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Mitbewohnern von Depression/ Angst erzählen?

S
Hallo, ich bin neu hier, darum ganz kurz zu mir: ich studiere und habe seit ein paar Jahren mit depressiven Phasen und Angst zu tun, habe momentan auch eine Therapeutin und insgesamt befinde ich mich gerade in einer besseren Phase.
Allerdings kennt man es ja, es ist ein Auf und Ab und manche Tage sind eben nicht so dolle / sehr ängstlich und deprimiert.

Seit Oktober wohne ich in einer neuen WG mit sehr sehr netten Leuten mit denen ich mich langsam anfreunde, die ich aber vorher überhaupt nicht kannte und die demnach auch nichts von meinen Problemen wissen.
Weil wir uns jeden Tag sehen würde ich ihnen gerne zumindest grob davon erzählen, um nicht ständig Ausreden zu erfinden wenn ich gerade nicht weiß wie ich auf die Frage Wie geht´s dir? antworten soll oder wenn ich zur Therapie gehe.
Und letztlich ist es ja auch sehr isolierend, sich deprimiert in sein Zimmer zurückzuziehen und vor den anderen das fröhliche Gesicht aufzusetzen.
Andererseits will ich sie damit auch nicht belasten.

Deswegen ist nun meine Frage: wie könnte ich ihnen davon erzählen? Oder sollte ich es lieber für mich behalten? Was habt ihr für Erfahrungen gemacht und wie öffnet ihr euch neuen Menschen dahingehend?

05.01.2022 17:23 • #1


Jana7
Hallo,
es ist schwer zu sagen. Du denkst aus verschiedenen Gründen darüber nach, es ihnen zu sagen. Insofern hält Du für möglich/wahrscheinlich, dass sie positiv reagieren.

Die super-vorsichtige Variante wäre, das Gespräche ganz generell auf psychische Erkrankungen zu lenken. Von einer TV Doku zu berichten. Auf YT gibt es ja auch viele zum Thema.
Und Du schaust, wie sie auf das Thema reagieren.

Eine immer noch vorsichtige Variante wäre, bei Gelegenheit - vllt. aus gegebenem Anlass - zu erwähnen, dass es Dir manchmal nicht so gut geht. Und die Reaktion abwarten. Sich auf mögliche Fragen vorbereiten.
Und bei positiver Reaktion nicht vergessen, dass man niemanden belasten will. Dich fragen, ob Du mit Ihnen/einem darüber reden willst, reden willst, wenn es Dir gerade schlecht geht.

Öffnet man sich einem, muss man damit rechnen, dass es die Runde macht.

Und wer weiß, mindestens zeitweise wird es Leuten in der WG schlechter gehen als Dir - ohne dass sie das Label Depression auf sich anwenden (wollen). Es sind schleichende Übergänge.
Man sollte die Diagnose auch - mindestens periodisch - hinterfragen.

Neulich traf ich eine junge Frau, die erzählte, an Depressionen zu leiden. Sie zog gerade mit Katzen in eine WG. Sie erzählte, sie habe es den Mitbewohnerin schon vor dem Einzug, beim Einzug erzählt.

Ich traf mal eine frühere Kommilitonin in der Stadt. Ich kannte sie nur vom Sehen. An der Uni ist es relativ anonym. Bei uns gab es keine kleinen Kurse - nur Vorlesungen...
Ich erwähnte eher beiläufig seelische Probleme eines Elternteils. Das tat ich sonst nie. Vllt. wollte ich es unbewusst mal ausprobieren, wie Menschen reagieren.

Sie antwortete: Ach deshalb warst/bist Du so komisch.
Ich glaube nicht, dass mich Menschen für komisch - im Sinne von merkwürdig - halten.

Was habe ich gefühlt: Ich war extrem verletzt. Geschockt... Zwei mögliche Auslegungen fallen mir ein. Spontan sah ich nur die verletzendere Variante.

Nun, diese Erfahrung bestärkte mich darin, mit dieser Info, Infos zu psychischen Erkrankungen, sehr vorsichtig umzugehen.

Die Zeiten haben sich etwas geändert. Alle möglichen VIP's, Schauspieler, gegen öffentlich zu, Depressionen zu haben etc.

Indem man sich öffnet, erkennt man Freund und Feind. Man sollte sicher sein, mit einer möglichen Verletzung einigermaßen fertig werden zu können.

05.01.2022 18:09 • x 1 #2


A


Hallo susanne1,

Mitbewohnern von Depression/ Angst erzählen?

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Heideblümchen
@Jana7 ...finde ich sehr gut, wie du deine Situationen beschrieben hast. Ich wurde mal von einem Bekannten bei einem Treffen eher beiläufig gefragt, wie es mir geht. Nachdem ich nach 3 Schlaganfällen erst mühsam wieder sprechen gelernt hatte, hatte ich, als dieser Bekannte fragte, gerade eine Phase von völligem Sprechdurchfall, weil ich - psychisch - totale Angst hatte, meine Sprachfähigkeit noch mal wieder zu verlieren. Ich habe ihm lang und breit über die hinter mir liegende Krankenhauszeit, die Reha und die anschließende Depression erzählt. Er wird mich nie wieder fragen, wie es mir geht! - und ich werde seine Blicke niemals vergessen. Wie gesagt: es war ein Bekannter von mir! Außenstehenden erzähle ich jetzt nichts mehr von meinen Erkrankungen, denn erst sind es die Blicke, die ich sehr genau wahrnehme nach dem Motto Hä? Du hast mehrere Schlaganfälle hinter dir und sollst depressiv sein? - und dann die Distanz, weil sich keiner traut, genauer nachzufragen. Tatsächlich verleiht einem das Thema Depression irgendwie den Makel der Schwäche und des Anders-sein. Ich wäre an deiner Stelle @susanne1 auch erst mal ein bisschen zurückhaltend. Sicher wirst du selber mit der Zeit einschätzen, wem du was erzählen möchtest. Man weiß leider vorher nie, was für Kreise dieses Outing mit sich bringt. Im günstigsten Fall Verständnis, Rücksichtnahme, echtes Interesse und Zuspruch. Passiert das Gegenteil, muss man mit diesen Menschen ja weiter zusammenleben oder zusammenarbeiten, was die Sache dann nicht wirklich einfacher macht.....

06.01.2022 10:56 • #3


H
@susanne1

Ich bin bis dato gut damit gefahren, meine Krankheit public zu machen. Mir ist es auch ziemlich egal, wie andere darüber denken.
Ich denke, in deiner Situation ist es besser, offen zu kommunizieren
Wenn deine Mitbewohner wissen, was du hast, ist das für alle angenehmer und du hast den Druck nicht mehr, dich ständig verstellen zu müssen.

Ich drücke dir ganz fest die Daumen!

06.01.2022 11:05 • #4

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