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Partnerschaftsbeginn in depressiver Episode

J
Hallo, ich bin neu hier. Danke für die Aufnahme! Ich habe gerade einen großen Knoten im Kopf und möchte euch gern um euren Rat/Erfahrungen bitten:
Ende letzten Jahres bin ich (39 Jahre) in eine depressive Episode gerutscht (Hintergrund v.a. beruflicher Stress u mangelnde Abgrenzung). In jener Zeit habe ich einen Mann kennengelernt u mich trotz Erschöpfung schnell sehr wohl bei ihm gefühlt. Es fiel mir sehr schwer, ihm zu sagen, dass ich gerade eine Depression habe, aber er ging sehr verständnisvoll damit um. Er selbst hat sein Päckchen zu tragen, da seine Exfrau so stark psychisch erkrankt war, dass er irgendwann komplett die Erziehung der gemeinsamen Tochter übernommen hat. Das beschäftigt ihn noch u er spricht öfter darüber. Er geht liebevoll mit mir um und versucht mich mit gemeinsamen Unternehmungen zu motivieren. Das gelingt auch immer wieder, doch seit ein paar Wochen falle ich im Anschluss der Treffen immer wieder in ein tiefes Loch. Ich bin sehr sensibel u auf Grund der Depression gerade noch mehr wie ein rohes Ei. Er ist auch sehr sensibel (wodurch wir Schönes wie Natur, Musik etc auch gut teilen können).
Jedoch hat er auch einen Hang zu Grübeleien und Schwermut. Obwohl er jetzt viel mehr im Leben steht als ich (kinderlos u derzeit arbeitsunfähig), spüre ich diese Schwermut, wenn er über seine Ex oder leidende andere Menschen spricht, nervige Kollegen oder seine eigenen Erfahrungen mit depressiven Phasen in der Kindheit. Ich gehe innerlich auf Abwehrhaltung und empfinde einen starken Fluchtkomplex im Sinne von ich brauche Stabilität u Optimismus, nicht noch einen Melancholiker. Diese Gedanken überlagern inzwischen alles und ich rutsche immer wieder in Trennungs- und Verlustschmerzen, weine viel, obwohl wir weiterhin zusammen sind.
Ich habe das inzwischen auch bei ihm angesprochen u ihn gebeten, weniger Belastendes mit mir zu teilen. Er gibt sich alle Mühe mit mir, aber ich komme aus der Gedankenmühle nicht raus u kann mich kaum noch auf schöne Erlebnisse mit ihm einlassen, weil ich diese danach schon wieder betrauere. Das erschöpft mich so, dass ich wirklich nur noch die Trennung als Option sehe. Ich warte derzeit noch auf einen Klinikplatz u hoffe dann etwas mehr Klarheit zu bekommen. Ich habe noch keine längere Beziehung geführt u habe definitiv auch große Bindungsängste. Das macht es für mich schwerer einzuordnen. Auch habe ich große Angst ihm wehzutun, aber mit meinem Rumgeeiere mache ich es ihm gerade auch nicht einfach.
Es heißt immer, man soll in depressiven Episoden keine folgenschweren Entscheidungen wie Trennung, Kündigung. treffen, aber ich finde es gerade ganz schön schwer mich wieder auf mich zu konzentrieren u Kräfte zu sammeln. Vielleicht treffe ich nie wieder so einen liebevollen verständnisvollen Mann, der mich mit Depressionen so annimmt wie ich bin, aber ich packe glaub ich dauerhaft auch keinen Melancholiker an meiner Seite, weil ich selbst schon so viel davon hab.

Hat jemand von euch mal Ähnliches erlebt? Was denkt ihr wäre ein gutes Vorgehen, damit ich mir klarer werden kann u vor allem wieder zu meinen Kräften finde?

Viele Grüße
Julala

05.04.2024 12:44 • #1


Jedi
Hallo @Julala

Zitat von Julala:
Ich habe gerade einen großen Knoten im Kopf und möchte euch gern um euren Rat/Erfahrungen bitten:

Erstmal sei hier im Forum willkommen !
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Zitat von Julala:
Ende letzten Jahres bin ich (39 Jahre) in eine depressive Episode gerutscht

(Hintergrund v.a. beruflicher Stress u mangelnde Abgrenzung).

Hast Du schon etwas unternommen, um den beruflichen Stress abzumildern ?
War es Dir schon möglich, Dich etwas mehr schon abzugrenzen ?
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Ich habe gelesen;
Zitat von Julala:
Ich warte derzeit noch auf einen Klinikplatz

das würde für mich jetzt bedeuten, Du bist in professioneller Versorgung ?
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Zitat von Julala:
In jener Zeit habe ich einen Mann kennengelernt

Daran ist weniger etwas schlechtes u. doch scheint er;
Zitat von Julala:
Jedoch hat er auch einen Hang zu Grübeleien und Schwermut.

nicht zu einem Stabilisator für Dich geworden zu sein (das lese ich so aus Deinem Beitrag heraus).
Aber das wäre jetzt das, was Du bräuchtest, in Deiner jetzigen Phase.
--------------
Zitat von Julala:
Ich habe das inzwischen auch bei ihm angesprochen u ihn gebeten, weniger Belastendes mit mir zu teilen.

Ich finde es richtig, dies auch so deutlich anzusprechen !
Das gibt dem anderen so die Möglichkeit, sich auf Dich einzustellen.
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Zitat von Julala:
Das erschöpft mich so, dass ich wirklich nur noch die Trennung als Option sehe.

In Deiner jetzigen Phase kann ich es gut nachvollziehen.
Ob eine Trennung jetzt die richtige Entscheidung wäre, ist für mich schlecht zu beurteilen.
Zumindestes macht es Sinn, dass Du Dich auf Dich konzentrierst u. natürlich auch versuchst,
den beruflichen Stress (soweit es möglich ist) zu regulieren u. versuchst Dich besser abzugrenzen
(eben auch, soweit es Dir möglich ist).
Vielleicht versucht ihr beide, eure Begegnungen so zu regulieren, dass das Schwere eher außen vor bleibt.
Trefft dazu Vereinbarungen !
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Zitat von Julala:
Es heißt immer, man soll in depressiven Episoden keine folgenschweren Entscheidungen wie Trennung, Kündigung. treffen,

Da ist sicher etwas dran u. doch, wie in Deinem persönlichen Fall, wären Verabredungen/ gar Vereinbarungen
sinnvoll zu erachten, damit ihr beide etwas von einander habt - zumindestens in der Zeit, wenn ihr zusammen seit.
----------------
Zitat von Julala:
Ich habe noch keine längere Beziehung geführt u habe definitiv auch große Bindungsängste.

Bindungsangst, dies wäre nochmal ein gesondertes Thema wert !
-------------
Zitat von Julala:
Vielleicht treffe ich nie wieder so einen liebevollen verständnisvollen Mann, der mich mit Depressionen so annimmt wie ich bin, aber ich packe glaub ich dauerhaft auch keinen Melancholiker an meiner Seite, weil ich selbst schon so viel davon hab.

Nun steht aus meiner Sicht erstmal Du im Vordergrund u. Deine aktuelle Situation.
Versucht es erstmal mit Vereinbarungen, wie häufig ihr euch treffen wollt, so behälst Du erstmal
für Dich weiter den Freiraum den Du offensichtlich brauchst.
Wie sich dann alles weiter entwickeln wir, kannst Du erstmal weiter beobachten.

05.04.2024 14:24 • #2


A


Hallo Julala,

Partnerschaftsbeginn in depressiver Episode

x 3#3


J
Danke Dir @Jedi für Deine lieben Worte und guten Ratschläge.
Ich bin derzeit noch zu Haus und würde dann nach dem Klinikaufenthalt erstmal versuchen über das Hamburger Modell wieder einzusteigen. Auf Arbeit gab es inzwischen einige Umstrukturierungen u ich denke, ich kann dann verhandeln z.B. öfter im Homeoffice zu arbeiten. Längerfristig will ich aber auch über eine berufliche Veränderung/Weiterentwicklung nachdenken. Bin schon sehr lang im gleichen Job als Quereinsteigerin (hab Geisteswissenschaften studiert) mit befristeten Verträgen. Angesichts rezidivierender Depressionen hätte ich beruflich gern noch eine Qualifikation, die mir mehr Sicherheit/Freiheit gibt, wenn ich mal wieder ausfalle. Aber derzeit habe ich dafür noch gar keinen Akku.
Was den Mann betrifft, versuche ich Treffen schon zu regulieren.

05.04.2024 14:43 • x 1 #3


J
Oh, jetzt wurde die Nachricht leider abgeschnitten.
Also nochmal der Rest:
Das Problem ist, dass er mir die Freiräume lässt, aber ich die gerade nicht richtig nutzen kann, weil mein Kopf pausenlos an der Beziehung rumdoktort. Sehen uns so 1-2 mal die Woche u ich achte auch darauf, dass ich v.a. stabilisierende Freundschaften pflege. Sehe ich ihn, entspannen mich die Bindungshormone wieder etwas, sehe ich ihn länger nicht, fange ich an, ihn regelrecht zu dämonisieren, bekomme Schiss vor der nächsten Begegnung u male mir Trennungsgedanken aus. Ich gefalle mir in dieser Rolle überhaupt nicht. Eigentlich bin ich eher auf Autonomie bedacht u kann gut mit mir allein sein bzw. mich mit Freunden gut entspannen und regulieren. Aber dass da jetzt eine Partnerschaft ist, die ich vielleicht auf schmerzliche Art lösen muss, stresst mich enorm. Fürchte, das ist dann auch die Bindungsangst und die Angst vor der großen zu ziehenden (Trennungs-) Grenze. Ich fürchte, ich suche ein allumfassendes Sicherheitsgefühl in der Partnerschaft, das es vielleicht gar nicht gibt.
Ich nehme Antidepressiva und bin in einer Klinik weiter außerhalb meines Wohnortes angemeldet. Suche daher auch noch vor Ort nach einem Anschlusstherapieplatz. Dabei weiß ich nicht genau, ob ich den PTV-11 Schein vor o nach der Klinik beantragen sollte. Das dauert ja dann auch wieder alles seine Zeit.
Habe schon ein paar Jahre Verhaltenstherapie hinter mir und denke, ich muss da auch noch mal tiefenpsychologisch ran. Beruflicher Stress, Verliebtheit und Veränderungen triggern mich leider enorm. Aber ich will mich auch weiterentwickeln und Neues lernen und zulassen. Na, mal sehen, wohin das führt.

05.04.2024 15:29 • x 1 #4


Jedi
Hier gibt es noch ein wirklich guter Thread,
Gehe ich richtig mit meinem depressiven Partner um ?
Könnte für Dich auch interessant sein ? Schau einfach da einmal rein u.
Du bekommst da bestimmt auch noch gutes Feedback.

05.04.2024 23:13 • #5


J
Danke Dir für den Tipp!

06.04.2024 11:14 • x 1 #6


Jedi
@Julala

Mal, so finde ich einige Gedankenimpulse, mit denen ich mich aus sehr intensiv beschäftigt habe.
Wir denken u. reden sehr viel über den Tag u. das meiste geschieht unbewusst.
Um ins bewussten Denken zu kommen, habe ich mich einmal mit folgende Fragen auseinandergesetzt-
habe mir die Antworten auch aufgeschrieben;
- Was denke ich über Mich ? -

- Was denke ich über das Leben-mein Leben ?

- Was denke ich über andere ?

Ich habe mit der Beschäftigung dieser Fragen gut feststellen können, wieviel an neg. Gedanken
dabei waren, Unbewusst, konnte ich so nicht zu hilfreichen Verhalten kommen - habe mich selbst
bin mir dabei dabei recht häufig selbst im Wege gestanden.

Versuche es einmal, wenn Du Lust dazu hast - ich kann Dir sagen, dass da ganz neue Erkenntnisse
über Dich dabei herauskommen kann. - Einfach mal ausprobieren. -

06.04.2024 11:56 • #7

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