Amras
- 5
- 1
Im Juni 2005 hab ich mir ein Spiel namens „World of Warcraft“ gekauft. Am 15. September 2008 ist mein Account abgelaufen. Ich hab aufgehört es zu spielen und das Spiel von meiner Festplatte gelöscht. Die neue Erweiterung ist erschienen und auch das werde ich nicht mehr spielen (hoffentlich).
In meiner aktiven Zeit hab ich in etwa 7000 Stunden in das Spiel investiert. Ich hatte mehr als 300 Tage played (gespielt)
Jedenfalls hab ich mit vielen gleichgesinnten gespielt und mehr als genug Leute erlebt, die noch exzessiver gezockt haben, die sich 14-16 Stunden am Tag in der virtuellen Welt verkrochen haben.
Da man sich in Gruppen und Gilden organisieren muss um die grössten und stärksten Monster zu besiegen, wird der Erfolg als Gruppe bei Raidgilden in den Vordergrund gestellt.
Das eigentliche Ziel des Spiels ist es die eigenen Charaktere so gut wie möglich auszustatten. Das erreichen der höchsten Stufe des 1. Chars dauert in etwa 400-500 Spielstunden. Die Itemization, also das Ausstatten des Charakters mit Gegenständen, verschlingt weit mehr Zeit. Man muss für jeden weiteren Erfolg, einfach noch mehr Zeit in dem Spiel verplempern. Dies trifft auch zu, wenn man gewisse Spielziele relativ früh erreichen will.
Ich hab bei ingesamt 2 Raidgilden gespielt und bei einer selber Raids geleitet.
Die erste Raidgilde hab ich verlassen um zu einem Team zu stossen dass in etwa 20-25 Raidstunden pro Woche gezockt hat, fünfmal pro Woche. (immer dann, wenn der Spielinhalt erweitert wurde). Dieses Pensum ist für ambitionierte Raids absolut normal. Meine Raidgilde war die erfolgreichste in meiner Fraktion und auf unserem Server,aber es gab viel erfolgreichere Gilden, die den jeweiligen Bosse schneller töten konnte. Viele dieser Gilden hatten ein noch höheres Spielpensum als wir. Der Fortschritt im Spiel ist wichtig für die Extremspieler und man vergleicht die Fortschritte weltweit.
Dazu kommt die Zeit, die man fürs farmen (stupides töten von Monstern oder sammeln von Ressourcen) und twinken (leveln und ausrüsten von anderen Charakteren) aufwendet. Also, man kann durchaus sagen dass ich zeitweise 40 Stunden und mehr pro Woche in der Onlinewelt gelebt hab. Na dann schläft man halt weniger, man isst halt weniger und passt sein Leben dem Spiel an. Wenn ich die statistische Lebenserwartung für Männer erreiche (was ich arg bezweifle, da ich rauche und unglücklich bin), dann bedeutet dass, dass ich mindestens 1% meines ganzen Lebens in diesem Spiel verbracht hab.
Da der Spielinhalt ständig erweitert wird, relativieren sich auch frühere Erfolge, da man konstant weiterspielen muss, um seinen Ausrüstungsstand im Vergleich zu den Mitspielern halten zu können.. Die Konkurrenz schläft bekanntlich nicht. Mann kann sagen, dass man in einem Zeitraum von 3-4 Monaten seine ganze Ausrüstung wieder austauscht, wenn man aktiv dabei bleibt. Wenn man Pech hat, bekommt man jedoch die ersehnte Belohnung überhaupt nicht, obwohl man die erforderliche Aufgabe immer wieder gelöst hat. Ich könnte das näher erläutern, aber das würde den Rahmen sprengen. Jedenfalls ist dies bewusst von den Spieleentwicklern so implementiert worden.
Ich habe dies sehr lange mitgemacht, im PvE (Spieler gegen Umgebung) und PvP (Spieler geben Spieler), mir immer neue Sachen geholt und mit anderen Spielern viel gemeinsam erlebt.
In einem Spiel wie WoW hat jeder Spieler Erfolg, so ist das Spiel designed worden. Manche sind darin erfolgreicher als andere. Manche Spieler haben einfach mehr Talent als andere. Aber die erfolgreichen Spieler haben alle eins gemeinsam, sie haben tausende Stunden hinter ihren Rechnern verbracht. Was bleibt sind eine Reihe Videos und Screenshots. Mit den Leuten aus dem Spiel verliert man schnell den Kontakt wenn man nicht mehr dabei ist.
Warum rede ich von Abhängigkeit, wenn ich über WoW rede?
1. Ich habe das Spiel übermässig konsumiert und mein Probleme in den Hintergrund gestellt. Teilweise konnte ich nicht aufhören, weil mir das Spiel wichtiger war als zu schlafen oder mal mit meiner Familie oder Bekannten etwas zu unternehmen. Ich hatte fürs „real Leben“, im WoW Jargon RL (Real Life), dann keine Zeit. Es hat mir eine prima Möglichkeit geboten, um mich mit meinem realen Leben nicht auseinander zu setzen zu „müssen“ und ich hatte ein Ventil gefunden, wo ich Dampf ablassen konnte. Ich bin vor mir und der Realität geflohen…
2. Ich hab geleugnet dass es eine Abhängigkeit ist. Ich konnte dies immer sehr gut relativieren und erklären.
3. Wie ich schon erwähnt habe, werden alle Spieler bei WoW belohnt, wenn sie spielen. Ab einem gewissen Spielpensum, wird es immer zeitintensiver, mit seinem Charakter weitere Erfolge zu feiern. Man steigert sozusagen die Dosis, indem man noch mehr Zeit in seinen Hauptcharakter steckt oder man legt sich einen 2. Char zu (ich hatte 4 hochgelevelt und 3 mehrmals neu ausgerüstet)
4. Obwohl ich die Mechanik des Spiels schon lange durchschaut hatte und die Sinnlosigkeit des Spiels lange erkannt hatte, hab ich trotzdem weitergespielt.
P.S.
Die Persönlichkeit des Spielers spielt sicherlich eine grosse Rolle ob dieser überhaupt von einem Spiel abhängig werden kann.. Mir sind allerdings sehr viele Spieler begegnet, die ihr Leben hinter das Spiel angestellt haben. Die Spieler, die das alles eher gelassener sahen, mit denen haben wir nicht mehr gespielt, weil die sich nicht in den Bereichen des Spiels aufgehalten haben, wo sich die Dauerspieler herumgetrieben haben. Es gibt 11 Millionen Spieler weltweit und es gilt als gesichert dass mindestens 1 Million „hart“ dabei sind.
P.P.S
Ich geh jetzt mal schlafen und schäm mich ne Runde.