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Sich Freunden & Angehörigen öffnen - eure Erfahrungen

M
Liebes Forum, vielleicht kommt euch folgende Situation/folgendes Gefühl ja bekannt vor:

Ein enger Freund bot mir an, mich zu melden, wenn es mir schlecht geht.
Ich hatte mich getraut das anzunehmen.
In depressiven Episoden öffnete ich mich also zum ersten Mal.
Ich fühlte mich akzeptiert und aufgehoben. Auch wenn es nach außen nicht sehr sichtbar war, besserten sich meine Episoden, sie wurden weniger intensiv, Suizidalität war kein Thema mehr.

Dann, vor ein paar Wochen: ein enger Freund eröffnet mir, dass ihn alles nur noch ankotzt mit mir, dass ich nicht alle Tassen im Schrank habe, verrückt bin und ihn nur ausnutze und dass er mich nur noch hasst.
All die Monate, in denen ich mich ihm anvertraute, hat er nie gesagt, dass es ihm zu viel ist oder sonst etwas.
Ich hatte ihn immer darum gebeten, mir ehrlich seine Meinung zu sagen und er sagte nie einen Ton.
Und jetzt steh ich da, als Egoist von ihm beschimpft.

Ich habe das Gefühl, mich niemandem mehr öffnen zu wollen.
Mein ehemaliger Freund hat im Bekanntenkreis Erfahrung mit psychischen Erkrankungen, weshalb ich mich sicher fühlte. Ich dachte, er würde mir ehrlich sagen, wenn ich ihm zur Last fiele.
Und nun stehe ich da, mit dem Gefühl, mich jedem für immer verschließen zu wollen.

Ich habe es pappsatt, in eine Ecke gestellt zu werden, wenn ich nicht so funktioniere, wie die Gesellschaft es sich von mir wünscht. Und ich fühle mich von ihm, meinem engsten Vertrauten, belogen.

04.07.2019 17:23 • x 4 #1


F
hallo liebe MkDiddel

erst einmal ein herzliches Willkommen hier im Forum. Oh das tut mir jetzt echt leid mit deinen so neagativen Erfahrungen, da vertraust du einem Menschen, vertraust ihm dein ganzes Inneres Wesen an, und dann enttäuscht der dich.

Du bist ent.täuscht, du bist einer Täuschung erlegen. Leider gehört das aber auch zu unserem Leben dazu. Auch ich habe Menschen schon enttäuscht, obwohl ich das nie wollte. Eigentlich sollte man sich immer gerade als Freunde die Wahrheit sagen. Und wir sollten das was wir denken auch sagen. Und das was ich sage, verspreche, sollte ich eigentlich auch tun.
Und ich sollte das was ich tue auch sein.

Ehrlich währt am längsten sagt ein Sprichwort. Die Menschen, die mich seither in meinem Leben am meisten beeindruckt haben, waren Menschen, die das lebten was sie sagen, ungeschminkt, gradlinig, echt. Leute mit Rückgrat, wo es mehr Sein als Schein gibt.

Das ich trotz meiner Depression so integer wie möglich bin. Auch mit meinen Gefühlen, das ich nicht künstlich wirke, sondern so echt wie nur möglich. So einen Chef hätte ich mir früher gewünscht.

Aber frage doch mal ganz offen bei deinem Freund nach. Vielleicht ist er gerade selbst so angespannt, hat im Moment nicht so die Kraft, nicht so die Zeit. Gebe bitte nicht so schnell auf, vielleicht könnt ihr euch neu vertragen, neu versöhnen, verstehen.

Vielleicht kannst du auch versuchen, dich mit dir und deinem ganzen Leben, was nicht so gut lief, zu versöhnen.

Schaue der Wahrheit deines Lebens ins Auge, verstecke nichts, versuche weiterhin offen und ehrlich mit dir und deiner Depression umzugehen.


viele liebe Grüße an dich,

Frederick

04.07.2019 17:51 • x 4 #2


A


Hallo MKDiddelDrölf13,

Sich Freunden & Angehörigen öffnen - eure Erfahrungen

x 3#3


M
Hallo Frederick1, danke für deine Antwort.

Der Freund blockt alle Kontaktversuche ab.
Komplett und kompromisslos.
Zumindest in Frieden auseinander gehen hätte ich schön gefunden.

Ich bin meinen Weg immer geradlinig offen gegangen und habe in meinem Leben seit jeher das Gefühl, so, wie ich bin, nicht OK zu sein. Weil ich anders bin.
Ich wünschte ich hätte mehr Leute getroffen, die Offenheit und Direktheit schätzen.

Vielen Dank für deine offenen und ehrlichen Zeilen. Allein schon verstanden zu werden hilft.

04.07.2019 19:50 • x 4 #3


F
liebeMKDiddel,

vielen Dank für deine ehrlichen Zeilen. Du mir tut es auch gut, wenn ich in meiner Depression verstanden werde, oder manche Menschen sich zumindest Mühe geben, sich in uns einzufühlen.

Früher habe ich das irgendwie immer wieder von Menschen erwartet, heute auch nach manchen Enttäuschungen nicht mehr so. Ganz offen und ungeschützt über meine Depressionen mit einem anderen Menschen reden können, mich anvertrauen, Verständnis finden, das wäre zu schön.

Heute weiß ich, Offenheit kann ich nicht einfordern. Jeder Mensch hat das Recht nur das zu sagen, was er möchte. Es gibt leider auch die Gefahren, wenn ich zu offen bin. Du kannst leider auch manipuliert werden.

Wie aber kann echte Offenheit, Liebe und Annahme entstehen. Das frage ich mich gerade auch. Vielleicht wenn ich selbst anfange, offen zu sein. Wenn ich es doch mal wieder riskiere, etwas von meinem Innersten sehen zu lassen. Wenn ich auch wieder meine Gefühle zeigen kann, wenn ich es sagen kann, wie es mir wirklich geht.

Dann kann eine Atmosphäre der Offenheit und des Vertrauens entstehen. Dann fällt es uns leichter uns zu öffnen, zu sagen was mir gerade Sorgen macht, was mich bedrängt usw.

Doch für diesen ersten Schritt hin zur Offenheit, braucht es Mut. Gerade wenn du von einer Enttäuschung gerade herkommst. Leben heißt leider auch, ich muss damit rechnen, enttäuscht zu werden.

Denn wenn ich mich öffne, baue ich meine Schutzmauern, die ich normalerweise um mich herum gebaut habe, ab.

Ich werde wieder verletzlich.Andere können mich an meinen ungeschützten, persönlichen Stellen treffen. Das tut brutalst weh. Auf der anderen Seite wird mein Mut zur Offenheit vielleicht auch wieder belohnt. Ich finde Verständnis, nur wenn die anderen sehen wie mir zumute ist, können sie mich verstehen.

Das es endlich einmal auch nur um mich geht. Sonst musst du ja immer etwas bieten oder leisten.

Offenheit ist mehr als der Austausch von Informationen, es bezieht meine Gefühle mit ein. Ich lasse andere in mein Innerstes schauen. Nicht nur was ich erlebt habe, sondern auch, wie ich etwas erlebt habe, und was das Erlebte in mir ausgelöst hat. Dasselbe Ereignis kann in einem anderen Menschen etwas ganz anderes auslösen als bei mir.

Nur darf man dieses Vertrauen niemals missbrauchen.

Offenheit ist eine sehr verletzliche und empfindliche Pflanze. Und wenn ich offen bin, aber mein Gegenüber hört mir gar nicht zu, ist das fast auch schon Missbrauch meines Vertrauens.

Offenheit kann auch zerstört werden durch schnelle Urteile, oder zu schnelle Rat-Schläge.

Zuhören, auch einmal mir selbst zuhören, in mich hinein hören, was möchte ich, was möchte ich nicht.

Was ist mein Sinn im Leben, was möchte ich erreichen, und was nicht. Hören wird heute immer schwerer, wir sind heute schnell abgelenkt, alles wird lauter.

Ich möchte dir aber von Herzen wünschen, das du wieder vertrauen lernen darfst. Auch Vertrauen zu dir selbst, Selbstvertrauen. Das du innerlich spürst und weißt, du bist eine volle Person, du darfst dich von Herzen selbst lieb haben und annehmen, so wie DU gerade bist.


in guten Gedanken für dich,

ganz viele liebe Grüße an dich,


Frederick

05.07.2019 16:56 • x 2 #4


Alexandra2
Liebe MKDidddl,
Darf ich fragen, ob Du in Behandlung bist?
Laien und Kranke überschätzen manchmal Ihre Fähigkeiten, bei Depressionen helfen zu können bzw daß die Hilfe die Richtige ist. Das ist sie nicht. Ich hatte Freunde, die sich urplötzlich abgewandt haben und nie mehr meldeten. Ich war verwirrt, verletzt und wütend. Klar habe ich an mir gezweifelt, daß ich unzumutbar bin. Nein, das ist es nicht. Die Depression braucht dringend versierte Behandlung und Laien sind überfordert. Aber Dir das jetzt vorzuwerfen ist nicht OK.
Und natürlich bist Du OK, Du bist krank und brauchst gute Behandlung, also rappel Dich auf, klopf den Staub ab und richte Deine eigene Krone. Und dann stellst Du Deine Behandlung zusammen.
Liebe Grüße Alexandra

05.07.2019 18:57 • x 2 #5


Hoffnung21
Ich gehe relativ offen mit meiner Depression um und habe überwiegend positive Erfahrungen gesammelt. Allerdings ging das in der ersten Zeit noch nicht, solange ich mir die Krankheit selbst noch nicht eingestanden hatte. Als ich mich dann langsam öffnen wollte hab ich noch aus Rücksicht auf meinen Mann geschwiegen. Wir wohnen in einem kleinen Dorf und gerade bei älteren Leuten ist das ein Tabuthema. Er hatte da Probleme, wenn sich das rumspricht. Im Lauf der Zeit aber, als er auch gemerkt hat, dass es mir guttut, darüber zu sprechen und es für mich einfach leichter war heimzugehen, wenn es mir nicht gut ging, hat er es akzeptiert.

Es gab Leute, die haben sich nicht mehr gemeldet, genauso gab es aber auch Leute, von denen ich ehrliches Interesse bekam, was ich nicht erwartet hatte.

Schwierig war vor allem die Offenheit meinen Geschwistern gegenüber. Ich war in der Familie diejenige, die immer stark war, die alles geschafft hat, was sie sich vorgenommen hat, die ein starkes Selbstbewusstsein hat. Sie haben es einfach nicht verstanden, aber im Lauf der Zeit müssten sie ja meine Defizite kennenlernen und langsam haben sie es verstanden. Also nur das alte Problem, dass man es nicht gleich sieht und wenn man mit dem Thema noch nichts zu tun hatte kann man es sich halt nicht vorstellen.

Auch in der Arbeit bin ich offen mit der Problematik umgegangen und konnte nur Positives erfahren. Ich wurde unterstützt und bekam Zeit mich wieder langsam einzuarbeiten. Ein Gespräch mit meinem Vorgesetzten über SEINEN Anteil an meinem Burnout hat auch zu einer Änderung seines Verhaltens geführt. Er fällt zwar schon gern mal in alte Muster zurück, geht aber mir auch so. Ich erinnere ihn dann halt wieder.

LG Eis

08.07.2019 18:14 • x 5 #6


M
Ich muss leider ganz offen zugeben, dass ich mit diversen Therapien keine positiven Erfahrungen sammeln konnte.
Auch im privaten Umfeld war eher das Unverständnis vorherrschend.
Ich freue mich über jede Sorte von Akzeptanz, wenn ich einfach ich sein darf, obwohl ich so bin, wie ich bin.

08.07.2019 22:46 • x 2 #7


MelodieSyren
Meine Freunde kommen klasse mit meiner Depression klar. Als ich mich ihnen geöffnet habe, hat niemand von ihnen irgendwie sch. reagiert. Alle haben mich verstanden und stehen mir bei und schätzen mich. Dafür bin ich sehr dankbar.

Meine Mutter hingegen, scheint die ganze Sache überhaupt nicht verstehen zu wollen.

Ich habe ihr schon so oft gesagt, ich bin depressiv, ich brauche (deine) Hilfe. Aber sie blockt es jedes Mal ab. Stattdessen macht sie mir Vorwürfe, ich müsse eben weiter durchhalten, ich solle mich nicht so anstellen, wir haben es doch alle schwer. Einmal meinte sie auch zu mir: Wenn es dir so schlecht geht, dann geh halt in ne Klinik.
Die Aussage fand ich sehr nett.mittlerweile rede ich mit ihr nicht mehr über das Thema. Da sie es eh nicht versteht - oder verstehen will. Aber es tut weh,dass gerade sie, mir null beisteht in der Sache.

08.07.2019 23:04 • x 3 #8


M
Genau in diesem Tonfall hat mein familiäres Umfeld reagiert, inklusive jüngerem Bruder. Jeder ist gewohnt, dass ich immer nur durchhalte und Leistung bringe. Das alles hat eben seinen Preis.
In meinem Fall ging es stark zu Lasten meiner geistigen Gesundheit.

08.07.2019 23:10 • x 3 #9


Hoffnung21
Jetzt oute ich mich mal als jemand, der vor der Erkrankung und ohne jede Kenntnis über Depressionen ähnlich gedacht hat wie es viele von euch auch beschriebenen Menschen tun. Ich dachte, die müssen sich doch bloß zusammenreißen, sie sollen sich nicht so gehen lassen, das ist doch alles eine Ausrede für die eigene Faulheit. Hart, nicht wahr? Da ich selber so gedacht habe fällt es mir etwas leichter, die Menschen zu verstehen, die genau so reagieren. Ich entschuldige mich innerlich bei jedem Depressiven, über den ich so gedacht habe, das tut mir heute sehr leid. Gerade aus dieser Erfahrung heraus gehe ich das Thema sehr offensiv an, erzähle meinen Mitmenschen, wie sich so eine Depression anfühlt. Ich möchte erreichen, dass mehr Menschen etwas über Depressionen wissen und dann eben anders auf Betroffene zugehen. Also denkt immer daran, wenn ihr solche Reaktionen erlebt, sie wissen es nicht besser. Ich bin mit meinem Mann nach der Diagnose zu einer Infoveranstaltung gegangen, das hat ihm die Augen geöffnet, besser als ich es ihm jemals vermitteln hätte können.

LG Eis

08.07.2019 23:24 • x 6 #10


MelodieSyren
Ich denke denke z.B. auch meine Mutter sollte sich mal ehrlich dafür interessieren und informieren.

Ich weiß nämlich dass sie nicht an sowas wie Depressionen glaubt. Für sie sind das nur Hirngespinste. Man schauspielert ja nur.

Sie hat das nie verstanden, ich aber gebe ihr heute ganz klar eine Mitschuld an meiner psychischen Verfassung.

Aber ich kann sie nicht dazu bringen sie mal mit dem Thema zu befassen - mir glaubt sie ja nicht. Das macht mich unglaublich wütend.

08.07.2019 23:35 • x 1 #11


Hoffnung21
Vielleicht schaust du mal, ob es eine Infoveranstaltung in deiner Nähe gubt und geh mit deiner Mutter hin. Bei uns war das vom Landratsamt in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt organisiert. Oft bieten auch Kliniken soche VA's an.

09.07.2019 07:44 • x 3 #12


ZeroOne
Hi @MKDiddelDrölf13 !

Was den guten Freund aus deinem Eingangspost betrifft, so kam mir ganz spontan die Idee, dass der vielleicht mehr Ambitionen hatte, als nur zu helfen und die fiese Reaktion kam, weil sich seine Erwartungen nicht erfüllten? Aber ich bin sicher auf dem Holzweg - kenne die Situation ja auch nicht näher.

Was das generelle Öffnen gegenüber dem näheren Umfeld betrifft, so sind meine Erfahrungen eher negativ und ich persönlich lege keinen großen Wert mehr auf Outing.

Mein langjähriger, sehr enger Freundeskreis - dem ich sowas als letztes zugetraut hätte - hat sich aus dem Staub gemacht, als ich meine Erkrankung ins Gespräch brachte. Das war u.a. nötig geworden, da ich irgendwann erklären musste, warum ich an bestimmten Aktivitäten nicht mehr wie früher teilnehmen konnte.
Zu dieser Zeit war ich in Therapie und die Therapeutin hatte die glorreiche Idee, dass sich meine Freunde verlegen fühlen könnten und das alles fremd für sie sei. Ich solle ein direktes Gespräch mit ihnen suchen und ihnen die Möglichkeit geben, Fragen zu stellen. Das würde Wissen und Aufklärung bringen, die Scham nehmen und die Freundschaft wieder öffnen. Pustekuchen! Das Gegenteil war der Fall: bis dahin hatte ich wenigstens noch gelegentlichen Kontakt - ab diesem Gespräch folgte totale Funkstille - trotz mehrfacher Bemühungen meinerseits.

Eine zweite Clique (eher entfernter, aus einem Hobby heraus) hat den Kontakt zu mir abgebrochen, weil ich auf einer bedeutenderen Hochzeit nicht erscheinen konnte. Ich hatte es versucht, aber selbst mit Benzos konnte ich mich nicht in einen Zustand beamen, dass ich diese Menschenmengen ertragen hätte. Trotz meiner Erklärungsversuche erntete ich nur Missbilligung und Beleidigungen. Hätte ich mir ein Bein gebrochen, mit Grippe und 40 Fieber im Bett gelegen, eine OP gehabt, oder ähnliches, dann wäre das alles zu entschuldigen gewesen. Aber wegen einer psychischen Erkrankung? Niemals!

Den letzten Versuch hatte ich erst im letzten Dezember unternommen - Jahre nach den o.g. Erlebnissen: da war ich zu Besuch bei meiner Verwandtschaft und habe mich nach Jahren dazu durchgerungen, mit ihnen endlich über meine Erkrankung zu sprechen. Auch darauf hatte ich mich vorbereitet, auf den passenden Moment gewartet (den es wahrscheinlich gar nicht gibt), ruhig erklärt, teils mit Späßchen unterlegt, die Möglichkeit gegeben, Fragen zu stellen, etc. Gleiches Resultat: ebenfalls Endstation!
Peinlich nur, dass ich dort noch meinen restlichen Urlaub verbringen musste und nicht früher abreisen konnte. Auf jeden Fall wurde ich dann aber noch nie so schnell von jemandem verabschiedet, wie dort! Trotzdem traurig: seit diesem Zeitpunkt auch keinen Ton mehr von der eigenen Verwandtschaft gehört.

Mein Fazit aus allem: ich tausche mich gerne mit Mitpatienten und Gleichgesinnten aus und bin der Meinung, dass ich in diesem Rahmen gut versorgt bin. Wenn´s zu extrem wird, dann muss halt Therapeut/in herhalten - die werden zudem fürstlich dafür entlohnt, sich meinen seelischen *beep* anzuhören.
Aber ansonsten erfährt kein Mensch in meinem direkten Umfeld (egal, ob privat, geschäftlich, oder wie auch immer) mehr etwas von meinem Seelenleben. Und wenn ich mal wieder irgendwo wegen meiner Psyche nicht teilnehmen kann, dann schieb ich eine Grippe, oder sonst was, vor - da bekommt man wenigstens Genesungswünsche und es wird nachgefragt, wie man sich erholt.

LG
ZeroOne

09.07.2019 15:38 • x 3 #13


Hoffnung21
Hallo ZeroOne

Das ist wirklich schade, was du erleben musstest. Da kann ich deine Reaktion auch verstehen und ich würde es nicht anders machen. Ich hab sogar von meiner Therapeutin den Tipp bekommen, dass ich mich nicht erklären muss, wenn ich das nicht will, dann hab ich halt Kopfschmerzen oder sonstiges. Aber ich bin eine ehrliche Haut, ich würde damit nicht klarkommen.

Aber auch ich hatte mal eine bizarre Situation mit guten Freunden erlebt. Wir haben uns etwa ein dreiviertel Jahr nach meiner Erkrankung- auf Bitten meines Mannes, ich soll nicht so unversöhnlich sein, auch wenn sich die Freundin bisher kein einziges Mal gemeldet hatte- in einem Lokal zum Essen getroffen. Ich musste meine Ohrstöpsel rein tun, damit ich es überhaupt ausgehalten habe. Ich wurde nicht gefragt, wie es mir geht, und die beiden Freunde haben ohne Punkt und Komma geredet, ich bin gar nicht dazu gekommen, etwas zu sagen, es gab keine Lücke dafür. Erst als wir uns verabschiedet haben fiel in einem Nebensatz, sie hätte gehört, dass ich wieder anfange zu arbeiten in WE und ob es jetzt wohl besser ist. Da hatte ich aber keine Lust mehr zu reden. Von meinem Mann habe ich dann erfahren, dass sie gesagt haben, man merkt noch sehr stark, dass ich noch krank bin. Danach wieder Funkstille. Ein paar Monate später rief die Freundin doch tatsächlich an und da habe ich direkt gefragt, ob sie ein Problem mit meiner Depression hat, weil sie sich bisher nicht gemeldet hat. Als Antwort kam Stress, keine Zeit, sie kommt zu gar nichts. Man könnte auch Desinteresse dazu sagen. Mittlerweile haben wir sporadischen Kontakt, aber es bleibt ein fader Beigeschmack.

LG Eis

09.07.2019 16:28 • x 4 #14


Dakota
Meiner Erfahrung nach haben viele Mitmenschen generell ein Problem oder eine Hemmung, über schwerwiegendere Krankheiten zu reden. Viele können damit nicht umgehen, es scheint ein Tabu-Thema ähnlich wie das Thema Tod eines Angehörigen.
Psychische Erkrankungen sind zumindest hier in Deutschland keine Rarität (mehr) und die Bekanntheit von Depressionen, Angst-Erkrankungen etc. ist in den letzten Jahren stark gestiegen.
Wenn man chronisch krank ist, stellt sich irgendwann die Frage, mit wem rede ich darüber, wem erzähle ich das. Ich habe bei meiner letzten Stelle, als ich in die Klinik musste, gesagt, dass es wegen Depression ist. Kurzfassung: Reaktion war positiv.
Die wichtigsten Freunde wissen es, denn irgendwann war der Punkt, wo es besser war, es ihnen zu sagen. Familie weiss es. Ich bin aktuell Single, aber wenn ich jemanden kennen lernen würde, würde ich es relativ schnell erzählen. Ich bin halt chronisch krank und wenn ich was anderes hätte, das sich auch in der Partnerschaft bemerkbar machen könnte (wie MS, Endometriose, Diabetes, Lungen-Erkrankungen, Epilepsie, .), würde ich es ja auch erzählen.
Vielleicht ist es auch wichtig, möglichst konkret den Freunden zu sagen, welche Auswirkung das bei einem haben kann. Manche vertragen nicht so lange eine Party, gehen dann halt früh. Manche gucken vielleicht traurig wenn sie eingeladen irgendwo sitzen, aber es ist besser traurig irgendwo teilzunehmen als gar nicht hinzugehen mitunter und das muss der Gastgeber vielleicht einfach wissen.
Ich habe mich mal einem Freund erklärt, der meinte dann nur, das würde ihn überraschen, käme gar nicht so rüber. Habe ihm dann detailiert erklärt, wie es ist jeden Morgen mit dieser Krankheit aufzuwachen. Er wurde dann immer schweigsamer. Da scheint dann doch was bei ihm angekommen zu sein.
Ich denke wie gesagt man sollte die Reaktionen nicht zu persönlich nehmen, denn Viele können generell nicht mit Krankheit umgehen. Erzählt man jemanden, dass man MS hat, wird die Person damit vielleicht auch erstmal nicht klarkommen.

09.07.2019 17:04 • x 5 #15


F
hallo,

auch ich kenne diese brutalen Schmerzen der Ablehnung, immer wieder.

Selbst muss ich es immer wieder lernen, den Menschen zu vergeben, die mich in meiner Depression, in meinen schwersten Tagen allein gelassen haben. Und das nicht ehrlich und direkt, sondern eher hinten herum.

Doch ich möchte von diesen meinen negativen Fesseln wieder frei werden. Die Fesseln die mich nach wie vor binden. Ich möchte niemand mehr einen Vorwurf machen, der mich sitzen gelassen hat, mir in meiner Depression nicht geholfen hat.

Es geht darum, das ich von der Last des Beleidigten immer mehr wegkomme. Weil mich diese Last immer wieder runter zieht. Leider hat sich unsere Gesellschaft und die Menschen so entwickelt. das sie um Menschen mit Depression einen großen Bogen machen.

Es herrscht eine große Angst, angesteckt zu werden von diesem negativen Menschen. Man will heute leben, sich vergnügen, das Beste für sich aus diesem Leben raus holen, da hat der Mensch mit Depression keinen Platz mehr, leider.

Und es ist immer wieder eine große Versuchung, mit Zorn und Hass zurück zu schlagen. Und oft trifft mich diese Wut, dieser Hass, dieser Zorn selbst. Das bindet mich und macht mich alles andere als frei.

Dem Menschen zu vergeben ist zuerst und vor allem für mich ein innerer Vorgang. Ein Vorgang, der meinen Ärger, meine Verbitterung, meine Rachsucht in mir tilgen möchte, damit ich meine menschliche Würde wieder zurück gewinne.

Den einzigen Menschen den ich verändern kann, bin ich selbst. Anderen Menschen vergeben zu können, bedeutet für mich, das mein eigenes Herz wieder mehr und mehr gesund wird.

Und wir sind alles verwundete Menschen. Und wir werden gerade von Menschen verwundet, verletzt, die wir mal geliebt haben von Herzen, mit denen wir befreundet waren.

Die Menschen die ich liebe, die mich lieben, können uns leider auch am besten verletzen. Ausgerechnet der Mensch von dem ich erwarte, das der für mich da ist, ausgerechnet der hat mich in meiner Depression verlassen.

Vergeben scheint unmöglich zu sein.

Und vergeben bedeutet auch nicht ganz vergessen. Die Erinnerung an die mir zugefügte Verletzung kann mich ein ganzes Leben begleiten. Manchmal trage ich diese Erinnerung als sichtbares Zeichen an meinem Körper.

Doch Vergebung heißt nicht, mit allen wieder gut Freund zu sein und jeden Tag gemeinsam Kaffee zu trinken.

Aber es hilft mir, wieder meine eigenen Kräfte zu nutzen, mich von dem Geschehenen nicht zugrunde richten zu lassen.

Vergebung kann echt heilen. Aber es kann viele Jahre dauern, bis mein Herz bereit ist zu vergeben, los zu lassen.

Doch das wünsche ich uns allen hier, das wir da auch wieder los lassen können, es uns nicht für unser ganzes Leben lang zerstört.


viele liebe Grüße,

Frederick

09.07.2019 17:15 • x 6 #16


Hoffnung21
Hallo Dakota,
Ich glaube auch, dass das Wichtigste ist, seine Defizite darzustellen, dann wird es für Nicht-betroffene deutlicher. Es ist ja eben nicht nur die Antriebslosigkeit, sondern auch dieses Party - viele Menschen das geht nicht, große Lautstärke geht nicht, Durcheinanderreden geht nicht, usw.

Wenn die (wichtigsten) Freunde Bescheid wissen, dann wird auch nicht versucht, dass man noch zum Bleiben überredet wird, sondern es wird akzeptiert, dass man früher geht. Oder es hinterfragt niemand, wenn man sich mal eine Zeitlang vom Tisch entfernt, um seinen Kopf zu schonen. Oder bei einem komplexen Thema kann man dann einfach sagen tut mir leid, soweit kann ich mich nicht konzentrieren, das geht nicht. Für mich ist das eine riesige Erleichterung.

@frederik1

Ich merke schon, die Erfahrungen sind sehr unterschiedlich. Aber ich habe da einen netten Spruch gelesen (weiß nicht mehr, wer das gesagt hat)

An Zorn festhalten
Ist wie Gift Trinken
Und erwarten
Dass der ANDERE stirbt


Also nicht mit jedem Kaffee trinken, aber Neutralität ist auch schon ok. Vergessen ist dabei nicht unbedingt nötig, aber die negativen Gefühle dabei ziehen dich nur runter.

LG Eis

09.07.2019 17:25 • x 4 #17


Lilly-18
Ich habe sowohl gute als auch schlechte Erfahrungen gemacht mit dem sich anvertrauen. Meiner Mutter gegenüber sage ich nichts mehr, die hat selbst genug Probleme, da versuche ich, immer die starke und selbständige Tochter zu sein. Das bin ich auch ihr gegenüber, weil sie noch schwächer ist als ich, aber weder Hilfe annehmen möchte noch darüber reden will. Das akzeptiere ich. Aber es ist natürlich keine sehr innige Beziehung.
Mein Freundeskreis hat sich stark verändert in den letzten Jahren. Ich umgebe mich fast nur noch mit Menschen, denen ich nichts vormachen muss und die auch ehrlich zu mir sind. Ich habe eine Freundin, die unter schweren Depressionen leidet. Sie ist ehrlich und sagt mir immer genau, was sie jetzt braucht und was nicht. Wenn sie sich zurückzieht ist das in Ordnung, wenn sie darüber reden will auch.
Ich selbst leide ja unter einer Angststörung, depressiv bin ich fast nie, nur wenn die Angst überhand nimmt. Mein Partner steht mir zwar zur Seite und ist verständnisvoll, aber es macht ihm auch Angst, weil er nicht weiß wie er mir helfen kann. Er ist ein Macher und kann sich nicht vorstellen, wie es ist, wenn man einem Gefühl so ausgeliefert ist. Am meisten erschüttert ihn, dass ich Medikamente nehme und kann nicht verstehen, dass ich nicht ohne klar komme.
Meinen Kindern gegenüber bin ich natürlich auch die starke Mama, bisher ist es mir fast immer gelungen, meinen Ängste zu verbergen. Ich würde mich schämen ihnen gegenüber, was natürlich Unsinn ist.
Der häufigste Grund, warum Menschen von depressiven oder übersensiblen oder ängstlichen Menschen genervt sind ist, dass sie es nicht verstehen können.wie das ist. Wenn ich das Gefühl habe, mein Gegenüber interessiert sich wirklich für mich dann kann ich das schon erklären und darüber reden, bei allen anderen lass ich es.
Ich finde, man muss es sich nicht antun, Leute Freunde zu nennen, denen man sich anvertraut und die sich dann drüber lustig machen oder gemein werden. Das geht gar nicht und ist extrem demütigend. Zu solchen Leuten würde ich den Kontakt abbrechen. Habe ich selbst tatsächlich auch schon gemacht. Dauert zwar eine Weile, bis man drüber weg ist, die Verletzung sitzt natürlich tief, aber auf die Dauer wird es besser. Und es ist wieder Platz für Menschen in meinem Leben, die es verdient haben, Freund genannt zu werden.

09.07.2019 18:16 • x 5 #18


MelodieSyren
Meine Mutter wohnt weit weg von mir.

Ich kann da leider nicht einfach mal so mit ihr irgendwo hin gehen.

Und im Moment bin ich wirklich, wirklich richtig sauer und enttäuscht von ihr.

Ich suche soooo dringend eine neue Wohnung, und sie weiß wie DRINGEND es ist.

Ich habe sie um Hilfe gebeten, aber ihr ist es grade sch. egal. Sie muss ja so lang arbeiten sie hat ja keine Zeit dafür - keine Zeit für mich.

Ich komme mir echt richtig vor, als juckt es sie einfach keinen Furz mehr was mit mir ist

09.07.2019 23:23 • x 3 #19


Lilly-18
Genau so ist es mir auch gegangen in deinem Alter. Meine Mutter hat aber nur ein paar Straßen weiter gewohnt und ich hab in einem Loch gehaust ohne Dusche. Ich durfte nicht mal duschen bei ihr.
Dass das das Verhältnis für immer zerrüttet hat ist auch klar.
Ich verstehe dich so gut und kenne den Schmerz ganz genau. Es tut richtig weh, das zu lesen.
Mich hat immer nur die Zuversicht aufrecht gehalten, dass es irgendwann besser wird. So war es auch. Das wird es für dich auch!
Ich wünsche dir das sehr und drücke dir die Daumen. Vielleicht hilft dir das ja.

10.07.2019 06:44 • x 6 #20


Alexandra2
Erfahrungen mit Freunden und Familie:
In meiner schwärzesten Deprizeit hatte ich so mit mir zu tun, daß ich Freunde nur weit entfernt wahrnahm. Gefühlt befand ich mich auf einem fremden Planeten, alles war skurril und unwirklich. Ich sah die Besorgnis von 4 Freundinnen, bekam Besuch in den Kliniken und fühlte mich abgeschnitten zur Welt. Ich wollte mich freuen, nicht allein zu sein, aber es ging nicht.
Sie hielten zu mir und es ging mir nach wie vor schlecht. Sehr schlecht. Als die zweite Diagnose als Förderer der Depression ausgemacht war, die Medikamente angepasst und ein weiterer Klinikaufenthalt nötig wurde, blieben sie bei mir. Sie verstanden zwar nicht, was los war, aber sie waren da, quälten mich nicht mit Fragen, die ich nicht beantworten konnte. Sie brachten etwas Leichtigkeit in mein Leben und ich wundere mich immer noch, daß sie sich Mühe geben.
Manche Menschen wandten sich ab, ich denke, sie ertragen den Spiegel nicht, in den sie blicken, wenn sie mit einem psychisch Kranken zu tun haben. Man braucht Stabilität in der psychischen Welt eines Kranken und sieht eigene Baustellen darin.
In meiner Familie gibt es 2 tolle Frauen, die sich um mich kümmern, die es wirklich interessiert, wie es mir geht, die Rücksicht nehmen und auf mich aufpassen. Sie waren entsetzt, als sie erfuhren, wie meine Kindheit war. Sie kannten meine Mutter ja auch, aber daß sie ihre Kinder schädigte, war unvorstellbar grausam.
Auch wenn es schwer fällt, nehme ich Abschied von Freunden, deren Weg anders weiter geht. Ich versuche diesen Weg nicht als persönliche Ablehnung, sondern als andere Interessen, und ich stehe da bei auf Platz 27 der Interessen, zu sehen. Das Gefühl der Ablehnung schiebt sich immer wieder in den Vordergrund, das ist das bekannte Muster.
Ich will nicht vergeben, ein so kranker Mensch wird nicht fallen gelassen, erst Recht nicht, wenn das eine Freundin macht, das ist so roh, dieser Umgang ist unverzeihlich. Das Risiko der (meiner) Verschlechterung ist damit groß und spätestens dann ist klar, das ist keine Freundschaft gewesen. Ich bin nicht in der Verfassung zu verzeihen, ich muss mich erstmal selbst in Sicherheit bringen.

10.07.2019 07:27 • x 6 #21


ZeroOne
Hi zusammen!

In @Frederick1 letztem Post haben mich diese Aussagen besonders beschäftigt, im Hinblick darauf, ob ich so empfinde:

Zitat von Frederick1:
Ich möchte niemand mehr einen Vorwurf machen, der mich sitzen gelassen hat, mir in meiner Depression nicht geholfen hat.

Zitat von Frederick1:
Und es ist immer wieder eine große Versuchung, mit Zorn und Hass zurück zu schlagen.


Bei mir trifft es das irgendwie gar nicht, da ich niemandem (extern) einen Vorwurf mache, verzeihen müsste, oder gegen diese Menschen einen Zorn und Hass entwickle. Diese Menschen betrachte ich eher abgeklärt: sie sind, wie sie sind. Sie leben ihr eigenes Leben, haben ihre eigene Psyche, ihre eigenen Werte und Moralvorstellungen - daran kann (und will) ich nix ändern, nur meine persönlichen Konsequenzen ziehen.

Und daher bin ich auch in folgendem Punkt voll und ganz bei @Frederick1 :

Zitat von Frederick1:
Den einzigen Menschen den ich verändern kann, bin ich selbst.


Und genau das ist der Punkt, wo ich Wut und Zorn gegen mich selbst empfinde im Sinne von Fragen wie: Warum habe ich mich in diesen Menschen so geirrt? Wieso habe ich Jahre meines Lebens mit solchen Menschen verschwendet? Wieso habe ich mich überhaupt versucht, solchen Menschen gegenüber zu erklären und meine Erkrankung zu rechtfertigen?
Einerseits ist mir klar, dass das Vergangenheit ist, die ich nicht mehr ändern kann und ich im Jetzt und Hier lebe. Andererseits ist da doch etwas in mir, was mich wegen meiner früheren Dummheit und Blindheit immer wieder verärgert und aufwühlt. Aber das ist mein ganz eigenes Problem an dem ich alleine an mir arbeiten muss - und nicht die anderen, oder gar an den anderen.

Diesen Spruch von @Eis finde ich absolut super:

Zitat von Eis:
An Zorn festhalten
Ist wie Gift Trinken
Und erwarten
Dass der ANDERE stirbt


Diesen Zorn (gegenüber anderen) empfinde ich nicht. Zum Glück, denn wenn ich mich auch noch damit beschäftigen müsste, wäre mein Leben ja noch grottiger!
Im Gegenteil: ich denke immer, dass die Natur und die Zeit alles regeln und es doch immer wieder eine ausgleichende Gerechtigkeit gibt. Ich glaube z.B. nicht, dass es ein Mensch schaffen kann, nonstop ignorant durch sein ganzen Leben zu marschieren, ohne irgendwann einen Denkzettel dafür zu kassieren. Diverse Präsidenten nicht ausgenommen.

LG
ZeroOne

10.07.2019 14:00 • x 4 #22


F
lieber ZeroOne,

oh da kann ich dir nur von Herzen gratulieren, dass dir das nicht ausmacht. Bei mir hängt das irgendwie zusammen.

Wenn ich mich selbst hasse und nicht annehmen kann, kann ich andere Menschen auch nicht in Liebe annehmen. Und schon gar nicht vergeben. Obwohl das Gewähren von Vergebung auf den ersten Blick vielleicht das Schwierigere ist, ist es doch so, ich bin deshalb nicht fähig Vergebung anzubieten, weil ich mir selbst nicht vergeben kann. Wenn ich mir meine eigenen Fehler, meinen ganzen Mist, den ich in meinem Leben gebaut habe, mir nicht vergeben kann.

Mir wird immer klarer, das alle Menschen alles andere als perfekt sind, Fehler machen, natürlich auch ich.

Das kann ich heute mehr akzeptieren und annehmen, weil ich mich heute selbst mit allem was ich bin und habe, annehmen kann, und damit Frieden für mich finden darf.

Auf dieses Thema Vergebung hat mich mein Therapeut schon vor Jahren angesprochen, und ich habe viele lange Jahe gebraucht, bis ich es letztendlich verstanden habe.

Wir alle sind verwundete Menschen. Wer verwundet uns? Oft gerade Menschen die wir lieben, und die uns lieben.

Dann fühlst du dich zurück gewiesen verlassen, missbraucht, manipuliert, in meiner Ehre getroffen.

Diejenigen die uns lieben, können uns gerade auch verletzen, sogar meine eigene liebe Frau, meine Kinder.

Das macht das Herz so schwer, gerade von den Menschen, von denen wir Liebe und Annahme erwarten.

Aber jeder Mensch wird einmal schwach. Helfen kann mir nur, wenn ich immer wieder versuche, mein verwundetes Selbs t zu überwinden, immer wieder versuche zu vergeben, dass wir uns in unseren Beziehungen lernen zu vergeben.

Viele Menschen trennen sich, nur weil sie es nicht schaffen, zu vergeben. Nein, natürlich kommt es auch auf die Art des Vergehens an, und bei wirklich großen Dingen.

Doch wie schnell streitet man sich auch um Kleinigkeiten.










Wie ein Fest nach langer Trauer,
wie ein Feuer in der Nacht.
Ein off'nes Tor in einer Mauer,
für die Sonne auf gemacht.
Wie ein Brief nach langem Schweigen,
wie ein unverhoffter Gruß.
Wie ein Blatt an toten Zweigen
ein-ich-mag-dich-trotzdem-Kuss.

So ist Versöhnung, so muss der wahre Friede sein.
So ist Versöhnung, so ist vergeben und verzeih'n.


Wie ein Regen in der Wüste,
frischer Tau auf dürrem Land.
Heimatklänge für vermisste,
alte Feinde Hand in Hand.
Wie ein Schlüssel im Gefängnis,
wie in Seenot - Land in Sicht.
Wie ein Weg aus der Bedrängnis
wie ein strahlendes Gesicht.

So ist Versöhnung, so muss der wahre Friede sein.
So ist Versöhnung, so ist vergeben und verzeih'n.

Wie ein Wort von toten Lippen,
wie ein Blick der Hoffung weckt.
Wie ein Licht auf steilen Klippen,
wie ein Erdteil neu entdeckt.
Wie der Frühling, wie der der Morgen,
Wie ein Lied wie ein Gedicht.
Wie das Leben, wie die Liebe,
Wie im Sommer das schönste Licht

So ist Versöhnung, so muss der wahre Friede sein.
So ist Versöhnung, so ist vergeben und verzeih'n.






Für mich ist Vergebung, Versöhnung , für mich selbst und in Beziehung zu anderen Menschen, so etwas wie großes Glück.

Etwas Schönes, Gutes, Befreiendes für mich, das ich auf unserer Erde erleben darf.

Wenn zwei Menschen sich wieder vergeben, sich versöhnen.


viele liebe Grüße,

Frederick

10.07.2019 14:41 • x 2 #23


Blume71
Lieber ZeroOne,

Zitat von ZeroOne:
Und genau das ist der Punkt, wo ich Wut und Zorn gegen mich selbst empfinde im Sinne von Fragen wie: Warum habe ich mich in diesen Menschen so geirrt? Wieso habe ich Jahre meines Lebens mit solchen Menschen verschwendet? Wieso habe ich mich überhaupt versucht, solchen Menschen gegenüber zu erklären und meine Erkrankung zu rechtfertigen?
Einerseits ist mir klar, dass das Vergangenheit ist, die ich nicht mehr ändern kann und ich im Jetzt und Hier lebe. Andererseits ist da doch etwas in mir, was mich wegen meiner früheren Dummheit und Blindheit immer wieder verärgert und aufwühlt. Aber das ist mein ganz eigenes Problem an dem ich alleine an mir arbeiten muss - und nicht die anderen, oder gar an den anderen.


Eine Depression ist eine Aggresion gegen sich selbst. Genauso wie Du es oben beschrieben hast. Ich denke, diesen Satz kennst Du.
Ich möchte einmal eine Frage stellen. Warum bist Du nicht wütend auf diese Menschen, die Dir nahe standen und Dir weh getan haben? Warum bist Du so streng mit Dir?

Irgendwie erkenne ich Ähnlichkeiten zu mir. Ich habe in einer Beziehung lange ausgehalten, Wut unterdrückt, aus welchen Gründen auch immer. Ist ja auch hier nicht das Thema.
Irgendwann habe ich diese Wut, die ich gegen den anderen nicht spürte bzw. nicht spüren wollte, gegen mich selbst gerichtet und wurde krank. Wäre es zu einfach, die Frage zu stellen, wenn Du die Wut rauslässt bzw. zulässt, ob es Dir dann besser ginge?
Man darf sich in Menschen und Freunden täuschen. Das ist menschlich und macht jeder. Verzeih Dir selbst!

Ein Gedankenanstoss von mir - aber ich muss Dir ja nicht sagen, dass Dir hier ein Laie schreibt bzw. nur eine Betroffene.

Vllt. liege ich auch ganz falsch, dann beachte meinen Thread nicht.

LG Blume

10.07.2019 14:44 • x 3 #24


maya60
Hallo, ich springe hier mal ganz kurz rein offtopic, nur, um zu schreiben, dass eine Depression keine Aggression gegen sich selbst ist. Hab ich ja noch nie gehört. Das wäre ja gemein.

Natürlich kann individuell alles sein, aber nicht generell und pauschal.

Bin schon wieder weg!

Liebe Grüße! maya

10.07.2019 14:56 • x 2 #25


Blume71
Aber Maya - genau das hat mir meine Thera gesagt

10.07.2019 15:08 • x 3 #26


Blume71
Sollte ich tatsächlich so falsch liegen?

Dann bitte nicht beachten!

10.07.2019 15:09 • x 3 #27


ZeroOne
Hi @Blume71 !

Zitat von Blume71:
Ich möchte einmal eine Frage stellen. Warum bist Du nicht wütend auf diese Menschen, die Dir nahe standen und Dir weh getan haben?


Nun, ich denke, weil diese Menschen ja schon immer so waren. Ich könnte wütend sein, wenn sie mal ganz anders gewesen wären und sich dann zum Nachteil verändert hätten. Und dann wäre immer noch die Frage, ob das nur ein rein subjektiver Nachteil aus meiner Betrachtung ist.

Zitat von Blume71:
Warum bist Du so streng mit Dir?


Wahrscheinlich, weil ich diese Menschen in ihrem Wesen nicht schon früher erkannt habe und dementsprechend andere Wege gegangen wäre. Oder vielleicht lassen mich diese Menschen in einen Spiegel blicken? Vielleicht macht mich das wütend auf mich selbst? Vielleicht war ich ja vor meiner Erkrankung genauso ignorant, hedonistisch, oder wie auch immer drauf und hätte genauso reagiert, wenn einer von denen psychisch erkrankt wäre und hätte auch das Weite gesucht? Gute Frage, nicht wahr!?

Da gilt es wohl zu forschen! Danke für den Anstoß!

LG
ZeroOne

10.07.2019 15:11 • x 2 #28


F
hallo,

selbst empfinde ich es auch so, und viele andere Menschen auch. Depression ist eine Ablehnung gegen sich selbst.

Ich mag mich nicht, sehe keinen Sinn in meinem Leben, mag nicht mehr leben, schaue auch mal neidisch auf andere Menschen, denen es anscheinend besser im Leben geht wie mir.


Und ich darf da auch mal wütend sein, meine Wut, meinen Zorn, meinen Unmut, mein nicht verstehen.

raus lassen, raus schreien, raus weinen, raus laufen usw.


liebe Grüße,

Frederick

10.07.2019 15:21 • x 2 #29


A


Hallo MKDiddelDrölf13,

x 4#30


Blume71
Hi,

Zitat von ZeroOne:
Nun, ich denke, weil diese Menschen ja schon immer so waren. Ich könnte wütend sein, wenn sie mal ganz anders gewesen wären und sich dann zum Nachteil verändert hätten. Und dann wäre immer noch die Frage, ob das nur ein rein subjektiver Nachteil aus meiner Betrachtung ist.


Das hieße, diese Wut richtet sich gegen Dich, weil Du nicht vorher gemerkt hast wie oberflächlich (bzw. was auch immer) diese Menschen waren und sind.
Sie richtet sich gegen Dich, weil Du mit diesen Menschen zusammen warst, es nicht gemerkt hast und Dich vllt. fragst, ob diese Oberflächlichkeit auch Dich betrifft bzw. ob Du oberflächliche Tenzenzen in Dir hast.

Oh je - ich wage mich gerade ganz schön weit aus dem Fenster, verzeih, wenn ich Dir zu nah trete - aber irgendwie spinne ich Deinen o. g. Faden gerade weiter!

Könnte es sein, dass Du Angst hast als oberflächlich zu gelten, weil Du mit Menschen zusammen warst, die es waren? Das habe ich so richtig verstanden?

Ich finde Dich da sehr streng mit Dir. Oberflächlichkeit kann auch entspannend sein.
Warum darf man im Leben nicht Menschen kennen lernen, wo es passt und später merken, dass es nicht mehr passt? Weil man sich vllt. weiter entwickelt hat und der andere nicht?


Eigentlich handelt der Thread ja gerade über das Thema, sich bei anderen zu öffnen, sorry, wenn ich da jetzt abschweife.

10.07.2019 15:26 • x 3 #30

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