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Selbstfürsorge ich muss erstmal gar nichts ?

Greta
Liebe Forumer*innen,

ich bin neu hier und möchte mich zunächst kurz vorstellen.
Mein Name ist Greta, 59 Jahre jung, im Münsterland lebend; in fester Beziehung, zwei erwachsene Kinder (aus dem Haus), eine 86jährige Mutter (im Haus); Teamleiterin in einem Großhandel.

Meine Depressionen begannen mit Anfang 20; mit Mitte 30 habe ich mich endlich in therapeutische Behandlung begeben und bin es, mit Unterbrechungen, bis heute. Mit Ende 30 war ich zum ersten Mal zur Müttergenesungskur, später noch zwei weitere Male. Innerhalb der letzten 15 Jahre hatte ich drei schwere Nervenzusammenbrüche; den letzten im Frühjahr 2019 mit sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit.
Mein daraufhin gestellter Reha-Antrag wurde nach Widerspruch von der DRV abgelehnt. Erwerbsfähigkeit nicht beeinträchtigt.
Es gibt Phasen, in denen ich gut alleine zurecht komme und Zeiten, in denen gar nichts mehr geht.

. so wie gerade aktuell.
Seit drei Wochen bin ich wegen einer Erschöpfungsdepression krankgeschrieben.
Dass ich immer wieder in die Depression rutsche, liegt wohl vor allem an diversen Einschlägen in meinem Leben sowie dem oftmals sehr aufreibenden Job.
Und an mir selbst!
Während ich für andere stets vollstes Verständnis habe, setze ich mich selbst immer wieder unter Druck.
Ich sitze daheim, denke daran, was ich alles tun muss/sollte/könnte und hadere mit mir, dass ich momentan so wenig davon schaffe.
Meine Neurologin meint, die Auszeit sei noch viel zu kurz und meine Antriebslosigkeit deshalb völlig normal.
Diese Erlaubnis tut mir gut. für den Moment. Tagsdrauf schimpfe ich wieder mit mir selbst ob meiner Faulheit.

Ich weiß im Prinzip, was mir guttut: Aktiv bleiben. Spazierengehen. ein paar Kleinigkeiten (!) im Haushalt. Malen. Schreiben. Basteln. Telefonieren. und bloß nicht zuviel Fernsehen/Computer/Handy.
Aber ich kann mich nur schwer aufraffen. Ich kann aber auch nicht akzeptieren, dass es nun mal gerade so ist, wie es ist.

Ich habe mir vorgenommen, erst wieder ins Büro zu gehen, wenn ich auch genügend Kraft für den Alltag habe. Das ist das einzig vernünftige. Aber auch hier treibt mich das schlechte Gewissen an. Es liegt derzeit so viel Arbeit an, und meine Vertretung arbeitet eigentlich nur halbtags und hat jetzt richtig Stress.
Hinzu kommt, dass ich mich so klein und hilflos fühle, wenn ich bei meinem Hausarzt um eine Verlängerung der Krankschreibung bitten muss. Er ist immer absolut freundlich und verständnisvoll, aber dennoch.
Dabei fiele es mir so leicht, wenn ich für jemanden anderen bitten müsste.
Nur für mich, da fällt es mir schwer.

Mein nächster Therapeutentermin ist erst Mitte Januar (wegen der Feiertage); mein nächster Neurologentermin im März.
Ich kann also ein bisschen Zuspruch, Rat und Austausch gut gebrauchen

Ich danke euch fürs Lesen und freue mich auf Antworten.

Greta

17.12.2020 10:05 • x 6 #1


Bommer
Ich kenne das zu gut. Obwohl seit Jahren immer und immer wieder depressive Episoden auftreten, ich nichts mehr geschafft habe bin ich arbeiten gewesen. Solange bis immer endgültig nichts mehr ging. Jetzt aber nehme ich mir die Zeit, bis ich im Alltag wieder zurecht komme. Vorher brauche ich garnicht an Arbeit zu denken, kann ich auch garnicht.

Jetzt wo der Klinikaufenthalt, 2-3 Wochen eher als gedacht, plötzlich endet und ich noch nicht das Level und Stabilität habe das ich mir erhofft habe bin ich noch vorsichtiger.

Setzt dich nicht unter Druck. Ich weis das es schwer ist. Selber ertappe ich mich auch dabei. Doch vermutlich ist das einzige was wirklich hilft kleine aber stetige Schritte.

17.12.2020 10:15 • x 1 #2


A


Hallo Greta,

Selbstfürsorge ich muss erstmal gar nichts ?

x 3#3


Greta
Hallo Bommer,

herzlichen Dank für deine Rückmeldung.
Es tut gut, zu lesen, dass es dir ähnlich geht und ich nicht die einzige bin, mit diesem hohen Anspruch an sich selbst.
Meine momentane Auszeit nutze ich u.a. um herauszufinden, warum ich mit mir so streng bin.

Klar ist, dass ich leichter mit dem Nichtfunktionieren zurecht käme, wenn ich körperlich krank wäre... wie z.B. bei meinem Bandscheibenvorfall vor zehn Jahren. Damals war ich sechs Monate lang nicht arbeitsfähig und habe es, trotz der Schmerzen und Einschränkungen, manchmal sogar richtig genossen.

Mit einer Depression dagegen fühle ich mich oft schwach und hilflos. So will ich eigentlich nicht sein.
Aber mir fiel es grundsätzlich schon immer schwer, Schwächen oder Fehler zuzugeben. Ich wurde zum Funktionieren erzogen.
Große Klappe, nix dahinter... mit diesem Spruch meines Vaters, wenn ich als Kind mal ängstlich oder traurig war, bin ich aufgewachsen.

Nein, ich will jetzt nicht alles auf die Fehler der Eltern schieben; bin ja selbst Mutter.
Und dennoch... es gibt Dinge, die sitzen bis heute, und obwohl ich längst erwachsen bin, beeinflussen sie mich immer noch.

Ich werde wohl lernen müssen, sorgsam mit mir umzugehen und mich selbst zu lieben, auch wenn ich mal nicht wie gewünscht funktioniere.

Noch eine Frage an dich:
Du schreibst, dass dein Klinikaufenthalt endet. Wirst du arbeitsfähig entlassen? Und wie machst du dann weiter?

Es grüßt
Greta

17.12.2020 10:58 • x 3 #3


Bommer
Hallo Greta,

stimmt, man muss funktionieren. Wenn man nichts sieht hat man auch nichts. So die immer noch viel zu oft vorherrschende Meinung.
Diesen Kreis muss man erst für sich selber durchbrechen.

Der Klinikaufenthalt war ursprünglich bis Anfang Januar geplant. Wegen den steigenden Fallzahlen, und das Krankenhaus hier neben der Psychiatrie nur noch Coronapatienten behandelt, wurde entschieden alle nicht mehr akuten schweren Fälle zu entlassen. Ich hab es mit meinem Chef bereits besprochen das ich nicht vor Ende Januar wieder einsteige.
Nachher habe ich das Abschluss Gespräch mit dem Oberarzt. Mal sehen was er mir noch sagt.
Was ich heute schon mitbekommen habe, im Gespräch mit der Sozialarbeiterin, wurde hier wohl noch ein PTBS festgestellt. Mal sehen was er mit mir noch bespricht.

17.12.2020 12:35 • x 1 #4


R
Liebe Greta,
das hat ja früh angefangen mit deinen Depressionen und war bestimmt kein leichter Weg all die Jahre und trotzdem hast du immer gearbeitet, das ist stark.
Immer funktionieren zu müssen das kenne ich auch zu genüge, bin auch so erzogen worden. Stark sein, keine Schwäche zeigen, immer alles geben nur das ist gut genug und so habe ich gelernt mich immer schön den jeweiligen Situationen anzupassen, waren sie auch noch so schwer.
Bis ich im Juli 2011 auch eine Erschöpfungsdepression bekam. Ich konnte nichts mehr machen, nachdem ich Geschirr abgewaschen hatte fühlte ich mich als hätte ich einen Marathonlauf hinter mir und war total erschöpft.
Im November 2011 bin ich dann für 6 Wochen in eine psychosomatische Rehaklinik gegangen. Bin arbeitsfähig entlassen worden obwohl ich das nicht war, mit einer Wiedereingliederung. Nach 1 Woche habe ich gemerkt, dass es mir wieder schlechter geht ich hatte Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, war nach 2 Std. arbeit total fertig. Ich hab aber weiter gemacht, weil ich dachte, wenn du dich nur genug anstrengst ( altes Verhaltensmuster ) dann schaffst du das auch. Als ich dann aber nach 3 Wochen eine Magenschleimhautentzündung noch dazu bekam hat mein Psychiater die Wiedereingliederung abgebrochen.
2013 besuchte ich dann das beruflichen Trainigszentrum Mannheim um herauszufinden was ich noch machen kann. Leider musste ich auch diese Massnahme nach 3 Wochen abbrechen, da meine körperlichen Symptome wieder aufbrachen.
Heute bin Frührentnerin seit 2014 und bin nur noch ein Hauch von dem was ich einmal war, ich hab nur sehr wenig Kraft mit der ich gut umgehen muss, damit die körperlichen Symptome nicht wieder schlimmer werden. Die Depressionen sind mal besser und mal schlechter. Ganz weg waren sie bisher noch nicht.
Ich habe gemerkt, dass ich mich total über meine Arbeit deffiniert habe und als ich erkannte, dass ich wahrscheinlich nicht mehr arbeiten kann war das sehr schlimm für mich. Ach das war alles ein langer Prozess, ein langer Weg aber heute habe ich mich damit abgefunden und fühle mich deswegen auch nicht minderwertiger als andere.
Gib auf dich acht liebe Greta, momentan geht es nur um dich. Wenn du kannst versuch Dinge zu machen die dir gut tun und bitte hab kein schlechtes Gewissen wegen deiner Arbeit, denk einfach du hättest einen Bandscheibenvorfall und müsstest deswegen im Rollstuhl sitzen.
Herzliche Grüße, Robbe

17.12.2020 13:22 • x 1 #5


Heideblümchen
Hallo @Greta und alle anderen.
Du musst nicht an dir selber zweifeln, ob du zu faul, zu wehleidig oder sonst etwas in der Art bist. Du bist ein Mensch mit Empfindungen und darauf kannst du stolz sein! Ich würde eher an mir zweifeln, wenn du nichts empfindest und bis zum Umfallen, ohne Selbstachtung, agieren würdest! Aber du hast die Zeichen erkannt, die dir dein Körper und dein Geist geben und das ist lobenswert, denn wer sie nicht achtet, zerstört sich selber.
Wir sind alle keine Maschinen, meinen aber immer, wir müssen funktionieren. Ohne Pausen und Selbstachtung geht das aber nicht. Diese Pausen musst du dir jetzt gönnen. Es bzw. du nutzt niemandem, wenn du nicht auf dich und die Anzeichen von Erschöpfung, Depression etc. achtest. Und ja, den Druck, der durch Erziehung und äußere Einflüsse dahin geführt hat, wo wir heute fast alle sind, den kennen wir hier auch fast alle zur Genüge und oft kann man das tatsächlich seinen Eltern, die teils noch aus einer anderen Generation stamm(t)en, anlasten.
Diese Altlasten gilt es oft auch zu verarbeiten, denn sie haben aus uns das gemacht, was und wer wir heute sind. Und irgendwann kommt man an den Punkt, wo der Druck zu groß wird und wir Hilfe brauchen!

Es ist gut, dass du dir eine Auszeit nimmst. Und ein Arzt ist dazu da, die Anzeichen einer Krankheit zu erkennen und einem Ruhe zu verschreiben. Das muss einem nicht peinlich sein. Und was ich hier auch oft schreibe: es ist eine Stärke, zuzugeben, dass man Hilfe braucht, denn auch dazu braucht es viel Kraft und Mut. Das ist keine Schwäche, sondern beachtlich, dafür Energie einzusetzen, bevor der Aku leer ist und nichts mehr geht. Daher solltest du dir wirklich Ruhe antun, durchatmen, dich mal ganz um dich kümmern, stolz auf dich sein, dass du die Anzeichen richtig wahrgenommen hast und wie du siehst, sind wir hier alle im selben Boot, du bist also damit nicht alleine!
Ich wünsche dir den Mut und die Kraft, Hilfe anzunehmen, dich mal gehen zu lassen, damit du bald wieder mit mehr Power zurück an deine Ziele kommst. Und für den Austausch bist du hier, das ist meine sehr gute Erfahrung inzwischen, völlig richtig! Alles Gute für dich!

17.12.2020 14:02 • x 2 #6


Greta
Lieber Bommer, liebe Robbe, liebe Heideblümchen,

ich danke euch allen sehr für euren Zuspruch.
Genau das brauche ich derzeit... die Erlaubnis, mal nichts zu tun und mich nur um mich zu kümmern.
Nun muss ich nur noch lernen, mir das auch selbst zu erlauben

@Bommer
Ich wünsche dir sehr, dass das Abschlussgespräch gut verläuft und du nach deinem Klinikaufenthalt gut in den Alltag zurückfindest.

@Robbe
Danke für deine Geschichte. Ich finde mich darin in vielem wieder. So denke ich z.B. auch oft, ich müsse mich einfach nur mehr anstrengen...

@Heideblümchen
Danke für deine klaren Worte. Du hast mit allem so recht!

Liebe Grüße @ all
Greta

17.12.2020 15:31 • x 1 #7


Greta
Hallo Zusammen,

vorhin kam per Whatsapp die Anfrage einer Kollegin... wie's mir geht, wollte sie wissen. Und ob ich wieder arbeitsfähig und damit am Montag wieder im Büro bin.

Ja, es ist momentan sehr stressig bei uns.
Inventurarbeiten, ein paar aufwändige Projekte außer der Reihe (das hat mich dann auch letztendlich geschmissen)
Und die Kollegin, welche derzeit meine Vertretung macht, wollte eigentlich Urlaub haben ab nächste Woche.

Ich wußte erstmal gar nicht, was und wie ich antworten sollte. Schon gar nicht auf die Frage danach, wie es mir geht.
Klar ist, dass ich in diesem Jahr nicht mehr werde arbeiten können. Erst wenn ich den Alltag wieder schaffe, ist auch wieder an Arbeit zu denken.
Am liebsten hätte ich ihr geschrieben, dass ich erschöpft bin, schon beim Einkaufen Panik bekomme und erst recht bei dem Gedanken an das Chaos in der Firma. Aber ich will mich nicht nackig machen müssen, und es geht sie so im Detail ja auch eigentlich gar nichts an.
Also habe ich schließlich nur geschrieben, dass ich weiterhin krank bin und hoffe, dass sie zurecht kommt. Und dass sie sich melden kann, wenn sie Fragen hat.

Ein bisschen fühle ich mich so, als würde ich die Kollegen im Stich lassen.
Aber was nützt es mir, wenn ich mich jetzt zur Arbeit quäle und nach kurzer Zeit wieder total am Ende bin?
Das habe ich in der Vergangenheit oft genug gemacht und dabei immer weniger Energie für mein Leben außerhalb der Arbeit gehabt. Während die Kollegen sich nach Feierabend mit Freunden trafen, zum Sport gingen, ins Kino usw, bin ich nach Hause, vielleicht noch schnell mal einkaufen, was Schnelles gekocht, gegessen, aufs Sofa und dann geschlafen bis morgens um halb sieben der Wecker wieder zur Arbeit rief.
Das will ich so nicht mehr!

So, das wollte jetzt raus.
Danke euch für's Lesen.

Es grüßt
Greta

18.12.2020 13:30 • x 3 #8


Greta
Guten Abend an alle,

heute morgen war ich beim Arzt und habe mich nochmals für zwei Wochen krankschreiben lassen.
Es war wider Erwarten ein recht gutes Gespräch; mein Arzt hat sich viel Zeit genommen... anders als beim letzten Mal, wo er nur Sorge hatte, was wohl mein Arbeitgeber dazu sagen würde, wenn ich ausfalle.
Dieses Mal meinte er doch tatsächlich: Wir machen das jetzt so, wie Sie es brauchen.
Ich konnte ihm meine Situation ausführlich schildern und er zeigte viel Verständnis. Es klang durch, dass er sich wohl mit seiner Frau, die auch Ärztin in dieser Praxis ist und zu der ich sonst immer gehe (sie ist montags nicht in der Praxis), über mich unterhalten hat.
Mein Arzt hat mich dann bis einschließlich 04.01.2021 krankgeschrieben, so dass ich, wenn es mir dann immer noch nicht gut geht, am Dienstag den 05.01. einen Termin bei seiner Frau bekommen kann.
Ich bin sehr erleichtert!

Nach dem Termin habe ich mich dann in den Einkaufstrubel gestürzt.
Einkaufen war für mich schon immer sehr unangenehm, aber im Moment ist es nahezu unerträglich. Die aufsteigende Panik lässt sich durch die Maske nur schwer wegatmen.
Zum Glück war es nicht allzu voll im Supermarkt; also schnell durch die Gänge jagen, den Einkaufszettel abarbeiten, dann die nächste freie Kasse ansteuern... keiner vor mir... keiner hinter mir... Puh!
Nun habe ich alles, was ich brauche um gut über die Feiertage zu kommen.
Ich bin so froh, dass das erledigt ist und ich in dieser Woche nicht nochmal los muss.

Nach dieser Aktion musste ich daheim erstmal aufs Sofa. Habe direkt zwei Stunden tief und fest geschlafen.
Früher kam ich danach für den Rest des Tages nicht mehr hoch.
Heute war das zum ersten Mal anders... ein kleiner Fortschritt
Und so habe ich es am Nachmittag tatsächlich noch geschafft, vier Teige für meine Weihnachtskekse vorzubereiten.
Die ruhen jetzt im Kühlschrank.
Morgen geht's dann ans Backen

Euch allen einen schönen Abend!
Greta

21.12.2020 19:18 • x 4 #9


Greta
Weihnachten ist geschafft.
Und ich bin es auch!
Ist doch alles sehr anstrengend, auch wenn es in diesem Jahr wirklich habe langsam angehen lassen.
Mein Freund ist gestern früh zum Arbeiten gefahren.
Zunächst war ich enttäuscht, denn es war unser Jahrestag.
Aber dann habe ich den freien Tag genossen, auf dem Sofa rumgelümmelt und gelesen. Früh ins Bett und weitergelesen bis Mitternacht. Geschlafen bis um neun. Wieder gelesen. Und erst um halb elf aufgestanden
Nun sitze ich hier, frisch geduscht und noch im Morgenmantel, Kaffee dazu, und schreibe.
Leben in meinem eigenen Rythmus!

Heute nachmittag kommt ER wieder.
Ich weiß gerade nicht, ob ich mich darüber freuen soll.
Ich liebe ihn, aber ich merke auch, dass ich gerade Zeit für mich brauche.
Über meine Depression kann ich mit ihm nicht wirklich reden. Er hört zwar zu, sagt aber höchstens mal, dass er sich damit nicht auskennt. Mehr kommt da nicht. Und dann wechselt er das Thema.
Was ich erwarte? Ich weiß es nicht.
Er ist Mitte 60, seit dem Sommer in Rente, arbeitet aber immer noch nebenbei.
Er ist stark, gesund, stets ausgeglichen... voller Energie. Emotionale Schwankungen kennt er nicht.
Und ich? Müde, erschöpft, oft lustlos, traurig, verunsichert... Nicht einmal arbeiten kann ich mehr.
Er redet oft von Kollegen, die schon wieder krank sind oder von denen, die frühverrentet sind, und meint, viele von denen wollen doch gar nicht arbeiten; nutzen irgendein Zipperlein, um auf der faulen Haut zu liegen.
Er selbst war nur einmal in seinem fast 50jährigen Berufsleben länger krank... Bandscheibenvorfall. Da ist er nach drei Wochen wieder losgegangen, konnte sich kaum bewegen, hat trotzdem gearbeitet und geschleppt, und dann war's ja auch irgendwann wieder gut mit dem Rücken.
Neben ihm fühle ich mich klein und schwach und ungenügend.
Also reiße ich mich zusammen, wenn er da ist, soweit es irgendwie geht...
Darüber muss ich jetzt nachdenken...

Greta

29.12.2020 11:33 • x 3 #10


PaulaBaumann
Liebe @greta,
ich sende Dir einfach mal viele liebe Grüße. Es ist schön, dass Du heute in Deinem Rhythmus verbringst. So sieht mein Tag auch öfter aus. Manchmal kann ich es genießen, aber es gibt auch Tage da kommt das schlechte Gewissen, wenn ich die aktiven Menschen wahr nehme.
Wie lange bist Du mit Deinen Partner zusammen ? Ich würde ihm sagen, dass Du sein Leistungsdenken akzeptierst, er aber doch bitte auch Dich so wie Du bist akzeptieren soll.
Viele liebe Grüße Paula

29.12.2020 12:51 • x 1 #11


Greta
Liebe @paulabaumann,

Danke für deine lieben Grüße.
Ich sitze hier immer noch im Morgenmantel

Mein Partner und ich sind seit fünf Jahren zusammen... späte Liebe sozusagen.
Eigentlich ergänzen wir uns ganz gut in unserer Verschiedenheit... er gibt mir Ruhe und Stabiliät... ich bringe Gefühl und Farbe in sein Leben...

Als ich deinen Beitrag las, fiel mir direkt auf, wie schwer es mir selbst fällt, mich mit meinen Schwächen zu akzeptieren.
Vielleicht ist das der Knackpunkt. Ich sollte weniger mit mir und meiner Depri hadern und mir auch in Gegenwart meines Freundes erlauben, gut für mich zu sorgen.
Ich werde ihn bei nächster Gelegenheit mal fragen, wie er über meine Erkrankung denkt, statt mir immer nur Gedanken darüber zu machen, was er denken könnte

Nochmals Danke, liebe Paula

Es grüßt
Greta

29.12.2020 13:21 • x 2 #12


A
Zitat von Greta:
und mir auch in Gegenwart meines Freundes erlauben, gut für mich zu sorgen.


Absolut auch mein Thema!
Nicht lange wegen Nichtbeachtung (z.b. euer Jahrestag, liebe Greta) hadern, sondern das tun, was dir gut tut, und sei es noch so ungewohnt. Vielleicht wenn du Schritt für Schritt anfängst, auch in Gegenwart deines Partners Veränderungen für DICH herbeizuführen?
Ich weiß es nur zu gut, wie es sich anfühlt, wenn ich mich für meinen Mann zusammenreiße.
Mir hat neulich jemand erzählt, dass es daheim Räume gibt, in denen gemeinsam gelebt und gelacht wird. Dann hat es noch Räume, in die sich jeder zurückziehen kann, wenn es nötig wird und in denen man dann auch seine Ruhe hat und sich nicht dauernd für den Rückzug rechtfertigen muss.
Ich fand die Idee prima.

29.12.2020 14:03 • x 1 #13


A


Hallo Greta,

x 4#14


Greta
Liebe @mayke1,

da mein Partner und ich nicht zusammen wohnen, habe ich immer noch das Gefühl, ich müsse in der Zeit, in der wir zusammen sind, möglichst alltagstauglich daher kommen. Ich weiß, das ist Unsinn und mein Partner verlangt das auch überhaupt nicht von mir. Er war lange verheiratet, und für ihn ist es normal, wenn auch mal jeder Seins macht oder man nicht immer gut drauf ist. Ich dagegen war fast 30 Jahre Single und muss Beziehung immer noch üben

Tatsächlich gibt es in meiner Wohnung genügend Räume, in die ich mich zurückziehen kann, wenn mir danach ist.
Das mache ich bisher aber nur, wenn mein Partner gerade anderweitig beschäftigt ist, Fernsieht oder liest o.ä.
Verrückt, oder? Dabei macht er ganz selbstverständlich Seins, wärend ich immer nur gucke, was ER gerade braucht

Wie gut, dass es dieses Forum gibt! Beim Lesen und Schreiben klärt sich vieles.

Liebe Grüße
Greta

30.12.2020 12:59 • x 1 #14

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