Sonnenblume20
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jetzt bin ich hier schon solange angemeldet, bisher habe ich als Betroffene geschrieben, aber heute melde ich mich als Angehörige. Es geht um meinen Sohn.
Er ist 18 Jahre und hat seit über einem Jahr die Diagnose Depression. Da ich selbst von der Krankheit betroffen bin, konnte ich früh die Anzeichen erkennen, habe ihn beobachtet, viel mit ihm gesprochen und schließlich hat ein Psychiater die Diagnose gestellt. Er befindet sich seit einem Jahr in ambulanter Psychotherapie.
In den letzten Wochen wirkte er schwer depressiv, er ging nicht mehr raus, hielt sich den ganzen Tag in seinem Zimmer auf, hatte keinen Kontakt mehr zu seinen Freunden (nur einer ist geblieben, er ist richtig treut und ruft immer wieder an, auch wenn mein Sohn sich oft verleugnen lässt und gar nicht reagiert) und sprach kaum ein Wort.
Er hat jetzt nach der 12. Klasse Gymnasium die Schule beendet. Er war immer ein richtig guter Schüler (fast zu gut, es machte mir auf gewisse Art und Weise auch Angst), hat aber trotzdem beschlossen, die Schule zu beenden. Er sagte zu mir, er hält den Druck nicht mehr aus, er kann nicht mehr lernen.
Vor ein paar Tagen dann wandelte sich sein Zustand plötzlich. Er redete wieder, lachte ein bisschen und ich war froh.
Seit drei Tagen kommt er mir aber irgendwie manisch vor. Er hat drei Nächte nicht geschlafen, er rennt den ganzen Tag hier rum, lacht vor sich hin, manchmal singt er, dann lacht er wieder laut. Er sagt zu mir, er wäre jetzt völlig gesund und er braucht keine Hilfe mehr.
In seinem Zimmer höre ich ihn ständig Selbstgespräche führen, dann lacht er wieder vor sich hin, dann redet er wieder.
Es ist aber Kauderwelsch, als wäre es eine fremde Sprache, man kann ihn nicht verstehen.
Er verweigert hier alles. Ich bin alleinerziehend, lebe mit ihm und meiner Tochter hier im Haus und habe ein paar Aufgaben an die beiden verteilt.
Er macht nichts mehr, lacht nur noch, ist sehr provokant.
Er hat einen Job in einem Supermarkt. Dort arbeitet er drei Mal in der Woche, um Ware in die Regale einzusortieren.
Bisher nahm er diesen Job sehr ernst. Ging immer pünktlich hin.
Heute hatte er sich drei Stunden verspätet, er wurde zwei mal angerufen, es wurde gefragt, wo er bleibt, aber er lachte nur darüber.
Er ging dann hin und kam zurück und erzählte stolz, dass er dort eine CD geklaut hat, die er mir auch zeigte.
Er erzählte auch (stolz), dass die alle wissen wollten, was mit ihm los ist, sie dachten, er hätte Dro. genommen, er lachte nur darüber.
Ich kenne ihn so nicht. Es ist, als wäre ein völlig anderer Mensch aus ihm geworden. Er redet komische Sätze, provoziert mich und meine Tochter ständig.
Ich fragte ihn heute, was er denn möchte, warum er sich so verhält: Er lachte nur und sagte, er würde die Welt provozieren wollen und er würde ausprobieren und auch gerade merken, dass er alles kann, was er will! Und das wäre cool!
Ich habe mir schon überlegt, ob er nicht tatsächlich Dro. genommen hat. Habe ihn gefragt, er verneint es natürlich.
Heute hat er einfach die Hasen, die ihm und meiner Tochter gehören, ausgesetzt. Er liebte sie bisher sehr und er hat sich auch immer fürsorglich gekümmert. Ich habe es noch rechtzeitig gemerkt und die beiden Tierchen wieder reingeholt.
Weil ich mir große Sorgen machte, weil ich dachte, er ist vielleicht wahnsinnig geworden oder wird es bald, rief ich seinen Therapeuten an. Der sagte mir, er hätte ihn gestern auch schon so ähnlich erlebt, aber das wäre manchmal normal nach einer depressiven Phase. Gestern brachte er seine E-Gitarre mit Verstärker mit in die Therapie und spielte dem Thera eine Stunde was vor. Der Thera hält es für noch normal, schließlich wäre er ja so lange depressiv gewesen.
Ja, das stimmt, aber es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht, mein Sohn ist mir völlig fremd geworden.
Der Thera sagte nur, man müsste es beobachten.
Ich persönlich traue mich jetzt nicht mehr, ihn hier im Haus alleine zu lassen. Ich weiß doch gar nicht, was ihm sonst noch so einfällt.Heute hat er z.b. erzählt (und dabei gelacht), dass er morgen von der Brücke springen will.
Woher soll ich wissen, ob er das ernst meint oder nicht?
Ich als depressive Patientin kenne solche manische Phasen nicht. Wenn es mir besser geht, dann geht es mir einfach besser, aber ich bin dann normal.
Kennt das hier jemand? Muss ich mir Sorgen machen, oder ist es tatsächlich normal, wie der Thera mir erzählt hat?