kommen. Ich glaube, Sonja hat hinter meinem Rücken eingegriffen.
Obwohl sich wohl jeder Mensch gefragt hätte, warum ich endlos studiere - nie wurde ich darauf angesprochen.

Sie erzählte mir mal, der Vater würde darauf bestehen, dass am Wochenende alle um 10 Uhr fertig angezogen am Frühstückstisch sitzen.

Ein Mal diskutierten wir ein politisches Thema. Die Familie waren CDU Wähler. Er beendete das Gespräch mit dem Satz.
Meine Ansicht habe Stammtisch-Niveau.

Sonja erzählte häufiger lachend, ihr Vater würde an der Uni jedes Jahr die Saure Zitrone für Unbeliebtheit bekommen.
Sein Büro sei wirklich sehr klein und sie habe sich früher geschämt, weil der Vater damals nur einen Peugeot gefahren sei.

Auch für ihre Mutter (studierte Hausfrau) würde sie sich manchmal schämen, weil sie zuhause in altmodischer Kleidung herumlaufe und wie eine Putzfrau aussähe. Sie hatten natürlich jemanden, der beim Putzen half.

Sie könne nicht mal Autofahren. Sie sei ausgerechnet in ein Polizeiauto gefahren und habe die Hoffnung auf den Führerschein aufgegeben.

Ich mochte Sonja irgendwie. Wie hatte sie nach der Schule nur noch die Energie für Violin- und Klavierstunden. Und noch Ballett?
Ich bewundere sie. Ich wäre gerne so wie sie.


Meine Freundin Sonja ist mit ihrem Freund anscheinend nicht mehr zusammen.
Sie wollte wohl nie reine Hausfrau sein. Ob sie Kinder mag oder wollte, weiß ich nicht.

Ich google sie zeitweise. Es gibt ein paar Fotos und ich speichere sie. In Norddeutschland - weit weg - arbeitet sie zur Zeit.
Als Kieferorthopädin in einer Klinik.
Sie lächelt auf den Fotos. Irgendwie ist sie wohl sowieso seelisch ausgeglichener als ich. Sie hatte sicherlich weniger Probleme als ich im Leben. Aber evt. wäre sie auch mit meinen Problemen ausgeglichener, gesünder.

Sie hat immer noch ihre roten Haare. Sie dürften inzwischen gefärbt sein. Ihre sehr helle Haut mit einigen Sommersprossen zeigt milde Sonnenschäden. Die Haut scheint auch trocken zu sein.

Ich fand ein aktuelles Foto von ihr und grübelte gleich. Sie ist jetzt so alt wie ihre Eltern damals waren, als ich mit am Tisch saß. Kaum zu glauben.
Ich weiß ja noch, wie sie früher aussah und finde, so sehr verändert hat sie sich nicht. Ihre Eltern kannte ich jung ja nie.

Man muss schon selbst ein gewisses Alter haben, um das Älterwerden anderer beobachten zu können.

Ich weiß nicht wie es dazu kam, aber ein Mal machte der Ex-Freund Tim mit mir im Sommer eine mehrstündige Radtour in die Umgebung.
Meine Freundin mochte kein Radfahren.
Wir unterbrachen unsere Tour in einem Restaurant-Café. Es war herrlich gelegen. Ein klassizistisches Schloss ganz in weiß, mit weißer Kieselstein-Terrasse. Wirklich idyllisch.

Und plötzlich tauchte meine Freundin Sonja (alle Namen geändert) auf. Ich war wirklich sehr überrascht. Sie setzte sich zu uns und bald fuhren wir weiter. Ob es Eifersucht war? Sonja zeigt keine Schwächen. Sie würde es nie zugeben.
Ich selbst war stets derart beladen mit Problemen - ich hätte S nie einen Grund zur Eifersucht gegeben. Daran habe ich keine Sekunde gedacht. Ich mochte S. ja auch. Und warum sollte sich ein Arzt für mich interessieren?
Ich studierte zwar, aber gesundheitliche Probleme verzögerten alles, ich musste 2 Examina bewältigen und ich ahnte, dass
meine berufliche Karriere gar nicht starten wird.

Obwohl diese Radtour über 20 Jahre her sein dürfte, erinnere ich mich an einen Satz von Tim Ich sei auch eine besondere Frau.
Später holte er mich ein Mal mit seinem Oldtimer ab und wir drehten eine Runde.

Die Partnerschaft zwischen beiden schien mir harmonisch zu sein. Meine Freundin - aus besserem Hause - erzählte, er habe ein problematisches Elternhaus und eine irgendwie problematische Schwester. Man habe ihm erst mal Grundregeln des guten Benehmens beibringen müssen.

Als ich ein Mal unter extremem Liebeskummer litt, durfte ich einige Tage zu ihnen kommen. Sonja mit mir in seiner Wohnung.
Dafür bin ich sehr dankbar. Leider war ich untröstlich verliebt und extrem schwer (verbal) verletzt worden. Diese klaffende seelische Wunde wollte einfach nicht verheilen. Was auch immer ich versuchte.
Ich erinnere mich noch. Sonja sagte später, das seien schwierige Tage für sie gewesen.

Darüber hinaus wurden meine Schmerzen für sie sichtbar. Ich konnte schon lange keine längere Zeit stehen, gehen.
Natürlich fragte ich auch sie um Rat. Sie machte ein paar Tests und schloss alles mögliche Erlernte aus und meinte lapidar, ich würde unter dem Tod meiner Mutter leiden. Dieser mag damals ca. 2 Jahre her gewesen sein.

Neulich habe ich Tim gegoogelt. Er hat die Stelle gewechselt. Er arbeitet wieder näher an seinem Zuhause, ganz hier in der Nähe. Er hat 3 YT-Videos hochgeladen. Aus seiner Klinik - er informiert über seinen Fachbereich in 3 Sprachen.
Er hat sich nicht sehr verändert. Ob er sich seine Haare auch färbt? Auf einem Video ist er unrasiert.
Ob er verheiratet ist?
Ich könnte auf YT einen Kommentar schreiben - den einzigen. Ihn grüßen.
Meine Selbstprognose von damals hat sich bewahrheitet - Ich bin ein akademischer Sozialfall. Was will so jemand mit mir?
Zudem bin ich deprimiert. Derart deprimiert, dass eine Partnerschaft das wahrscheinlich nicht ändern würde. Für Kinder ist es zu spät. Und überhaupt: Ich könnte geschlechtslos sein. Vielleicht es ist auch nur Schüchternheit. Wie dem auch sei: Wer will eine Partnerschaft ohne S.?

Ich bin mir nicht sicher. Vor ca. 10 Jahren ging ich am hiesigen Weihnachtsmarkt vorbei und glaubte, ihn alleine dort stehen zu sehen. Er oder jemand schaute mich aus der Ferne freundlich an. Aber ich war wohl in deprimierter Stimmung oder spontan überfordert und ging einfach weiter.

Ich habe viel Zeit und viele Jahre, auf die ich zurückblicken kann. Ich vermisse diese Zeit.
Das ist vielleicht typisch für die 50er. Man wird langsam alt und es geht in so vieler Hinsicht bergab.
In jüngeren Jahren ist man hoffnungsvoll, man hat noch so vieles vor sich. Endlich hat man die Schulzeit hinter sich. An der Uni herrscht Freiheit. Reisen, die Welt sehen. Dinge ausprobieren und entdecken.

Und jetzt bin ich genauso alt wie die Eltern von Sonja damals - und die kamen mir damals schon relativ alt vor.

29.12.2021 15:29 • x 4 #1


Nuala
Wie die Zeit vergangen ist...
Es kommt mir vor, als hätte ich gestern mit Sonja's Familie am Tisch gesessen.
Und auch so, als wäre alles exakt so wie damals, würde ich jetzt dorthin gehen.
Ich würde mich dort auch immer noch genauso fühlen.
Dabei wohnen sie dort längst nicht mehr.

In Bezug auf mein Alter stelle ich seit einigen Jahren eine Berechnung an.
Denn ich bin mittlerweile in demselben Alter, in dem mein Vater seine Krebsdiagnose bekommen haben muss.
Er war Mitte 50 damals. Er müsste ca. 56-57 gewesen sein.

Meine sind relativ späte Eltern. Mein Vater kam mir damals mit Mitte 50 doch auch recht alt vor. Von ihm habe ich wohl leider die Tendenz zum Übergewicht geerbt. Auch die Farbnuance der Haut und der Haare. Er wurde jedoch anders als ich früh grau. Auch hatte er evt. recht wenig Haare. Er hatte einen unmöglichen Haarschnitt. Der Minister Winfried Kretschmann hat denselben. Einen Klobürsten-Schnitt also.
Insgeheim fragte ich mich immer, warum er sie nicht wachsen läßt, damit sie nicht mehr stehen...

Meine Eltern waren leider beide starke Raucher...
Mein Vater bekam die Diagnose Lungenkrebs. Er war Ingenieur. Das Unternehmen, für das er arbeitete, schloss als er ca. 50 Jahre alt war. Danach fand er Arbeit in arabischen Ländern...

Ich hatte damals gerade das Abitur gemacht. Mir war klar, dass ich unbedingt studieren will. Ich weiß noch, ich war damals unendlich froh, endlich frei zu sein, länger als 6 Wochen Ferien zu haben.
Ich bekam einen Studienplatz für BWL in einer Nachbarstadt. Ich schaute mir das bewaldete Unigelände an und fühlte mich deprimiert. Diesen Studienplatz wollte ich nicht annehmen.

Da ich gerne reise, kaufte ich mir zusammen mit einer anderen Schulfreundin Anne ein Interrail-Ticket. Wir fuhren in den Süden, aber mir wurde es in Italien zu heiß. Also trennten wir uns und ich fuhr hoch in den Norden, nach Skandinavien. Ich schaute mir Städte in Dänemark, Schweden und Norwegen an.

In Norwegen kam mir die Idee, erst einmal als Au-Pair in Oslo zu arbeiten. Ich blieb also dort und verschliss in 3 Monaten gleich 2 Familien: Ich fühlte mich sehr einsam. Es wurde schon um 15 Uhr dunkel. Niemand war auf den Straßen.

Es gab ein dänisches Au-Pair in einer befreundeten Familie. Sie kümmerte sich um ein Baby. Ich war erstaunt, wie fröhlich und glücklich sie schien.
Sie hatte auch keine nennenswerten weiteren Kontakte.

Kurzum: Vor Weihnachten war ich schon wieder zuhause.

Mir kam der Gedanke, Architektur könnte ein interessantes Studium sein. Das konnte man hier vor Ort an einer FH studieren. Im Januar begann ich das notwendige vorherige 3-monatige Praktikum in einer kleinen Schreinerei.

Das Milieu schockte mich etwas. Die wenigen 3-4 Angestellten ignorierten mich.
Überall Holzstaub in der Luft. Nicht ideal mit u.a. einer Stauballergie.
Damals herrschten im Januar oft tiefe Minustemperaturen. Ich fror bei Minus 15 Grad entsetzlich und erinnere mich an ein Metallfass, in dem ein Feuer loderte. Dort stand ich und wärmte meine Hände.
Ich stand nur herum. Es gab nichts für mich zutun.
Eines Tages fuhren wir mit einem Pritschenwagen zum nahegelegenen Amts-und Landgericht, um Stühle zwecks Restauration abzuholen.
Ich bin mir eigentlich sicher, dass ich das Gebäude noch betreten haben muss.
Stühle getragen und zurückgefahren bin ich jedenfalls ganz sicher nicht mehr.
Ich tauchte dort nie wieder auf...

Stattdessen schrieb ich mich für das Sommersemester in Jura ein. An der wunderschönen Campus-Uni hier vor Ort.

Und im 1. oder 2. Semester dann die schreckliche Diagnose meines Vaters.
Er hatte - anders als meine Mutter - nie viel gehustet. Ich glaube, er hatte plötzlich blutigen Husten...

Mein zweiter Umzug fand statt... Der soziale Abstieg begann.
Mit ca. 15 Jahren vom Dorf mit eigenem, schönen Haus mit großem Garten in die Stadt in ein Reihen-Miethaus. Und nun in eine Wohnung in einem Hochhaus.

Meine Mutter richtete diese Wohnung nicht mehr wirklich her. Sie beließ es bei einer Art Filzauflage für den Flur. Es gab nur noch 2 Zimmer. Meine Schwester studierte schon andernorts. Also das größere (kleine) Zimmer für meinen 1 Jahr jüngeren Bruder und ein winziges Zimmer 6-8qm für mich.
Trotz schönem Ausblick aus dem vllt. 4 Stock: Ich fand es sehr deprimierend.

Ich hatte Anspruch auf BaföG und suchte mir ein Zimmer in einer WG.

Trotzdem besuchte ich meine Mutter regelmäßig. Mein Verhältnis zu ihr war immer gut. Mein Vater war mir fremd geblieben. Er redete eigentlich gar nicht mit uns Kindern. Überhaupt war es schweigsam zuhause.

Meinem Vater wurde ein Lungenflügel entfernt und er hatte Hoffnung. Er hörte sofort mit dem Rauchen auf. Er erwähnte mal, er habe schon mit 6 Jahren mit dem Rauchen begonnen. Er war nun also immer zuhause. Er konstruierte/bastelte einige historische Schiffe.

Ich weiss noch, dass wir ein Mal im Herbst mit dem VW-Bus nach Venedig fuhren. Ob meine Mutter veranlasst hat, dass mein Vater und ich mal zusammen spazieren gehen? Es war natürlich auch wortlos...

Ich weiß noch, einmal fragte ich ihn im Auto. Was im Englischen eigentlich der Unterschied zwischen I und Me sei. Wann man was benutzen würde: Keine Antwort.

Ich weiß auch noch, dass ich ihm im Alter von ca. 15-16 einen Brief per Airmail nach Saudi-Arabien oder Kuwait geschickt habe: Keine Reaktion.

Er wollte, dass meine Mutter nachkommt und ich war 1,5 Jahre (10. und halbe 11. Klasse) im Internat...

Ca. 3 Jahre nach der Diagnose hatte er dann Metastasen und eine Hirn-OP. Ihm fehlte danach ein Teil der Schädeldecke und er hatte einen intraoperativen Schlaganfall erlitten. Er machte Übungen, war motiviert. Trotzdem baute er allmählich ab und wurde immer dünner.

Er lag gegen Ende in einem Pflegebett im Zimmer meines Bruders.

Ich erinnere mich noch an einen seiner seltenen Sätze:
Er war im Wohnzimmer schaute mich an und sagte: Ich kann mittlerweile kaum noch atmen.

Ich war hilflos und habe nicht reagiert. Niemand umarmte sich in meiner Familie. Er war mir fremd. Hat er mich denn überhaupt geliebt?

Er kam zu einer letzten Bronchoskopie ins Krankenhaus. Es kam ein Anruf, er sei verstorben. Er sei nach der OP aufgewacht und habe (versucht?) sich den Beatmungsschlauch herauszuziehen.
Das hört sich sehr grausam an. Hoffentlich ist die Palliativmedizin heute weiter.

Er ist mit 59 Jahren gestorben.

Mittlerweile habe ich längst beide Eltern verloren. Sonja meinte, ich solle froh sein, dass ich es hinter mir habe. Ob sie das ernst gemeint hat?

29.12.2021 18:00 • x 4 #2


A


Hallo Nuala,

Mein Tagebuch

x 3#3


Nuala
Obwohl es mir generell sehr schlecht geht, versuche ich mich derzeit mal wieder zu wehren.
Schließlich habe ich Jura studiert und man darf sich nicht alles gefallen lassen.

Ich habe es gewagt, obwohl ich spüre, dass es mich überfordern könnte. Es ist zusätzlicher Stress. Und phasenweise geht es mir so schlecht, dass ich den Briefkasten nicht öffnen kann.
Aber das weiß ja niemand. Und die sowieso nicht: Meine Bank.

Im Sommer erfuhr ich aus dem TV, dass es ein neues BGH Urteil gäbe. Von den Banken verlangte Kontoführungsgebühren seien rechtswidrig. Kunden wurden über Erhöhungen nur informiert. Erforderlich sei jedoch die ausdrückliche Einwilligung.

Ich fand im Internet Musterschreiben und bediente mich einer dieser Vorlagen.
Die Antwort der Bank kam prompt. Man würde sich über mein Verhalten sehr wundern. Schließlich habe ich von den Erhöhungen gewusst.
Ich solle Unterlagen beibringen, aus denen sich ein Anspruch ergäbe. Man würde das prüfen und gegebenenfalls zahlen.
Man würde sich jedoch vorbehalten, mir zu kündigen.
Eine brenzlige Situation - als Sozialfall.

Ich war geschockt. Im Internet die Info, dass eine Kündigung aus diesem Grund rechtswidrig sein dürfte. Doch fände man als Sozialfall überhaupt einen Rechtsanwalt?
Ich rief zwei Verbraucherzentralen an. Man machte mir Mut, auf meinem Recht zu bestehen. Leicht gesagt...
Geistesgegenwärtig eröffnete ich für alle Fälle ein neues Konto bei einer Bank, die keine Kontoführungsgebühren verlangt.

Gestern wurde mir klar, dass mit dem Jahreswechsel möglicherweise eine Frist abläuft und dies zu einer Minderung meines Erstattungsanspruchs führen würde.
Ich stöberte in meinen Kontoauszügen der letzten 3 Jahre herum und begann mit den Berechnungen.
Ich kam zu dem Ergebnis, dass mir ein Erstattungsanspruch in Höhe eines mittleren 3-stelligen Betrages zustehen könnte.
Erneut fand ich online ein passendes Musterschreiben, das ich etwas abänderte und versandte es online.
Insbesondere den Passus, dass ich mir unter Berufung auf eine aktuelle EuGH Entscheidung vorbehalte, gegebenenfalls Ansprüche der letzten 10 Jahre geltend zu machen, beeindruckte mich.

Als Kontaktmöglichkeit gab ich mein Postfach auf der Bank-Webseite an.

Rückblickend muss ich mich gestern doch etwas besser - gewissermaßen kampfesmutiger - gefühlt haben.
Gleich heute Morgen nach dem Aufwachen fühlte ich, dass dieser Tag wohl schlechter werden wird.

Im Laufe des heutigen Tages sah ich zufällig auf mein Smartphone: Ein entgangener Anruf.
Das war doch die Telefonnummer meiner Bank...
Wie schön, dass ich nichts gehört habe. Wie blöd wäre ich, mich auf ein Telefonat einzulassen?

Mulmig ist mir schon zumute. David gegen Goliath.
Im Internet fand ich noch die Info, dass fast niemand Erstattungsansprüche tatsächlich geltend macht.

Meine Bank wird überfordert und entsetzt sein.

Ich versuche mich zu beruhigen: Ich bin vorbereitet und mehr als sterben kann man ohnehin nicht.

29.12.2021 23:14 • x 3 #3


Nuala
Schlechte Tage

sind für mich u.a. Tage, die endlos lang erscheinen.
So ein Tag war das heute.
Schon morgens war es draußen trist, grau und regnerisch.

Jeden Morgen wache ich bereits schmerzgeplagt auf. Heute wachte ich so müde auf, als wäre ich schlaflos gewesen.

Die erhoffte stimmungsaufhellende Wirkung eines Medikamentes blieb leider aus.
Ich bin heute also im Bett geblieben.
Gleich morgens stelle ich den TV an. So fühle ich mich weniger alleine.
Auch wenn mich diese Wiederholungen im Frühstücks-TV nerven. Ich switche zwischen ARD/ZDF, Sat1 und RTL hin und her.

Ich bin so froh einen Futterautomaten zu haben. Um 6 Uhr bekommt er die erste Mahlzeit. Eine halbe Stunde später die nächste.
Er begrüßte mich morgens also mit vollem Magen.

Von Zeit zu Zeit mache ich mir Sorgen. Könnte er sich so einsam fühlen wie ich? Benötigt er einen Artgenossen? Quäle ich ihn ungewollt?
Seit 1,5 Jahren lebt er mit mir zusammen und so alt ist er auch.

Ein erster Versuch mit Katzenbesuch lief schief. Er knurrte und fauchte.

Er hätte es schlechter treffen können. Vormittags bekommt er täglich ein Stück Fleisch. Ich verstecke es, so dass er sich anstrengen muss und beschäftigt ist.

Nachmittags öffnet sich der Futterautomat erneut.
Darüber hinaus werfe ich täglich ein paar Leckerlis durch die Wohnung und ein bisschen Maltpaste bekommt er auch.

Und er kommt an der Leine raus. Das habe ich ihm früh beigebracht. Er spaziert mit mir um das Gebäude herum. Auf einer Rasenfläche. Eine Buchenhecke, in der sich Vögel verstecken, gibt es auch. Und eine mit Efeu bewachsene Mauer.

Die Nachbarn sind irritiert. An den Gesichtern kann ich ablesen, sie sind besorgt. Halten mich für eine Tierquälerin.
Eine griff mich sogar mal verbal an. Leider will mein Kater auch im Winter raus. Regen, Feuchtigkeit stören ihn nicht.

Ich frage ihn natürlich, ob er raus will: Ich zeige ihm die Leine und er fängt an zu miauen.

Darüber hinaus steht ihm ein Balkon zur Verfügung.

Direkt vor meinem Schlafzimmerfenster habe ich Vogelfutter platziert. Manchmal kommen Vögel vorbei und mein Kater kann Vögel aus nächster Nähe beobachten.

Katzen können keine menschlichen Kontakte ersetzen. Trotzdem sind sie ein Trost. Im Gegensatz zu Menschen wird man von ihnen nie enttäuscht.
Man kann schmusen. Katzenfell ist wunderbar weich.
Die Kommunikation ist natürlich stark eingeschränkt.

Dieser Kater ist relativ verschmust. Gerne schläft er unter meinen angewinkelten Beinen.

Leider bin ich gegen Tierhaare allergisch. Ich hoffe, diese neuartige Katzenimpfung wird bald zugelassen...
Ich habe mich 4 Jahre hyposensibilisieren lassen. Es hat die Symptome etwas gelindert.
Es ist unvernünftig, eine Katze trotz Allergie zu halten. Doch es ist das Einzige, was ich habe. Und vielleicht auch das Einzige, was mich am Leben hält, mir manchmal etwas Freude schenkt.

In den beiden letzten Tagen ging es mir besser. Und ich erlebte einen Flow. Keinen Workflow natürlich. Aber einen Internetflow. Ich denke darüber nach, mir neue Kommoden zu kaufen und ich stöberte endlos.

Ich denke, es werden wieder die Kommoden des bekannten schwedischen Möbelhauses werden. Weiß natürlich.

Und da die Entscheidung gestern gefallen ist, hatte ich heute nichts zutun.
So kam mir der heutige Tag schlichtweg endlos vor.

Es wäre besser, jeden Tag raus zu gehen. Aber wohin? Wer geht im Regen spazieren? Ich wohne mitten in der Stadt. Zum Einkaufen fehlt das Geld. Busse sind hier viel zu teuer.

Immerhin wohne ich in einer schönen Stadt und habe eine schöne Wohnung. Letzteres auch nur, weil ich hier mit Job eingezogen bin und ich meine Vermieter aufgrund juristischer Kenntnisse in Schach halten kann.

Von Vermietern nicht erwünscht zu sein, ist natürlich nicht lustig. Die gesamte gesellschaftliche Stigmatisierung ist nicht lustig.
Ich habe ja nicht darum gebeten, geboren zu werden.
Umbringen soll man sich nicht. Aber haben will einen niemand. Eine Wohnung findet man nicht. Obdachlose stören wiederum das Stadtbild.

Aber mein Kater, der liebt mich doch wahrscheinlich...

Es ist schon nach Mitternacht. Wann schlafe ich endlich ein...

30.12.2021 00:29 • x 4 #4


E
Hallo Nuala,
du hast einen tollen literarischen Schreibstil, der mich gerade geflasht hat. Ich freue mich schon auf weitere Geschichten von dir!
Liebe Grüße

30.12.2021 01:27 • x 2 #5


Nuala
Ich bin erst spät nachts eingeschlafen...
Mein Katerchen erwartete mich im Wohnzimmer. Ich hatte die Tür geschlossen, damit ich ein paar Stunden durchschlafen kann.

Er amüsiert sich gerade auf dem Balkon...

Das erste was nicht nach dem Aufwachen bemerke sind Schmerzen. Ich habe seit vielen Jahrzehnten Probleme an immer mehr Stellen.
Am stärksten sind morgens beim Aufwachen momentan ausgerechnet die Schulterschmerzen, die ich erst seit einem Jahr habe. Das Liegen auf der Seite ist schmerzhaft. Je länger ich liege, desto stärker werden sie. Auf einer Skala bis 10 ist es evt. die Intensität 4.
Die Schmerzen ziehen über beide Schultern hoch in den Nacken und führen zu Kopfschmerzen.

Leider bin ich Seitenschläferin...
Als Rechtshänderin habe ich rechts ein kleines Kalkdepot, eine sogenannte Kalkschulter. Es schmerzen jedoch beide Schultern. Röntgenaufnahmen zeigen eine Enge in der Schulter.

Die Schmerzen tragen auf, nachdem ich eine Woche Gehilfen (Krücken) benutzt hatte.

Meine Theorie ist: Meine Brüste sind zu schwer (Körbchengröße D). Und ich hatte die Träger sicher 10 Jahr zu kurz eingestellt. Ich hatte sie sogar festgenäht. Wer will schon Hängebrüste? Hätte ich gewusst, wozu das führt...

Man hat zwar ab dieser Größe eine Möglichkeit bei der Krankenkasse die Kostenübernahme für eine Verkleinerung zu beantragen. Aber die Chancen sind gleich Null.
Ich spüre, die Kraft für diesen Kampf fehlt mir.
Zudem bin ich nur wenige Kilos über Normalgewicht. Ich wäre gerne schlank, war als Jugendliche sogar leicht essgestört. Machte unzählige Diäten. Meine Schwester bekam Bulimie.
Ich achte auf meine Kalorienzufuhr. Dieses Jahr habe ich sogar 6 Monate lang die Keto Diät ausprobiert. Ohne Erfolg. Das ist wirklich selten.

Eine Brustkrebsdiagnose würde zur Chance. Zynisch irgendwie.

Ich liege mittlerweile auf dem Rücken und die Schmerzen in den Schultern gehen merklich zurück.
Ständig bin ich leicht verschnupft. Es liegt an den Katzenhaaren auf meinem Bett.

Ich fühle mich krank, schwach, antriebslos und einsam. Ein neuer Tag. Wird er so endlos lang wie der gestrige?
Am Fußende meines Bettes steht ein TV. Die Sendung Notruf Hafenkante läuft gerade. Die langweilt mich. Ich kam noch nicht dazu, nach Volle Kanne umzuschalten.

Nach längerer Zeit sah ich eben eine Blaumeise an dem Vogelhäuschen, das ich an ein kleines Metallgeländer am Schlafzimmerfenster montiert habe.
Wie schön!

Ich habe meine Schilddrüsentablette schon eingenommen. Gerade trinke ich Kaffee. Seit der Keto Diät trinke ich ihn mit Schlagsahne. Es sind unnötige Kalorien. Es wäre besser, sich das wieder abzugewöhnen. Und billiger natürlich. Die Keto Diät kann man sich als Sozialfall nicht wirklich leisten.
Ich fühlte mich durch englisch sprachige YT Videos motiviert.

Ich war auch auf der Waage: 83,6 Kg. Über Weihnachten hatte ich ein wenig geschlemmt... Ich wäre so froh, wenigstens wieder die vorherigen 82 Kg zu erreichen. Aber mein Körper streikt einfach. Ob es die Menopause ist? Ich hatte sogar 2 Tage nur abends gegessen und wirklich starke Hungergefühle ignoriert...

Mein Katerchen hat leider auch einen riesigen Appetit. Es ist wirklich schwierig, seinen Betteleien nicht nachzugeben. Er verhält sich, als wäre er am Verhungern. Er wiegt etwas über 5 Kg. Ich hatte recherchiert. Das ist ok für Kater. Meine vorherige weibliche Katze wog nur 4 Kg.

Mir fiel bei diesem Kater schon als Baby auf, dass er nicht so hoch springen kann wie meine Katze. Ich habe es ignoriert. Meine Katze war am Vortag plötzlich verstorben und ich war tief deprimiert. Nur eine neue Katze würde diesen Schmerz mildern...

Jetzt ist er ausgewachsen und das Problem besteht noch immer. Er schafft es auf Tische, aber nicht auf meinen 1,30m hohen Schrank. Fühlt sich die Hüftregion hinten nicht auch knochiger an...
Könnte er HD haben oder früh Arthrose entwickeln?

Ich kann ihn überall anfassen. Ihm tut nichts weh.
Trotzdem - vorsichtshalber biete ich ihm überall Stühle als Sprunghilfe an. Mit Polstern zur Dämpfung beim Herunterspringen.

Gerade ist er gekommen. Er liegt hinter meinem Laptop und döst entspannt. Ich habe seine ausgestreckte Vorderpfote gestreichelt und er schaut mich freundlich an.

Ich glaube, die Wolkendecke draußen ist dünner geworden. Ich sehe angedeutete Sonnenstrahlen auf der weißen Fassade eines Hauses. Hoffentlich hält es längere Zeit an.

Es wäre gut, wenn ich mich zu einem Spaziergang aufraffen könnte.
Ca. 20 Min. entfernt gibt es einen Weiher mit Enten, einem Schwanenpaar... Im Sommer sah ich dort sogar mal eine Wasserschildkröte.

30.12.2021 11:18 • x 2 #6


Nuala

30.12.2021 11:36 • x 2 #7


Nuala
Es ist mittlerweile 13:30 und ich liege immer noch im Bett.
Ich fühle mich müde. 6h dürfte ich jedoch geschlafen haben.
Mein Kopf dröhnt immer noch.

Nunmehr schlummert mein Katerchen unter meinen angewinkelten Beinen.
Sein tägliches Stück Fleisch hat er schon bekommen. Er wartet jetzt darauf, dass der Futterautomat sich um 15 Uhr öffnet. Er hat ein erstaunliches Zeitgefühl und wird durch die 2 x jährliche Zeitumstellung irritiert.

Ich trinke sicher schon den 4. Kaffee. Allerdings entkoffeiniert.

Vorhin wurde im TV eine 100-jährige Frau gezeigt, die einen sehr jungen ausländischen (arabisch aussehenden) Mitbewohner hat.
Mir wurde bewusst, wie einsam ich bin. Die Frau ist beneidenswert. Sie tanzen und singen. Ohne Dich von Ramstein ist ihr Lieblingslied. Ich mag es auch sehr. Engel mag ich noch mehr. Sonst allerdings nichts. Wie dem auch sei - die ältere Dame blüht ersichtlich auf. Wirklich sehr berührend!

Ich hatte auch mal eine Mitbewohnerin. Meine Wohnung war unangemessen teuer. Ich fand keine Wohnung und fand diese zudem sehr schön. Die schönste Wohnung, die ich je hatte.
Also kam mir die Idee, mir einen Mitbewohner zu suchen.

Allerdings waren meine Vermieter not amused und ich musste einen Rechtsanwalt bitten, ein Schreiben zu formulieren...

Katrin zog ein. Eine damals ca. 26 jährige Studentin.
Die ersten 3 Monate waren für mich die Hölle. Sie war sehr chaotisch und unordentlich und ich hatte die alleinige Verantwortung für die Wohnung.
Zudem benutzte sie viel Parfüm. Und meine Duftstoff-Allergie wurde relevant.
Für sie brach eine Welt zusammen. Sie erzählte, man habe in der Vergangenheit behauptet, sie würde schlecht riechen. Ob das stimmt, weiß ich natürlich nicht.
Ich benötigte einige Wochen, bevor mir klar wurde, dass sie ein wirkliches seelisches Problem hat und sie es kaum schafft, sich nicht zu parfümieren.

Auch Regeln für die Küche musste ich aufstellen. Sie hatte 1 x wöchentlich das Bad zu putzen - ich den Rest der Wohnung. Auf das Angebot, die Aufgaben zu tauschen oder monatlich zu wechseln, ging sie nicht ein.

Nach diesen 3 Monaten den Zusammenraufens wurde es für mich jedenfalls schön.
Ich bin kommunikativ und endlich hatte ich jemanden zum Reden.

In meiner Anzeige hatte ich allerdings formuliert, dass ich einen ruhigen Mieter suche.
Sie war zwar ruhig - aber zu meinem großen Bedauern leider nicht sehr gesprächig.

Glücklicherweise komme ich auch mit Monologen klar...
Es gibt immer was zu erzählen, berichten. Mir geht der Stoff nie wirklich aus...

Sie hat hier ca. 6 Jahre gewohnt.
Eines Tages eröffnete sie mir, sie müsse mit mir sprechen.

Ihr letzter Job im Supermarkt hatte ihr nicht gefallen, dass Arbeitsamt hatte sie aufgefordert, sich doch mal auf einen ordentlichen Job zu bewerben.

Sie mag Computerspiele und hatte sich auf auf eine Jobanzeige in einer anderen Stadt als Spieletester beworben...

Ihr Auszug war sehr hart für mich. Zudem bestand erneut die Gefahr, die Wohnung zu verlieren.
Sicherlich war es auch hart für unsere Katze Lilly. Die hatte ich mit ihrem Einverständnis aufgenommen. Sie wollte Lilly damals auch haben. Ohne Unterstützung hätte ich es damals wohl auch nicht gewagt.
Und irgendwie mochte Lilly Katrin auch etwas lieber als mich.

Nach ihrem Auszug saß sie oft am Fenster in ihrem Zimmer. Sie schaute raus auf die Einfahrt - und hoffte wahrscheinlich, dass sie endlich kommt.

Es zerriss mir schlichtweg das Herz, sie dort sitzen/warten zu sehen.
Und ich vermisste sie ja auch. Nur das ich wusste, dass Warten sinnlos war.

Seit ca. 3 Jahren wohnt sie nun schon nicht mehr hier.
Wir sind immer noch in Kontakt. Sie ist mein einziger Kontakt.

Wir schreiben uns über WhatsApp. Ich natürlich viel mehr als sie.
Falls ich mehrere Sätze schreibe, liest sie das meist nicht.
WhatsApp eignet sich auch nicht wirklich für längere Schilderungen.

Sie telefoniert nicht gerne - leider...

Zur Zeit ist sie bei ihrer Familie hoch im Norden. Ein Badeort direkt am Meer bei Rostock.
Darum beneide ich sie. Wie schön es sein muss, am Meer zu wohnen...
Sie meint, sie sei das ja gewöhnt. Es sei für sie nichts Besonderes. Sie könne zudem nicht schwimmen.
Das verwunderte mich schon sehr.

Sie musste im Frühjahr auch einen ersten heftigen seelischen Schlag verkraften.
Ihre Mutter hatte plötzlich Ausfälle (stehen, sehen). Sie kam ins Krankenhaus: Metastasen eines vor wenigen Jahren diagnostizierten Gebärmutterhalskrebs.

Sie verstarb recht schnell. Katrin konnte Urlaub nehmen und war zuhause.

Ich bot ihr vorsichtig meine Hilfe an. Ich bin sehr einfühlsam und wäre gerne für sie da gewesen.
Aber sie verarbeitet Probleme eher schweigend.
Jedes Ansprechen auf das Thema, würde sie an die Sache erinnern...

Ich fragte mal nach, wie es dem Vater geht. Ob sie ihn während des Jahres kontaktiert habe...
Anscheinend erst kurz vor ihrem Besuch zu Weihnachten.
Seine Familie und die seiner verstorbenen Frau - beide kommen aus der Gegend. Familiäre Unterstützung ist also gegeben.

Ich habe ein Foto von Lilly beigefügt:
https://photos.app.goo.gl/ZaYbE6JBRW6y4dWM6

30.12.2021 14:11 • x 3 #8


Nuala
Dieser junge Mann, der bei dieser 100 Jährigen eingezogen ist.
Ich erwähnte sein arabisches Aussehen, weil es mich erstaunte, wie sympathisch er ist.

Seit 2015 gehören selbst hier in meiner abgelegenen Stadt Ausländer zum Alltagsbild.
Gleich gegenüber ist ein Bauunternehmer mit arabischen/türkischen Wurzeln eingezogen.

Mich ärgern die Männer, die ihre Mittagspause draußen auf dem Fenstersims sitzend verbringen und hoch zu mir in die Küche starren.
Im Sommer fingen sie an zu grillen und versammelten ihre riesige Familie.
Kinder liefen herum und schrien.
An die Nutzung meines Balkons war nicht mehr zu denken.

Nach ständigen Pleiten zog in eine nahe gelegene Gaststätte mit Außenbereich eine Shisha-Bar.
Grund zur Hoffnung auf eine Pleite besteht leider nicht. Im Gegenteil, bis weit nach Mitternacht ist diese Bar stark besucht. Nicht nur von Arabern... Auf dem davor liegenden Parkplatz sammeln sich dicke Auto.
Manche Campieren dort sogar mit Campingstühlen. Nachts hört man die Motoren aufjaulen: Sie rasen auf der nahe gelegenen Straße.

Leider liegt diese Shisha-Bar auf dem Weg zu einem Supermarkt... Diese Shisha's stinken wirklich übel.
Ein Blumengeschäft gegenüber zog aus und kann man den Nachfolger erahnen?
Ein Geschäft, das Shishas samt Zubehör verkauft.

Mir gefallen diese Veränderungen nicht. Blumen verschönern zudem die Umgebung.
Irgendwie wird Deutschland immer arabischer/türkischer. Ich bin viel gereist und war auch in nordafrikanischen Ländern unterwegs. Ich fand es interessant. Wer will keine fremden Länder erkunden?
Die Menschen, die fremde Kultur und Sitten - die Landschaft.
Nichtsdestotrotz: Man wird als Frau extrem aggressiv belästigt. Es ist für Frauen definitiv gefährlich. Man merkt, dass Frauen nicht respektiert werden.

Als ich im TV diesen o.g. Bericht sah, war mein erster Gedanke, dass es scheinbar doch einige nette Moslems gibt.

Vor einigen Wochen sah ich auf YT eine Doku über diese arabischen/türkischen Clans.Über den Abou-Chaker-Clan in Berlin. Und früher sah ich welche über diese Motorrad-Rocker-Banden. Selbst die sind mittlerweile arabisch.
Wie soll ich es sagen: Ich schaute mir das an und dachte natürlich: Warum können wir diese kriminellen Machos nicht abschieben? Wie kamen die hier überhaupt rein? Das alles - inkl. die Unterbringungen im Gefängnis - all das kostet unseren Staat Millionen.

Ich habe in den letzten Jahren auch private Erfahrungen mit Moslems gemacht. Ein Student aus Pakistan und ich glaube, ein Libanese.
Beide hatten sich auf meine Freundschaftanzeige gemeldet. Sie war eindeutig formuliert.
Ich wollte Männern eine Chance geben und sie nicht kategorisch ausschließen...

Beide belästigten mich in meiner Wohnung S..
Schmeichelhaft war daran, dass beide erheblich jünger, in ihren 20ern waren.
Sie wurden immerhin nicht gewalttätig.

Dann rettete ich mal eine Entenmutter mit Küken. Sie wollte zum Fluss und musste auf dem Weg dahin mehrere stark befahrene Straßen überqueren.
Ein Araber sah, wie ich versuchte, den Straßenverkehr zu stoppen und half mir.
Er war ebenfalls noch in seinen 20ern und Arzt. Er machte hier einen Sprachkurs.
Mit ihm konnte man sich niveauvoller unterhalten. Ich öffnete mich seelisch etwas.
Der hat mich nicht belästigt. Er sah eher ein, dass diese Hoffnung wenig Aussicht auf Erfolg hat.
Er meinte, er sähe sich täglich Por.s an. Das ängstigte mich auch etwas. Die Frequenz meine ich...

Die, die mich belästigt hatten, meldeten sich natürlich nie wieder. Aber auch der Arzt brach den Kontakt ab.

Mich wundert, dass es Freundschaft zwischen den Geschlechtern geben soll. Ich könnte und wollte das schon. Aber mit den Männern stimmt was nicht.

Insbesondere der Pakistaner suggerierte mir, er habe schmerzhafte Erektionen und würde das nicht aushalten.

Ich denke schon, dass ich etwas Glück gehabt habe und nicht wie 54 aussehe. Aber man würde mich wohl allmählich nicht mehr für eine Frau in den 30ern halten.

Zudem nützt mir ein jüngeres Aussehen nicht viel. Ich altere weiter und werde bald wirklich alt aussehen und zusehends körperlich verfallen.

Vielleicht bin ich ja nicht geschlechtslos. Vielleicht blockiert bei mir alles, wenn Männer direkt zudringlich werden. Vielleicht würde bei mir ein Bedürfnis entstehen, wenn ich die Gelegenheit hätte, jemanden freundschaftlich kennenzulernen. Die Initiative von mir ausgehen müsste. Verbal, sensibel - erst mal kuscheln.
Bleibt die S. nicht doch auch in einer Partnerschaft ureigene Angelegenheit?
Stattdessen wurde ich stets bedrängt...
Mein erster Freund Sb missmutig neben mir als ich nicht nochmal wollte - damals, vor Urzeiten...

Die können mich doch nicht wirklich lieben.
Nutzen sie nicht einfach meinen Körper für ihren S.?
Im Gegensatz zu einer Prost. koste ich nichts.

Aber ich habe es eindeutig gefühlt: Meine Mutter - die hat mich geliebt...
Sie hat sich große Sorgen um mich gemacht.

Wie gut, dass sie nicht mehr erlebt hat, wie ich Jahrelang völlig untröstlich unter der verbalen Beleidigung meines Objekts der Liebe gelitten habe und mein erfolgreicher Studienabschluss noch unwahrscheinlicher wurde.
Ich bin erleichtert, dass sie nicht mehr mitbekommen hat, dass ich zum Sozialfall geworden bin...

30.12.2021 15:39 • #9


Nuala
Wenn ich so nachdenke...
Es gibt wahrscheinlich keinen einzigen Lebensbereich, der bei mir nicht problembehaftet ist.

Dass es meine auch S. betrifft, läßt sich erahnen.

Allen ernstes Frage ich mich nach meiner S. Identität.
Wirklich normal im Sinne von üblich ist das nicht.

Könnte ich geschlechtslos sein, bi., uneingestanden gleichgeschlechtlich?
Und was gibt es sonst noch? Ist die Aufzählung auch wirklich vollständig?

Heutzutage sieht man im TV, dass es Leute gibt, die fühlen, mit dem falschen Geschlecht geboren zu sein. Sehr interessiert schaue ich mir solche Dokus an. Es ist Psychologie pur.

Ich bin heilfroh, mir wenigstens diese Frage nicht stellen zu müssen.
Vielleicht habe ich mir sie als Kind/Jugendliche nur nicht gestellt, weil ich gar nicht wusste, dass so etwas möglich ist.

Ich war jedenfalls ein recht jungenhaftes Kind. Meine Mutter schnitt uns allen die Haare kurz.
Wir wuchsen recht fei auf. Ich wollte eigentlich schreiben, wir wurden recht frei erzogen. Aber wurden wir überhaupt nennenswert erzogen?

Mein jüngerer Bruder bekam mal ein Go-Kart. Ich wollte auch eins und bekam ein etwas größeres.
Meine Mutter legte für uns alle ein Fotoalbum an. Meine Schwester als Erstgeborene hat zwei.
In diesem Album gibt es ein Foto von meinem Go-Kart.

Die Straße vor unserem Haus war noch nicht geteert. Ich sitze im Go-Kart und ein Nachbarjunge names Manuel - an den ich auch noch häufiger denken muss und über den ich vielleicht noch mehr schreiben werde - schiebt mich mit seinen Füßen an oder so.
Er hätte sicherlich auch gerne so ein Go-Kart gehabt...

Schön, dass meine Eltern mir auch eins gekauft haben.

Ich wuchs in einem kleinen Dorf mit ca. 500 Einwohnern auf. Es liegt hier in der Nähe.
Ich wuchs in den 70ern auf. In diesem Neubaugebiet hatten viele Kinder in ähnlichem Alter.
In jungen Jahren sind Altersunterschiede meist noch viel wichtiger.
In meinem Alter gab es nur Jungs.
Wir spielten auf einer Wiese Fußball.

Dann gab es noch einen einzigen Bauern. Der hatte u.a. 2 Jungs im Alter meines Bruders und mir.
Mit denen spielten wir beide. So ein Bauernhof ist natürlich interessant - ein Abenteuerspielplatz sozusagen. Wir spielten im Heu/Stroh. Durften auf dem Anhänger eines Treckers mitfahren...

Ich erinnere mich noch an den Tag, als mir bewusst wurde, dass ich ja eigentlich ein Mädchen bin.
Ich verlor mein Selbstbewusstsein und fragte mich, ob die Jungs überhaupt wollen, dass ich mit ihnen Fußball spiele.

Ebenso erinnere ich mich, wie ich mit dem Rad hin und her vor - oberhalb des Bauerhofes. Ich sah die beiden Jungs unten, traute mich aber nicht hinzufahren, mit ihnen zu spielen.
Ich war erleichtert, als sie mich endlich sahen und zu sich riefen.

In der Grundschule hatte ich aber dann doch eher Freundschaften mit Mädchen. Und im Gymnasium auch.

Meine Pubertät empfand ich als grausam und sie war teilweise objektiv schwierig.
Ich kam mit den körperlichen Veränderungen nicht klar. Ich wollte ein Kind bleiben. Ich wollte, dass alles so blieb wie es war.
Schweigend wie meine Familie nun mal war, musste ich mit allem alleine fertig werden.

Noch bevor die spätere heftige Akne ausbrach, durfte ich einen Sprachkurs in England machen.
Damals lief Dallas im TV. Mrs Ellie verlor ihre Brüste durch Krebs und ich äußerte vor der Gastfamilie, dass ich das nicht schlimm fände. Ich wolle keine Brüste.
Das Gelächter war mich sicher.
Die Gastschwester in meinem Alter war hingegen schon schwer pubertierend und am anderen Geschlecht interessiert.

In diesen 2 Tagen seit ich mein Tagebuch begonnen habe, habe ich ungewöhnlich viel geweint.
Ich hoffe, es ist heilsam...

30.12.2021 16:54 • x 2 #10


Nuala
Gestern Abend wurden meine Schmerzen derart stark, dass ich mich fragte, ob ich überhaupt einschlafen würde...
Verzweifelt nahm ich 10mg Escitalopram. Die Einnahme hatte ich nach einem Monat ohne eindeutig positive Wirkung beendet.
Der Serotoninspiegel soll sofort ansteigen. Trotzdem soll man erst nach frühestens 2 Wochen mit einer positiven Wirkung rechnen können. Diese Wartezeit dürfte sich bei zu niedriger Dosis verlängern. Sollte man dies nicht bereits als Anzeichen dafür werten, dass Depressionen wahrscheinlich nicht durch einen Serotoninmangel ausgelöst werden?

20mg ist die (offizielle) Höchstdosis. Für 1-2 Mal nahm ich 15mg. Ich wurde jedoch eindeutig zu müde. Serotonin macht müde. Wie soll es dann bei Antriebslosigkeit wirken können? Dopamin wird ihn steigern. Serotonin blockiert Dopamin jedoch auch...

Ich habe ja Schmerzmittel. Sie hellen zudem die Stimmung auf. Doch diese Wirkung entfällt bei täglicher Einnahme.
Und überhaupt: Medikamente sind Gift für den Körper. Leber und Niere nehmen lautlos, schmerzlos Schaden.
Man muss also vorsichtig sein. Nun bin ich allerdings schon Mitte 50. Will überhaupt 70, 80, 90 oder 100 Jahre alt werden?
Eigentlich nicht. Vor dem Sterben habe ich allerdings große Angst. Vor dem Tod wiederum nicht.

Ich ahne, ich werde immer zu feige sein, mir ein Ende zu machen oder durch absetzen von Mediamenten das Sterben einzuleiten.
Bei einem Nierenschaden würde ich also wohl die Dialyse in Anspruch nehmen.

Meine Mutter hat sich vielleicht bewusst verhungern lassen. Es ist unklar.

Heute scheint wirklich die Sonne. Morgens war ich verwundert, dass es kein Frühstücks-TV gab...

Mein Katerchen Grisu hatte brav im Wohnzimmer auf mich gewartet.
Ich mache ihm dann die Balkontür auf.

Dann gehe ich in die Küche und mache mir eine Tasse Kaffee. Immer noch mit Schlagsahne... Ich muss sie ja auch aufbrauchen.
Jedenfalls kommt Grisu schnell zu mir, denn er erwartet von mir, dass er etwas Schlagsahne abbekommt.
Gefrühstückt hat er ja schon um 6 und 6:30.

Wie immer bettelte er gegen 11 Uhr und ich verstecke wie gewöhnlich sein Stück Fleisch.
Er bettelte weiter und ich zeigte ihm sein Geschirr mit Leine. Ok - ich ging mit ihm raus. Immerhin ist das letzte Mal 2 Tage her.
Bei Sonne ist auch Grisu aktiver.

Da ich die Wohnung meist nicht verlasse, ziehe ich mich zumindest im Winter nie an. Ich bin froh, dass mein langer Steppmantel meine Schlaftracht weitestgehend verdeckt. So traue ich mich jedenfalls rauszugehen.

Ich wohne in einem 4 stöckigen MFH. Es sind 3 aneinander gereihte identische MFH. 24 Wohnparteien könnte ich draußen begegnen...

Grisu hat Angst vor Fremden. Er kennt ja nur mich. Als ich die Wohnungstür öffnete, hörte ich jemandem im Treppenhaus und musste warten, bis dieser verschwunden ist.

Draußen vor der Haustür des Gebäudes lief dann eine Frau vorbei. Grisu bekam Panik. Sie meinte: Oh, ein Kämpfer. Ich entgegnete: Nein, er hat Panik.

Auf dem Rasenstreifen hinter den Gebäuden begegnet uns glücklicherweise nie jemand. Nur deswegen will er überhaupt raus, denke ich. Er hofft natürlich darauf, doch mal einen Vogel zu erwischen...

Dort steht auch ein Baum, an dessen Stamm er manchmal hochklettert.
Ich nahm mein aufgehängtes Vogelfutter ab, welches die Vögel schon seit Wochen ignoriert haben.

Die Meisenknödel verteilte ich auf dem Boden und trat auf sie, um sie besser verteilen zu können. Die Amseln werden es fressen.

Ich habe ein Nisthäuschen aufgehängt. Ob Blaumeisen im Frühling darin nisten werden. Es sind eigentlich zwei. Im Sturm fiel eines herunter. Eines hängt etwas geschützter. Aber nach windigen Tagen hängt es schief. Doch ich belasse es dort, damit die Meisen wissen, dass dort eine Nistmöglichkeit hängt.

Ich werde sie im Frühling beide mit einem weiteren Nagel fixieren.

Grisu spielt im Wohnzimmer. Ich höre die Pappe knistern. Es sieht ein bisschen wie eine Müllhalde aus. Er liebt Mülltüten aus Plastik und Pappe. Die gekaufte Katzenhöhle wurde mit sehr langem Papp-Papier geliefert. Tja, und die liegt hier nun schon 3 Wochen auf dem Teppich... Er versteckt sich gerne darin. Grisu liebt das Knistern.
So what - ich lebe alleine und muss keine Rücksicht auf andere nehmen.

Aber staubsaugen sollte ich als Stauballergikerin wirklich regelmäßiger.

Oha, Grisu ist ins Schlafzimmer gekommen und auf das Fußende des Bettes gesprungen. Er leckt sich die Pfoten. Ich hoffe, er ist zufrieden oder vielleicht sogar glücklich...

Heute ist Silvester und ich erwähne es nicht einmal... Ich bin für Grisu und alle anderen Tiere froh, dass es kein Feuerwerk geben wird.
Und der Feinstaub...
Meine Güte, der Klimawandel... Und wir lernen nichts daraus.
Der Kapitalismus, die Wirtschaft: Beide wollen und müssen verkaufen, Geld verdienen. Bis zum bitteren - selbst herbeigeführten, verfrühten - Ende.

31.12.2021 12:12 • x 2 #11


Nuala
Es ist zu spät für eine Bearbeitung des Posts.
Ich wollte nur ergänzen, dass ich neue Fotos hochgeladen habe.
Ich denke, so wird mein Tagebuch interessanter für Leser.

https://photos.app.goo.gl/ZaYbE6JBRW6y4dWM6

Und noch erwähnen, dass es gestern am späten Abend auf meinem Balkon stank: Der Rauch aus der Shisha-Bar wurde vom Wind hier her getragen. Widerlich!
Diese fürchterliche Bar dürfte 200-300m weit entfernt sein. Vom Balkon sehe ich den Aussenbereich mit Stühlen und Windschutz und den davor liegenden Parkplatz: Viele geparkte, getunte Proleten Autos und viele Leute.
P R O L E T E N

Es ist nicht lustig, arm zu sein...

31.12.2021 12:30 • x 2 #12


Nuala
Mein Vater...

Wer war er überhaupt? Zur Erinnerung, er war starker Raucher, bekam mit Mitte 50 Lungenkrebs und verstarb wegen Metastasen bereits mit 59.

Er war übrigens Holländer. Ich glaube, meine Eltern haben sich im Gebirge kennengelernt. Mehr weiß ich nicht.
Manchmal frage ich mich, ob er meine Mutter vielleicht zum Rauchen verführt hat oder ob sie auch schon rauchte...

Bei dieser Überlegung geht es mir auch um Schuld. Ich kann nicht verhindern, die Schuldfrage zu stellen. Auch wenn ich weiß, dass es falsch ist, nichts bringt.
Nicht nur, weil sie längst lange tot sind, sondern vor allem, weil ich es nicht weiß.

Zudem ist mir klar, dass meine Wahrnehmung sehr subjektiv ist, einem Fehler unterlaufen.

Ich glaube nicht, dass er so wortkarg war, weil sein Deutsch schon sehr gebrochen war. Mein sprachliches Talent habe ich wohl von meiner Mutter.

Mein Vater hatte 6 Geschwister. Er ist 1931 geboren.
Eine Tante erzählte mal nebenbei, meine Mutter habe Holländisch gelernt und wirklich gut gesprochen und vielleicht sogar geschrieben.

Wie krass! Das wusste ich gar nicht...

Bis zu meinem ca. 13. Lebensjahr war er ja zuhause. Das Unternehmen, in dem er als Ingenieur arbeitete lag auf einem kleinen Berg oder höheren Hügel auf der gegenüber liegenden Seite eines Flußes.

Man konnte es von unserem Wohnzimmerfenster aus sehen. Ich erinnere mich noch, ein Mal brannte es dort. Meine Mutter hat ein Foto in mein Fotoalbum geklebt.

Mein Vater war handwerklich interessiert. Er verkleidete die obere Fassade unseres Hauses mit Holz, das er dunkel anstrich oder beizte.
Ich weiß noch, er bat meine Schwester, ihm zu helfen.
Es gibt ein Foto, da steht sie hoch oben auf einer Leiter.

Ich glaube, ich habe auch wenigstens versucht, die Leiter mal hochzusteigen. Ich bekam doch große Angst. Also, ich hätte da gar nicht hoch klettern können.

Wie dem auch sei. Unsere Garage sah also eher wie eine Werkstatt aus.
Ich erinnere mich an einen Tisch, der mit tiefen Kerben überzogen war, eine Art Amboss. Und ich weiß noch, ich spielte mit Holzspänen.
Und ich hatte wohl mal ein Spielzeug, mit dem ich Zinnsoldaten gießen konnte.

Er hat uns wohl auch mal eine Art Supermarktanrichte gebaut. Ich meine, es gibt ein Foto mit einem Sandkasten, wo eine simple, kleine Anrichte zu sehen ist. Das wir mal einen Sandkasten hatten, wüßte ich ohne das Foto sicherlich nicht mehr.

Ich bin mir nicht sicher, es könnte sein, dass mein Vater noch schlank war, als er meine Mutter kennenlernte.

Es gibt ein Foto, auf dem mindestens ich völlig *beep* als sehr kleines Kind in unserem wunderschönen Garten zu sehen bin. Mein übergewichtiger Vater steht in der Nähe, etwas gebückt, mit *beep* Oberkörper. Ich glaube, ein winziger Plastik-Swimmingpool ist zu sehen.

Ich wie gesagt *beep* mit einem weißen Pferden in meiner Größe.
Und meine Vorliebe für weiß wird bleiben. Schon witzig irgendwie.

Es gibt noch ein Foto aus der Weihnachtszeit von mir. Besuch aus Holland war da. Und ich bin mit weiß-grau-getigerter Teddy-Katze zu sehen.

Später dann höre ich das Miauen von Kätzchen, schleppe sie natürlich an.
Ich nannte mein silbergraues Kätzchen Monika.
Es gibt ein Foto. Ich auf den Knien auf dem schönen Weg vor dem Haus. Monika auf dem kleinen Mäuerchen.

Es ist merkwürdig. Ich kann meinen Vater gar nicht als Mann sehen. Er war mein Vater. Mir ist natürlich klar, dass mein Vater ein Mann war. Aber wenn ich ihn auf Fotos sehe, geht das kaum, ohne ihn als Vater zu sehen. Ohne diese Gefühle.
Was mögen seine Kollegen von ihm gehalten haben, Nachbarn?

Es gibt Fotos von mir als Baby, auf denen er mich immerhin auf dem Arm hat.

Ich habe das dunkelblonde Haar von ihm. Die Haut (Helligkeit Typ2) auch.
Die blauen Augen habe ich hingegen von meiner Mutter.

Mein Vater ist mir bis zum Schluss ein Rätsel geblieben. Ich kannte ihn nicht.
Er kam abends stets gegen 17 - 18 Uhr nach Hause.
Er setzte sich ins Wohnzimmer und las die Zeitung. Um 19 Uhr sah er die Nachrichten und wir hätten nie etwas anderes schauen dürfen.

Ich hatte schon Respekt vor meinem Vater. Vielleicht sogar Angst. Aber er ließ mich ja in Ruhe. Meine Mutter war für uns zuständig.

Ich glaube, sie erwähnte mal, er habe gesagt, er wolle mit uns sprechen, wenn wir älter seien.
Und dass sie sich entschieden hätten (oder nur er), dass wir nicht zweisprachig aufwachsen sollen, weil die Gefahr bestünde, dass wir keine Sprache perfekt beherrschen.

Erst in den letzten Jahren kam mir der Gedanke, dass das eventuell nur eine Ausrede war.

Woran erinnere ich mich sonst noch...
Ich hatte es schon mal erwähnt. Dass ich ihn im Auto - wir beide alleine - mal nach einem Problem in Englisch fragte und er gar nicht geantwortet hatte.

Ich nahm das damals einfach so hin. Was kann ich auch tun? Ich hatte auch Angst, ihn zu verärgern.
Ich denke manchmal darüber nach, warum er nicht antwortete.

Mehr und mehr glaube ich, er konnte keine Schwäche zeigen, zugeben. Er wusste es einfach nicht.

Ein Mal schauten wir Dieter Hildebrandt im TV, politisches Kabarret und ich musste lachen. Warum ich denn lachen würde, ich könnte das doch gar nicht verstehen.

Darüber denke ich auch nach. Ich weiss nicht mehr, ob ich den Inhalt damals wirklich verstanden habe. Aber man lacht auch auch automatisch mit, wenn das Publikum lacht.
Und auch hier stelle ich mir die Frage, warum er so reagiert hat.
Ich denke manchmal, als Holländer, vielleicht immer noch wenig vertraut mit deutscher Politik, hatte den Gag selbst nicht verstanden.

Dann erinnere ich mich noch, dass er mal sagte, er sei das Familienoberhaupt.
Das schockte mich dann vielleicht doch etwas. Es hat mich mindestens überrascht oder irritiert - und doch auch geängstigt.

Ich bin doch froh, dass meine Mutter für uns zuständig war. Ich glaube, er hatte keinerlei Feingefühl.

Kurz vor dem Abitur kaufte sich mein Bruder eine Stereoanlage. Er jobbte nebenbei. Ich weiss noch, dass er da Neid zeigte. Er muss schon krank und berentet gewesen sein. Er bekam bzw. kaufte also eine für sich. Er mochte Beethoven, aber auch irische Folksmusik.

Als ich ca. 7 Jahre alt war, begannen wir in den Urlaub zu fahren. Mein Vater kaufte einen Caravan. Einen Eriban. Neben der Garage war noch Platz und er baute ein Dach.

Wir waren einige Male in Holland und besuchten seine Geschwister.
Meine Eltern brachten uns auch das Skifahren bei. Winterurlaub im Caravan.
Fünf Personen.

Es war schön! Ich bin ihnen dankbar für diese Reisen. Sie verändern Menschen so sehr. Noch heute reise ich so gerne, bzw. würde es gerne tun.

Ein Mal waren wir im Sommer in Österreich. Diesmal ein Campingplatz mit Reitstall nebenan. Also lernten wir das Reiten. Ich werde es nie vergessen. Der Reitlehrer war cholerisch. Mein sturer Haflinger kürzte ständig die Ecken ab und der Reitlehrer verlor die Kontrolle vor Wut - auf mich.

Ich werde nie vergessen, wie er schrie: Vorgreifen, vorgreifen, den Zügel kürzer.
Wer zieht/zerrt als Anfänger schon brutal am Zügel?
Das Problem löste sich schlagartig, als ich ein größeres Warmblut reiten durfte.
Herrlich!
Fahra hieß sie.
Nach einer Woche durften wir - meine Schwester und ich - den ersten Ausritt machen. Mein Pferd kannte die Galoppstrecke und fing schon früher an zu galoppiern. Wow - was war das für ein herrliches Gefühl! Ein Gefühl, zu schweben...

Mein Bruder durfte nicht mitreiten. Er sei zu jung meinte der Reitstall.
Es gibt ein Foto, auf dem führen meine Schwester und ich meinen Bruder auf einem Pony herum.
Es muss schwer für ihn gewesen sein.

Wir mussten einen Stall säubern. Auf dem lag Stroh mehrerer Wochen. Das macht mich wütend. Es war Schwerstarbeit und war sicher unbezahlt. Wieso sind meine Eltern nicht eingeschritten? Egal...

Ich wollte ja eigentlich meinen Vater analysieren...
Im Wohnwagen schliefen meine Eltern hinten, mein Bruder zwischen ihnen. Meine Schwester und ich vorne. Also dieser Eriban war schon klein. Ob es größere Eriban's gibt...
Es war schon eng...

Als ich ca. 13/14 Jahre alt war, schloss die Firma, für die er arbeitete ja.
Ich nehme an, er konnte hier in Deutschland mit Ende 40 keine Arbeit finden.
Jedenfalls arbeitete er dann zunächst in Saudi-Arabien und später in Kuwait.
Alles noch vor dem Krieg dort.

Dort besuchte ihn mein Bruder zusammen mit meiner Mutter und später ich.
Das war natürlich schon ein großes Ereignis, Abenteuer.

Ich alleine in einem winzigen Flugzeug erst nach Schipol, Amsterdam und von dort nach Kuwait. Die Palmen am Straßenrand mussten mit Tanklastern künstlich bewässert werden. Tja, heute wird das hier wohl bald zur Realität.

Der Strand war nicht weit weg. Aber es gab zu viele Quallen. Dass die ohne Nesselfänge harmlos sind, wusste ich nicht. Eklig war es jedenfalls.
Es gab dort ja keine Touristen.

Ich weiß noch, wir stoppten an einem Strand, an dem alte, klassische Holzboote bebaut wurden. Ich habe da noch ein Foto von. Dhau's nennt man die Boote vielleicht. Mein Vater war ja Schiffsingenieur.

Dann waren wir auf einem Markt ausserhalb. Ich erinnere mich an Kamele. Ein Araber schenkte mir 2 offene, silberne, dünne Armreife mit Löwenköpfen am Ende. Viele Jahre habe ich sie aufbewahrt.

Abends im Dunkeln gingen wir durch einen Souk.
Meine Mutter passte zu dieser Zeit auf eine Katze mit rotem Fell auf.
Im Land lebten einige Ausländer. Natürlich fühlten sie sich alle etwas einsam und trafen sich. Die Katze war von Frau N. Einer Deutschen, die mit einem australischen Mann verheiratet war. Er arbeitete dort wohl für Siemens.

Ein Mal ging ich alleine zum Strand und wurde auf dem Rückweg von einem Palästinenser verfolgt. Es gab dort viele Gastarbeiter. Mein Vater war auch als Ingenieur natürlich letztlich auch nur ein Gastarbeiter.
Ich hatte große Angst. Der Mann verfolgte mit bis zum Gebäude, in dem mein Vater wohnte. Ich sprang in den Aufzug und er einfach hinterher. Er bedrängte mich. Ich war derart in Panik, dass ich wohl im falschen Stock oder Gebäude gelandet war. Als ich klingelte, öffnete ein asiatisches Paar.

Es ist nochmal gut gegangen.

Meine Mutter und ich konnten tagsüber nichts unternehmen. Ich glaube, Frauen durften damals auch in Kuwait nicht Auto fahren. Wir hatten ja auch nur eines. Und das brauchte mein Vater.
Ich erinnere mich nur noch, dass wir durch staubige Straßen zu einem Supermarkt gingen. Und an einen Joghurtbecher mit festem rosafarbenen Inhalt.

Ich wusste nach dem Abitur ja nicht so recht, was ich studieren soll. Dabei spielt mein Vater vielleicht noch eine Rolle.
Ich glaube, er mochte meine Schwester am liebsten. Sie war die Erstgeborene und war überragend in der Schule. Er meinte mal, sie solle doch Medizin studieren.

Und irgendwann regte er sich mal über meinen Bruder auf. Er hatte Angst, aus ihm würde nichts werden. Die Angst war unbegründet. Mein Bruder schaute zu meinem Vater auf. Er ist auch Ingenieur geworden.

Und ja, ich hatte im Abitur die Note 2,5. Und dass auch nur, weil ich einen absolut üblen Mathelehrer hatte, bei dem die überwiegende Mehrheit Mangelhaft hatte. Da meine Hauptfächer Englisch, Französisch und Erdkunde - also nicht naturwissenschaftlich - waren, wurde das Nebenfach notwendigerweise Mathe relevant. Diese Halbjahre wurden mit berechnet.
So ein Pech...

Wie dem auch sei - Sorgen musste man sich um mich nicht wirklich machen.
Und trotzdem - ich wurde letztlich zum Sozialfall.

Manchmal frage ich mich, inwieweit mein wortkarger Vater mich vielleicht doch in der Studienwahl beeinflusst haben könnte.
Er hat wohl schon mal geäussert, mein Bruder und ich müssten/sollten nicht studieren. Ich weiß auch nicht, wir uns das hätten leisten können.
Er wurde ja krank und wir bekamen BaföG.

Ich dachte wohl auch mal über den Beruf der Werbekauffrau nach. In Kunst war ich gut. Das fand er nicht gut. Werbung... Man darf nicht vergessen: Er stammte aus der Nachkriegszeit. 1931 geboren...

Man hätte es mir nicht verboten. Aber ich weiss noch, dass Missfallen hat mich doch geschäftigt irgendwie.

Was wollte ich? Ich wollte viel Geld verdienen, erfolgreich sein, zur Mittel- oder Oberschicht gehören. Ich hatte instinktiv riesige Angst davor, abzustürzen. Im Arbeitermilieu zu landen.
Das kam nicht von meinen Eltern. Das fühlte ich so. Es gab TV damals. Ich hatte ja Schulfreundinnen zuhause besucht. Ich fühlte da Unterschiede.

So, wie ich auch einen riesigen Unterschied zwischen meinem Elternhaus und Sonja's Professoren-Elternhaus fühlte. Das war noch mal ein riesiger Sprung nach oben.
Das bekam mein Vater wohl einmal mit und war verletzt.
Wobei die Tatsache, dass jemand Professor ist, vielleicht nicht grundsätzlich abgehoben sein muss. Die Fachrichtung spielt auch eine Rolle.
Ich denke zB, dass Professoren mit dem Fach Geographie, Umweltwissenschaften, vielleicht auch Biologen - eine Öko-Lebensstil haben können.

Ich mochte den Stil von Sonja's Familie. Die Antiquitäten. Alles war großräumig.
Wenn man reinkam, stand man in einer riesigen Diele mit hellem Granit- oder Marmorboden. Rechts verlief gebogen eine Treppe aus gleichem oder ähnlichem Material nach oben. Und das Geländer war filigran aus Metall.
Das Haus hatte eine schöne, helle, freundliche Atmosphäre.

Der Vater entschied später ja nach Köln zu ziehen. Wie gerne wüsste ich, wie dieses Haus gestaltet wurde. Ich erinnere mich noch: Er saß am Esstisch. Vor ihm ausgebreitet Architekturzeichnungen. Und er fragte mich welche Farbe für das Dach mir denn am besten gefallen würde: Schwarz, grau oder rot.

Offen gestanden dachte ich spontan, will er testen, ob ich auf seine rothaarige Tochter stehe. Ich weiß, ein absurder Gedanke. Aber er kam mir.
Auf das erwähnte Thema uneingestandene gleichgeschlechtlich werde ich mit Sicherheit irgendwann nochmal eingehen.

Nun - was habe ich geantwortet: Grau. Schwarz würde Häuser erdrücken.
Dass ich rote Dächer generell nicht so schön finde, habe ich nicht gesagt. Warum auch? Ich wollte ihn ja auch nicht nerven.

Um zurück zum Thema zu kommen: Wer war er eigentlich - mein Vater?
Ich weiß es nicht.

31.12.2021 16:03 • x 2 #13


Nuala
Hier knallten den ganzen Abend lang nur vereinzelt einige Böller.
Ich bin vor Mitternacht eingeschlafen. Gegen 1:30 wurde ich wach und wunderte mich darüber, dass der TV im Wohnzimmer plötzlich lief. Das ist schon 1-2 Mal passiert. Ich muss mal darauf achten, ob das immer an Silvester passiert. Schon etwas spooky. Und meinen Kater Grisu fand ich statt wie gewohnt im Wohnzimmer in Katrin's Zimmer.

Unser Haus damals im Dorf meiner Kindheit in den 70ern war eher dunkel.
Es lag am Hang. Der Eingang lag im oberen Teil des Hauses.
Auch wir hatten eine großzügige Diele. Das finde ich noch heute schön.

Rechts das spätere Zimmer meiner Schwester, dann das Bad mit Fenster und Badewanne. Meine Eltern hatte eine Tafel an die Wand montiert.
Ich kann mich aber nicht daran erinnern, schulisch nennenswert unterstützt worden zu sein.

Danach das große Wohnzimmer. Es verlief über die gesamte Breite des Hauses. Mit Balkon, der unbepflanzt blieb. Mit schönem Ausblick in die Weite. Über die Dächer der etwas tiefer liegenden Häuser des Neubaugebietes. Ein Blick von sicher 2Km in die Ferne. Im Hintergrund der kleine Berg mit dem Unternehmen, in dem mein Vater als Ingenieur arbeitete. Ein amerikanisches Unternehmen.
Ich weiß noch heute nicht, was man dort produzierte.
Rechts davon hügelige Wiesen, umrandet von Bäumen.

Rechts vom Eingang des Hauses zunächst die dunkle Holztreppe, die nach unten führte. Ich erinnere mich an 2 längliche Bilder mit vielleicht dunkelblauem Hintergrund. Auf einem eine Silhouette einer schlanken Frau und auf dem anderen wohl ein Mann. Die Silhouette war schwarz, auch der Körper ganz schwarz. Die Treppe wandte sich gebogen nach unten. Ich glaube, es gab in der Mitte ein kleines Fenster.

In Bezug auf die Treppe erinnere ich mich, dass wir uns mal die Sitzkissen unserer Stühle nahmen - mein Bruder und ich jedenfalls - und sitzend diese Stufen heruntergerutscht sind. Das war schon schmerzhafter manchmal. Aber es machte Spaß.
Manchmal frage ich mich, ob das eine Mitursache für meine Steißbeinprobleme sein könnte, die ich mit Mitte 30 bekam und noch immer habe.
Orthopäden meinen, es ist ungünstig groß. Ich glaube, es sind 5 Wirbel, teilweise durch bandscheibenartiges Gewebe getrennt. Manche, vielleicht die meisten, haben dort Gelenkverbindungen, also Knochen.
Und in einem Segment sieht man eine Entzündung. Eine wirklich extrem schmerzhafte Sache.

Nach der Treppe dann die längliche, recht kleine Küche.
In der Diele befand sich ein ausziebarer Tisch. Vor meinem geistigen Auge sehe ich, dass wir nach der Schule dort zu Mittag aßen. Später wird es aber irgendwie mein Schreibtisch. Ich mochte es, mitten im Geschehen zu sein oder so.

Jedenfalls lag mein Schlafzimmer unten. Und da war nichts los.
Unten lag - neben meinem Zimmer - das Schlafzimmer meiner Eltern.
Beide Zimmer waren gleich groß. Recht groß mit breiter Fensterfront mit Blick auf unseren schönen Garten.
Dann noch die Waschküche, ein fensterloses kleines Bad mit Dusche, das mein Vater benutzte. Und ein kleines, schmales Zimmer mit kleinem Kellerfenster. Dort schlief mein Bruder, der Letztgeborene.
Unter der Treppe ein kleiner gewundener Stauraum.
Und dann der Heizungsraum.
Auch unten eine Diele - aber eben dunkel.

Im Wohnzimmer eine Art Bauernmöbel. Also aus massivem Holz und Holzfarben. Wir hatte nie ein Sofa. Vor dem TV also diese Holzstühle. Später einen dunklen Ledersessel. In der anderen Hälfte, der Raum war ja groß, ein langer Holztisch in gleichem Stil.
Dort aßen wir zu Abend, wenn mein Vater von der Arbeit zurückkam.
Ich weiß noch, er als Holländer mochte Käse und es ärgerte ihn, wenn wir Kinder die Rinde großzügig abschnitten.

An den Bodenbelag erinnere ich mich nicht mehr wirklich. Es war in jedem Fall Stein. Aber er muss dunkler gewesen sein. Ob der im Wohnzimmer rot-braun gewesen ist...
Die Haustür war auch aus etwas dunklerem Holz. Aber irgendwie nur der Rahmen. Es war eine Art Glastür, bunt. Ich glaube, sie war minimal durchsichtig.
Mit Griff innen und außen. Vielleicht undenkbar heutzutage. Aber wir wohnten ja in einem kleinen Dorf. Durch die 2 Griffe konnten wir Kinder ungehindert reinkommen.

Schade, dass es auf der Seite des Eingangs, der Vorderseite keine Fenster gab. Ich glaube, es war die Nordseite.
Vorne war auch Garten mit Beeten, etwas Rasen. Meine Eltern haben das wirklich sehr schön angelegt. Ich frage mich, wer von beiden das war.

Später wurde mir klar, dass meine Mutter diese kleinen Bilder mit Blumen gemalt hatte, die sicher irgendwo gehängt haben. Mit Wasser- oder Aquarellfarben. Ob sie den Garten gestaltet hat?

Unser Haus war das mittlere in einer Straße mit 3 Häusern und keiner der beiden Nachbarn hatte einen so schön gestalteten Garten.
Unserer hatte Terrassen. Meine Eltern habe Natursteine verwandt. Es gab eine solche Steintreppe, die auf die nächste ebene Fläche führte. Eingefasst und getrennt wurden die Ebenen durch eine Natursteinmauer. Sie war mit Mauerblumen bewachsen.
Wirklich schön haben sie das gemacht.

Tiefer unten, seitlich vor meinem Fenster, ein Strauch mit wilden Erdbeeren. Natürlich bediente ich mich.
Irgendwo ein niedriger Apfelbaum. Auf dem kletterte ich etwas herum.

Auf wenn das Haus nicht mein Stil ist, mir im nach hinein zu dunkel vorkommt - es ist doch schön, so großzügig wohnen zu können.
Als Kind war das normal für mich. Ich wusste das natürlich nicht zu schätzen.

5 DM bekamen wir später dafür, wenn mir beim Rasen mähen halfen.
Mein Vater mochte leider keine elektrischen Mäher. Und den Rasen musste man danach mühevoll auflesen.

Ich erinnere mich noch an eine Szene im Sommer. Wir spielten mit einem Nachbarjungen. Ich erinnere mich noch an das riesige Glücksgefühl beim Spielen. Wir hatten Wasserbomben. Eine Art Luftballon, gefüllt mit Wasser. Sie zerplatzen beim Aufprall. Wir rannten durch den Garten und versuchten, den anderen zu treffen.

Dann spielten wir ein Spiel, bei dem einer sich umdreht und an der Mauer stehend irgendwie zählt. Den anderen also den Rücken zugewandt.
Während des Zählens bewegen sich die anderen auf die Mauer zu.
Wer die zuerst erreicht, hat gewonnen. Man musste aber in dem Moment, wo der Zählende sich umdreht, stillstehen - sich also nicht mehr bewegen.
Das Spiel hat wahrscheinlich einen Namen. Ich kann mich nicht erinnern.

In meinem Fotoalbum gibt es ein Foto davon. Ich glaube jedenfalls, dass wir damals dieses Spiel spielten. Auf dem Foto stehe ich neben einem 3 Jahre älteren Nachbarjungen.
Was mich irgendwie schon auch erstaunt. Zu den beiden Jungs aus dem Haus rechts neben uns hatten wir nie einen wirklich näheren Kontakt.

Was heißt wir. Ich glaube, ich war die Einzige, die mehr Kontakte hatte.
Schon merkwürdig... Wenn man bedenkt, dass ich heute völlig alleine bin.

Die Nachbarn rechts kamen hier aus der Gegend. Und irgendwie hatte wohl nie jemand aus meiner Familie einen Draht zu Leuten aus dieser Gegend.
Hier sprechen die Leute meist mit Dialekt.
Wie erwähnt, mein Vater war Holländer. Meine Mutter kam nicht von hier und sprach - glücklicherweise - Hochdeutsch.
Irgendwie belustige ich mich über den hiesigen Dialekt auch. Innerlich natürlich...
Verlieben unmöglich.
Isch klaube, ich gehe am Sonntag zur Kirsche. Und das ist der hiesige Versuch, Hochdeutsch zu sprechen.

Der Vater war Polsterer, glaube ich. Die beiden Jungs. Einer war in derselben Klasse wie meine ältere Schwester. Sie war fast 2Jahre älter als ich und 2 Klassen über mir.
Der Bruder ein Jahr älter. Beide wurden Polizisten.
Der jüngere war irgendwie nett. Ich hörte mal, er soll es sehr schwer gehabt haben. Die Eltern bevorzugten den älteren, der wohl auch sehr gute Schulnoten hatte. Sie müssen streng gewesen sein. Im Nachhinein halte ich für möglich, dass er geschlagen wurde. Aber wer weiß.
Schrecklich, das versteckte Leid hinter Hausfassaden.
Später höre ich, ausgerechnet der nette Jüngere kam bei einem Autounfall ums Leben.

Sympathischer waren mir dann schon die anderen Nachbarn. Ich glaube, sogar, dass ich mal gesagt habe, ich würde lieber bei denen aufwachsen...

Es waren vielleicht keine Norddeutschen, aber sie kamen ganz sicher aus einer Region, die weit nördlicher lag. Auch sie sprachen alle Hochdeutsch. Sie waren protestantisch. Das ist hier faktisch niemand. Ob die Eltern vielleicht aus der Region Osnabrück kamen?

Ihr Haus, die Räume, es war unserem Haus erstaunlich ähnlich.
Statt des großen Wohnzimmers über die gesamte Breite der Hausrückseite hatten sie eine Seite zum Elternschlafzimmer gestaltet. Irgendwie war da auch keine breite Diele, sondern eher ein schmaler Flur.
Der Bodenbelag war heller. Insgesamt fand ich die Atmosphäre oben trotzdem heller, freundlicher. Aber wie bei uns wurde es Treppen abwärts dunkler.
Am Treppenende unten hatten sie sich eine Bar eingerichtet. Aus sehr dunklem Holz. Das fand ich nun wirklich düster, schwer - erdrückend.

Sie hatten zwei Kinder. Manuel war in derselben Klasse wie meine ältere Schwester. Und seine Schwester war ein Jahr älter.
Ich freunde mich etwas mit Manuel an. Und an diese Zeit, verpasste Gelegenheiten denke ich häufig zurück...

Sie hatten einen Hund. Einen schwarzen Pudel. Der Hund meiner Kindheit. Ich fragte oft, ob ich mit ihm spazieren gehen darf. Sie selbst gingen gar nicht mit ihm spazieren. Er freute sich stets riesig. Ich lief mit ihm durch das am Hang liegende Dorf...
Ein oder zwei Mal waren sie tagsüber weg und fragten mich, ob ich auf den Hund aufpassen könnte. Er vermisste sein Zuhause im Laufe des Tages immer mehr und wollte nach Hause. Ich ging dann zu deren Haus und zeigte ihm, dass sie noch nicht zurück sind.

Irgendwie kam mir diese Familie warmherziger, lieber vor als meine.
Im Sommer fuhren sie immer nach Spanien. Ich glaube, sie hatten dort ein Ferienhaus. Jedenfalls äußern sie eines Tages, sie würden mich mal mitnehmen.
Und ich hoffte darauf...

Es muss meiner Mutter sehr weg getan haben, dass sie merkte, dass ich lieber bei denen leben wollte.

Ich wollte natürlich auch einen Hund haben und setze meine Mutter schon irgendwie unter Druck... Vergebens...
Es tut mir Leid. So vieles tut mir Leid - denn sie wird krank.

Wir hatten wohl mal einen Hund. Ich war damals vielleicht noch nicht einmal geboren. Ich sehe einen Jagdhund neben einem Kinderwagen...
Den geben wir wohl zurück. Und es könnte sein, dass er deshalb erschossen wurde. Das belastet mich sehr! Ich hoffe, es stimmt nicht.
Obwohl ich generell Partei für meine Mutter ergreife. Ihr näher stand, sie sensibel, einfühlsam und lieb war.
Ich glaube nicht, dass mein Vater den Hund zurückgegeben hat. Er dürfte mit dem Hund ja nicht viel zutun gehabt haben, da er tagsüber nicht da war.
Wie schrecklich! Wenn das wirklich stimmt - der arme Hund!
Wieso auch einen Jagdhund? Oh je, oh je. Nicht der passende Hund...

01.01.2022 10:40 • x 2 #14


Nuala
Manuel's Vater war Pharma Referent und meist unterwegs. Er war eindeutig nicht handwerklich interessiert. Die Garage der Familie war nicht gleichzeitig Werkstatt, wie bei uns.
Sie haben ihr Grundstück nicht intensiver gestaltet.
Vor dem Haus ein großer Bereich mit verlegten Platten. Schon trostlos irgendwie.
Seitlich und hinter dem Haus eine Rasenfläche. In der Ecke ein Baum, eine Hängeweide. Nennt man das nicht Trauerweide?
Lange Zeit stand neben dem Haus eine Schaukel.
Stimmt, wir hatte auch eine hinter dem Haus. Bauten sie aber später ab.

Ich glaube, es gab vielleicht einen Streit wegen der Grundstücksgrenze.
Wir hatten einen niedrigen Drahtzaum, sie eine ca. 1m hohe Buchsbaum- Hecke oder eine ähnliche gut wachsende grüne Hecke.

Manuel's Vater kam mir weicher vor als mein Vater. Ich glaube, ich hörte ihn auch in Babysprache mit dem Pudel sprechen. Das überraschte mich schon irgendwie.
Das kannte ich von meinem Vater nicht. Der war doch insgesamt männlicher. Gerne benutze ich das Wort Macho. Aber ich weiß nicht, ob es passt. Man meint damit meist doch einfachere unkultiviertere Männer. Mein Vater hatte was Dominantes im Verhalten, Auftreten.
Darauf komme ich sicherlich nochmal zurück. Ich möchte mein Verhältnis zu Männern intensiver beleuchten, analysieren. Auch in Bezug auf S..

Wie dem auch sei.
Manuel's Mutter hatte etwas derart Warmherziges, Liebevolles. Irgendwie fiel mir das sehr auf.
Und jetzt weiß ich auch, warum ich vermute, dass sie aus der Gegend Osnabrück kommen könnte. Im Grunde ist ja nur klar, es ist weit nördlicher als diese Gegend hier.

Ich war vor einigen Jahren in einem Krankenhaus bei Hamm/Paderborn.
Und ich bin erschrocken: Eines Tages kam wohl die älteste Krankenschwester der Station rein und sprach mit mir.
Meine Güte, sie war genau wie Manuel's Mutter. Wirklich ganz genauso. Sie sprach so, hatte ihre Statur.
Ich merkte gleich, sie ist für diesen Job geboren. Sie ist die beste.

Und welchen Beruf hatte Manuel's Mutter: Sie war auch Krankenschwester.
Ein Mal die Woche arbeitete sie scheinbar noch. Ich glaube, sie leitete einen Kurs.

Ich habe Katrin, meiner ehemaligen Mitbewohnerin heute schon auf WhatsApp geschrieben. Zunächst mal eine Gif Happy New Year. Mit Katzenmotiv natürlich.

Sie ist derzeit ja zuhause bei Rostock.
Sie ist schon wach und antwortet kurz. Zu meinem großen Bedauern ist sie ja nicht sehr mitteilsam.

Mich beschäftigte gerade eine Frage, die Thema in diesem Tagebuch ist und stelle ihr folgende Fragen:

Sag mal, hast Du vor Deinem Vater eigentlich irgendwie oder manchmal oder nie: Angst? Also, würdest Du Dich trauen, ihn alles zu fragen. Oder zu sagen, mach das mal schön selbst? Also, ist er doch eine Art Respektsperson oder doch eher ein Freund? Also jemand, der Schwächen zugibt, der mit Dir als Kind gespielt hat. Den Du ohne Angst angesprochen hättest, zum Spiel aufgefordert hättest?

Ich hatte ja doch schon irgendwie Angst vor meinem Vater und ich beginne, mich zu fragen, ob das normal ist... Ob meine Geschwister wohl auch Angst vor ihm hatten? Ob andere, eigene Kinder vor im Angst gehabt hätten?
Ob er auf Kinder generell einschüchternd gewirkt haben könnte?

Zu dem Thema fällt mir ein, dass ich bei der Recherche zu psychologischen Themen mal las, dass psychisch Kranke oft ängstlicher auf Gesichtsausdrücke etc reagieren. Irgendwie sowas. Ich müsste es nochmal recherchieren.

Man kann natürlich in alles Krankheiten hinein interpretieren. Die Psychiater hätten sowieso nichts dagegen. Man muss alles hinterfragen. Auch die Motivation von Medizinern.

Wir sind nun mal unterschiedlich ängstlich, sensibel. Nehmen Dinge sehr subjektiv wahr. Subjektivität bedeutet ja nicht, dass es falsch ist.
Denn für uns, den Wahrnehmenden ist es - evt. bittere - Realität.

Katrin hat doch viel geantwortet, Es ist ein kurzer Dialog entstanden.
Die ersten beiden Antworten möchte ich preisgeben. Sie ist und bleibt ja anonym. Ich habe selbst den Vornamen abgeändert...

Nee, Angst gar nicht, ich bin meist nur mega genervt und zoffe mich deswegen mit dem. Da fallen auch gerne mal Beleidigungen meinerseits

Vor allem, weil er immer so dummes Zeug redet, da werde ich immer schnell aggressiv

Sie hat hier Japanisch und Spanisch studiert. Sie ist ein Jahr älter als ihre Schwester. Katrin ist jetzt Mitte 30.

Ihre Mutter ist im Frühling ja - wie erwähnt - gestorben. Sie arbeitete als Altenpflegerin.
Ihr Vater ist entweder Kfz-Mechaniker oder Maler. Er arbeitet jetzt jedenfalls als Maler.
Beide Eltern sind nur wenige Jahre älter als ich.
Sie sind in der DDR sozialisiert worden.
Also ein nicht - akademisches Elternhaus. Diese Dinge möchte ich irgendwann auch noch detaillierter beleuchten.

Nun, ihre Antwort hat mich sehr überrascht. Kein bisschen Angst vor dem Vater.
Ihre geschilderten Details offenbaren, dass ich mit dem Verhalten des Vaters auch nicht zurecht kommen könnte. Oh je, die Arme - denke ich.

Da habe ich ja doch vielleicht Glück gehabt. Aber ich hatte Angst vor meinem Vater. Das ist auch nicht wirklich ideal bzw. günstig.

Ich bemerke, die Sonne scheint heute wieder. Wie schön. Dringend müsste ich doch mal die Wohnung verlassen. Spazieren gehen.

Oh je, und ich muss man an den Briefkasten trauen. Die Briefe der letzten Woche liegen noch ungeöffnet herum. Der Druck wird immer größer.
Werde ich noch obdachlos? Ich muss diese Ängste überwinden...

Vielleicht erst spazieren gehen und auf dem Rückweg den Briefkasten öffnen...

01.01.2022 12:49 • x 2 #15


Nuala
Wer meine Beiträge liest, der weiß, ich bin alleine.
Ich bin alleine, obwohl ich eigentlich mitteilsam und kommunikativ bin.
Alleine kann ich dies nicht ausleben - also fühle ich mich oft einsam.

Gestern hatte ich einen menschlichen Kontakt: Ich hatte das Bett meiner
ehemaligen Mitbewohnerin Katrin inseriert.
Es ist ein 1 x 2m Bett - schwarzes Metall.
https://photos.app.goo.gl/ZaYbE6JBRW6y4dWM6

Ca. 3 Jahre wohnt sie jetzt schon nicht mehr hier. Sie hat ihre Möbel hier gelassen.
Der Schreibtisch gehört mir.
Sie kam in den 3 Jahren einige Male zu Besuch. 1 - 2 Mal im Jahr. Stets für 4-5 Tage.
Und schlief dann natürlich in diesem Bett. Ich wünsche mir auch sehr, dass sie weiterhin mindestens 1 x im Jahr kommt.

Ich habe ihr nichts davon gesagt, dass ich das Bett inseriere. Ihr liegt nichts weiter an dem Bett. Es war natürlich gut, dass sie bei ihren Besuchen darin schlafen konnte.

Warum habe ich mich also zum Verkauf entschlossen?
Primär aus farblichen Gründen: Es ist schwarz. Wer sich die Fotos im Link angesehen hat, der weiß: Ich mag es weiß.

Zudem hat das Bett ein hohes Fußteil. Es ragt also über die Matratze hinaus. Und das mag ich bei Betten auch nicht. Jedenfalls nicht, in kleinen Räumen.
Ab 30qm wäre es mir vielleicht egal.

Nachdem die Anzeige einige Tage online war, meldete sich ein Interessent.
Und alles ging ganz schnell und reibungslos: Sie kamen, bauten das Bett blitzschnell ab und waren weg.

Das Bett wird für ein Mädchen benötigt. Sie war dabei: Vater, Onkel und sie.
Sie sah meine Katze und erzählte mir, sie habe eine, die fast genauso aussähe, nur kleiner. Sie liebe Katzen.
Beide schauten wir beim Zerlegen des Bettes zu und ich fragte sie, ob sie als Mädchen denn nicht ein weißes Bett lieber gewesen wäre. Sehr nüchtern antwortete sie, weiß würde zu schnell schmutzig.
Da hast Du recht, antwortete ich. Weiß vergilbt zudem sehr schnell. Schau mal, dieses Schubladenelement.

Es war ein nettes Ereignis. Ich mag Kinder. Und viele Kinder, denen ich im Laufe des Lebens begegnet bin, mochten mich.

Jetzt liegt die Matratze also auf dem Boden. Ich frage mich, ob das ok für Katrin sein würde. Sollte ich ein preiswertes, weißes Bett kaufen?
Oder vielleicht doch eine Schlafcouch. Aber kommt sie überhaupt noch mal zu Besuch? Sonst kommt ja niemand. Sieht das Zimmer ohne Bett nun besser aus? Ein Papp-Bett entdeckte ich gestern im Internet. Faltbar, auch in weiß - aber so teuer wie ein Holzbett.

Ich schreibe dieses Tagebuch für mich. Ich möchte wichtige Themen meines Lebens bearbeiten und Leser dürfen/können daran teilhaben. Ich möchte mein Gefühlsleben offen legen.
Leser, die meine Beiträge alle gelesen haben, wissen jetzt schon mehr von mir als jeder andere Mensch.
Ich möchte spontan schreiben, was mir in den Sinn kommt.

Und trotzdem bin ich um Verständlichkeit für Leser bemüht.
Doch ich denke, dafür muss es nicht chronologisch sein. So würde es erst recht langweilig.
Ein Puzzle setzt man ja auch nicht strategisch zusammen. An allen möglichen Ecken, Enden und mittendrin setzt man passende Stücke ein - bis sich allmählich das volle Bild zeigt.

Es ärgert mich schon etwas, dass es mir nicht gelingt, Themen vollständig zu bearbeiten. Überall möchte ich Dinge ergänzen.
So auch zum Thema Wer war mein Vater.
Mir fiel nachts nämlich noch was ein. Wie gesagt, meine Familie war wortkarg, fast stumm. Über Gefühle wurde nicht gesprochen. Und gezeigt wurden sie auch nicht.
Mein Vater sprach also fast gar nicht. Da wird jede Aussage, Äusserung wichtig und interessant. Der Analyse wert sozusagen.

Also einmal hörte er wie ich sagte, ich sei halbe Holländerin und halbe Deutsche.
Dies veranlasste ihn zur unfreundlichen Korrektur: Das sei Unsinn. Ich sei ganze Holländerin und ganze Deutsche.

Im TV höre ich manchmal, dass Menschen mit zwei Nationalitäten es gedankenlos genauso formulieren wie ich. Und ich denke stets. Nein, es ist nicht richtig: ihr habt 2 volle Nationalitäten.

Ein riesiges Thema, das mich mein ganzes Leben begleitet hat, und für Leser noch nicht nachvollziehbar sein kann, ist:
Ich darf nicht so enden wie meine Mutter. Um Himmels willen, ich muss verhindern, dass ich so ende wie sie. Wie kann ich verhindern, dass ich so ende? Es muss mir gelingen...

Etwas anderes möchte ich an dieser Stelle nachtragen.
Es ist verständlicher, wenn ich es jetzt schreibe. Gestern fragte ich Katrin ja, ob sie Angst vor ihrem Vater hat(te)... Ich wollte zunächst nur die beiden ersten Sätze der Antwort preisgeben.
Ich bin weiterhin unsicher. Manche Ausdrücke müssten eigentlich wirklich aussterben. Und das würde ich durch ein Zitat nicht unterstützen.
Ich entscheide mich für einen Mittelweg:
Ich versuche immer, nicht so schnell auszuticken, aber manchmal hält man das halt nicht mehr aus
Wenn man ne Musiksendung guckt und jeder zweite Kommentar N.(rassistisch), gleichgeschlechtlich oder gleichgeschlechtlich N (rassistisch). ist.

Das hat mich dann doch geschockt...
Da habe ich mit meinem Vater/meinen Eltern dann ja doch vergleichsweise Glück gehabt.
Schweigen ist vielleicht wirklich besser sich vor allem Negatives, Rassistisches, Falsches anhören zu müssen.

Derselbe Gedanke kam mir, als ich mir hier im Forum Beiträge durchlas.
Meine Güte, manche Kinder werden ja regelrecht mit Negativität aufgeladen.
Es führt zu Verunsicherung, Selbstzweifeln etc.
Wenn ich mir vorstelle, dass es Eltern gibt, die ihren Kindern wiederholt sagen, sie seinen nicht gewünscht gewesen, ein Unfall, man habe ihr Leben zerstört.

Menschen halten Gewalt immer noch für etwas körperliches. Und soweit ihnen bewusst ist, dass es seelische Gewalt gibt, halten sie sie für weniger schlimm.

Nicht zuletzt aus diesen Gründen habe ich große Angst vor dem Arbeitermilieu, der Unterschicht. Es gibt im Leben keine Garantie. Doch Bildung erhöht die Chancen. Die Fähigkeit/Wunsch/Bereitschaft zur kritischen Selbstanalyse, Selbstreflexion...
Auch wenn eines sicher ist: Gebildete Menschen sind keine besseren Menschen.

Wobei Leben Psychologie ist. Und psychologisch wird man in der Schule nicht gelehrt. Ein Drama!

Wäre ich Lehrerin - egal, welches Fach - ich würde bei jeder neuen Klasse Psychologie zum Thema machen. Insbesondere Mobbing. Wir würden uns einen passenden Film anschauen und das analysieren. Und wir würden und die psychologische Struktur der eigenen Klasse anschauen. Und uns umschauen, und ich würde sie animieren, dafür zu sorgen, dass sich niemand ausgeschlossen fühlt. Jeder sollte mit jedem sprechen. Und gemeinsam könnte man schauen, wie man das Gelernte umsetzen kann.
Denn für Ausgeschlossene ist Schule Horror.
Ich hätte es versucht...

Während ich das schrieb, wurde ich von meinem Katerchen genervt. Dabei hatte er doch gerade sein tägliches Stück Fleisch bekommen. Ob er raus wollte? Draußen scheint die Sonne... Heute habe ich aber wirklich gar keine Lust. Er war gestern draußen und er muss ja nicht unbedingt jeden Tag raus, denke ich mir.
Der Balkon ist doch auch schön. Er ist abgezogen. Mal sehen, wo er ist. Ob er auf den Balkon möchte...

02.01.2022 12:12 • x 2 #16


Nuala
Unser Haus in dem kleinen 500-Seelen-Dorf damals hatte ich schon näher beschrieben. Es war recht dunkel, lag an einem Hang. Der Eingang war oben am Hang.

Genauso lag das Haus von Sonja's Eltern (Vater Professor) auch, fällt mir ein.
Ich beschrieb ja, dass es bei uns eine dunkle Holztreppe gab, die nach unten führte. Das Dach war nicht ausgebaut.

Die Eltern von Sonja haben das architektonisch eindeutig besser gelöst.
Sie haben das Dachgeschoss großzügig ausgebaut. Sonja hatte oben 2 Zimmer, ihr jüngerer Bruder seins und der Vater sein Büro. In luftiger, heller Höhe.
Die cremefarbene Marmor bzw. Granittreppe wand sich elegant nach oben. Dadurch entstand oben eine Art Galerie. Man konnte von oben nach unten auf die Diele schauen.

Ihr Untergeschoss war ebenfalls ausgebaut. Eine Treppe aus demselben Steinmaterial führte auch nach unten. Dort war sicher irgendwo eine Art Waschküche. Man landete auf jeden Fall in einem großen, ungenutzten Raum mit Glasttürfront und Zugang zum Garten.
Zudem hatten sie daneben eine Einliegerwohnung. Ein asiatischer Student oder wissenschaftlicher Mitarbeiter wohnte dort. Ein Koreaner.

Deren Haus dürfte ca. 15 Jahre später gebaut worden sein.
Es liegt in einem schönen Stadtteil in der Nähe der Universität.
In einem kleineren Stadtteil nebenan, noch näher an der Universität wohnten wir in dem bereits erwähnten kleinen Reihen-Miethaus.
Ein Grundstück in einer Stadt, dann noch in Uninähe, dürfte sehr teuer gewesen sein. So etwas hätten wir uns niemals leisten können.

Wir zogen hier her, als ich ca. 14/15 Jahre alt war. Ich zu dieser Zeit in der 8. Klasse.
So lernte ich Sonja kennen. Ich war zunächst in der Nebenklasse. Dort war nur ein einziger Sitzplatz neben einem ruhigen Mädchen frei.
Ich fühlte mich neben ihr aber auch insgesamt in der Klasse nicht wohl.
Ich spürte eine Ausgrenzungssituation. Das Mädchen schien isoliert zu sein.
Leider war sie Zeugin Jehova's und lud mich in ihre Kirche ein.
Das erwähnte ich zuhause und meine Mutter schritt anscheinend hinter meinem Rücken ein.
Sie sprach kein Wort mehr mit mir. Ich müsse mich entschuldigen. Wie wusste nie wofür. Erst jetzt, Jahrzehnte später, ahne ich, dass es um diese Einladung ging.

Wir wuchsen ohne Religion auf. Meist konnte ich mir aussuchen, an welchem Religionsunterricht ich teilnehmen wollte. Soweit es überhaupt evangelischen Unterricht gab. Später gab es Ethikunterricht.
Ohne diesen wählte ich den Unterricht mit dem nettesten Lehrer.

Na ja, die Situation in dieser Klasse wurde für mich unerträglich. Ich musste den Umzug verkraften und niemand redete mit mir. Von Anfang an nicht.
Ich verstehe auch, dass das passieren kann. Man schleppt sich morgens in die doofe Schule und hat ja schon mindestens einen Freund. Warum soll man sich aktiv um eine neue Mitschülerin bemühen, wenn man schon Freunde hat?
Aber es ist für Neuankömmlinge schlichtweg grausam.

Es gab nur wenige in der Klasse, die Französisch als zweite Fremdsprache hatten und wir wurden für Französisch zu einer anderen Klasse hinzu addiert.

Das nahm meine Mutter zum Anlass, den Wechsel in eine Nebenklasse, in der alle Französisch hatten, anzuregen.
Es wurde bewilligt und meine Schulzeit wurde annehmbarer.
Es war eine Klasse mit nur wenigen Mädchen. Wenn ich so durchzähle:
Nur 6 Mädchen ohne mich.
Sonja Anne waren erfreut über den Zuwachs. Zur Erinnerung: Anne ist die, mit der ich nach dem Abitur ein Interrail Ticket gekauft habe.
Meine Mathenoten schwankten sehr. In den Jahren bis nach der 10. kassierten Sonja ich regelmäßig unser Mangelhaft. Sonja's Leichtigkeit steckte mich an. Wir nahmen ja denselben Bus. Ein Mal hatten wir Mathe in der ersten Stunde. Wir waren irgendwie spät dran. Wir trafen draußen auf unseren Lehrer, der sich wohl auch verspätet hatte. Wir ließen unseren Charme spielen, bezirzten ihn etwas - in der Hoffnung, er würde notentechnisch Gnade walten lassen...

Es waren schöne Jahre.
Wir hatten eine etwas unsichere, nervöse Französischlehrerin. Das nutzen ein paar Jungs aus und verklebten das Schloss zum Unterrichtsraum. Es war lustig, sie so überfordert zu sehen. Die harmlosen Späße zu harmlosen Zeiten - in einer harmlosen, idyllischen abgelegenen Stadt.

Sie tat mir schon etwas Leid. Dann machten wir einen Schüleraustausch mit Frankreich. Mit der Bahn ging es nach Lyon. Wir standen vor dem Abteil der Lehrerin. Glas trennte es vom Gang. Und ich werde die Szene nie vergessen: Eine Mitschülerin, die in der Nähe stand, begann Grimassen zu schneiden und sie nachzuäffen.
Oberhalb der Sitze gab es damals jedenfalls noch Spiegel. Die Lehrerin sah das und war tief verletzt.
Diese Mitschülerin war mir von Anfang an unsympathischer. Wir trafen uns viele Jahre später mal an der Uni. Ich glaube, sie hat Pädagogik oder Psychologie studiert. Wir sprachen kurz miteinander. Warm wurden wir nie.
Sie hat zeitweise bei der hiesigen Zeitung gearbeitet. Ich sah sie vor einigen Jahren mal in der Stadt. Sie hat sich gut gehalten. Bei meinem Anblick machte sich ein ablehnender Ausdruck auf ihrem Gesicht breit.

Und wie das Leben so spielt. Vor 2-3 Jahren meldete sich ihre Tochter auf meine Stellplatz-Anzeige. Mit unverändertem Nachnamen.
Ich musste länger darüber nachdenken, ob ich antworte...

Draußen wird es allmählich dunkel. Ich liege auf dem Sofa im Wohnzimmer. Verhüllt in dicken Decken, da ich nicht frieren möchte. Ich heize nicht...
Grisu, mein liebes Katerchen schlummert unter meinen angewinkelten Beinen.
Im Hintergrund flimmert der TV. Ich hatte ihn stumm geschaltet, damit ich mich besser konzentrieren kann.

Den Briefkasten habe ich gestern leider nicht geleert. Ich war auch nicht spazieren, wie geplant. Ich hatte mich zwar angezogen, fühlte mich aber derart müde. Ich bin nur mit Grisu um das Gebäude spaziert. Na ja - er mit mir.
Mir fiel auch ein, dass heute Sonntag ist und der Briefkasten noch warten kann.

Es wäre schrecklich, einen Brief mit schlechtem Inhalt zu öffnen und sonntags dann nicht handeln zu können.
Dasselbe gilt ja eigentlich auch für heute. Also kann ich es auf morgen verschieben...

02.01.2022 16:48 • x 2 #17


Nuala
Mein schlummerndes Katerchen:
https://photos.app.goo.gl/ZaYbE6JBRW6y4dWM6

Wie ärgerlich! Es heißt natürlich: Oh je, und ich muss in den Briefkasten schauen.
Hoffentlich gibt es nicht noch mehr Fehler.
Wirklich aktiv kontrollieren tue ich den Text nicht nochmal. Aber oft formuliere ich um, und habe Geschriebenes dann doch längere Zeit im Blickfeld.
Ich muss das stärker kontrollieren.
Ärgerlich ist auch, dass es zu spät für eine Bearbeitung war. Warum keine 30 Min. Bearbeitungszeit?

02.01.2022 16:56 • x 2 #18


Nuala
Unsere Charme-Offensive damals blieb übrigens erfolglos.
Es blieb bei der Note mangelhaft.
Mir machte das natürlich schon große Sorgen. Mathe war ein Hauptfach. Derart wichtig, dass man es nicht abwählen, irgendwie los werden konnte.
Man glaubt wahrscheinlich heute noch, dass der IQ sich in der Mathenote widerspiegelt.
Dass es einfach nur zu viele völlig unfähige Mathelehrer gab, würde mir niemand glauben. Und es gab ja auch Schüler, die bei jedem Mathelehrer konstant gute Noten hatten.

Ich erinnere mich noch ganz genau an eine der Mathearbeiten bei diesem Mathelehrer, der unserer spontanen Charme Offensive standgehalten hatte.

Es gab ein neues Thema - also auch neue Chancen: Die Sinus-Kurve.
In höchstens 2 Stunden behandelten wir dieses Thema. Es schien vom Umfang her überschaubar und sehr beherrschbar zu sein. Und ich hatte geübt und es auch verstanden.
Die Arbeitsblätter wurden verteilt und ich war völlig geschockt und überrumpelt:
Thema war Kosinus. Natürlich bekam ich einen Blackout und die dazu passende Note.

Bis zur 10. Klasse war ich an dieser Schule. Ob es 2,5 Jahre derselbe Lehrer war, weiß ich nicht mehr.
Aber den Lehrer, den ich dann im Internat hatte, werde ich nie vergessen:
Dr. Dr. Lichter - den Titeln zufolge ein mathematisches Superhirn.
1,5 Jahre hatte ich eine 2+.
Irgendwie irritierte mich das simple Niveau der Matheklausuren.
Ich werde nie verstehen, dass eine Freundin - heute Lehrerin - mangelhaft stand.
Die einzige Erklärung, die mir einfällt, ist mathematische Legasthenie in schwerer Form.

Ich wechselte im 2. Halbjahr der 12. Klasse erneut die Schule. Mein Bruder und ich entschieden, alleine zuhause zu wohnen. Mein Vater wollte ja, dass meine Mutter vorübergehend zu ihm nach Kuwait zieht...

Nun ja, in mathematischer Hinsicht traf mich der Schlag.
Ich weiß noch genau. 2 x die Woche hatte ich Matheunterricht. Ein Mal morgens in der ersten Stunde und ein Mal nach einer Freistunde.

Ich betrat zum ersten Mal den Klassenraum und war überrascht:
Wieso war es denn so merkwürdig leise hier? Ich setzte mich auf einen freien Platz in der letzten Reihe.
Es war die lange Reihe der Versager, wie sich später herausstellen wird.

Mündliche Mitarbeit gab es nicht. Das Mathebuch war hauchdünn. Der Stoff schien erneut eigentlich sehr überschaubar zu sein.
Es stellte sich heraus: Es gab im Halbjahr 2-3 große schriftliche Mathearbeiten.
Statt mündlicher Mitarbeit: Zahlreiche schriftliche kleinere Tests. Zudem konnte man jederzeit überraschend an die Tafel zitiert werden, um die Hausaufgabe zu präsentieren.

Nun ja, ich hätte mich mündlich gar nicht beteiligen können: Denn ich verstand plötzlich gar nichts mehr.
Ich konnte die Hausaufgaben wirklich noch nicht einmal ansatzweise lösen.
Die männlichen Mitschüler waren verständnisvoll und ich nutzte die erwähnte Freistunde zum Abschreiben. Und vor der Mathestunde, die in der ersten Stunde lag, pflegte ich früher zu erscheinen.

Trotzdem - mir war klar, dass das nicht lange gut gehen konnte.

Liebe Leser, sogar der Matheunterricht im autoritären Dritten Reich dürfte amüsanter gewesen sein.
Es herrsche Angst und blankes Entsetzen.

Er wollte sich natürlich schnell einen Überblick über meine mathematischen Fähigkeiten verschaffen.
Und schnell kam der Tag, an dem er reinkam und ohne in die Runde zu schauen, schrie (Name geändert)
Müller - an die Tafel

In herrischem Ton: Schreiben sie die Hausaufgabe an die Tafel und legen Sie dann die Unterlagen weg.
Geschockt erhob ich mich und ging zur Tafel. Grabesstille im Raum...
Während ich die Aufgabe an die Tafel schrieb, wanderte er durch die Reihen, um die Hausaufgaben der anderen zu sichten.

Dieser erste Teil gelang mir ja noch. Aber lösen konnte ich die Aufgabe nun wirklich nicht.
Das Warten an der Tafel schien mir unendlich lang. Hilfe - gleich dreht er sich um.
Ich nahm visuellen Kontakt zu den männlichen Schulkameraden in den ersten Reihen auf. Man hatte erstaunlicherweise den Mut, mir etwas zuzuflüstern.
Aber es war aussichtslos. Ich hatte keinen blassen Schimmer von der Lösung.

Und dann war es so weit: Er hatte den Gang durch die Reihen beendet, alles Hausaufgaben gesichtet und drehte sich um.

Was ist los? Wieso fangen Sie denn nicht an? Betretenes Schweigen meinerseits.
Und dann hämisch: Glauben Sie wirklich, ich weiß nicht, dass Sie abschreiben?
Für wie blöd halten Sie mich eigentlich?
Setzen!
Puuuuuh... Ich hatte es hinter mir - es war überstanden.

Kurze Zeit später wandert er zwecks Hausaufgaben-Überprüfung erneut durch die Reihen und ein anderes Opfer steht hilflos an der Tafel.
Dann erreicht er irgendwann die letzte Reihe und schließlich mein Heft:
Keine Hausaufgabe
Mir war dieses Problem mit Mathe irgendwann zu stressig geworden. Jeder Arbeitseinsatz war sinnlos. Zudem war es nicht einfach, die Jungs ständig nach den Lösungen zu fragen.
Er bekam einen cholerischen Anfall: Was erlauben Sie sich eigentlich? Andere machen sich wenigstens die Mühe, abzuschreiben.

Eine Mitschülerin namens Dagmar erzählte mir, sie habe diesen Mathelehrer ja schon seit der 10. Klasse und habe aufgrund intensiver Nachhilfe immerhin ein ausreichend. Das schien mir schlecht investiertes Geld.

Zudem würde es mich wahrscheinlich nicht von meinem Mangelhaft erlösen. Der Nachhilfelehrer bräuchte ja auch Zeit, um die Arbeitsweise, Vorgehensweise dieses abartigen Mathelehrers zu analysieren. Dabei soll Mathe ja eigentlich schlichtweg einfach nur logisch sein.
Logik konnte ich hier jedoch keine erkennen. Und meinem Nachhilfelehrer würde es wahrscheinlich genauso gehen.

Ich erinnere mich: In einem Jahr war Vektor Rechnung dran. Ein ganz neues Thema. Die Chance wollte ich natürlich nutzen. Das Thema kam mir recht leicht vor und ich glaubte gut auf die Mathearbeit vorbereitet zu sein.
Und irgendwie kamen mir die Aufgaben auf dem Arbeitsblatt erstmalig irgendwie vertraut vor. Ich füllte alles aus und war auch wirklich 45 Min. lang beschäftigt.

Bei der Abgabe ließ der Lehrer es sich nicht nehmen, mich zu fragen:
Na, wie war es denn? Ja, ganz gut eigentlich entgegnete ich.
Er erwiderte etwas spöttisch: Na, dann müssten Sie ja eigentlich 15 Punkte (Höchstpunktzahl) bekommen.
Und ich dachte so bei mir, ja - das könnte wirklich sein...

Ich glaube, es war ein befriedigend. Nur nützte mir das am Ende nichts:
Hausaufgaben an der Tafel, zahlreiche kurze, schriftliche Zwischentests:
Endnote erneut: Mangelhaft.

Ich weiss noch, im letzten Halbjahr - ausgerechnet des letzten Schuljahres (13. Klasse) ging mir die Luft ganz aus.
Ich hatte Panik vor diesem Lehrer. Die beste Lösung schien mir, da einfach nur noch periodisch zu erscheinen. Krankschreiben konnte man sich ab 18 ja selber. Meine Mutter weilte ja sowieso in Kuwait. Wäre sie da gewesen, hätte sie Verständnis gehabt.

Meine periodischen Besuche sollten sich auch auszahlen: Gegen Ende des Halbjahres sollten alle Kandidaten mit mangelhaft und ungenügend anscheinend noch eine letzte Chance zur Notenverbesserung eingeräumt werden. Es kam mir jedenfalls so vor. Sensibel, wie ich bin, fiel mir auf, dass meine letzte Reihe an die Tafel zitiert wurde.
Nun ja, diese Reihe war zum Glück lang, aber ich wollte kein Risiko eingehen und entschied, dem Matheunterricht von nun ab ganz fern zu bleiben...

Eines Tages kam Dagmar auf mich zu: Du, der Lehrer in Mathe hat Dich heute aufgerufen. Er hat dann realisiert, dass Du auch heute nicht da bist. Und stell Dir vor: Er hat gelacht. Er hat gelacht und gesagt, er wäre an meiner Stelle heute auch nicht gekommen.

Was - der kann lachen? Und dann? Ja, nichts.

Ich bin mir sicher, meine mathematische Begabung wurde zu Schulzeiten einfach nicht erkannt. Ich musste nicht mal rechnen: Mich erwartete in diesem allerletzten Schulhalbjahr in Mathe die Note ungenügend.
Ein Novum...

Und ich lag richtig. Meine Nachbarin, Lehrerin an diesem Gymnasium erzählt mir später, es habe wegen mir eine Sonderkonferenz.

Trotz guter Noten in allen anderen Fächern brach mir Mathe nämlich das Genick. Rein rechnerisch führten meine Mathenoten tatsächlich dazu, dass ich das Abitur nicht bestanden hatte.
Also schenkte man mir die zum Bestehen erforderlichen, fehlenden 3 Punkte.

Das ist auch richtig so.
Denn ich bemerkte damals recht schnell, dass ich bei diesem Mathelehrer auf keinen grünen Zweig kommen würde und dass das mein Abitur gefährden würde.
Die damalige Bitte meiner Mutter, mich einem anderen Mathekurs zuzuordnen, war abgelehnt worden. Mit der Begründung, ein Wechsel sei wenig hilfreich. Denn dann müsse ich - aus organisatorischen Gründen u.a. - auch den Kunstkurs wechseln. Und bei diesem anderen Kunstlehrer gäbe es auch auffällig viele Schüler mit mangelhaften Leistungen.
Schwer zu glauben irgendwie. Aber Mitschüler bestätigten das.
Das wäre uns aus nachvollziehbaren Gründen nicht so wichtig gewesen...

Ich habe den Aufbau mehrfach verändert. Ich bin mir nicht sicher, ob der Aufbau logisch, verständlich geblieben ist.

Ich habe mich sehr um eine erheiternde Darstellung bemüht und hoffe, sie verfehlt die beabsichtigte Wirkung nicht...

02.01.2022 20:42 • x 2 #19


Nuala
Physik blieb mir bis zum Schluss ein Rätsel.
Ich erinnere mich an den besonderen Saal mit ansteigenden dunklen Stuhlreihen. Vorne ein Tisch, der Experimente erlaubte.
Der Lehrer war ruhig, eher introvertiert und sehr freundlich.

Aber das nützt einem am Ende auch nichts. Es geht um Noten.
Ich erinnere mich noch an das Thema Strom.
Der Lehrer erwähnte eine tatsächliche und eine technische Stromrichtung und mir war sofort klar, dieses Fach muss ich so schnell wie möglich abwählen.
Das mit den zwei Stromrichtungen kam mir unlogisch vor. Natürlich fließt Strom immer in die Richtung, in der er wirklich und tatsächlich fließt.

Dann waren Atomkraftwerke Thema. Ich weiß noch, ich zeichnete die Silhouette des Atomkraftwerkes sorgfältig von der Tafel ab.
Immerhin zeichnete ich gerne und hatte in Kunst stets mindestens eine zwei.
Auch die Notizen übertrug ich in gleicher Weise.
Die nächste Klassenarbeit stand an - Thema Atomkraft.
Ich bereitete mich also vor, betrachtete diese Skizze und für Sekunden hatte ich zeitweise wirklich das Gefühl, die Arbeitsweise verstanden zu haben. So, wie wenn die Wolkendecke kurz aufbricht und die Sonne plötzlich sichtbar wird.

Leider konnte man sich bei diesem Lehrer auch nie wirklich sicher sein, was abgefragt werden würde. Man konnte durchaus den Eindruck gewinnen, dass sie selbst vergaßen, was sie mit ihren jeweiligen Klassen wirklich besprochen hatten und es vllt. verwechselten.

Ich hatte aus dem Vorjahr jedenfalls ein befriedigend und fürchtete um diese doch noch akzeptable Note.

Der Tag der Prüfung kam, ich entschied mich, mit dem Rad zu fahren.
Ich erahnte die nahende Katastrophe. Mitten auf dem Weg entschied ich mich, krank zu werden und kehrte um.

Im Zeugnis hatte ich die Note vom Vorjahr. Sonja hatte weniger Glück. Sie war eine Weile sauer auf mich. Ihre Eltern waren anscheinend strenger. Wobei ihre Mutter meiner Einschätzung nach nicht das Problem gewesen sein dürfte.
Ich denke ihr Vater, der Professor, hatte Wind davon bekommen.

03.01.2022 00:21 • x 2 #20


Nuala
Ein einziger Lehrer während meiner Schullaufbahn brachte mich zum Weinen.
Ich besuchte insgesamt 4 verschiedene Gymnasien.
Das erste, als ich noch im Dorf wohnte.
Danach ein Gymnasium in der Stadt meiner Jugend, in der ich - mit Unterbrechungen - immer noch wohne. Darunter die 2 Jahre in derselben Klasse mit Sonja und Anne.
In der Oberstufe war ich 1,5 Jahre Internat. Ich habe Google Maps bemüht - es lag ca. 50Km entfernt. Und die letzte Hälfte besuchte ich wieder ein Gymnasium hier in der Stadt. Ein anderes.

In meiner Jugendzeit war es eine Stadt mit ca. 100.000 Einwohnern. Heute sind es 130.000. Um die Uni herum sind neue Wohngebiete entstanden. Ich glaube, die Uni wurde in den 70ern gebaut.

Der Vorteil vieler verschiedenen Schulen ist natürlich, dass man insgesamt mehr Mitschüler kennenlernt. Kontakte habe ich jedoch keine mehr.

Im letzten Gymnasium hatte ich leider gleich zwei problematische Lehrer.
Zum einen den fürchterlichen Mathelehrer. Zum anderen hatte ich plötzlich und erstmalig eine schreckliche Französischlehrerin.

Ich hatte sprachliches Talent und hatte - neben Englisch und Erdkunde - Französisch als Hauptfach gewählt.
Ich hatte auch stets gute Noten. Auch bei dieser fürchterlichen Französischlehrerin - aber es war der Horror.

Sie hieß Madame R. Es war ein deutscher Nachname. Demnach dürfte sie mit einem Deutschen verheiratet gewesen sein. Vor ein paar Jahren traf ich meinen Biolehrer aus dieser Zeit und wir reden über meine Schulzeit dort.
Er erzählt mir, sie stamme aus der französischen Bourgeoisie - also dem wohlhabenden Bürgertum.

Als Neuling suche ich also den Raum, in dem der Französischunterricht stattfinden soll. Die Tische und Stühle in Hufeisenform aufgestellt. Und auch in der Mitte 2 Reihen, frontal zur Tafel hin.
Alle sind schon da. Zwei Tische an der Wand, links neben der Tür sind noch frei.
Also setze ich mich an den Tisch direkt an der Tür. Ich habe keine Sitznachbarn.

Es ist vielleicht gut, dass ich keine Details über diesen Kurs kannte. In der Oberstufe gibt es ja keine festen Klassen mehr. Zur Oberstufe wählt jeder Schüler seine Hauptfächer aus...
Später erfahre ich, dass dieser Kurs eine Ausnahme war. Denn an dieser Schule konnte man Französisch als erste Fremdsprache wählen - was unüblich war. Und alle hatten Französisch als Hauptfach gewählt. Also kannten sie sich alle sehr gut. Und sie hatten 2 Jahre länger Französisch gelernt als ich.

Ein Schüler, der nahezu perfekt Französisch sprach, brachte regelmäßig eine Kassette mit aufgenommenen französischen Nachrichten mit.
Hier in der Gegend gab es französische Soldaten. Es gab auch ein französisches Gymnasium. Er hatte scheinbar Kontakte zu Franzosen.

Nun, hörten uns die Nachrichten erst vollständig an. Dann wurde alles zurückgespult... Diese Furie von Französischlehrerin wollte sich natürlich so schnell wie möglich ein Bild von meinen Französischkenntnissen machen.

Der erste Satz wurde abgespielt und ohne Vorwarnung rief sie einen Namen auf. Dieser musste den Satz wiederholen.
Kaum jemand verstand viel. Sie stammelten irgendetwas. Meist nur die ersten 2-3 Worte und sie war begeistert: Oui, oui - très bien. (Ja, ja, sehr gut.) Très, très bien! Et alors? (Und weiter?) Und blickte erfreut, fast euphorisch in die Runde. Endlos lange Minuten beschäftigte uns ein einziger blöder französischer Satz.

Niemand verstand diese französischen Nachrichten. Das war schon mal gut - ich nämlich auch nicht.

Es dauerte nicht lange und ich kam dran. Wir hörten wieder einen Satz, Madame ließ den Blick durch die Reihen schweifen und blickte mich angsteinflößend an: Nuala - s'il vous plaît. Übersetzt: Nuale - bitte schön...
Wörtlich übersetzt: Nuala - wenn es Ihnen gefällt.
Französisch ist so eine poetische, so elegante Sprache.

Ich bekam einen Schreck, Panik - und blieb vollkommen sprachlos.
Später gelingt es mir irgendwann, den regelmäßigen Schock etwas zu überwinden und auch mir gelingt es, 1-3 Wörter zu stammeln.
Aber ich glaube, Begeisterung zeigte sie bei mir nie.

Sie wollte, wie erwähnt, so schnell wie möglich einen möglichst umfassenden Einblick in meine Französischkenntnisse gewinnen.
Wir bekamen eine schriftliche Hausaufgabe.
Zu der Zeit war ich mit meinem jüngeren Bruder alleine zuhause. Meine Mutter war einige Monate bei meinem Vater in Kuwait. Meine ältere Schwester war bereits ausgezogen. Sie hatte ihr Studium in einer anderen Stadt begonnen.

Ich sehe es noch vor mir: Ich sitze alleine an dem großen Tisch im Wohnzimmer und beschäftige mich mit dieser Hausaufgabe.
Neben mir ein Wörterbuch. Das war erlaubt. Ich hatte sprachliches Talent und beherrschte diese komplexen - wunderschönen - französischen Satzkonstruktionen.
Ich hatte Freude an meinen eigenen Formulierungen.

In der nächsten Stunde sammelt sie meine Hausaufgabe ein und nimmt sie mich.
Sie muss sich mit meiner Arbeit zügig beschäftigt haben... Ich saß links, dicht an der Tür. Diese öffnet sich und noch bevor die Lehrerin in mein Blickfeld gerät, landet mein Hausaufgabenheft auf meinem Tisch.

Sie schreit: Das ist nicht ihre Arbeit. Das kann nicht ihre Arbeit sein. Das ist zu gut für Sie. Sie können ja nicht mal sprechen.

Ich war absolut geschockt, fühlte mich zudem bloßgestellt und konnte nichts sagen. Meine Mutter war so eine liebe Frau. Ich hatte doch schon einige weibliche Lehrer gehabt.
Aber noch nie war jemand so mit mir umgegangen. Das war ja pure Abneigung - wenn nicht sogar Hass.

Direkt nebenan wohnte ja eine Lehrerin, die an meiner Schule unterrichtete.
Ich glaube, Englisch und Französisch.

Ich erinnere mich nicht, wie ich auf sie getroffen bin, ob ich dort geklingelt habe.
Jedenfalls berichte ich ihr von dem Vorfall und breche in Tränen aus.

Viele Jahre später fragt sich mich, ob sich die Situation im Französischunterricht sich damals eigentlich irgendwann gebessert habe.
Ich bestätige das. Sie ließ allmählich von mir ab und suchte sich ein anderes Opfer.
Sie eröffnet mir anschließend, sie habe damals mit dieser Lehrerin gesprochen...


Ich schaue in mein Postfach. Oh je - unter anderem Post von meiner Bank.
Zur Erinnerung: Mutig wie ich bin, verlange die Erstattung von Kontoführungsgebühren. Und das als Sozialfall. Und zudem trotz Drohung, mir das Konto zu kündigen...

Panik macht sich breit. Ich muss noch an den Briefkasten und unzählige Brief mit möglicherweise negativem Inhalt öffnen. Und jetzt auch noch das.

Mehr als Sterben geht nicht. Mehr als Sterben geht ja wirklich nicht.
Und die Angst vor einem längeren, grausamen, schmerzvollen, deprimierten Sterben ist doch meine größte Angst.
Dann müsste ich doch eigentlich in der Lage sein, diese Angst vor möglicherweise unangenehmer Post zu bewältigen. Peanuts müssten diese Briefe, Nachrichten dann doch eigentlich sein.
Aber ich spüre deutlich - es sind keine...

03.01.2022 13:12 • x 2 #21


Nuala
Ich habe neue Fotos zum Link zugefügt.
Noch mal eines von der Mülldeponie im Wohnzimmer.
Mit dem vielen Packpapier wurde die Katzenhöhle (Foto) verpackt. Die Höhle ist natürlich cremefarben und passt farblich perfekt zu meiner Einrichtung. Ich dachte wirklich, Grisu könnte diese Höhle gefallen.
Er schläft unter meinen Beinen, manchmal in seiner Transportbox... Dann bekommt er also eine richtige Katzenhöhle.
30 Euro hat dieses Unterfangen mit Versandkosten gekostet.
Ein hoher Betrag für einen Sozialfall.

Er interessiert sich jedoch nicht für die Höhle sondern ausgerechnet für das Packpapier.
So langsam gebe ich die Hoffnung auf.
Um die Chancen zu erhöhen, dass sie ihm irgendwann gefällt, verstecke ich das Fleischstück, das er täglich bekommt darin.
Bisher blieb diese Strategie erfolglos. Er holt das Stück Fleisch einfach raus.

Also habe ich die Höhle inseriert - ohne Erfolg. Es bleibt das Tierheim. Leider ist es abgelegen. Ich könnte dort fragen, ob jemand hier wohnt und es mitnimmt. Wichtig wäre mir dabei, dass es wirklich im Tierheim landet und nicht privat genutzt wird.

https://photos.app.goo.gl/ZaYbE6JBRW6y4dWM6

Dann noch einige Fotos, die Grisu mit einer Eierpackung zeigen.
So viele Verhaltensweisen, Vorlieben, die er als kleines Baby hatte, hat er behalten.
Es ist so lustig. Zuerst passte er noch in die 10er Packung, dann wird es allmählich knapper. Und jetzt sieht es endgültig komisch aus. Ein Foto ist von heute...

Ich habe mich gerade geduscht und mir die Haare gewaschen. Das mache ich nur 2 Mal wöchentlich.
Es mag Leser entsetzen. Aber ich bin ja fast immer alleine, gehe kaum unter Menschen. Und meine Haare sind nicht mehr so fettig wie früher.
Einige Stellen wasche ich natürlich täglich.
Ich scheine nicht in schlechter Gesellschaft zu sein. Es war im TV: Ashton Kutcher Partnerin handhaben es scheinbar ähnlich.

Allerdings habe ich zeitweise Schwitzattacken. Das kann eigentlich nur hormonell bedingt sein - die Menopause.
Dann nehme ich einen unangenehmen säuerlichen Geruch an mir wahr. Am Décolleté, irgendwie...

Und wer weiß, vielleicht nimmt man den selbst an sich später wahr als andere.
Im Winter, dick angezogen, mag das unbemerkt bleiben - und vielleicht sogar nicht vorhanden sein.

Im nächsten Sommer will ich das intensiver beobachten. Aber als Sozialfall ist Duschen teuer. Und ob ein Mal tägliches Duschen überhaupt ausreichen würde? Im letzten Sommer hatte ich das Gefühl, ständig so merkwürdig zu riechen.

Es dämmert schon wieder... Ich war nicht am Briefkasten. Auf einen Tag mehr oder weniger wird es doch wohl nicht ankommen.
Ich liege mit nassen Haaren auf dem Sofa.
Ich trage sie - obwohl Mitte 50 - immer noch lang. Weiße Haare sehe ich bisher nur vorne an der Stirn und seitlich.
Die färbe ich dunkelblond. Früher hatte ich blond gefärbte - also nur gebleichte - Haare. Dann verlor ich die Hälfte unwiederbringlich durch ein Medikament. Gebleichte lange Haare brechen ja leicht ab. Deshalb habe ich mit dem Blondieren aufgehört.
Ich weiß, dass viele Frauen die Haare um die 50 kürzer tragen. Aber es erspart mir den Frisör. Den könnte ich mir nicht wirklich leisten. Im Spiegel kontrolliere ich periodisch, ob mir die langen Haare noch stehen.
Ich scheine ja etwas jünger auszusehen. Wahrscheinlich hält mich mittlerweile niemand mehr für Mitte 30, aber doch eventuell für Mitte 40. Da kann man die Haare doch eigentlich noch lang tragen?
Na, ja, und ich sehe noch viel ältere Frauen, deren Haare weiterhin lang sind.

Wo ist Grisu eigentlich?

03.01.2022 16:43 • x 2 #22


Nuala
Meine Grundschule der 70er befand sich in einem 3 Km entfernten Dorf.

Es fuhr ein Schulbus. Morgens warteten wir an einem fensterlosen Bushäuschen aus dicken Holzbalken. Ich glaube, der Bus war stets zu voll. Ich kann mich nicht daran erinnern, mal einen Sitzplatz gehabt zu haben.

Die Schule lag erhöht auf einem Berg. Es war ein neuer großer Gebäudekomplex mit Hauptschule. Mir gefiel die Atmosphäre dort.

Mein erster Lehrer war männlich. Nach 2 Jahren bekamen wir einen anderen. Ich bin mir nicht sicher, welcher der erste war. Ich denke, der war der erste, der Birkel hieß. Wir amüsierten uns über den Namen und nannten ihn Birkel-Nudel.
Insbesondere dieser Lehrer hatte etwas sehr Warmherziges.

Ich erinnere mich noch, als er auf dem Rückweg von einem Wandertag vor dem Überqueren einer Straße fragte, in welche Richtung man denn zuerst schauen sollte.
Ich stand in seiner Nähe, war gut gelaunt und guter Dinge. Also antwortete ich ins Blaue hinein: Erst rechts, dann links.
Behutsam fragte er in die Runde, ob das richtig sei...

Die Schule besaß ein Hallenbad. Einige schwammen schon sicher durften schon in der ersten Stunde die ganze lange Bahn nutzen. Ich war noch etwas unsicherer und übte noch kürzere Distanzen im niedrigeren Wasser.
Ich glaube, er war etwas angespannt, damit auch wirklich niemand ertrinkt.
Schnell durfte ich auf Nachfrage ins tiefe Wasser.

Ich mochte den Sportunterricht. Ich erinnere mich noch, dass wir u.a. Hockey spielten. Das spielte ich leidenschaftlich gerne.

Auch eine Art Radprüfung absolvierten wir in diesen 4 Jahren. Wir übten auf einem Parkour auf einem der Pausenhöfe. Zur Prüfung dann mit dem Bus in eine Nachbarstadt.

Dunkel erinnere ich mich noch, dass ich in der Mathestunde nach vorne gerufen wurde. Ich hatte damals je ein Muttermal auf einer Wange. Anhand dieser erklärte der Klassenlehrer die mathematische Symmetrie. Hoffentlich jedenfalls.

Nicht vergessen habe ich auch den Tag in Mathe, wo das 3er Einmaleins Thema war. Ich sollte es aufsagen. An sich sollte das ganz schnell aufgezählt werden - auswendig gelernt. Und mir wurde klar, dass ich das nicht konnte. Ich zählte unter der Bank mit den Fingern. Ich war viel zu langsam.
Aber mein Klassenlehrer war ja nett. Er ließ sich eventuelle Enttäuschung jedenfalls nicht anmerken.

In schlechter Erinnerung ist mir die Kunstlehrerin geblieben. Es war eine sehr schlanke, feminin wirkende und elegant gekleidete Dame. Ihr Ehemann war auch Lehrer. Sie besaßen den passenden Hund: Einen eleganten Afghanischen Windhund. Den müssen Sie mal dabei gehabt haben.

Um Ostern herum sollten wir einen Osterhasen malen. Ich war in guter Stimmung und plapperte fröhlich mit meiner Sitznachbarin.
Plötzlich herrschte mich die Lehrerin an, ich solle ruhig sein.
Ich bin mir nicht sicher... Ich glaube sie sagte noch, ihr fiele auf, dass ich immer dann quatschen würde, wenn sie mir den Rücken zudrehe.
Sie unterbrach meine Fröhlichkeit harsch und ich verstummte. Ich glaube, niemand im späteren Leben würde mich als fröhlichen Menschen bezeichnen.

Sie hätte mir das ja auch freundlich sagen können. Kind gerecht...

Sie schaute auf mein Bild und sagte, Aufgabe sei gewesen, einen Osterhasen zu malen und keinen Hasen.
Ich bin mir ganz sicher, dieser Dame war ich nicht sympathisch.
So ein Erlebnis ist für Kinder schon einschneidend. Man ist derart jung, klein und unerfahren. Und ein erwachsener, mächtiger Lehrer mag einen offensichtlich nicht. Glücklicherweise war sie nicht meine Klassenlehrerin.

Darüber hinaus gab es einen ganz fürchterlichen Deutschlehrer, vor dem alle große Angst hatten. Meine ältere Schwester kannte diesen Lehrer auch.

Er war schlimm! Ich weiß noch, wir mussten mal wieder ein Gedicht auswendig lernen. Und ich hatte mich auch vorbereitet und es hakte beim Üben zuhause auch immer seltener.

Wir wurden aufgefordert, uns in eine Reihe aufzustellen. Ich glaube, es war der Erlkönig. Ich war an der Reihe. Ich war derart aufgeregt, dass ich schnell ins Stocken kam. Das missfiel dem Lehrer sehr. Der war sehr streng.
Ich würde sagen, es war vielleicht das erste Mal, dass ich Druck verspürte und wirklich große Angst.

In einem Schuljahr wurde ich mal stellvertretende Klassensprecherin. Das überraschte mich sehr.

Dann erinnere ich mich noch an ein Schulfest. Wir entschlossen uns für ein Mäuse-Roulette. Irgendjemand brachte weiße Mäuse mit...

Eines Tages kam ein Amtsarzt in die Klasse. Einzeln mussten wir mit *beep* Oberkörper zu ihm an den Pult.
Ein Mädchen aus meinem Dorf hatte eine Wirbelsäulen-Verkrümmung, trug ein - unsichtbares - Korsett und musste zum Sonderturnen.
Irgendwann kam ich dran und der Art äußerte: Oh je. Die muss zum Sonderturnen, sonst bekommt sie später Probleme. Ich war geschockt! Das sagte er in Anwesenheit der ganzen Klasse. Ich kam mir zudem ausgesondert, anders vor.

Weinend kam ich zuhause an und fragte meine Mutter, ob ich da denn wirklich hin müsse. Meine Mutter verneinte dies. Sehr wahrscheinlich würde man krampfhaft nach mehr Kursteilnehmern suchen.

Hätte man es nicht Sonderturnen genannt, hätte ich es vielleicht akzeptiert. Ich bin mir nicht sicher, ob meine Mutter das damals richtig entschieden hat. Man hätte sich das vielleicht von einem Orthopäden erklären lassen sollen. Aber es waren die 70er und wir wohnten in einem Dorf...

Ich werde später erhebliche orthopädische Probleme bekommen. Aber ziemlich sicher aus völlig anderen und damals durch reine Inaugenscheinnahme sowieso nicht sichtbaren Gründen.

Auf die viel höheren Anforderungen der 5. Klasse am Gymnasium war ich nicht vorbereitet. Sie trafen mich ohne jede Vorwarnung.

03.01.2022 20:30 • x 2 #23


Nuala
Meine Grundschulzeit bewerte ich als überwiegend schön.
Ich weiß nicht mehr, neben wem ich saß, wer meine Freundin war.
Ob es 4 Jahre lang dieselbe war.

Einen Jungen namens Andreas fand ich sympathisch.
Vor meinem geistigen Auge sehe ich ihn auf dem Sportplatz vor mir. Ich beobachtete ihn und dachte, der ist aber nett.

Die Kinder kamen aus zahlreichen Dörfern der Gegend.

Damals gab es Poesiealben. Den Begriff musste ich kurz recherchieren.
Wir Mädchen schrieben uns gegenseitig Sprüche hinein und schmückten es mit klebenden Bildchen.

Ich hatte kurze blonde Haare, war groß und schlank gewachsen. Aber ein Mädchen mit blonden langen Haaren war größer als ich.

Ich erinnere mich an Rita. Ein Mädchen mit dunkelroten langen Haaren. Rechtes und links zusammen gebunden. Oft irgendwie lockig eingerollt.

Sie lädt mich zum Geburtstag ein und ich ich darf dort übernachten.
Sie wohnte in einem sehr winzigen Dorf mitten im Nirgendwo. Aber natürlich mit Kirche.
Ihre Eltern waren Bauern. Sie wohnten in einem uralten Haus. Das Wohnzimmer war klein und wirklich sehr düster. Ich erinnere mich schemenhaft an schwere dunkle Möbel.

Es ist Wochenende und ich gehe mit zur Kirche. Ich war überrascht, dort unseren Religionslehrer zu sehen. Plötzlich stehen alle auf um den Leib Christi, - eine Oplate - einzunehmen. Mein erster Kirchenbesuch.

Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich war ängstlich und wollte nicht alleine sitzen bleiben. Es kam auch völlig unvorbereitet. Also stelle auch ich mich an und empfange von meinem Religionslehrer die Oplate.

Abends liegen wir zusammen in einem riesigen Bauernbett. Das Zimmer lag im ersten Stock. Es war schon sehr aufregend für mich. Es war draußen schon dunkel.
Plötzlich gruselige Geräusche am Fenster. Jemand klopfe gegen die Fensterscheibe. Rita schaut mich lachend an: Einer ihrer großen - deutlich älteren Brüder - hatte sich einen Spaß gemacht. Er hatte sich eine Leiter besorgt, um uns zu erschrecken.

Rita's Reaktion deutete darauf hin, dass sie das schon kannte.

Vor einigen Tagen habe ich Rita erstmalig gegoogelt.
Sie hat einen ca. 8 Jahre älteren Mann aus der Gegend geheiratet, der eine poetische Ader hat. Er veröffentlicht im Internet Gedichte. Er hilft Rita mit den Kühen. Vielleicht hat sie den Betrieb der Eltern übernommen.

Ich suche nach Bildern: Und ich sehe eine Frau mit denselben roten Haaren, derselben schlanken Figur. Das ist sie, denke ich zunächst.
Jetzt kommt mir der Gedanke, dass es vielleicht eher ihre Tochter sein könnte.

Wie die Zeit vergeht...

Ich war nie im Kindergarten. Über diese Tatsache denke ich heute häufiger nach. Hätte mich das anders geprägt?
In unserem Dorf gab es keinen Kindergarten.
Ich glaube, einmal äußere ich den Wunsch bei meiner Mutter. Und ich sehe mich in einem großen Raum mit vielen Kindern. Meine Mutter spricht mit einer Frau. Die vielen Kinder ängstigen mich zu sehr. Ich will nicht.

Ich denke, meiner Mutter kam das ganz recht. Wir hatten nur ein Auto. Oft fuhr sie meinen Vater zur Arbeit und hatte das Auto dann doch tagsüber zur Verfügung. Generell frage ich mich, ob wir uns kein kleines zweites Auto leisten konnten.

Ich hatte 2 Geschwister. Einen ein Jahr jüngeren Bruder und eine fast 2 Jahre ältere Schwester. Eigentlich dürfte ich mich also nicht alleine gefühlt haben.

Wir wohnten im mittleren Haus von 3 Häusern. Unsere Nachbarn hatten beide jeweils zwei Kinder.
Wir sind alle Baby-Boomer-Kinder. Es gab in fast jedem Haus dieses Neubaugebietes der 70er Kinder.

Und trotzdem - denke ich an meine Kindheit in diesem Dorf, fühle ich Einsamkeit.
Mein Bruder und ich waren die einzigen, die mit den beiden Bauernkindern im selben Alter spielten.
Unser Garten war schön. Wir waren oft in diesem Garten.
Als Schuhe benutzten wir holländische Holzclogs. Später erfahre ich, dass Nachbarkids die cool fanden und auch wollten.

Wie dem auch sei - ich frage mich schon häufig, was diese Kinder denn drinnen in ihren Häusern so machten.

Wenn ich mich an Fußball erinnere und andere Zusammentreffen, dann sind das seltene Highlights. So selten, dass ich mich vielleicht nur deshalb an sie erinnere.
Damals gab es nicht oft Schnee, aber deutlich mehr als heute. Einmal lag sehr viel Schnee. Wir Kinder fuhren mit Schlitten die Steile Hauptstraße des Neubaugebietes hinab. Hakten die Schlitten ineinander. Dasselbe einmal im Wald über dem Wohngebiet.

Es gibt einige Fotos, die uns mit den Kindern des Hause links von uns, Manuel und seine ein Jahr älteren Schwester im Schnee zeigt. Wir fahren mit dem Schlitten die leicht abschüssige Kuhwiese gegenüber unserer Häuser hinab.

Dann noch ein früheres Foto. Ich und ich glaube mein Bruder zusammen mit Manuel und Bea vor ihrem Haus. Wir spielen im Matsch. Bea hat eine Schaufel in der Hand. Den Platz pflasterten sie später - leider - mit Steinplatten.

Mir fällt auf, wie hübsch Bea war. Sie hatte langes, braunes Haar. Ich empfand sie schon damals als hübscher als mich und meine Schwester. Sie war 3 Jahre älter als ich. Ob das der Grund ist, wieso ich zu ihr nie wirklich Kontakt hatte?
Ihr gutes Aussehen flößte mir sicherlich auch Angst ein.

Sie hat später Architektur bzw. Innenarchitektur studiert, einen Architekten geheiratet und zog - vielleicht aus finanziellen Gründen - zurück in ihr Elternhaus. Ich wir trafen uns mal in unseren 20ern hier in der Stadt.
Sie hatte damals schon eine 2-jährige - sehr gut aussehende - Tochter.
Ich wohnte hier in der Stadt, nicht weit von meiner jetzigen Wohnung.

Sensibel und in kleinen Schritten gewöhnte sie ihre Tochter an den nahegelegenen Kindergarten. Ich glaube, ich begleitete beide bei ihrem ersten Besuch. Sie trödelte auf dem Weg etwas.
Ich weiß noch, gedanklich beschäftigte mich die Attraktivität dieser kleinen Familie: Ihr Mann war gutaussehend und schon auf den ersten Blick auch (wie Bea's Vater) ein weicherer Typ.

Wenn ich mich recht erinnere, weinte die Tochter beim Abschied der Mutter. Aber glaube, sie hatte vor, die bald zurückzukehren und die Zeit langsam zu verlängern.

Und spätestens jetzt denke ich: Sie hatte warmherzige, liebevoll wirkende Eltern und sie ist genauso. Ich habe sie bereits erwähnt. Sie waren evangelisch, scheinbar nicht von hier, sondern aus dem Norden und sprachen perfektes Hochdeutsch. Wegen einer vielleicht einfach nur unbedachten Äußerung der Mutter hatte ich früher darauf gewartet, von ihnen in ihren Sommerurlaub nach Spanien mitgenommen zu werden...

Wir trafen uns nur 1-2 Mal. Ich hatte damals ein Auto und fragte sie, ob wir ihre Mutter in ihrem Elternhaus besuchen sollten. Es dürfte ca. 10 Jahre nach unserem Wegzug gewesen sein.

Die Mutter erwartete uns und stellte mir ihren neuen Pudel vor. Dieser war grau. Sie sagte fast entschuldigend, er sei leider etwas ängstlich.

Ich bin jetzt 54 - dann müsste Bea jetzt ca. 57 Jahre alt sein. Ich googelte sie vor einigen Jahren: Ich finde ein Portraitfoto von ihr.
Sie hat schwarze Haare, kurz - das kann sie sich bei ihrem schönen Gesicht auch leisten. Sie strahlt - sie strahlt hell wie die Sonne in die Kamera.
Sie scheint zumindest zeitweise in ihrem Beruf gearbeitet zu haben.

Sie hat später scheinbar noch einen Jungen geboren. Ich google weiter und sehe, die Tochter hat auf dem Gymnasium, das auch wir alle besucht haben, das Abitur gemacht.

Mittlerweile dürfte sie sogar schon ihr Studium abgeschlossen haben.
Sicher ist sie so hübsch wie ihre Eltern geblieben...

Es ist sehr viel Zeit vergangen...

04.01.2022 11:41 • x 2 #24


Nuala
Schauen gesunde Menschen nach vorn und kranke zurück?
Es dürfte zu simpel sein. Vielleicht ist es sogar falsch.

Wirklich aktiv zurückschauen kann man sowieso erst ab einem gewissen Alter.
Zudem benötigt man Zeit. Und je älter man ist, desto mehr Zeit dürfte ein umfassender Blick erfordern.

Ist es normal bzw. gesund in den 50ern zurück auf sein bisheriges Leben zu schauen? Geht es allen oder wenigstens den meisten so?

In Bezug auf Männer verwendet man den Begriff der Midlife-Crisis.
Aber die 50er Jahre dürften auch für Frauen schwierig sein.
Durch das Älterwerden der Kinder erlebt man die Phasen des eigenen Lebens sozusagen ein zweites Mal. Aus anderer Perspektive...
Bis diese Kinder schließlich ausziehen und versuchen, sich ein eigenes Leben aufzubauen. So oder so ähnlich also müssen sich damals die eigenen Eltern gefühlt haben...

Im TV hörte ich mal, Menschen ohne Kinder würden sich jünger fühlen.
Das könnte sein.

Ich werde nie Oma sein. Ich bin (eine unbekannte) Tante. 2-fach, nehme ich an.

Und in welche der beiden Kategorien gehören Menschen, den tiefen Blick hinein in das eigene Innere verweigern?


Ich fühle mich - wie immer - müde und krank. Gestern habe ich geduscht, ich könnte heute also problemlos einkaufen gehen. Ich habe keine Möhren mehr. Ich versuche, mich möglichst gesund zu ernähren und täglich etwas Gesundes zu essen.
Auch roter Spitzpaprika schmeckt mir roh. Im Kühlschrank sind noch welche.

Mit Grisu war ich schon kurz draußen. Hatte ich schon erwähnt, dass feuchtes Wetter ihm nichts ausmacht. Bedauerlicherweise irgendwie...

Ob es heute Entzugserscheinungen sind? Ob es diese hohe Anzahl von Allergien ist? Sogar gegen meine Amalgamfüllungen bin ich allergisch.
Ich habe jedoch große Angst vor Zahnverlust und würde mir sogar neue legen lassen.

Denn - wie zuvor erwähnt - ich darf auf keinen Fall so enden wie meine Mutter - u.a. zahnlos...

04.01.2022 14:54 • x 2 #25


Nuala
Es wäre mittlerweile sowieso zu spät für eine Bearbeitung des letzten Textes...
Mir fiel sofort nach dem Upload die sprachliche Ungenauigkeit auf.

Ich DARF so enden wie meine Mutter.
Und ich KÖNNTE enden wie sie.

Aber ich MÖCHTE - ich WILL nicht so enden.

Es macht mir Angst. Es ist eine ständige - und auch sehr berechtigte - Angst.
Die läßt sich auch nicht abschütteln. Man kann sie nicht loswerden.
Ich schreibe MAN, denn ich bin mir sicher, NIEMANDEM würde das gelingen.

Die Frage - ob ich dasselbe Ende nehmen werde - sie wird sich wohl erst im Moment des Sterbens oder zum Todeszeitpunkt beantworten lassen.

04.01.2022 15:19 • x 2 #26


Nuala
Ende Januar bekomme ich endlich die 3. Corona Impfung.
Ich liege im Bett, das Laptop auf dem Bauch. Im Hintergrund läuft der TV mit Nachrichten.

Ich erwähne die Impfung, weil in diesem Moment Bilder von Corona Demonstrationen sehe.
Ich kann diese Demonstrationen nicht einmal ansatzweise nachvollziehen.
Wir sind offensichtlich eine funktionierende Demokratie und Rechtsstaat und keine Diktatur.
Ich wünschte, man könnte diese Demonstranten belächeln.
Was sind das für Leute? Ich nehme an, es sind überwiegend bildungsferne Schichten.
Heutzutage gibt es allerdings viele Esoteriker. Die sind oft sehr gebildet.

Spontan kommt mir Frau N. in den Sinn. Ich lernte sie kennen, als ich meine Eltern mit ca. 17 Jahren in Kuwait besuchte. Wir passten einige Tage auf ihre rote Katze auf.
Sie erzählte, dass sie gequält worden sei. Sie habe Brandwunden gehabt. Vermutlich durch Zig..

Ich lernte sie kennen. Sie wohnte mit ihrem Mann, einem australischen Ingenieur, in einem viel schöneren Gebäude. Es hatte einen Pool. Ich sehe vor mir wie diese schlanke, attraktive Frau am Pool liegt...
Sie war Lehrerin für Englisch und Französisch.

Auch die Wohnungseinrichtung beeindruckte mich damals. Diese Frau hatte einen exquisiten Geschmack.
Sie muss ca. 10 Jahre jünger gewesen sein als meine Mutter.

Ich weiß nicht warum, aber wir blieben in Kontakt oder nahmen ihn irgendwann wieder auf. Wir telefonierten. Sie hatte noch vor wenigen Jahren - mit sicher mindestens 70 Jahren - eine sehr schöne, junge Stimme am Telefon.
Ihre Ehe wurde unglücklich. Ihr Ehemann zog zurück nach Australien. Sie haben einen Sohn. Ihr Kind aus 2. Ehe.
Als ich nach Details der Eheprobleme fragte, erzählte sie, er habe auch ständig *beep* gesagt. Das habe sie gestört. Er würde sich mit seiner jetzigen australischen Frau auch viel besser verstehen.

Ich musste den Kontakt zu ihr beenden. Nach Telefonaten ging es mir extrem schlecht. Das sagte ich ihr auch. Gespräche eskalierten zu oft.

Denn sie ist Esoterikerin. Ich weiß nicht, woran sie alles glaubt. Es ist diffus und wahrscheinlich endlos. Jedenfalls an eine ganze Menge. Sie ist überzeugt, mehrfach gelebt zu haben. Ihre Rollen in der Vergangenheit waren immer von Bedeutung. Sie organisiert sicher noch heute Treffen zu übersinnlichen Themen. Und es gibt anscheinend auch einige Professoren und andere wichtige Persönlichkeiten, die an Übersinnliches glauben. Die werden von ihr eingeladen, um Vorträge zu halten.

Mich läßt das von jeher unbeeindruckt. Wiederholt antwortete ich in dieser Art: Frau N. - wenn ich mich im Internet auf die Suche nach einem Professor machen würde, der der Meinung ist, die Erde sei eine Scheibe, dann fände ich einen.

Sie bot mir einmal sogar an, mir eine Behandlung bei einem Geistheiler zu bezahlen. So verzweifelt ist sie. Ja Sie - nicht ich. Sie will mir bei meinen Problemen helfen, damit es mir endlich mal besser geht.
Und wenn es mir weiterhin schlecht geht, dann sei das kein Wunder. Ich würde mir von ihr ja nicht helfen lassen...

Ich verwende bewusst den Präsens, weil es wahrscheinlich immer noch so wäre, hätten wir Kontakt. Unser Streit ist in der Vergangenheit durchaus verbal eskaliert.

Dieses Jahr erreichte mich eine Email von ihr kurz vor Weihnachten. Kurze Grüße und im Anhang eine lange Info. Ich las Letzteres nicht, da es etwas Übersinnliches sein wird.
Sie gibt einfach nicht auf. Mehrfach bot ich ihr an, dass wir Übersinnliches ausklammern und ich so tue, als ging es mir gut - jedenfalls aber kein Problem erwähnen würde.

Es funktioniert nicht...

Dieses Mal antwortete ich. Mit einer Ecard mit vorgedruckten Weihnachtsgrüßen.

Ich erwähne sie hier, weil ich annehme, dass sie nicht geimpft ist. Sollte nur einer ihrer Professoren Impfungen für falsch halten, wird sie dem sicherlich sowieso blind folgen.

Und trotzdem - sie fehlt mir...
Sie hat ja insgesamt 2 Kinder und ich frage mich oft, wie die ältere Tochter in ähnlichem Alter damit umgeht. Oder ob sie in der Lage ist, Übersinnliches thematisch auszuklammern.

Ich finde es schade - eher für mich. Denn sie hat sehr viele Kontakte...
It's a strange world.

04.01.2022 20:47 • x 2 #27


Nuala
Warum bin ich gescheitert? Und woran bin ich gescheitert?

Diese Fragen beschäftigen mich natürlich auch regelmäßig.
Spontan muss ich an die Wahl des Studienfachs - Jura - denken.

Ganz zu Anfang erwähne ich einige Details...

Mir war spätestens als Jugendliche bewusst, dass ich Tiere mag und ich weiß noch, dass mich der Gedanke streifte, ich wäre gerne Tierärztin.

Doch direkt nach dem Umzug vom Dorf in die ca. 30Km entfernte Stadt - meinem heutigen Wohnort - bekomme ich erste Allergien: Pollen, Tierhaare, Wolle, Parabene, Hausstaub...

Über Medizin dachte ich nie nach - obwohl meine beiden Freundinnen Sonja und Anne in der 9. und 10. Klasse damals schon dieses Fach studieren wollten.
Aber Anja hatte eindeutig viel bessere Noten als ich. Ihr Vater war Arzt.
Sonja's Vater, wie häufig erwähnt, Professor an der hiesigen Uni.

Es gab damals zudem eine Ärzteschwemme. Und eine Lehrerschwemme. Während meines Jurastudium plötzlich eine Juristenschwemme.
Die Zugangsbedingungen für Medizin wurden geändert. Neben dem Numerus Clausus gab es eine zusätzliche Prüfung.
Sehr viele Hürden, die ich nehmen müsste.

Als wir noch im Dorf wohnten, ich also höchstens 14-15 Jahre alt gewesen sein kann, erwähne ich Biologie.
Doch meine ca. 2 Jahre ältere Schwester erwähnt, ob ich denn wirklich Frösche sezieren wolle. Die Vorstellung schockte mich und womöglich müsste ich den Frosch vorher auch selber töten...

Ich weiß noch, dass ich letztlich jedenfalls unbedingt studieren wollte - irgendwas. Ich muss schon eine Vorstellung von der Struktur dieser Gesellschaft gehabt haben. Für verschiedene soziale Schichten, Hierarchien und davon, dass vor allem Leistung zählt.
Und wer will nicht gefallen? Gibt es jemanden, der sich nicht über Anerkennung freut. Jemanden, der nicht nach dieser Anerkennung strebt?
Gibt es ausgegrenzte, unsichtbare, glückliche Menschen?

Damals gab es ein Büchlein vom Arbeitsamt über verschiedene Studiengänge.
Das las ich mir alles durch und suchte stets nach Angaben zum Gehalt.

Ich glaube, meine Mutter war sich nicht sicher, ob Architektur das richtige für mich sei. Wegen einer instabilen Leistungskurve in Mathe.
Es ist - wie bereits erwähnt - am zwingend erforderlichen Schreinerei-Praktikum letztlich gescheitert.

Ich hatte mich um einen Studienplatz für BWL beworben, besuchte die Universität der benachbarten Stadt. Auf dem waldreichen Unigelände fühlte ich eine deprimierende Atmosphäre. Das wäre kein guter Start. Und unsicher war, ob dieses traurige, einsame Gefühl sich irgendwann verflüchtigen würde.

Über Jura wusste ich nicht viel. Ich wusste nichts über diese hohen Durchfallquoten. Ich glaube, 25% schafften damals das 1. Staatsexamen nicht.
Das dürften höhere Zahlen sein als bei Medizin.
Nun war das Auswahlverfahren bei Medizin strenger. Man darf annehmen, dass diese Studenten einen höheren IQ hatten.
An meiner Uni gab es für Jura jedenfalls keinen NC.

Unter Jura konnte ich mir einen Beruf vorstellen. Ich wusste, es gibt Rechtsanwälte, Richter, Staatsanwälte.
Und ich wollte doch viel Geld verdienen.
Andere Studiengänge wären mir zu unsicher gewesen. Was macht man mit Computerlinguistik? Was mit Theaterwissenschaften?
Und die Psychologen - haben die nicht alle selbst noch viel größere Probleme?
Ich muss später doch auf eigenen Beinen stehen können.
Schon deshalb, um nicht dasselbe Ende zu nehmen wie meine Mutter...

Ich wusste nicht, dass Jura auch dadurch schwieriger war, dass man dieses 1. Staatsexamen schreiben muss und nicht nur ein Diplom.
Zwischen beiden besteht ein riesiger Unterschied:
In Diplomstudiengängen schrieb man diverse Prüfungen und zum Schluss suchte man sich ein Thema für das Diplom. Beides musste nichts miteinander zutun haben.

In Jura erwartete einen der wahrer Horror: Man schrieb ebenfalls diverse Prüfungen... Aber eine Chance, dieses Staatsexamen zu bestehen hatte man nur, wenn man für ein Jahr einen privaten Kurs, ein Repetitorium besuchte.
Und wie der Name schon sagt: Repetieren = Wiederholen.
Stoff des 1. Staatsexamens war der Prüfungsstoff sämtlicher vorangegangener Jahre.
Viele lernten nach dem Repetitorium ein weiteres Jahr.
2 Versuche hatte man und einen 3. Gnadenschuss.
Das alles hört sich nach einem langen Studium an. Und der Eindruck täuscht nicht.
Und danach ging es ja weiter: Das 2- jährige Referendariat. Immerhin mit winzigem Gehalt. Während Mediziner vor dem Facharzt immerhin schon 2000 - 3000 Euro verdienen waren unsere Bezüge winzig. Um die 1000 Euro. Ein Leben wie zu Studentenzeiten.

Diese Länge der Ausbildung ist problematisch - mit kranken Eltern.
Und das Studium zahlt sich bei vielen Absolventen nie aus:
Nur Mediziner können sicher sein, stets eine Stelle zu finden und stets ein gutes Gehalt zu bekommen.
Juristen mit nichten... Es gibt viele juristische Taxifahrer...

Ein Segen ist für Ärzte auch der Facharzt. Juristen, die alleine arbeiten, müssen aus rein finanziellen viele verschiedene Fachrichtungen abdecken.
Sehr stressig. Überhaupt: Die juristische Tätigkeit bleibt in intellektueller Hinsicht sehr anspruchsvoll. Der Stress entsteht natürlich auch dadurch, dass Fälle vor Gericht landen. Man wird von Richtern ggf. gerügt... Vielfach öffentlich.

Hatte je ein Patient den Eindruck, ihr Hausarzt sei in intellektueller Hinsicht gestresst, würde Bücher wälzen?
Psychiater haben nur eine kleine Anzahl von Medikamenten zur Verfügung. Wer weiß, vielleicht gibt es sogar welche, die nur drei Psychopharmaka für gut halten.
Sie können machen was sie wollen. Wirkliche Angst vor leeren Wartezimmern müssen sie sich nicht machen. Es ist eine ruhige, bequeme Tätigkeit - jedenfalls mit eigener Praxis.

Kurzum - meine Jurastudium war ein Fehler.
Diese vielen Prüfungen ließen mir zudem keine Zeit über einen Studienwechsel nachzudenken. Mein Vater war schwer krank. Ich studierte von BaföG. Ich hätte vielleicht noch im 1. Jahr die Möglichkeit für einen Wechsel gehabt.

Und meine Noten waren zunächst gut. Zwei Professoren werden mir das erforderliche Empfehlungsschreiben für ein Auslandssemester geben...

05.01.2022 12:27 • x 2 #28


Nuala
Es ist 15 Uhr. Ich bin endlich im Supermarkt gewesen.
Biege links ab, habe ich zwei Möglichkeiten: Erst den Netto und dann in ca. 500m Entfernung den Lidl.

Über den Netto ärgere ich mich regelmäßig. Oft fehlt Ware. Eine Weile aß ich beispielsweise täglich Salat. Die gesuchten Sorten waren oft ausverkauft oder vertrocknet.
Das nervt auf Dauer!

Um kein Risiko einzugehen, entschied ich mich heute also für den Lidl.
Dort sind die Warteschlangen an den Kassen auch kürzer. Schnell wird eine zusätzliche Kasse geöffnet...

Die 2Kg Möhren waren billiger als 1Kg. Ob ich diese riesige Menge rechtzeitig verspeisen kann?
Auch neue rote Spitzpaprika kaufte ich. Nur selten sind die billiger als die normalen.

Ich will nicht verschweigen, dass ich Süßes liebe und natürlich habe ich zugegriffen. Fast 10 Tafeln Billig-Schockolade - Vollmilch und Vollmilch-Nuss.
Reste von Weihnachtsgebäck.

Seitdem ich die Keto Diät ausprobiert habe, versuche ich täglich Nüsse zu essen. Auch Haselnüsse - trotz Pollenallergie.
Pollenallergien sind besonders übel. Denn meist entstehen Kreuzallergien zu Nahrungsmitteln. Eine Verwechslung im Immunsystem.
Ich spüre das deutlich, wenn ich Möhren esse. Auch bei Äpfeln und natürlich bei Haselnüssen. Schon seit einigen Jahren ist mir klar, dass der Etagenwechsel nach unten in Richtung Lunge begonnen hat. Sehr langsam - zunächst betrifft es meinen Kehlkopfbereich, den Hals.

Seit der Keto Diät ist mir auch klar, dass wir zu viel Omega 6 Fettsäuren zu uns nehmen. Und dass dieses die Omega 3 Fettsäure blockiert.
Seitdem kaufe ich das teure Leinöl. Ich verwende es im Salat, mische es unter Schmand. Schmand mit Curry esse ich auch gerne als Brotaufstrich.

Ich verwende Baumwolltaschen. Im Winter bin ich schwarz angezogen und achte darauf, die farblich passende Tasche mitzunehmen.
Mein Mundschutz muss natürlich auch schwarz sein.
Für den Sommer habe ich blaue und rosafarbene.

Die Tasche war randvoll und viel zu schwer. Ich habe auch einen Hackenporsche, also einen Trolley. Den habe ich mir für den Transport der 10Kg Katzenstreu-Säcke gekauft.
Es wäre besser gewesen, diesen mitzunehmen. Jedoch nehme ich mir ja nie vor, so große Mengen einzukaufen.
Immerhin - jetzt muss ich eine Weile nicht einkaufen.

Im Supermarkt waren andere Kunden. Ich war also unter Menschen gewesen.
An der Kasse hatte der Kassierer ein Problem mit dem Scannen der Haferflockenpackung. Er konnte es lösen und um ihm zu helfen, wies ich darauf hin, dass auf dem Band noch eine zweite Packung lag.

Also habe ich sogar etwas gesprochen. Aber ich rede ja auch viel mit Grisu...
Apropos - ich bekam Grisu ja sehr jung, als Kitten.
Natürlich sprach ich in Babysprache mit ihm. Ich denke, man macht es automatisch. Er ist mittlerweile groß und schwer - trotzdem ist er weiterhin mein Baby. Ein Riesenbaby. Ich spreche nun häufiger mit normaler Stimmlage. 1,5 Jahr alt ist er inzwischen.

Doch neulich lagen wir beide nebeneinander im Bett und schauten TV.
Im TV spricht eine Frauenstimme plötzlich in Babysprache mit einem Tier.
Grisu springt und rennt begeistert zum TV-Gerät.

Also werde ich bei der Babysprache bleiben.
Auch er miaut meist sehr hell. Ich habe ihn mit ca. 5 Monaten, also recht jung kastrieren lassen. Er verhält sich irgendwie auch noch wie ein naives Baby - solange er keinen Vogel oder keine Insekten sieht.
Mäuse kennt er nicht.

Auf dem Rückweg kam ich natürlich am Briefkasten vorbei. Aber ich war sowieso zu sehr beladen...

Ich liege auf dem Sofa im Wohnzimmer. Einen der Äpfel habe ich zerschnitten und werde ihn noch ganz essen.

Grisu liegt auf dem Teppich, seiner Mülldeponie. Er hat aufgehört bettelnd zu miauen und spielt mit einem Fisch.
Es ist ein Fisch, der bei aufgeladener Batterie mit dem *beep* wedelt. Er mag ihn jedoch auch unbeweglich. Er presst ihn gerade an seinen Bauch und bohrt die Krallen der Hinterbeine hinein. Ganz so, als sei es ein echter Fisch.

Manchmal beträufele ich die beiden Fische und andere Gegenstände mit Baldriantropfen. Die haben eindeutig eine animierende Wirkung.

Ich fühle mich müde und krank wie immer. Alle Gelenke tun weh, der Schädel brummt und im Mund kribbelt es.
Depressionen können sicherlich viele verschiedene Ursachen haben. Ganz sicher spielen bei mir Entzündungen eine Rolle. Sogar meine Gehörgänge jucken. Dann wird wohl auch das Gehirn betroffen sein.

Manchmal schaue ich Grisu zu und ich bin froh, dass er nicht weiß, was chronische Schmerzen sind. Und ich hoffe, dass ich mich in Bezug auf seine Hinterbeine, seine Hüftgelenke täusche, er keine Arthrose entwickeln wird...
Ich bin vorbereitet... Überall Stühle, damit er nicht so hoch springen muss - und Polster, damit er sanfter landet.

05.01.2022 15:38 • x 1 #29


A


Hallo Nuala,

x 4#30


Nuala
Nachts habe ich schlecht geschlafen. Mir kommt es vor, als sei ich nur oberflächlich eingenickt. Nachts kam der Kater und macht Lärm. Also lockte ich ihn ins Wohnzimmer und schloss die Tür.

Ob gerade Vollmond ist? Ich will es nicht wissen, denn dann würde ich erst recht schlecht schlafen, wenn ich ihn zufällig am Himmel bemerken würde.

Alles wie immer: Kopfschmerzen, Müdigkeit, Gelenkschmerzen - insbesondere die Schultern und die Hüftgelenke.

Mir wird klar, morgens wache ich stets mit einem riesigen, undefinierbaren Angstgefühl auf.
Es dürfte durch das ungelöste Briefkasten- bzw. Postproblem mindestens vergrößert werden.
Ich fühle, ich bin nicht mehr leistungsfähig. Ich habe einige Probleme erforderlichen Ämtern mittlerweile mitgeteilt...
Es scheint eher ignoriert zu werden.

Ich wurde aufgefordert, eine Reha zu beantragen. Vielleicht hat mein Hausarzt sich beim Ausfüllen des Antrags nicht genügend Mühe gegeben. Gelangweilt gab er wahllos drei Diagnosen an, die er beim flüchtigen Blick in den Computer fand...
Die Reha wurde abgelehnt. Ich wollte sie auch nicht. Ich habe seit mindestens 30 Jahren Probleme. Es geht weiter bergab. Das würde sich durch eine Reha nicht verbessern.

Es kam nur eine ambulante Reha infrage - wegen der Katze.
Ich bekam Post von der Krankenkasse und auf der ersten Seite stand: Ihre stationäre Reha kann nicht gewährt werden.
Man würde das korrigieren. Auch in ambulanter Form käme keine Reha in Betracht.

Grisu hat gegen 11 Uhr - wie immer - sein Stück Fleisch bekommen. Wie immer, dient es seiner Beschäftigung. Es ist eingewickelt...
Ich habe ein kurzes Video davon gemacht. Ich hoffe, es freut mögliche Leser.
https://photos.app.goo.gl/ZaYbE6JBRW6y4dWM6

Jetzt liegt er am Fußende des Bettes. Eben hat er noch miauend gebettelt. Er will raus. Ich werde mich aufraffen, den Steppmantel anziehen, damit meine Schlafmontur etwas verdeckt wird. Nur Teile meiner Jogginghose sind sichtbar.
Die Sonne scheint recht stabil...

Ich fühle mich so krank und schwach. Gestern hatte ich 50mg meines Opioids genommen. Es könnten heute Morgen also auch Entzugssymptome sein.
Soll ich 25mg für eine Milderung möglicher Entzugssymptome nehmen? Oder wieder 50mg - oder 100mg? 200mg nehme ich nur selten.
Ich bin froh, dass diese Medikamente als Nebenwirkung die Stimmung aufhellen. Jedenfalls dann, wenn man sie nicht täglich nimmt oder die Dosis variiert.
Ich denke, ich nehme 25mg. Und wenn der Tag zu trüb und endlos lang wird kann ich immer noch erhöhen. Es dauert stets 2-5 Stunden, bis ich eine Wirkung verspüre.
Je nach Dosis, verschwinden die Schmerzen subtil. Dann fühle ich mich wie früher, vor 30 Jahren - in meinen 20ern...

06.01.2022 12:01 • x 2 #30

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