Zitat von Irgendeine:Hallo Maya,
das sehe ich genauso. Mein Alltag ist aktuell relativ normal, aber es erfordert halt unheimlich viel Kraft, diesen Zustand aufrecht zu erhalten. Heute hat z.B. ein Freund Geburtstag mit Spieleabend, aber ich bin nicht in der Lage die paar Meter rüberzugehen. Stattdessen schlechte Laune und schlimme Gedanken. Mein Freund ist dann meistens enttäuscht, dass ich nicht mitkomme, da will ich ihn nicht noch mehr belasten.
Ich habe immer noch nicht verstanden, ob ich jetzt das Versorgungsamt aktiv anschreiben muss oder ob die mich anschreiben. Ich bin leider nicht besonders gut in solchen Dingen, sorry.
Hallo Irgendeine,
leider bleiben beim Psychiater und auch in der Psychotherapie so viele
Einordnungen ungesagt. Und weil wir meist schleichend depressiv werden, haben wir Betroffenen auch überhaupt keinen zutreffenden Maßstab mehr, was überhaupt normal ist. Auch weil bei Depressionen das Denken, Fühlen, Reden und Handeln betroffen sind.
Das, was du beschreibst, ist weit weg von normal. Nicht in der Lage zu sein, die paar Meter zum Freund zu gehen und stattdessen mit schlimmen Gefühlen und Gedanken unten zu sein, das IST depressiv und weit weg von normal, dass alles kleines bisschen solch eine Kraftanstrengung ist und keinerlei Kraftreserven mehr da sind, wir immer an der Grenze der Erschöpfung sind.
Mach dir das mal bewusst, indem du mal mitschreibst in Stichworten wie im Tagebuch, was du mit welchen Gefühlen, Gedanken täglich alles nicht normal machen kannst, wo du ohne Medikamente, Selbstmotivierung, psychologische Begleitung und emotionale Selbstfürsorge nur durchhängst oder trotz allem immer noch durchhängst.
Sowohl gegenüber dem Versorgungsamt als auch den Fachleuten für die Gutachten als auch dem MDK der Krankenkasse hat das unheimlich viel für unseren behinderten Sohn gebracht, dass ich mir das mal selber erstmal bewusst machte.
Deshalb ja auch die ganze Pflegereform z.B., weil es immer mehr Leute gibt, deren Behinderung oder Krankheit sich nicht daran festmacht, ob sie rein motorisch etwas noch hinkriegen können vom reinen Ablauf, sondern ob sie das auch tun. Wenn durch geistige oder psychische Probleme etwas antriebsmäßig so schwer ist, dass es nur mit viel Aufwand mal alle 3 Tage gelingt, dann ist das weit weit weg von normal, auch wenn das nach außen hin gar nicht auffällt.
Wenn ich meinen ganzen Alltag in Minimalschritte aufgeteilt habe und nur noch alle paar Wochen mal rausgehe, dann sieht mir das auch keine Fachfrau an, wenn ich gepflegt und freundlich bei ihr in der Praxis bin, aber dann muss ich ihr das erzählen, wie weit weg von der Normalität ich lebe.
Sehr sehr vielen Depressiven sieht man ihre Depressivität nicht an.
Liebe Grüße! maya.