14

Schwangerschaft und Depressionen - Erfahrungen

Sunny40
An alle Leserinnen, die auch Mütter werden möchten oder sind.

Das Thema Depression begleitet mich seit über 10 Jahren.

Auf der einen Seite habe ich seit meinem Studium einen guten Job in einer Großstadt, bin ich verheiratet und normal gut situiert.

Auf der anderen Seite, waren da Klinik-Aufenthalte und wiederkehrende depressive Episoden mit Arbeitsunfähigkeit im Job.

Und der seit knapp 5 Jahren unerfüllte Kinderwunsch. Hierzu haben wir auch Hilfe eines Kinderwunsch-Zentrums in Anspruch genommen. Die Ursache liegt in diesem Fall nicht bei der Frau, doch die ständigen Hormone haften vor allem an mir.

Die Medikation ist ausgerichtet so dass eine Schwangerschaft möglich wäre, durch das ständige auf und ab schwindet so langsam der Mut und auch die Energie.

Ich würde mich über Austausch mit Gleichgesinnten und ggf. positiven Ratschlägen freuen. Auch auf das etwaige Loslassens dieses Wunsches.

Vielen Dank vorab. VG S

11.07.2019 21:58 • x 1 #1


O
Guten Abend!

Dieses Thema ist wohl ein ziemlich schwieriges und vermutlich bist Du schon mit vielen Ansichten dazu konfrontiert worden.

Die Frage ist allerdings nicht die, was andere dazu sagen, sondern was Du tief in Deinem Inneren fühlst.

Der Wunsch, eine Familie zu gründen ist ja weniger eine Vernunftssache, sondern viel mehr eine Herzensangelegenheit.

Spielst Du selbst mit dem Gedanken, den Kinderwunsch aufzugeben? Wärst Du dann entlastet? Etc?
Oder denkst Du, mit Depressionen darf man nicht Mutter werden?

Ich selbst habe während meiner schlimmsten Krise, diesem plötzlich sehr drängendem Wunsch nachgegeben. Die Zeit während der Schwangerschaft war sehr schwierig. Allerdings würde ich niemals die Schwangerschaft selbst als belastend bezeichnen.
Viele Freunde und Bekannte haben uns vermutlich für verrückt erklärt, dass wir unter diesen Umständen trotzdem eine Familie gründen wollten.

Das war die beste Entscheidung die wir treffen konnten. Trotz allem.
Ich habe mein Kind von Beginn an geliebt und bin, so denke ich, eine normale Mutter geworden. Auch hat mich die Depression mal wieder eingeholt. Da habe ich viel Hilfe in Anspruch genommen und wußte welche Medikation hilft. Es war nicht schön, aber verging.
Und ich bin davon überzeugt, dass man sich das auch erlauben darf.
Wenn es Dir um diesen Aspekt geht?

Aber umgekehrt ist es auch völlig verständlich, wenn man sich vom Kinderwunsch distanziert.
Loslassen muss ja auch nicht verkehrt sein. Ich hätte es allerdings nicht können.

Die Entscheidung liegt bei Dir alleine.
Das macht es vermutlich auch so schwierig.

Alles Gute jedenfalls!

11.07.2019 22:47 • x 2 #2


A


Hallo Sunny40,

Schwangerschaft und Depressionen - Erfahrungen

x 3#3


Sunny40
Ganz lieben Dank für diese Antwort. Dieser Herzenswunsch ist nach wie vor da.

Gesunde Menschen jedoch verunsichern meist, als dass sie weiter ermutigen. So z. B. will ein Kind eine depressive Mutter oder Ihr müsst endlich zur Ruhe kommen..

Wir haben noch eine gute Chance und wenn es dann nicht sein soll, muss ich loslassen.

VG S

11.07.2019 23:38 • #3


mrsrobot
Ich war auch mit meinem Ehemann in der Beratung für eine Kinderwunschbehandlung. Die Behandlung mit Hormonen habe ich dann doch als für mich zu heftig empfunden und für mich dann entschlossen, wir lassen es. Es gab verschiedene Gründe dafür und dagegen, da ich aber schon Ende 30 zu dem Zeitpunkt war, war das für mich jetzt aus diesem Blickwinkel die richtige Entscheidung. Für mich hatte ich auch überlegt, wie das mit Panikattacken und Kind wäre, habe aber auch zuletzt bei meiner Nichte gemerkt, dass mein Fokus, wenn ich mit einem Kind zusammen bin, nicht bei mir sondern beim Kind ist und die Angstgedanken mich gar nicht beschäftigen. Wichtig wäre für mich für den NOtfall ein Netzwerk zu haben und offen mit der Krankheit umzugehen. Ein Kind darf nicht darunter leiden und selbst eine Grundlage für die Entwicklung einer Depression bekommen aus meiner Sicht. Die Entscheidung triffst Du ganz alleine und das ist auch gut so.

12.07.2019 06:29 • x 1 #4


O
Zitat von Sunny40:
Gesunde Menschen jedoch verunsichern meist, als dass sie weiter ermutigen. So z. B. will ein Kind eine depressive Mutter oder Ihr müsst endlich zur Ruhe kommen..


Natürlich will ein Kind keine depressive Mutter. Es will auch keine schimpfenden Eltern, in Armut aufwachsen, dumme Eltern, vernachlässigt werden, etc. Etc.
Die perfekte Familie gibt es nicht.

Zitat von mrsrobot:
Wichtig wäre für mich für den NOtfall ein Netzwerk zu haben und offen mit der Krankheit umzugehen

Dem kann ich nur zustimmen.

Es hat außerdem auch ein gesunder Mensch keine Garantie dafür, dass er nocht irgendwann an einer Depression erkrankt.
Wichtig ist, gut auf sich zu schauen und sich Hilfe zu holen und zulassen zu können. Außerdem gibt's ja noch den Partner. Als Team kann man das schaffen.

Und bezüglich des zur Ruhekommens kann ich nur noch mit den Augen rollen. In dieser Situation kann man schwer Ruhe finden. Alleine der Plan eine Familie zu gründen ist aufregend. Wenn dann noch Hindernisse zu überwinden sind, wird's nicht besser. Es ist ok, wenn man da nicht ruhig ist, sondern nervös und aufgeregt, gereizt oder traurig.
Manchmal verläuft das Leben halt anders als im Bilderbuch.

Eine funktionierende Partnerschaft und ein gutes Umfeld sind doch schon eine tolle Grundlage. Den Rest hat man nicht in der Hand.

Diese Entscheidung treffen alleine Du und Dein Partner.

12.07.2019 08:54 • x 1 #5


mrsrobot
Es hat außerdem auch ein gesunder Mensch keine Garantie dafür, dass er nocht irgendwann an einer Depression erkrankt.
Wichtig ist, gut auf sich zu schauen und sich Hilfe zu holen und zulassen zu können. Außerdem gibt's ja noch den Partner. Als Team kann man das schaffen.

Danke dafür, das kann jedem/ jeder passieren.

12.07.2019 12:23 • x 1 #6


Y
Hallo Sunny,
ich gehöre zu den Frauen, die nie das Gefühl hatten, unbedingt Mutter werden zu wollen .Die Devise war und ist immer Jeder nach seiner Fasson .
Mit 39 Jahren lernte ich meinen Mann kennen und rums, war er da der Kinderwunsch. Und solche wunderbaren Bemerkungen wie : in dem Alter noch Mutter werden, dann bist du ja Oma wenn das Kind in der Schule ist, du kannst in deinem Alter mit dem Kind ja nichts mehr machen, dass ist viel zu anstrengend usw. usf., auch.
Wir bekamen eine Tochter und ich kurz nach der Entbindung eine Depression. Es hat ein Jahr lang gedauert, bis ich mein Kind annehmen konnte und die Depression Geschichte war. Mit ca. 50 Jahren hat mich eine heftige Depression auf die Bretter geschickt, ich bin bis heute krank. Es war keine leichte Zeit , mein Mann und ich haben das im wesentlichen allein gewuppt.
Unsere Tochter ist jetzt 16 Jahre alt und ein ganz normaler Teenager. Und nach ihren Worten hat sie die beste Mama der Welt.
Wir haben uns noch ein zweites Kind gewünscht und eine zeitliche Grenze gesetzt . Es wollte nicht klappen und mit dieser Grenze konnte ich gut umgehen und mit dem Kinderwunsch abschliessen.
Vielleicht konnte ich dir mit meiner Schilderung etwas helfen.
Ich wünsche euch Kraft, Umsicht und Geduld. Diese Entscheidung ist wohl eine der schwierigsten. Herz und Bauch sind gute Ratgeber.
Viele Grüsse

12.07.2019 14:34 • x 1 #7


ZeroOne
Hi @Sunny40 !

Das ist ein sehr schwieriges Thema, das mich vor Jahren auch beschäftigte. Ich denke, jeder hat dazu eine eigene Meinung. Ich hatte damals versucht, es für mich aus Sicht des Kindes zu sehen und auch rational die medizinischen Aspekte einbezogen und meine eigenen Wünsche und Bedürfnisse in den Hintergrund gestellt.

Man weiß, dass sowohl die Erbanlagen als auch Umweltbedingungen an der Entstehung psychischer Störungen beteiligt sind. Man weiß heute auch, dass identische Gene in den Nachfolgegenerationen unterschiedliche Störungen hervorrufen können. Genetische Gemeinsamkeiten zeigen sich z.B. zwischen Depression und bipolarer Störung oder Schizophrenie sowie zwischen bipolarer Störung und ADHS, oder auch Angststörung und unipolarer Depression. Wahrscheinlich sind die genetischen Muster noch viel komplexer, als bis heute bekannt ist.
Zwar spricht man nur von Wahrscheinlichkeiten, aber alleine die Möglichkeit billigend in Kauf zu nehmen, wäre für mich schon zu viel riskiert im Sinne des künftigen Kindswohls.

Unter Umweltbedingungen sehe ich auch die Erziehung. Kinder sehen in den Eltern wesentlich mehr, als denen meist bewusst ist. Ich möchte nicht beurteilen, wie es ein Kind prägen kann, wenn ein Elternteil wegen psychischen Störungen häufiger ausfällt, oder es eben in untypischen Familienverhältnissen aufwächst. Auch wenn man es Kindern erklärt, so hören sie doch weniger auf das gesprochene Wort der Eltern, als dass sie ihr Verhalten an-/übernehmen.
Zwar sagte mir ein Therapeut, dass ein Kind unglaublich förderlich und heilsam sein kann und man an dieser Herausforderung wachsen und genesen kann, aber ich persönlich möchte kein eigenes Seelenheil zu Lasten eines unschuldigen Kindes erlangen. Mir kam das fast schon dem Vorschlag gleich, dass sich psychisch Kranke einen Hund zulegen sollten, damit sie eine Aufgabe und Verantwortung haben und mindestens zweimal täglich zum Gassi aus der Bude müssen.

Auch habe ich mich gefragt, wie es für das Kind wäre, wenn es denn tatsächlich an einer Störung erkrankt:

    - Keine Freunde, Mobbingopfer, Außenseiter
    - Belastung durch die Erkrankung des Elternteils
    - Vielleicht schon als Teenager Stammkunde in der Psychiatrie und/oder Psychosomatik
    - Lernschwierigkeiten, ggf. schlechter Abschluss und kaum Zukunftsperspektiven
    - Schwierigkeiten, Partner/in zu finden und eine Familie zu gründen
    - ggf. Suizid aufgrund der Stärke der Erkrankung

Wenn schon ein Kind da oder unterwegs ist, dann bekommt man das schon irgendwie gewuppt (in den meisten Fällen). Aber wenn es noch nicht passiert ist und man noch vor der Wahl steht, kann man einem Kind diese grausamen Eventualitäten ersparen.

Man kann diese ganzen Gedanken aber auch über Bord werfen und sich einfach auf nie Natur verlassen. Die macht zwar auf öfters mal Fehler, aber liegt nicht immer so ganz daneben. Oft hat es vielleicht einen Grund oder ist sogar Vorsehung, wenn man auf natürliche Art nicht auf Anhieb Nachwuchs bekommt. Vielleicht sollte man dann auch nicht auf Biegen und Brechen nachhelfen? Viele erzwungene Dinge im Leben sind oft nicht das Gelbe vom Ei.

Vielleicht helfen diese Gedanken ja weiter. Wenn nicht, ab in die Tonne damit.

LG
ZeroOne

12.07.2019 14:43 • x 2 #8


Sunny40
Vielen Dank für die ausführliche Antwort. In der Tat ist diese sehr direkt und es spricht mir wahrhaftig ein Stück aus der Seele. Auf der anderen Seite haben etwaige Kinder von Geschwistern eine genau identische Wahrscheinlichkeit.

Und dann fragt man sich noch was ist mit all den armen Kindern dieser Welt, die Opfer sind, keine Eltern haben, in Armut leben und auch nicht gewollt sind?

Über das Thema lässt sich unendlich viel schreiben und zum Schluss hat man es nicht in der Hand.

Das Universum wird die finale Entscheidung geben.

VG S

12.07.2019 15:21 • x 2 #9


Blume71
Liebe Sunny40,

ein interessantes Thema, Danke dafür!

Ich bin mit 41 das erste mal Mutter geworden. Der Weg dahin war steinig.

Als ich gerade dabei war, dieses Thema loszulassen bzw. zu aktzeptieren, dass ich kinderlos bleibe, hat die Natur - trotz aller widrigen Umsände und der Prognosen der Ärzte - anders entschieden.

Mit 45 hatte ich das erste mal eine Depression, was mit den Lebensereignissen zusammenhing/hängt sowie gewisser genetischer Veranlagung in der Familie. Auch hier brauchte ich eine Weile, bis ich begriff; was mich da ereilte.

Aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass meine Tochter das grösste Geschenk ist was ich habe. Jedoch will ich ehrlich sein: Es kann auch so richtig anstrengend sein und seit meiner Erschöpfung/Burnout/Depression erst recht.

Bei mir kommt jedoch noch hinzu, dass ich jetzt alleinerziehend bin, was es noch einmal anstrengender macht.

Was mir aber auch andere Mütter signalisieren und was ich genauso empfinde ist, dass es anstrengender wird, je älter man ist. Man macht sich mehr Gedanken und ist ängstlicher. Das haben mir auch Mütter erzählt, die bereits in jungen Jahren ein Kind bekamen und dann noch einmal eines zu einem späteren Zeitpunkt. Es sei ein großer Unterschied zu spüren.

Auch will ich ehrlich sein. Ab und zu schleichen sich Ängste bei mir ein, ob ich meiner Tochter diese Krankheit, die ich wirklich niemandem wünsche, vererbt habe. Das fühlt sich nicht gut an.

Ich kenne dieses brennende Gefühl, gerne Mutter zu werden und ich kenne es auch, wenn es erst einmal nicht sein soll.
Fühle Dich verstanden.

Letztendlich hat die Natur bei mir entschieden und ich bin ihr sehr dankbar dafür, trotz aller Anstrengung. Es fühlt sich an, wie ein Geschenk, mit dem man nie gerechnet hat aber man wird auch vor neue Herausforderungen gestellt.

Ich wünsche Dir alles Gute und dass es sich für Dich gut und stimmig anfühlt!

12.07.2019 16:44 • x 2 #10


A


Hallo Sunny40,

x 4#11


Sunny40
Ganz lieben Dank für die offenen Worte

12.07.2019 21:10 • x 1 #11

Pfeil rechts




Ähnliche Themen

Hits

Antworten

Letzter Beitrag