Liebe Missi,
ich muß Dir einfach auf Deinen Post antworten, denn ich erkenne schon wieder soviele Parallelen zu meiner Lebensgeschichte.
Zitat:Die Therapieform, die mir geholfen hat, ist übrigens eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Sie lief über viele Monate (es sind jetzt fast 2 Jahre) mit 2x wöchentlichen Sitzungen. Gemeinsam arbeitet man sich Stück für Stück zurück in die Vergangenheit. Anfangs haben wir vor allem meine heutige Situation bearbeitet und verändert. Das hat eine vertraute Basis geschaffen für die Arbeit in der Vergangenheit. Das Tempo habe dabei ich bestimmt. Wenn ich nicht wollte, brauchte ich nicht über meine Erinnerungen zu reden. Denn das war oft sehr anstrengend und hat zu depressiven Schüben geführt. Bei ganz intensiven Erinnerungen habe ich oft mehrere Wochen gebraucht, um mich davon zu erholen. Aber jedesmal bin ich weiter vorangekommen. Es fühlt sich ein wenig so an, als wenn man 3 Schritte vorwärts geht und zwischendurch einen Schritt zurück. Aber man kommt voran.
Genau so eine Therapie (+EMDR) mache ich auch und wir haben zunächst einmal nur danran gearbeitet mich zu stabilisieren und meine aktuelle Situation bearbeitet und zum Guten verändert. Und auch ich habe in den 1,5 Jahren, die wir dazu gebraucht haben, das Vertrauen zu meiner Therapeutin entwickelt um jetzt den Blick in die Vergangenheit (mit EMDR) wagen zu können. Ja, ich merke auch, daß das umheimlich anstrengend ist und mir es danach auch erstmal wieder schlechter geht, aber es ist der richtige Weg für mich, um all die Verletzungen zu verarbeiten. Ja und auch ich darf ganz alleine das Tempo bestimmen.
Zitat:Ich habe den Kontakt abgebrochen.
Das habe ich auch; es ist nicht anders möglich für mich. Nur so kann ich heilen.
Zitat:Sie ist eine schwache Frau, abhänging von der Zuwendung anderer, unselbstständig. Sie hatte keinerlei Selbstvertrauen und musste sich deshalb in die Abhängigkeit anderer begeben. Sie konnte nicht anders als sich so verhalten. Und wenn sie heute bereit wäre, sich mit mir gemeinsam auf eine Reise in die Vergangenheit zu begeben, dann könnte ich ihr das sogar verzeihen.
Ja, genau das ist meine Mutter auch und der einzige Weg für mich, wenn überhaupt, ihr zu verzeihen wäre, wenn Sie refelktieren würde und sich selbst Hilfe holen würde. Sie aber verharrt in ihrer Situation und Opferhaltung, wie eigentlich schon ihr ganzes Leben und schlägt um sich und verletzt andere vor allem mich. Noch nicht einmal der Einschnitt, daß ihre eigene Tochter nichts mehr von ihr wissen will, hat sie aufgeweckt.
Zitat:Die Sehnsucht bleibt aber. Die Sehnsucht nach einer Mutter, die ich nie hatte und auch nie haben werde ...
Ja, meine eigene Mutter könnte und konnte diese Sehnsucht nicht stillen. Ich versuche mir diese Bedürfnisse jetzt selbst zu erfüllen. Aber ja, es wäre schon schön gewesen eine richtige Mutter zu haben.
Zitat:Aber jedesmal bin ich weiter vorangekommen. Es fühlt sich ein wenig so an, als wenn man 3 Schritte vorwärts geht und zwischendurch einen Schritt zurück. Aber man kommt voran.
Das ist schön, daß Du das schreibst. Das gibt mir Hoffnung, denn ich bin noch ganz am Anfang mit der Rückschau. Ich habe eigentlich mein ganzes Leben versucht meine Kindheit zu verdrängen und es teilweise wohl auch geschafft, aber zu welchem Preis und sich jetzt freiwillig in diese dunkle Zeit zu begeben, ist manchmal schon wirklich hart und auch mutig. Aber auch ich bin sicher, daß es der richtige Weg ist.
Alles Liebe
Scorpio