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Posttraumatische Verbitterungsstörung

marc71
Hallo ihr Lieben,

Kennt sich jemand mit dieser Störung aus? Ich vermute das ich davon betroffen bin.

In vielen Bereichen (Säulen) meines Lebens bin ich gebrochen. Entfernte mich davon, mache nur noch das nötigste. Der letzte große Bruch war die Trennung mit meiner Frau. Ich bin in ein so tiefes Loch gefallen und kam nicht mehr alleine raus. Alles was ich anpacken wollte fing ich an zu zittern.
Der Alk. Konsum wurde immer schlimmer.
Da sich der Zustand nicht besserte merke ich das ich Hilfe brauche.
Ich habe mich in einer Erstberatung an eine Therapeutin gewandt. 45 Minuten Gespräch. Ihr alles erzählt was mich bedrückt.
Im letzten Satz fiel das Wort verbittert.
Dies lies mir keine Ruhe und ich informierte mich darüber. Fand eine Beschreibung über diese Störung bei Wiki. Ich finde mich darin zu 100% wieder. Vielleicht kennt sich jemand aus und kann mir Tipps geben!?

Die Therapeutin hat mir jetzt Verhaltenstherapie und Suchtberatung empfohlen. Am Freitag habe ich Termin bei der Ärztin, dort muss ich mich nochmals offenbaren um die Unterlagen für die Therapie zu bekommen.

Wünsche euch einen schönen Sonntag…

06.10.2024 17:03 • x 3 #1


Stromboli
Hallo Marc

Ich höre zum ersten Mal von dieser Diagnose, allerdings längst nicht zum ersten Mal vom Phänomen der chronischen Verbitterung. Das war immer wieder Thema in den drei Jahren, die ich bei einer Traumatherapeutin in Therapie war. Ich trage ziemlich viel davon in meinem psychischen Rucksack mit und kenne die Bitterkeit bestens, wenn mich etwas an die traumatischen Erfahrungen aus Kindheit und Jugend erinnert, ganz besonders geht es dabei um Beziehungs- und Bindungsbedürfnisse bzw. deren Enttäuschung und Verletzung. Gegenüber meinen Geschwistern ist dieser alte Groll in Form von Bitterkeit einfach da und bisher hat nichts geholfen, das loszulassen oder aufzulösen. Das Beste, was ich tun kann, ist, die Bitterkeit anzunehmen, ja zu ihr zu sagen. Denn lange habe ich sie behandelt wie alles, was sich WIRKLICH hinter der angepassten Fassade abspielte, die ich lernte zur Schau zu tragen: Ich habe sie verleugnet, aus dem Bewusstsein verdrängt, so sehr dass ich sie lange gar nicht wahrnehmen konnte. Sie wirkte dann einfach indirekt in Form von Symptomen, die ich mir nicht erklären konnte.

Ich weiss nicht, ob das für dich irgendwie brauchbar ist. Was bei mir nicht dem entspricht, was du beschreibst: Ich hatte nie eine Abhängigkeit von einer der klassischen Suchtsubstanzen, wenn man von Medikamenten absieht, aber auch die sind immer in kontrolliertem Rahmen geblieben.

Ich wünsche dir sehr, dass du in der Therapie einen Weg findest, mit der Bitterkeit zu leben. Wenn irgend möglich, lehne dich ihretwegen nicht ab. Sie hat sehr reelle Wurzeln und hat dich, wie alle sogenannt negativen Symptome, ursprünglich gesund erhalten wollen.

06.10.2024 18:45 • x 5 #2


A


Hallo marc71,

Posttraumatische Verbitterungsstörung

x 3#3


Momo58
Hallo Marc,

ich finde es sehr mutig, dass du dir wegen deiner Verbitterungsstörung Hilfe holst. Ich selbst habe diese Diagnose nicht bekommen, weiß aber, dass es in meinem Leben Groll gibt, den ich (noch) nicht losgelassen habe.

Wegen deiner Suchtprobleme kann ich dir sehr die 12-Schritte-Selbsthilfegruppen der AA empfehlen. Es geht bei den 12 Schritten auch darum, das Thema Groll aufzuarbeiten. Die Gruppen gibt es als Präsenzgruppen oder als Online-Meetings:
https://www.anonyme-alkoholiker.de/meet...emeetings/

Liebe Grüße
Momo

07.10.2024 07:49 • x 2 #3


LittleWing
Ich habe selbst mal von dieser Verbitterungsstöung gelesen und mich da durchaus auch selbst drin wieder gefunden.
Das hat mich zunächst auch etwas erschreckt aber mit der Zeit hab ich gemerkt,dass das nur ein Teil von mir ist.

Also ich habe verbitterte Anteile in mir aber das macht mich nicht (ausschliesslich) aus.

Anders gesagt: Jeder Mensch hat verbitterte Anteile in sich und das ist ganz normal.

Du hast ja offenbar grade eine schwierige Zeit und da kann es einem schonmal so vorkommen,als sei man komplett verbittert.

Denke aber,dass das eher Deiner derzeitigen Situation geschuldet ist und jeder Mensch kommt mal in Bereiche,in denen es schwierig wird.
Das gehört halt auch zum Leben (auch wenn die wenigsten Menschen sich trauen,das zu thematisieren).

07.10.2024 08:49 • x 2 #4


LittleWing
Was ich Dir ansonsten noch gerne mit auf Deinen Weg geben möchte:

Höre auf Deine innere Stimme bzw. Dein Bauchgefühl.
Auch wenn man schwach ist (bzw. sich schwach fühlt) ist das noch immer die beste Orientierung.

Fremde Menschen (ob Therapeut oder nicht) können Anreize geben aber mehr auch nicht.
Die stecken nicht in Dir drin und manches,was von aussen betrachtet als schlecht bewertet wird,ist gar nicht so schlecht.

Du bist jetzt auf der Suche und das ist gut und es wird Dir helfen,Deine eigenen Wahrheiten zu erkennen.

07.10.2024 09:28 • x 1 #5


marc71
@LittleWing Danke für deine Worte! Gerne würde ich das so annehmen das ich nur jetzt über diese eine Situation verbittet bin. Es sind jedoch noch viele andere Säulen in meinem Leben die schon sehr sehr lange betroffen sind, wo ich auch sehr verbittert war und bin.
Ich reflektiere diese Säulen für mich, wie kam das eine zum anderen, was war der entscheidende Verbitterungsmoment der mich so kränkte. Teilweise sind es mehrere kleine Momente, stufenweises annähern, bis dieser eine große letzte Moment kommt und ich mich komplett zurück ziehe, abwende oder gar nichts mehr sage oder mache. Das Problem dabei sind die Gedanken und Gefühle welche ich dabei entwickle, voller Hass, Wut, Trauer, wenn es Menschen sind denen etwas antun zu wollen. Das ist nicht normal, oder!? Ich rede mit keinem darüber, schreibe es auf, das es meine Seele verlässt und schmeiß es dann weg. Das mache ich seit gefühlt 10 Jahren so. Ich weiß nicht wann es anfing, was die Ursache ist. Deshalb würde ich es gerne wissen wollen, nur ich komme selber nicht drauf. Mir ist auch klar das ich den Weg alleine gehen muss aber gerne soll mich jemand an die Hand nehmen und zeigen in welche Richtung ich gehen muss!

Ich wünsche dir noch einen guten Tag. In Leipzig scheint heute die Sonne ️

07.10.2024 11:13 • x 1 #6


marc71
@Momo58 Danke für deine Worte und deinen Tipp für AA Gruppe. Ich schaue mir das mal an. Wünsche dir noch einen guten Tag

07.10.2024 11:21 • x 1 #7


LittleWing
Zitat von marc71:
Ich weiß nicht wann es anfing, was die Ursache ist. Deshalb würde ich es gerne wissen wollen, nur ich komme selber nicht drauf. Mir ist auch klar das ich den Weg alleine gehen muss aber gerne soll mich jemand an die Hand nehmen und zeigen in welche Richtung ich gehen muss!

Bist ja jetzt schon in Therapie und das wird Dir einiges klar machen.
Und meine Erfahrung ist auch,dass man nicht alles bis in´s kleinste Detail verstehen kann und muss,sondern dass es am wichtigsten ist,zu wissen,was uns zufrieden macht.
Und Zufriedenheit hängt um ein vielfaches mehr von inneren Einstellungen als von äusseren Umständen ab.
Es geht also in gewisser Weise darum,geistige Stärke zu entwickeln,man nennt das auch Bewusstseinsarbeit.

Mir hat dabei die Orientierung am Buddhismus geholfen,habe mir da vieles raus ziehen können,wobei ich keiner Buddhistin bin aber ich habe im Buddhismus Antworten gefunden und auch inneren Halt,neues Vertrauen in´s Leben.
Man kann da ganz locker und zwanglos rangehen,dann wirkt es an besten.

Unabhängig davon gibt es massig Selbsthilfebücher,mit denen man sein Wissen über die Funktionsweise unserer Psyche erweitern kann,da kannst Du über Amazon einiges finden und gebrauchte Exemplare soínd oft sehr günstig.

Ich persönlich bin ein Fan von Peter Beer ,der in seinen Videos viele spannende Themen anspricht,wie hier z.B.:

08.10.2024 16:59 • x 1 #8


Nuance
Es gibt viele unglückliche, depressive, mehrfach gescheiterte Menschen.
Gut, dass Du Dir Hilfe gesucht hast und sie annimmst.
Verbitterung hat ja auch etwas mit Wut zutun.
Vlt. kannst Du die mit Sport rauslassen.
Ärgerlich ist, dass Du eine Alk. entwickelt zu haben scheinst.
Das müsste Dich doch auch wütend machen.

Raus mit den Aggressionen! Das kann heilsam sein.
Und wenn Du Druck verspürst, Deiner Ex u. sonstigen Leuten noch nicht alles gesagt zu haben: Tu es! Schreib es ggf...

Und Du kannst Antidepressiva ausprobieren.
Manchmal schafft man es nicht ohne aus dem Tief.
Und Du wirst ein Antidepressiva finden, das hilft. Es gibt so viele verschiedene. Ich würde als Mann nach welchen fragen, die keine Potenzstörungen verursachen. Ich denke, dass dürfte Dich zusätzlich belasten. Spontan fällt mir ein: Bupropion - Tianeptin/Tianeurax.
PSSD (googlen) sollte insbes. Mann kennen...

Und wer weiß das schon - Du wirst vlt. wieder eine nette Partnerin finden...
Das geht leichter, wenn Du mehr im Gleichgewicht bist.

08.10.2024 19:06 • x 2 #9


Fritz
Hi Marc71
Ob Posttraumatische Verbitterungsstörung oder Depression, wer soll den Unterschied erkennen?
Für deine Störung brauchst du vermutlich einen Profi.
Bedenke, dass der Therapeut oder Arzt ähnlich ist, als wenn du mit einem Boot rudert.
Er hat die Flüstertüte und gibt Kommandos und du musst rudern!
Also ohne tägliche Mitarbeit wird es nicht gehen.
Servus

10.10.2024 05:33 • x 3 #10


Dys
Also was in Wikipedia zu finden war, ist auch nicht so wirklich schlüssig. Einen eigenen ICD Code gibts da ja derzeit nicht. Es wäre also wohl im Bereich Anpassungsstörung und da als sonstige klassifiziert. Finde es auch sehr interessant, dass gleich von Störung die Rede ist. Meine Therapeutin sagte mir, sie würde eher selten Persönlichkeitszüge, wenn sie situationsbedingt auch mal intensiver an den Tag gelegt werden, gleich als Störung bezeichnen. Und ich denke da mittlerweile ähnlich. Zumindest habe ich wohl keine von den Störungen, die ich mir mal so auserkoren hatte.

Was verbittert sein angeht, da könnte halb Deutschland dann ja gestört sein. (Wobei ich das teilweise sogar denke, wenn ich so manche Menschen hierzulande reden höre, oder deren Taten betrachte.)
Nein, ernsthaft, klar kann und darf jeder verbittert sein, wenn er sich ungerecht behandelt sieht und diese Phase seines Lebens dann eben auch kundtun oder ausleben, idealerweise aber ohne andere dabei zu schädigen. Selbst wenn man darin hängen bleibt, so muss das aber keine Persönlichkeitsstörung sein, denn die entwickeln sich meist schon sehr früh in der Entwicklung.

Verbitterung löst sich am besten dadurch auf, dass man mal Zufriedenheit erlangt und auch für sich so annehmen kann. Und zufrieden sein, kann man tatsächlich auch mal dadurch, dass man wertschätzen darf, was man hat. Auch wenn es natürlich immer auch noch besser sein könnte.

10.10.2024 06:58 • x 5 #11


marc71
@Nuance Danke für deine Worte!
Mich hat die Störung so weit im Griff gehabt das ich körperliche Schäden erlitten habe und noch daran leide. Eins kam zum anderen. Mit dem hohen Alk. konsum hatte ich irgendwann Gicht. Dann folgten Anfang des Jahres eine Bauchspeicheldrüsen Entzündung mit 3 Tagen KKH. Im Krankenhaus dann der nächste Gichtanfall. Sport (Basketball) habe ich zu der Zeit auch noch regelmäßig und sehr aktiv gemacht. Das war nicht förderlich, Spaß hatte ich beim Sport auch keinen mehr, bis heute. Die Gicht
und Überlastung durch Sport führten zur Schädigung meines Großzehengrundgelenks, Arthrose im Einklang mit Hallux. Seit Mai schone ich das Gelenk. Es wird wieder besser.
Das ich kein Spaß mehr an dem Sport habe kann ich mir nun auch erklären. Ich war im Mai so stark verbittert weil ich durch diese Verletzung nicht mehr an dem Festival teilnehmen konnte, als Helfer, wo ich mich über ein halbes Jahr drauf gefreut habe. Ich kann damit nicht umgehen. Muss lernen zu akzeptieren und neue Denkweisen zu entwickeln. Ich hoffe die Therapie hilft mir dabei.
Jetzt hab ich viel geschrieben zu einer Säule. Das ist längst nicht alles dazu. Es fing viel früher an als ich noch Jugend trainiert habe. Ich bekam nicht die Wertschätzung dazu wie ich sie mir in meinem Kopf erhofft habe. Deshalb verlor ich die Lust das weiterhin zu machen. Es wurde mir egal. Nicht die Kinder oder Eltern sind dabei Schuld sondern meine Gedanken.

Ich hoffe ihr könnt es nun besser verstehen wie es in mir aussieht.

10.10.2024 15:26 • x 3 #12


marc71
@Fritz Danke für deine Worte! Ich habe morgen Arzttermin. Da muss ich mich nochmal nackig machen um die Unterlagen für die Therapie zu bekommen. Ich weiß das ich allein da durch muss. Aber ich brauche dieses Flüstern, wie du es beschreibst. Ich nenne es an die Hand nehmen.

10.10.2024 15:30 • x 1 #13


A


Hallo marc71,

x 4#14


marc71
@Dys Auch dir danke ich für deine Worte! Es tut gut zu lesen was andere Denken und ihre Meinung dazu äußern.
Als ICD Code habe ich F43 und F43.8 gefunden. Sonstige Störungen. Auch heilbar ist es.

Gern wäre ich nach eins zwei Sitzungen fertig damit. Ich habe für mich jedoch festgestellt dass ich es nicht alleine schaffe. Auch wie weit man in der Vergangenheit graben sollte, muss. Keine Ahnung. Ich habe ein Ziel. Im Einklang mit mir selbst, mich selbst finden. Ich bin ich und bin wie ich bin. Ich arbeite hart an mir, ständige Selbstreflektion. Wie war das und das und das…
Das habe ich jahrelang vernachlässigt. Auch meine Wehwehchen zu behandeln, mich um mich selber kümmern. Ich denke das ich auf einem guten Weg bin. Muss nur aufpassen dass ich nicht zu viel auf einmal will…

10.10.2024 15:42 • x 3 #14

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