Mit Depressionen leben lernen - ohne zu überfordern?

T
nachdem ich mich nun ein wenig durch die verschiedenen Foren gelesen habe und mich teilweise in dem ein oder anderen Thread wiedergefunden habe, möchte ich nun selbst ein wenig von mir erzählen.

Im Moment geht es mir einigermassen und ich bin der Meinung meine Energiespeicher einigermassen gefüllt zu haben. Doch stehen mir, d.h. uns (ich lebe in einer langjährigen Beziehung) einige große Steine im Weg, von denen ich nicht weiss, ob ich sie derzeit gestemmt bekomme. Das meiste werde ich alleine machen müssen, doch ich bin ein Mensch der sich bisher vor Verantwortung davonstiehlt. Nicht zuletzt auch ein Grund für meine verfahrene Situation. Wie kann ich es schaffen, die anstehenden Aufgaben zu bewältigen? Wie schätze ich als an Depression erkrankter Mensch mich richtig ein, ohne mich zu überfordern? Denn wenn das passiert, würde ich wahrscheinlich in ein noch tieferes Loch fallen. Meine Partnerin ist noch schwerer erkrankt als ich, deshalb hängt nun vieles von mir ab.

LG und vielen Dank für eure Antworten im Voraus
thendral

12.05.2011 21:45 • #1


T
Hallo Thendral,

wie weit deine psychischen Kräfte reichen werden, kann dir niemand sagen, es ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Es fällt mir selber immer leichter, wenn ich anderen helfen kann, als wenn ich mir in einer vergleichbaren Situation selber helfen muss. Auch habe ich selber die Erfahrung gemacht, dass ich in Krisensituationen gut funktioniere, nur um danach, wenn der innere Druck weg ist, ins Loch zu fallen.

Nur warum musst du alles alleine schaffen? Ich weiß wie schwer es ist um Hilfe zu bitten, und oft genug gewinnt auch noch bei mir mein falscher Stolz, aber es ist keine Schande sich helfen zu lassen. Es bringt nichts deine Grenzen auszuloten, wenn du auf halben Weg scheiterst. Nichteinmal wenn du kurz vor dem Ziel scheiterst. Deswegen mein Rat, wenn du dir unsicher bist, dann suche dir Hilfe. Du tust auch deiner Partnerin keinen Gefallen, wenn du dich selber ins Loch manövrierst.

Davon abgesehen kann eine Partnerschaft wachsen, wenn man Krisen zusammen bewältigt. Ich weiß nicht woran deine Partnerin erkrankt ist, aber alles von ihr fern zu halten scheint mir keine gute Idee zu sein. Nicht das sie sich am ende noch bevormundet fühlt durch zu viel Fürsorge. Mein Partner ist auch, ebenso wie ich, depressiv, und trotzdem versuche ich nicht alle Probleme von ihm fernzuhalten. Ich würde es auch gar nicht schaffen ohne mich selbst zu überfordern. Alleine dadurch, dass ich für mich schwierige Aufgaben mit ihm berede, kann ich Kraft schöpfen ohne ihn zu sehr zu belasten. Natürlich ist das alles nicht einfach und erfordert sehr viel Fingerspitzengefühl.

Das Tho

13.05.2011 07:01 • #2


A


Hallo thendral,

Mit Depressionen leben lernen - ohne zu überfordern?

x 3#3


T
hallo Tho,

herzlichen Dank für deinen Ratschlag und deinen Kommentar zu meinem Problem.

Du hast natürlich Recht, dass ich die Hilfe anderer in Anspruch nehmen sollte, um nicht naiv etwas auszuloten, dessen Risiko ich am Ende wohl eh nicht gewachsen bin. Das Problem fängt aber schon mit der Suche nach Hilfe an. Im Moment weiss ich nicht genau, wo ich damit anfangen könnte; ich meine, einen Ausgangspunkt zu finden. Das Problem bei mir sitzt etwas tiefer, hat etwas mit meiner Lebens- und Leidensgeschichte zu tun und ich muss dazu sagen, ich bin sehr unselbstständig und unbeholfen. In der Tat war es so, bevor meine Partnerin schwer krank wurde, hatte sie die meiste Last zu tragen. Insofern glaube ich nicht, dass ich nun den umgekehrten Weg gegangen bin und sie einenge, das würde ich auch nicht wollen.

Nein, sie ist schwer depressiv genau wie ich. Das liegt aber bei ihr zusätzlich auch an organischen Krankheiten, die permanenten Schmerz verursachen. Sie kapselt sich da sehr von der Außenwelt ab und auch ich mag eigentllich überhaupt nicht unter Menschen gehen und schon gar nicht etwas von ihnen verlangen. Es ist schlimm genug das ich auf Arbeitslosengeld II angewiesen bin. Und in diesem Kontext sind auch die zu bewältigenden Probleme zu finden. Unter'm Strich ist es Geldmangel, doch insgesamt gesehen ist es auch ein Mangel an sozialer Kontaktfähigkeit. Mir wurde zu oft bewiesen, dass ich nicht gesellschaftsfähig bin, meine Meinung nicht erwünscht ist und ich da lieber alleine bleiben sollte, deshalb stelle ich es mir so unglaublich schwer vor mich da jetzt rauszuwagen und erste Schritte zu gehen und sei es auch nur Hilfe zu suchen. Mein Arzt ist im Moment der einzige Mensch neben meinem Partner der ein Vertrauensverhältnis zu mir hat.

Ich möchte mich noch einmal bedanken. Denn alleine das du mir hier zuhörst, hat mir schon sehr geholfen. Ich kenne das Problem das ich anderen besser helfen kann als mir selber übrigens auch! Aber das ist schon sehr lange her, das war eine Zeit in der Freunde für mich noch normal waren. Heutzutage trete ich wohl eher auf wie ein Egoist der keine Rücksicht nimmt. Dabei will ich nur nichts mit irgendjemandem zu tun haben. Und doch geht es wohl nicht anders.

13.05.2011 19:17 • #3


S
Hallo thendral,

auch wenn du nicht viele Antworten auf dein Posting bekommst, lesen doch viele unserer User hier mit. Also du wirst schon wahrgenommen.

Jedoch ist es oft schwer dazu Stellung zu nehmen.

Ich möchte dir gerne ans Herz legen eine dieser Nummern anzurufen:

adressen-krisendienste-t11782.html

(und da spreche ich von der Telefonseelsorge). Dort kannst du über deine Probleme reden. Die Menschen dort wissen, wovon du sprichst und hören dir zu. Vllt. hilft es dir ja in der jetzigen - einigen - ausweglosen Lage(n) etwas. Ansonsten lesen wir hier alle mit und wissen auch, worum es geht.

Fühl dich einfach willkommen und verstanden. Sende einfach einen Hilfeschrei, wir werden schon reagieren, zumindest versuchen wir es....

Serafina

13.05.2011 19:29 • #4


T
Hallo Thendral,

die Telefonseelsorge ist auf jeden Fall ein sehr guter Tipp von Serafina. Ich kenne auch Zeiten, wo ich mich nicht aus dem Haus gewagt hatte. Telefonieren ist dann im Vergleich zum aus dem Haus gehen eine kleinere Hürde. Ich weiß, selbst das koste Überwindung, aber da du den ersten Schritt ja schon getan hast, solltest du diese Hürde schaffen.

Mir fällt sonst spontan nur der Sozialpsychatrische Dienst deiner Stadt ein (den werde ich auch selber jetzt wohl in Anspruch nehmen müssen) und bei Geldproblemen eventuell die Schuldnerberatung.

Was bringt dich auf die Idee zu glauben, dass du nicht gesellschaftsfähig bist? Selbst wenn sich dein Freundeskreis von dir zurückgezogen haben sollte, die Telefonseelsorge hilft ohne Ansehen der Person. Dafür sind die Telefonseelsorger da.

Wie ich bereits geschrieben habe, auch ich hatte mich eine Zeit lang total zurückgezogen. Wahre Freunde respektieren das, und ich habe es geschafft zu 2 meiner langjährigen Freunde den Kontakt wieder her zu stellen. Du bist kein Egoist nur weil du dich zurück ziehst. Es ist eine Auswirkung deiner Depression.

Deiner Partnerin wünsche ich gute Besserung. Du schreibst, sie hat früher die Last getragen. Ich denke, sie wird dich trotzdem eingebunden haben, und sei es nur dass sie dir erzählt hat was sie macht. Mir selber hilft es schon, meinem Partner nur zu sagen wo ich Probleme habe etwas zu erledigen. Ich möchte nicht, dass er die Probleme für mich erledigt, aber alleine dass ich es ausgesprochen habe hilft mir es neu zu versuchen. Er macht es genau so. Und ich fühle mich dadurch von ihm nicht belastet.

Das Tho

14.05.2011 07:56 • #5


T
hallo in die Runde,

zuerst einmal möchte ich mich für eure freundlichen Kommentare bedanken.

Über die Idee mit der Telefonseelsorge werde ich mir noch eingehendere Gedanken machen. Vielleicht finde ich aber auch noch einen anderen Weg, möglicherweise einen persönlicheren. Denn wie gesagt fühle ich mich im Moment einigermaßen. Das hängt wohl damit zusammen das ich zu einer Art Sportjunkie geworden bin. Erst war es laufen, doch jetzt gehe ich tatsächlich sogar Schwimmen.

Auch wenn ich dabei versuche mich weit entfernt zu halten, von den Becken wo Trubel herrscht. Beim Schwimmen habe ich auch die meiste Zeit das Gesicht ins Wasser gewendet, insofern ist es mir durchaus möglich unter Menschen zu sein. Nur eben alleine. Dieses Risiko zumindest bin ich erfolgreich eingegangen. Risiko weil ich nicht wusste wie ich mit Blicken fertig werden sollte, die mich strafen würden.Zum Beispiel dafür das ich auf Steuerzahlers Kosten Freizeit habe. Die Denkart der Gesellschaft ist doch: so ne Depression hätte ich auch gerne. Denn sie wollen nicht verstehen, dass Ursachen vorhanden sind, die nur ein Arzt Diagnostizieren kann. Im Endeffekt bleibt dann demjenigen der gerne Schwimmen würde nur über ein schlechtes Gewissen zu haben. Doch so war es eig. nicht.

Vielleicht liegt es auch daran dass immer größere Teile der Bevölkerung gerade in diesem Gebiet verarmt sind. Hier also hatte das Risiko sich ausgezahlt. Auch wenn ich noch immer ein mulmiges Gefühl habe. Es wird ja viel böses geschrieben über Menschen die krank sind, aber kein Interesse daran haben dieses auch öffentlich breit zu treten. Die ärztliche Schweigepflicht gibt es ja nun auch nicht umsonst.

Ein anderes Mal war ein zu hohes Risiko daran Schuld das ich noch weiter zurück geworfen wurde. Ich hatte ernsthaft geglaubt ich könnte mich politisch betätigen, doch das hat mich auf den Boden der Tatsachsen zurück geholt, was mir dann im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit in meiner Nachbarschaft geschah. Auch wenn ich da rein gar nichts zu beigetragen habe, ausser meiner Meinung... naja.. Da möchte ich nicht näher drauf eingehen.

Der Punkt ist der, dass ich großspurige Ankündigungen innerhalb der Tätigkeit gegenüber der Mitstreiter gemacht habe, die ich im Leben nicht einhalten hätte können. Und das habe ich auch nicht. Warum ich das gemacht habe? Warum ich gesagt habe: ich scheue das Risiko nicht und danach in ein tiefes Loch gefallen bin -denn ich habe es gescheut- das weiss ich nicht. Es hat mir zumindest Türen zugeschlagen. Türen in die Gesellschaft. Und jetzt aktuell bin ich in der Verfassung das ich mich glaube ich vom Rückschlag erholt habe, doch nicht weiss ob ich nicht wieder zu weit gehen würde. Es ist wirklich so gewesen das ich beflügelt von meinen eigenen ersten kleinen Erfolgen in die Gesellschaft zurück zu kehren gedacht habe ich könnte Bäume ausreissen. Doch es waren nicht mal Grashalme wirklich zu schaffen.

Deshalb wäre es schön wenn sich alles von alleine erledigen würde, doch das wird wohl ein Traum bleiben. Die Lastenverteilung ist genau wie bei dir gewesen Tho, sie schuf und ackerte und ich hatte nur ein offenes Ohr für ihre Probleme. Doch ich bin anders, ich brauche aktive tatkräftige Unterstützung. Ich bin sehr unselbstständig und gemessen an meiner schulischen sowie beruflichen Laufbahn habe ich noch nie etwas wirklich gebacken bekommen.

Warum ich meine ein Egoist zu sein? Weil ich von anderen immer viel gefordert habe, während ich selbst nichts dazugab. Obwohl es wie beschrieben (und das war halt der Hintergrund) oft auch mit einer falschen Einschätzung meiner Kapazitäten einherging. Ich bin mir nicht sicher ob es eine Art Schutzpanzer ist, der sich bei mir aufbaut, wenn es ernst wird. Als kranker darf ich doch eigentlich auch nicht dazugehören, denn sonst wäre ich doch normal und nicht krank, so fühle ich mich momentan von der Masse der Gesellschaft angesehen.

VG
thendral

15.05.2011 07:12 • #6


T
Hallo Thendral,

warum nicht die Telefonseelsorge? Warum willst du dir diesen Schritt schwerer machen als nötig? Wem meinst du etwas beweisen zu müssen? Teile dir deine Kraft ein, denn nach diesem Schritt werden sicherlich noch weitere folgen.

Welche strafenden Blicke? Du glaubst nicht wie gleichgültig die Gesellschaft ist. Meine Partnerin und ich fallen auf, das ist uns beiden bewusst, und wir haben auch schon aus unserem Bekanntenkreis entsprechende Kommentare gehört, die aber nicht böse gemein sind. Mein Therapeut hat mir geraten, einfach mal wenn wir unter Menschen sind darauf zu achten wer uns wirklich anguckt. So gut wie keiner.

Wer denkt, eine Depression sei was Tolles, dem wünsche ich aus ganzem Herzen eine an dem Hals. Ich kenne solche Menschen auch, die denken es wäre doch toll, so viel Freizeit wie ich habe. Nur das ich meine freie Zeit nicht genießen kann. Daran denken diese Menschen nicht bzw. verdrängen es. Ja, ich lebe zur Zeit auch auf Staatskosten. Ja, ich hatte zu Anfang auch ein schlechtes Gewissen deswegen, das, wie schon mal geschrieben, mich meine Wohnung kaum noch verlassen lies. Nein, ich habe es nicht mehr, denn ich habe keine Schuld an meiner Depression. Ich habe früher immer nur für andere geackert ohne an mich selbst zu denken. Jetzt im Moment ackern die anderen für mich, da ich an mich selber denken muss um wieder gesund zu werden. Klingt vielleicht egoistisch, ist es aber nicht. Denn ich möchte wieder für mich selber sorgen können sobald ich ausreichend gesund bin, es geht halt leider zur Zeit noch nicht.

Du schreibst du seist unselbstständig und bekämst nichts gebacken. Was treibt dich zu einer solch negativen Selbsteinschätzung? Kann es sein, dass du dir deine Ziele unerreichbar hoch steckst? Du schafft es zum Beispiel schwimmen zu gehen, was ich mir immer noch nicht selber zutraue (da blockiere ich einfach noch).

Das Tho

15.05.2011 11:02 • #7


T
hallo Tho,

was ich mit unselbstständig meine, ist meine ganze Art zu leben. Ich meine, ich bekomme es gebacken hier zu schreiben, oder schwimmen zu gehen. Aber Haushalt machen? Mir wird regelmäßig schwindelig dabei, denn ich komme ins grübeln. Danach möchte ich eig. nur noch ins Bett. Oder wenn meine Nachbarn mal wieder Gerüchte und Lügen über mich verbreiten, wenn ich das dann wieder zu hören bekomme, dann möchte ich am liebsten nicht mehr einkaufen gehen. Doch hier in meiner Gegend ist es so, dass wir auffallen und auch die strafenden Blicke sind nur Teil eines großen ganzen. Hier kommt man offensichtlich nur mit Gewalt mit depressiven Leuten klar. Steine im Weg nenne ich auch diese Situationen.

Ich denke es gibt da im sozialen Umgang miteinander regionale Unterschiede, bis in die kleinste Kommune hinein. Die Gesellschaft ist eine aus kleinen Gruppen, die sich ihre Ziele leider auch so organisieren, wie wir das hier erleben. Schlimm, wenn das Arbeitslosengeld II immer weiter dezentralisiert wird und die Kommune immer weiter zur Willkür befähigt, gerade vor solchen Hintergründen. Dann kommt wirklich alles aus einer Hand.

Naja und das ist auch ein Grund, das alles hängt auch mit meinem ehemalig. pol. Engangement zusammen, wie gesagt. Das war einfach nur dumm, diesen Weg zu probieren und das auch noch während meiner Depression. Vielleicht war es wirklich so, das ich meine Ziele (Anforderungen an mich selbst) zu hoch gesteckt habe? Doch ich/wir stecke/n in einer umöglichen Situation und im Gleichnis bleibt eig. nur das unmögliche zu versuchen, um aus dieser heraus zu kommen. So dachte ich wohl bisher.

Mit über dreißig Jahren blicke ich auf eine sehr lange Zeit zurück, die ich ohne jede Art bezahlter Arbeit verbracht habe. Doch das ich endlich zum Arzt gegangen bin, das hat dazu geführt das sofort die Diagnose schwere Depression und generalisierte Angsterkrankung gestellt wurde. Vielleicht hing schon immer vieles damit zusammen, ohne mein eigenes Wissen? Es hat mich mit zunehmender Zeit aber auch immer weiter zurück geworfen. Wenn man nur Furcht kennt, vor allem was mit Verantwortung zu tun hat, gehe ich sogar stark davon aus. Doch das liest sich im Lebenslauf sehr eindeutig. Nun ist es so das ich auf zwei Jahre zurück blicke, in denen ich krank geschrieben bin. Und ja, es geht mir zwischenzeitlich auch immer mal wieder besser. Doch das Gegenteil tritt ebenso häufig ein.

Keine Ahnung. Mein Arzt ist der Meinung das ich wohl nicht mehr arbeitsfähig werde. Bei meiner Freundin hat es der Arzt des Jobcenters festgestellt. Doch was wir nun beantragen müssen wissen wir auch nicht so genau. Zudem kommen dann wieder Termine, die wir nicht ertragen können. Das letzte Mal bei diesem Jobcenter Arzt führte dazu, dass das SVV meiner Lebensgefährtin sehr zunahm.

Bevor ich mich zu weit vom eig. Thema entferne möchte ich nur noch sagen das ich wohl ein Mangel an Selbstbewusstsein habe, welches bedingt durch die Vergangenheit dazu führt, das ich auch in der Zukunft keine beruflichen und somit besseren Alternativen ausmachen kann, als den Rest des Lebens in Armut zu verbringen. Ich hätte wirklich gerne ein besseres Leben und meiner Freundin genügt es das wir uns haben. Doch müssen wir nicht auch mal was erreichen, wie zum Beispiel einen Urlaub, oder ein abgesichertes Leben? Doch das ist in dieser Gesellschaft nicht möglich (oder liegt es alleine an mir, das ich keine Perspektiven sehe?) Wir leiden sehr unter der Situation und wir kommen mit dem ganzen Druck nicht gut zurecht. Vielleicht wäre es ohne diesen Leidensdruck besser gewesen, hätte man eher seine Wege gefunden und nicht ein halbes Leben im Kampf gegen Windmühlen verbracht.

Danke Tho, für dein offenes Ohr.

15.05.2011 13:08 • #8


T
Hallo Thendral,

mein Haushalt ist auch alles andere als vorzeige fähig. Aber in der Reha habe ich gelernt, dass es mir damit nicht alleine so geht. Nur obwohl ich das weiß hatte ich Schwierigkeiten zum Beispiel einen ehemaligen Mitpatienten zu mir einzuladen. Ich schäme mich teilweise sogar vor meiner Partnerin. Nur wenn ich mich dann überwunden habe habe ich auch jedes mal erfahren, dass der Zustand meines Haushalts mir schlimmer erscheint als er von den anderen wahrgenommen wurde.

Ich versuche jetzt gar nicht mehr alles auf einen Rutsch fertig zu bekommen. Ich versuche aber jeden Tag ein kleines Stück zu erledigen (und wenn ich an einem Tage merke ich schaffe gar nichts, dann lasse ich es halt) und mein Haushalt wird so langsam besser. Weit entfernt von der Perfektion die einem in der Werbung vorgegaukelt wird, aber besser. Ich lerne mich auch an kleinen Fortschritten zu erfreuen.

Wie ich schon geschrieben habe, auch meine Partnerin und ich fallen rein von unserem Äußeren auf. Und glaube mir, es interessiert die wenigsten. Vom Gefühl vermute ich auch, dass hinter unserem Rücken über uns getrascht wird, aber mein Verstand zeigt mir immer wieder, dass es nicht so ist. Ich weiß, es ist schwer dann auf seinen Verstand zu hören, ich muss es auch immer wieder üben.

Du schreibst, deine Mitmenschen reagieren mit Gewalt auf eure Depression. Was muss ich mir genau darunter vorstellen? Werdet ihr beleidigt oder gar körperlich angegriffen?

Stein im Weg liegen zu haben kenne ich. Wobei, wenn ich ehrlich bin, ich mir die meisten Steine selber in den Weg lege. Was die Sache nicht einfach macht, da ich mich selber dann überwinden muss.

Das ich Depressiv sei, wurde mir schon vor Jahren gesagt. Ich wollte es nicht glauben. Rückblickend stelle ich fest, dass in diesem Zeitraum meine Leistungsfähig immer schlechter wurde. Nur das lag nicht an mir, sondern daran dass meine unbehandelte und von mir ignorierte Depression immer stärker mein handeln beeinflusst hat. Theoretisch hätte ich es auch zu mehr bringen können. Habe ich aber nicht. Nur warum dem nachweinen? Ändern kann ich meine Vergangenheit nicht mehr. Nur meine Zukunft versuchen zu beeinflussen.

Ich bin auch seit Jahren nicht im Urlaub gewesen, aber es fehlt mir nicht. Nur weil zum Beispiel ein Freund von mir jedes Jahr in den Urlaub fährt muss ich das nicht auch machen.

Solltest du und/oder deine Freundin nicht mehr arbeitsfähig sein, so werdet ihr wahrscheinlich entweder eine berufliche Reha beginnen mit darauf folgender Umschulung oder Wiedereingliederung wie es bei mir der Fall ist oder ihr werdet (befristet) eine Rente bekommen. Genaueres müsst ihr mit der Argentur für Arbeit und der Rentenkasse abklären. Ich weiß, das ist viel Papierkrieg, deswegen werde ich mir auch da Hilfe suchen müssen, ich werde wohl beim Sozialspychatrischen Dienst anrufen. Nein, leicht fällt mir das nicht, aber ich weiß es muss sein.

Plane nicht zu weit im Voraus, ein Fehler den ich immer noch gerne selber mache. Denn dann besteht die Gefahr dass sich gedanklich immer größere Hürden auftürmen. Ich kann dir nur raten, konzentriere dich auf den nächsten Schritt und versuche Hilfe zu erhalten.

Das Tho

15.05.2011 14:34 • #9


T
danke für deine Tipps Tho,

es handelt sich ausschließlich um seelische Attacken. Gerüchte und dergleichen, dazu kommt dann auch schon mal das man den Lack meines Autos beschädigt hat. Aber naja, darauf muss ich hier nicht näher eingehen. Mein Haushalt ist eine einzige Katastrophe, ich denke nicht das ich jemanden hinein lassen wollen würde. Es ist zwar nicht so das ich auf Bergen von Müll sitze, aber es fällt mir doch sehr schwer Ordnung zu halten. Ja vielleicht ist es wirklich besser einen Schritt nach dem anderen zu machen und nicht zu weit in die Zukunft zu planen, ich glaube ich bin tatsächlich der Typ Mensch der am liebsten einen Plan hätte der so weit voraus reicht das es fast schon unmöglich ist.

Danke für die Kommentare sie haben mir schon sehr geholfen!

VG
thendral

16.05.2011 13:08 • #10


T
Gerne geschehen.

Wie empfindet deine Freundin deine Wohnung? Ich empfinde meine Wohnung schlimmer als sie anderen wahrgenommen wird.

Das Tho

16.05.2011 15:44 • #11


T
die sieht das wohl auch so. Sie hat mir schon einmal gesagt das ich nicht alles auf einmal versuchen sollte, zu schaffen. Sie selbst ist körperlich eingeschränkt, kann deshalb rein praktisch nicht viel beitragen. Ich hänge irgendwie in der Schleife, was die zu setzenden Prioritäten betrifft. Wo fange ich an, wo höre ich auf? Und dann fange ich etwas an, dann ist das Risiko natürlich wieder sehr hoch mich zu übernehmen und danach eine ganze Zeit lang wieder gar nichts mehr auf die Reihe zu bekommen. Also lasse ich es ganz, was natürlich die schlechteste aller Varianten ist. Doch wenn ich mich erst einmal übernommen habe, lässt mich das teilweise noch hinter die Ausgangslage zurück fallen. Das endet im Chaos. Und das ist natürlich denkbar schlecht, wenn man beabsichtigt den Wohnort zu wechseln.

VG
thendral

17.05.2011 17:18 • #12


T
Ich versuche mir immer nur eine Aufgabe vorzunehmen und dann auch bei dieser Aufgabe zu bleiben und mich nicht ablenken zu lassen. Zugegeben es klappt nicht immer, aber mit der Zeit merke ich, dass das Konzentrieren auf nur eine Aufgabe immer besser klappt.

Ich nehme zum Beispiel vor, das Altpapier für die Abfuhr zu bündeln und versuche dann auch dabei zu bleiben, auch wenn ich dabei x mal an einem Haufen Wäsche vorbei laufe, der weg gefaltet werden muss. Der Haufen liegt ja (leider) nicht erst seit eben da und bisher hatte er mich nicht gestört, warum ist er mir dann plötzlich so wichtig? Die Müllabfuhr kommt aber zu einem festen Termin, bis wo das Altpapier an der Straße stehen muss, um die Wäsche kann ich mich, wenn ich noch Energie habe, danach noch kümmern.

Halt kleine Schritte, aber mir tut das Wissen, etwas (wenn auch kaum sichtbares) geschafft zu haben gut.

Das Tho

17.05.2011 19:24 • #13


F
Hallo,

bin neu hier in diesem Forum und lese mich erstmal durch die Threads durch.

Die Beiträge hier fand ich sehr gut, konnte mich auch in manchen Sachen wiedererkennen. Die Antworten zu diesem Thema finde ich sehr hilfreich und auch ermutigend. Bei mir wurde vor 13Jahren Depression festgestellt, nehme seitdem auch regelmäßig Medikamente ein. Ich hatte sehr gute Phasen und zwischendurch hatte ich auch wieder meine Durchhänger, bei denen ich dann auch wieder auf mein Notfallprgramm zurückgreifen muss.

Nicht zuviele Dinge auf einmal planen, meine Kräfte einteilen, mehr Pausen einlegen, z.B. mit Entspannungsübungen und darauf achten, dass der Alltag mit kleinen Pflichten und auch mit einer schönen oder lustigen Ablenkung gefüllt ist. Ich bin teilweise dann schon stolz auf mich, wenn ich dann diese kleinen Schritte trotz depressiver Phase schaffe, ich neige aber manchmal schon dazu, mich zu vergleichen, wenn ich stabil bin und leistungsfähiger bin und es fällt mir dann schon etwas schwer, dieses bißchen für mich positiv anzuerkennen. Früher war ich entweder leistungsfähig und lebensfroh oder depressiv und passiv und mutlos. Die Mitte zu finden fällt mir schon noch etwas schwer bei depressiven Phasen. Es tut mir jedenfalls sehr gut, wenn ich eure Threads lese, das zeigt mir dann einfach: Ich bin nicht alleine, andere haben dieses Päckchen auch zu tragen!

vlg von flowergirl

20.05.2011 15:57 • #14


JeanLucca
Guten Morgen,

ich habe gerade diesen Thread gelesen und erkenne mich in vielen Punkten wieder.

Vor ein paar Wochen habe ich mich getraut Hilfe zu holen. Ich bin zu meinem Dr., zur Diakonie, zur Schuldnerberatung, ......, und irgendwie habe ich vielen anderen von meiner Depression erzählt. Manchmal grübel ich ob ich mich hinter meiner Krankheit verstecke nur um nicht selbst dafür verantwortlich zu sein. Dann bin ich stolz auf meine Verantwortung weil ich sie ja ausspreche und sie ja mit meiner Hilfesuche übernehme. Aber wie auch immer, ich bekomme von allen Seiten Zuspruch und Unterstüzung, und das tut mir gut.

Ich plane meine kleinen Schritte gerade ganz konkret. Also, ich mache mir einen Plan für den nächsten Tag (was ich machen will, ob ich einen Termin habe, was ich essen möchte, welchen Raum ich aufräume,....). Ich muss mich am nächsten Tag überhaupt nicht an meinen Plan halten, aber ich mache mir einen weiteren für den nächsten Tag.

Gute Grüsse

21.05.2011 06:04 • #15


A


Hallo thendral,

x 4#16


T
hallo an alle,

ja vielleicht ist es das. Die Müllabfuhr kommt zu bestimmten Terminen und deshalb gilt es diese einzuhalten und eben nicht erst die Wäsche zu machen. Demzufolge würde es wohl Sinn machen (wie das hier auch bei meinem Vorposter schon anklang) Termine für alle Dinge die noch zu erledigen wären einzusetzen. Das wirft aber wieder die Frage nach den Prioritäten auf. Denn die Müllabfuhr kommt fremdbestimmt. Die Wohnung aufzuräumen geschieht aber selbstbestimmt. Es ist auch ein Problem das wir kaum Mobiliar haben, in dem wir unsere Sachen ordnungsvoll lagern könnten. Einen Schlafzimmerschrank z.B. haben wir nicht. Ist nur ein Beispiel von vielen... Und dann einfach umziehen und das Chaos mitnehmen, wäre absolut das Gegenteil von dem was ich erreichen sollte. Und das nicht zuletzt auch im Interesse eines angenehmen Mietverhältnisses. Ich muss wohl erst das Fundament neu errichten, bevor ich anfange darauf zu bauen. Denn ich brauche die Kraft auch noch darüber hinaus wieder umziehen zu können. Einfach weil es einmal geklappt hat, sollte es wieder klappen. Das wäre ein Traum weil es mich verändert hätte und ich etwas an mich glauben könnte.

Danke für euren Zuspruch

VG
thendral

28.05.2011 21:01 • #16

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