58

Therapie oder Erwerbsunfähigkeit

EmptyLife
Zitat von Grothszes:
Nur: Wenn es im Moment nicht geht, dann geht es nicht. Sonst ist das de facto Quälerei/Menschenschinderei. Jeder nach seinen momentanen Möglichkeiten.

Eben. Und niemand wird verstehen, was der letzte Versuch emotional, psychisch und körperlich an Kraft gekostet und für mich bedeutet hat. Ich kann und will einfach nicht nochmal anfangen. Dieses ständige Scheitern zerstört mich nur und bestärkt mich darin, dass es eh nichts bringt, egal wie sehr ich es versuche. In Wahrheit entscheiden immer andere über meine Zukunft. Es spielt keine Rolle, was ich will.

Zitat von Grothszes:
Wie stehst du denn zu der Möglichkeit, eine Tagesstätte zu besuchen? Gibt es bei euch sowas? Da hättest du regelmäßigen Kontakt zu anderen Betroffenen, würdest mit ihnen zusammen kochen und noch andere Tätigkeiten machen. Auch so ein niederschwelliges Angebot kann auf Dauer aktivieren und stabilisieren.

Tagesstätten sind was für Leute, die am Leben in der Gesellschaft teilhaben wollen. Das trifft auf mich nicht zu. Ich will mit anderen Menschen nichts mehr zu tun haben.

Zitat von Grothszes:
Ja, so sehr ins Detail geht das da nicht. Die testen nur auf Kniesehnenreflex und sowas. Solange Trainierbarkeit und Behandelbarkeit persönlicher Einbußen vorherrscht, werden die wohl auch auf erwerbsfähig entscheiden.

Das hatte ich befürchtet.

Zitat von Grothszes:
Das ist aber nicht dein Fallberater gewesen, sondern der Rehaberater? Das hört sich ja gar nicht gut an. Meine Fallberaterin vom JC war da weitaus erfahrener und kulanter.

Ich habe wohl eine Fallberaterin, aber die ist aktuell wohl nicht mein Hauptansprechpartner.

Der Anspruch auf die Teilhabe am Arbeitsleben läuft wie gesagt noch und Mitte Juli habe ich einen Termin diesbezüglich bei der Agentur für Arbeit. Im Brief steht, dass ich den Termin absagen könne und die Teilhabe später erneut beantragen könne, gleichzeitig heißt es aber, dass es dann Konsequenzen hätte. Das verunsichert mich total.
Für mich macht es grade keinen Sinn, das laufen zu lassen und den Termin wahrzunehmen. Oder sollte ich ihn wahrnehmen, um vor Ort zu erklären, dass es für mich grade keinen Sinn macht?


Im Prinzip ist es klar, wie es weiter geht. Eine Therapie bringt gegen meinen Willen nichts. Die Termine würden mir wie beim letzten Mal nur auf die Nerven gehen und es wäre Zeit- und Geldverschwendung.
Ich denke, ich lasse es auf den ärztlichen Dienst ankommen. Einen Hausarzt kann ich mir ja trotzdem suchen. Dazu kann ich mich grade aber nicht aufraffen.

04.07.2022 11:22 • #16


T
Zitat von EmptyLife:
Ich bin nicht seelisch krank nur weil ich eine Seele habe, die anders funktioniert und die vom System indoktrinierte Norm sich das nicht vorstellen kann.

Du hast damit sowas von Recht. Krank sein bedeutet, sich damit schlecht zu fühlen. Gerade im psychischen Bereich wird man schnell von der Gesellschaft verurteilt, weil man nicht der Norm entspricht. Dabei ist eigentlich dieses ständige Beurteilen anderer Menschen krank.
Um auf deine Eingangsfrage zurückzukommen: Mein Gutachter hat mir einfach nur Fragen gestellt, auch was den körperlichen Bereich angeht, da wurde nichts getestet. Ich habe ihm erklärt, dass Reha und Gruppentherapie bei mir nichts bringen, und er hat es verstanden, man muss es nur begründen können.
Wenn du mit der Grundsicherung zufrieden bist brauchst du vor nichts Angst zu haben, und selbst in zehn Jahren kannst du dir noch überlegen, ob du doch nochmal was anderes willst, solange man noch krabbeln kann ist es nie für irgendwas zu spät.

Liebe Grüße vom Träumer

05.07.2022 08:51 • x 1 #17


A


Hallo EmptyLife,

Therapie oder Erwerbsunfähigkeit

x 3#3


EmptyLife
Zitat von Träumer59:
Du hast damit sowas von Recht. Krank sein bedeutet, sich damit schlecht zu fühlen. Gerade im psychischen Bereich wird man schnell von der Gesellschaft verurteilt, weil man nicht der Norm entspricht. Dabei ist eigentlich dieses ständige Beurteilen anderer Menschen krank.

Du sagt es! Diese Norm ist ein unnatürliches, idealistisches und ausbeuterisches Konstrukt, das nur dazu da ist, dass die Menschen funktionieren, wie sie sollen. Diese bedingungslose Anpassung führt aber dazu, dass die Menschen sich selbst zerstören und krank werden. Die Lebensgeschichten von Menschen in Foren wie dieses sind das beste Beispiel, was dieses System anrichtet. Wir werden von Geburt an gegen unser Selbst konditioniert und indoktriniert.

Zitat von Träumer59:
Ich habe ihm erklärt, dass Reha und Gruppentherapie bei mir nichts bringen, und er hat es verstanden, man muss es nur begründen können.

Wie du das genau begründet hast, würde mich sehr interessieren. Du kannst es mir auch gern per PN erklären, wenn du es hier nicht erzählen magst.
Ich habe leider sehr oft die Erfahrung machen müssen, dass andere sich anmaßen besser zu wissen, was gut für mich ist und was man mir zumuten kann, als ich selbst. Auf sowas reagiere ich sofort allergisch und defensiv.

Zitat von Träumer59:
Wenn du mit der Grundsicherung zufrieden bist brauchst du vor nichts Angst zu haben, und selbst in zehn Jahren kannst du dir noch überlegen, ob du doch nochmal was anderes willst, solange man noch krabbeln kann ist es nie für irgendwas zu spät.

Zufrieden nicht, aber ich habe mich damit arrangiert. Da ich so aufgewachsen bin und seit 8 Jahren so lebe, kenne ich fast nichts anderes. Und sollte ich irgendwann doch nochmal umdenken, kann ich es immer noch versuchen. Wobei ich mir mit meinem Lebenslauf da keine Hoffnungen mache.

05.07.2022 10:53 • #18


EmptyLife
Zitat von EmptyLife:
Der Anspruch auf die Teilhabe am Arbeitsleben läuft wie gesagt noch und Mitte Juli habe ich einen Termin diesbezüglich bei der Agentur für Arbeit.

Der bevorstehende Termin am Freitag lässt in mir wieder Ängste und Panik wachsen.
Vielleicht werde ich dort auch fragen, ob man nicht direkt den ärztlichen Dienst einschalten kann, damit dieses Gutachten erstellt wird. Dann braucht der Rehaberater nicht mehr auf irgendwas von mir zu warten. Alles andere hat für mich keinen Sinn.
Ich werde versuchen zu erklären, dass für mich einfach der Zug abgefahren ist und mir jeder Versuch, wieder in die Gesellschaft eingegliedert zu werden, nur schadet.

12.07.2022 17:52 • #19


G
Zitat von EmptyLife:
Tagesstätten sind was für Leute, die am Leben in der Gesellschaft teilhaben wollen. Das trifft auf mich nicht zu. Ich will mit anderen Menschen nichts mehr zu tun haben.

Gar nichts mehr? Gehst du denn ab und zu raus? Hast du Verwandte? Also ich war auch mal so enttäuscht, innerlich gequält und abweisend so wie du, wenn ich das sagen darf, aber irgendwann haben sich dann doch wieder meine Wünsche in den Vordergrund geschoben und ich wollte es unbedingt wieder versuchen, am Leben teilzuhaben. Mit gemischten Erfolg natürlich, wenn ich auf die letzten Monate zurückblicke, aber mich macht es immer depressiv, dass ich bisher nichts zustande gebracht habe - es fühlt sich an, als wenn die letzten fünf Jahre meiner 20er einfach an mir vorüber gezogen sind. Ich kann nichts tun, um diese Zeit wieder zu gewinnen.

Zitat von EmptyLife:
Oder sollte ich ihn wahrnehmen, um vor Ort zu erklären, dass es für mich grade keinen Sinn macht?

Also ich habe solche Termine immer wahrgenommen, denn ich habe keine Lust auf Sanktionen (Erzwingungsaktionen), also nochmal zusätzlichen Zwang. Das würde ich dir auch empfehlen.

Zitat von EmptyLife:
Ich werde versuchen zu erklären, dass für mich einfach der Zug abgefahren ist und mir jeder Versuch, wieder in die Gesellschaft eingegliedert zu werden, nur schadet.

Aus meiner Sicht ist es erstmal erstaunlich, dass du so offen damit umgehst. Ich habe damals den Frust nur in mich reingefressen und war dann quasi mittelschwer dauerdepressiv. Ich hatte gar nicht die Quintessenz gezogen, dass ich jahrelang zu hoch gepokert hatte und ich von Anfang an kleinere Brötchen hätte backen sollen (d.h. niedrigschwellige Tätigkeiten und nicht non-stop-Industriearbeit).

13.07.2022 00:47 • x 1 #20


EmptyLife
Zitat von Grothszes:
Gar nichts mehr? Gehst du denn ab und zu raus? Hast du Verwandte?

Ich habe meine ausgewählten Menschen und es kommt durchaus mal vor, dass ich mich auf einen Kontakt einlasse. Aber grundlegend will ich mit Menschen nichts mehr zu tun haben.
Raus gehe ich nur zum Einkaufen oder wenn ich mal was unternehmen will. Meistens sitze ich aber drin und das ist schon seit vielen Jahren so.
Verwandte habe ich, die interessieren mich aber nicht bzw. besteht kein Kontakt, außer gelegentlich zu meiner Mutter.

Zitat von Grothszes:
es fühlt sich an, als wenn die letzten fünf Jahre meiner 20er einfach an mir vorüber gezogen sind. Ich kann nichts tun, um diese Zeit wieder zu gewinnen.

Für mich ist die Blüte meines Lebens auch an mir vorbei gezogen - 10 Jahre meines Lebens. Dabei war diese für mich die wichtigste Zeit. Ich bin aber grade dabei es zu akzeptieren, auch wenn der Schmerz darüber nie ganz verschwinden wird. Man wird halt nicht mehr jünger und ändern kann ich es nicht mehr.

Zitat von Grothszes:
Aus meiner Sicht ist es erstmal erstaunlich, dass du so offen damit umgehst. Ich habe damals den Frust nur in mich reingefressen und war dann quasi mittelschwer dauerdepressiv.

Das war auch ein Prozess, glaub mir. Und warum sollte ich das nicht tun? Viele Menschen tun sich damit schwer, in sich hinein zu hören und ehrlich mit sich selbst zu sein, weil sie unbedingt die Erwartungen anderer erfüllen wollen. Wenn man nicht zu ehrlicher Reflexion fähig ist, wird man sich nicht selbst guttun können.
Andere würden meinen Zustand sicher auch depressiv nennen und es mag auch stimmen, aber der Unterschied ist, dass ich es mein Leben lang so kenne und nun an einem Punkt bin, wo es mich nicht belastet, da ich es akzeptiere (oder dabei bin es zu tun). Sobald jemand von mir erwartet, dass ich an mir arbeite, fangen die Probleme an. Bevormundung, Zwang... darauf reagiere ich allergisch.

15.07.2022 12:54 • x 1 #21


G
Zitat von EmptyLife:
Ich bin aber grade dabei es zu akzeptieren, auch wenn der Schmerz darüber nie ganz verschwinden wird. Man wird halt nicht mehr jünger und ändern kann ich es nicht mehr.

Das finde ich stark - ich persönlich habe, wie gesagt, große Probleme damit. Ich will unbedingt noch mal was leisten. Kennst du das Gefühl, einfach nicht da zu sein, wo du sein könntest? Nicht mit den Menschen zu tun zu haben, mit denen du eigentlich zu tun haben könntest? Als wenn man in diesem Universum einfach schlechte Karten gezogen hätte, die einem die Möglichkeiten von Anfang an verbaut haben - wie du schon sagst: mit einem Lebenslauf, der jahrelange Lücken hat, hat man es für gewöhnlich schwer. Ich weiß noch als ich mal ein Bewerbungsgespräch für ein Praktikum hatte und mich auf einmal zwei Personaler in die Mangel nahmen, als wenn es um einen Ausbildungsplatz oder Arbeitsvertrag ginge. Mein Gott. Als wir auf die Lücke in meinem Lebenslauf zu sprechen kamen, war ich völlig unvorbereitet. Das hatte ich nicht erwartet. War sowas von unangenehm, die Situation.

Zitat von EmptyLife:
Viele Menschen tun sich damit schwer, in sich hinein zu hören und ehrlich mit sich selbst zu sein, weil sie unbedingt die Erwartungen anderer erfüllen wollen.

Interessante Sichtweise - ja, viele Erwartungen, die man im Laufe seines Lebens an sich stellt, hat man wohl einfach von anderen übernommen und das ist einem erst gar nicht bewusst. So gesehen ist man wohl einfach zu einem gewissen Maß fremdgesteuert, wenn man das so sagen kann - ab einem bestimmten Zeitpunkt klaffen dann Anspruch und Realität meilenweit auseinander, weil man die (Selbst-)Ausbeutung, den Raubbau an sich selbst, nicht wahrgenommen hat (oder nicht wahrhaben wollte). Was ich auch schlimm finde ist, dass sich bei vielen ihre Depression, ihr Schicksal still hinter der bürgerlichen Fassade abspielt, die sie sich über Jahre hinweg aufgebaut haben. Sie wollen dieser unbedingt gerecht werden, weil sie keinen Gesichtsverlust hinnehmen wollen, aber haben dabei keine Möglichkeit, darauf aufmerksam zu machen, wie schwer es ihnen wirklich fällt, in die kalte, empathielose Maschinerie des Systems zu passen.

Zitat von EmptyLife:
Andere würden meinen Zustand sicher auch depressiv nennen und es mag auch stimmen, aber der Unterschied ist, dass ich es mein Leben lang so kenne und nun an einem Punkt bin, wo es mich nicht belastet, da ich es akzeptiere (oder dabei bin es zu tun).

Vielleicht ist ja das erst der Beginn deiner ganz persönlichen Heilung.

20.07.2022 07:00 • x 1 #22


EmptyLife
Zitat von Grothszes:
Ich will unbedingt noch mal was leisten.

Von der Idee habe ich mich verabschiedet. Genau genommen hatte ich schon immer das Gefühl, dass ich nicht für das Arbeitsleben gemacht bin. Ich glaube das war in Wahrheit immer so eine Art Intuition/Selbsterkenntnis, die ich aber Aufgrund der Erwartungen der Gesellschaft immer wieder ausblenden musste.

Zitat von Grothszes:
Kennst du das Gefühl, einfach nicht da zu sein, wo du sein könntest? Nicht mit den Menschen zu tun zu haben, mit denen du eigentlich zu tun haben könntest?

Nein, das kenne ich nicht. Das wiederum schon:

Zitat von Grothszes:
Als wenn man in diesem Universum einfach schlechte Karten gezogen hätte, die einem die Möglichkeiten von Anfang an verbaut haben

Ich hatte immer das Gefühl, dass ich entweder für etwas bestraft werde oder dazu bestimmt bin, zu leiden (ich glaube an Karma und Schicksal). Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass es mir nicht gut gehen soll und seitdem versuche ich mein Schicksal zu akzeptieren - und seitdem geht es mir paradoxerweise besser.
Wie daran glaube ich auch an eine Seele, die in anderen Körpern neu geboren wird und meine ist definitiv auf dem falschen Planeten und in der falschen Spezies gelandet.
Oder es ist einfach der Kampf gegen die eigene Natur, den ich aufgebe und man kann es damit erklären.

Zitat von Grothszes:
So gesehen ist man wohl einfach zu einem gewissen Maß fremdgesteuert, wenn man das so sagen kann - ab einem bestimmten Zeitpunkt klaffen dann Anspruch und Realität meilenweit auseinander, weil man die (Selbst-)Ausbeutung, den Raubbau an sich selbst, nicht wahrgenommen hat (oder nicht wahrhaben wollte).

Wir leben in einer Welt, wo der Selbstwert vom Außen abhängt und wir uns bedingungslos anpassen - und genau das macht uns alle krank. Das ist alles so gewollt von den Reichen und Mächtigen.
Die Unangepassten sind die wirklich gesunden. Die Welt, in der wir leben, ist nicht natürlich.

Zitat von Grothszes:
Was ich auch schlimm finde ist, dass sich bei vielen ihre Depression, ihr Schicksal still hinter der bürgerlichen Fassade abspielt, die sie sich über Jahre hinweg aufgebaut haben. Sie wollen dieser unbedingt gerecht werden, weil sie keinen Gesichtsverlust hinnehmen wollen, aber haben dabei keine Möglichkeit, darauf aufmerksam zu machen, wie schwer es ihnen wirklich fällt, in die kalte, empathielose Maschinerie des Systems zu passen.

Das ist diese bedingungslose Anpassung aka Selbstzerstörung.

Zitat von Grothszes:
Vielleicht ist ja das erst der Beginn deiner ganz persönlichen Heilung.

Für mich fühlt es sich jedenfalls so an Ich weiß aber auch, dass Experten das nicht so sehen, weil sie ja alles besser wissen und meinen, besser darüber Bescheid zu wissen, wie ich funktioniere, als ich selbst. Da haben wir wieder das psychologische System, wo eine Norm über alle Menschen gestülpt wird.

Entschuldige, falls ich mich irgendwo wiederhole.
----------
Zitat von EmptyLife:
Der bevorstehende Termin am Freitag lässt in mir wieder Ängste und Panik wachsen.
Vielleicht werde ich dort auch fragen, ob man nicht direkt den ärztlichen Dienst einschalten kann, damit dieses Gutachten erstellt wird. Dann braucht der Rehaberater nicht mehr auf irgendwas von mir zu warten. Alles andere hat für mich keinen Sinn.

Ich habe leider jetzt erst die Kraft, darüber zu berichten.
Das Gespräch war glücklicherweise sehr positiv. Die Rehaberaterin der AfA war sehr nett, verständnisvoll und schien Interesse daran zu haben, für mich die beste Lösung zu finden, ohne meine Zustand zu verschlimmern. Ich fühlte mich ernst genommen und verstanden. Alles aus meiner Sicht notwendige erzählte ich ihr und erwähnte auch, wie sehr mich das Gespräch mit dem Rehaberater des JC fertig gemacht hat. Ich machte auf sie den Eindruck, dass ich zwar grundsätzlich arbeiten wollen würde, aber es grade einfach nicht ginge und niemand sagen kann, wann es wieder geht - was ihrer Meinung nach völlig in Ordnung sei. Das ließ ich so stehen.
Sie lobte mich dafür, dass ich das so klar benennen kann, weil sich das wohl viele nicht eingestehen könnten.
Ergebnis: Das Rehabilitationsverfahren läuft weiter, damit mich das JC nicht in Maßnahmen steckt, aber sie leitete gleichzeitig eine Untersuchung beim ärztlichen Dienst ein, wofür sie mir einen Fragebogen mitgab. Diesen füllte ich über das Wochenende aus und ließ ihn von meinem Freund vor der Arbeit einwerfen.
Mehr dazu und wie es mir seitdem erging, ist in meinem Tagebuch zu lesen.

27.07.2022 08:36 • x 2 #23


T
Zitat von EmptyLife:
Ich hatte immer das Gefühl, dass ich entweder für etwas bestraft werde oder dazu bestimmt bin, zu leiden (ich glaube an Karma und Schicksal). Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass es mir nicht gut gehen soll und seitdem versuche ich mein Schicksal zu akzeptieren - und seitdem geht es mir paradoxerweise besser.
Wie daran glaube ich auch an eine Seele, die in anderen Körpern neu geboren wird und meine ist definitiv auf dem falschen Planeten und in der falschen Spezies gelandet

Oh das kenne ich nur zu gut. Für mich fühlt sich der Planet auch falsch an. Und bei meiner Geburt war definitiv eine böse Fee dabei, die mir irgendwelchen Quatsch gewünscht hat. Die suche ich heute noch.

27.07.2022 09:50 • x 2 #24


G
Zitat von EmptyLife:
Genau genommen hatte ich schon immer das Gefühl, dass ich nicht für das Arbeitsleben gemacht bin.

Ich nicht, erst später musste ich anerkennen, dass meine beruflichen Träume nicht realisierbar sind. Erster Zusammenbruch nach Abi, zweiter in der Ausbildung nach Reha. Zwischenzeitig (in den ersten beiden Jahren der Ausbildung) sah es zwar echt nach einem kontinuierlichen Aufwärtstrend aus (mehr Energie und Konzentration, weniger Nervosität), aber dann kam wieder ein Leistungsknick - seitdem, glaube ich, habe ich eine Angststörung entwickelt, die sich generell auf Belastung und Stress bezieht. Das steht mir dann nochmal zusätzlich im Weg. Als wenn es nicht auch schon reicht

Zitat von EmptyLife:
Ich glaube das war in Wahrheit immer so eine Art Intuition/Selbsterkenntnis, die ich aber Aufgrund der Erwartungen der Gesellschaft immer wieder ausblenden musste.

Ich denke, auch ich wurde in dieser Weise von Personen unwissentlich in die Irre geführt - nicht nur durch implizite gesamtgesellschaftliche Standards, sondern auch durch Komplimente und Lob. Seit dem letzten Super-GAU ist in mir das permanente Gefühl entstanden, dass ich nie auf mich selbst gehört habe; nie auf meine eigene Natur sozusagen. Geht es dir auch so? Ich meine, das hättest du hier irgendwo in etwa so geschrieben. Es ist wohl weniger ein Gefühl, sondern eine objektive Einsicht, weil die kulturelle Schale, die diese Einsicht umgeben hat, abgefallen ist. Intuition KANN überaus wahr sein (muss sie aber natürlich nicht).

Zitat von EmptyLife:
Ich hatte immer das Gefühl, dass ich entweder für etwas bestraft werde oder dazu bestimmt bin, zu leiden (ich glaube an Karma und Schicksal).

Dieses Gefühl hatte ich auch hin und wieder mal - ich konnte mich mitunter nur zäh wieder davon ablösen. Hast du das schonmal einem Psychiater oder einem Psychologen beschrieben? Wahrscheinlich nicht. Ich würde dir anraten, da vorsichtig zu sein, denn das kann im Rahmen einer sogenannten psychotischen Depression pathologisiert werden. So schlägt es jedenfalls die Bibel der Psychiatrie (das DSM bzw. ICD) vor. Kann, muss aber nicht - nur wenn man einen bestimmten Ausprägungsgrad erfüllt. Ich warne dich nur vor, falls du auch auf gewisse rufschädigende, stigmatisierende Diagnosen allergisch reagierst.

Zitat von EmptyLife:
Wie daran glaube ich auch an eine Seele, die in anderen Körpern neu geboren wird und meine ist definitiv auf dem falschen Planeten und in der falschen Spezies gelandet.



Eins kann das kalte, atheistische Weltbild halt nicht: Den Gequälten eine Hoffnung geben, dass alles doch noch Sinn macht und gut zu Ende gehen wird.

Zitat von EmptyLife:
Wir leben in einer Welt, wo der Selbstwert vom Außen abhängt

Das ist wohl zu einem beträchtlichen Teil so. Der Mensch ist ein soziales Wesen und will sich in positiver Weise gespiegelt sehen. Ich denke aber schon, dass man auch selbst seinen Selbstwert regulieren kann. Nur nicht völlig allein, das ist klar - das wäre sonst ein naiver Idealismus.

Zitat von EmptyLife:
wir uns bedingungslos anpassen - und genau das macht uns alle krank. Das ist alles so gewollt von den Reichen und Mächtigen.

Schwierig, solche personifizierenden Erklärungen - die dahinterliegende Denkfigur ist ein Merkmal vieler schlimmer Ideologien. Auch Reiche und Mächtige sind nur Träger historisch bedingter, endlicher Eigenschaften. Ich habe ja das Glück gehabt und konnte in puncto kritische Gesellschaftstheorie viel von einem studierten Soziologen lernen.

Zitat von EmptyLife:
Die Unangepassten sind die wirklich gesunden.

Beziehst du dich hier auf Erich Fromm? Ich denke auch, dass an seinem Zitat was dran ist, allerdings hat er das schon sehr überspitzt gesagt.

Zitat von EmptyLife:
Da haben wir wieder das psychologische System, wo eine Norm über alle Menschen gestülpt wird.

Jede Geisteswissenschaft ist kulturell determiniert, ja. Deswegen ist es ja auch so widersinnig, wenn man sich hier apolitisch bzw. nicht-ideologisch gibt.

Zitat von EmptyLife:
Entschuldige, falls ich mich irgendwo wiederhole.

Kein Problem

Zitat von EmptyLife:
Mehr dazu und wie es mir seitdem erging, ist in meinem Tagebuch zu lesen.

Das hört sich ja recht positiv an. Sehr gut

27.07.2022 10:42 • x 2 #25


EmptyLife
Zitat von Grothszes:
Seit dem letzten Super-GAU ist in mir das permanente Gefühl entstanden, dass ich nie auf mich selbst gehört habe; nie auf meine eigene Natur sozusagen. Geht es dir auch so? Ich meine, das hättest du hier irgendwo in etwa so geschrieben.

Ich musste erstmal herausfinden, wer ich eigentlich wirklich bin, erst dann konnte ich anfangen, auf mich selbst zu hören.

Zitat von Grothszes:
Hast du das schonmal einem Psychiater oder einem Psychologen beschrieben? Wahrscheinlich nicht. Ich würde dir anraten, da vorsichtig zu sein, denn das kann im Rahmen einer sogenannten psychotischen Depression pathologisiert werden. So schlägt es jedenfalls die Bibel der Psychiatrie (das DSM bzw. ICD) vor. Kann, muss aber nicht - nur wenn man einen bestimmten Ausprägungsgrad erfüllt. Ich warne dich nur vor, falls du auch auf gewisse rufschädigende, stigmatisierende Diagnosen allergisch reagierst.

Schon, nur war das nie ein großes Thema oder Problem. Dass man sich so fühlt, ist nicht ungewöhnlich. Wenn man sich daran festbeißt, ist es allerdings etwas anderes. Aber danke für die Warnung.

Zitat von Grothszes:
Eins kann das kalte, atheistische Weltbild halt nicht: Den Gequälten eine Hoffnung geben, dass alles doch noch Sinn macht und gut zu Ende gehen wird.

Mir geht es gar nicht um einen Sinn oder ein gutes Ende. Dass es irgendwann endet, ist Hoffnung genug.

Zitat von Grothszes:
Beziehst du dich hier auf Erich Fromm? Ich denke auch, dass an seinem Zitat was dran ist, allerdings hat er das schon sehr überspitzt gesagt.

Kann sein, habe mich nie mit ihm beschäftigt. Es ist etwas, das ich selbst einfach festgestellt habe.
-----------
Donnerstag habe ich den Termin beim ÄD und alles geht wieder von vorne los. Wann habe ich das endlich hinter mir und muss mich nie wieder für meinen Zustand rechtfertigen?

09.08.2022 10:03 • #26


G
Zitat von EmptyLife:
Ich musste erstmal herausfinden, wer ich eigentlich wirklich bin, erst dann konnte ich anfangen, auf mich selbst zu hören.

Und das hast du schon geschafft? Das ist doch gut.

Ich selbst habe immer noch das Gefühl, mich selbst nicht erkennen zu können - als wenn irgendwann in den frühen Jahren meines Lebens dieser Kontakt zu sich selbst zu einem gewissen Teil zu Bruch gegangen ist, hauptsächlich aufgrund äußerer Geschehnisse.

Zitat von EmptyLife:
Wenn man sich daran festbeißt, ist es allerdings etwas anderes.

Ja, da sollte man entsprechend vorsichtig sein, habe ich gemerkt, sonst wird man plötzlich ganz positivistisch kaputt-pathologisiert und erhält dadurch nochmal ein zusätzliches, also zweites Trauma.

Zitat von EmptyLife:
Wann habe ich das endlich hinter mir und muss mich nie wieder für meinen Zustand rechtfertigen?

Also selbst, wenn du Grundsicherung bekommst, wird das doch irgendwann wieder erneut geprüft werden, oder irre ich mich? Es nervt natürlich ungemein, die Problematik immer wieder von Neuem erzählen zu müssen.

09.08.2022 13:59 • #27


EmptyLife
Zitat von Grothszes:
Und das hast du schon geschafft? Das ist doch gut.

Da man sich immer wieder verändert, lernt man sich auch immer wieder neu kennen. Aber gewisse Grundzüge bleiben und an denen orientiere ich mich.

Zitat von Grothszes:
Also selbst, wenn du Grundsicherung bekommst, wird das doch irgendwann wieder erneut geprüft werden, oder irre ich mich?

Schon, aber bis dahin hätte ich Ruhe und müsste nicht ständig Angst haben, dass von mir etwas verlangt wird.
---------
Morgen ist es soweit. Ich bin absolut angespannt! In der Einladung steht, dass ich Rentenbescheide, Bescheide für Familie und Soziales (Versorgungsamt) und medizinische Unterlagen mitbringen soll. Ich weiß zum Teil nicht mal, was das ist. Wahrscheinlich habe ich diese Unterlagen nicht mal.
Medizinische Unterlagen mit früheren Diagnosen habe ich eh nicht mehr. Abgesehen davon, dass ich die verleumderischen Berichte aus manchen Rehamaßnahmen sowieso nicht anerkenne.

Ich hoffe, ich denke diesmal daran, mir die Fahrtkosten erstatten zu lassen. Das habe ich das letzte Mal schon vergessen.
Egal wie das morgen ausgeht - ein Beruhigungs-/Belohnungskauf ist schon fest geplant. Was gekauft wird, entscheide ich dann spontan.

10.08.2022 11:02 • #28


EmptyLife
Das Gespräch bei der Frau vom ÄD habe ich nun hinter mir und ich kann erstmal aufatmen. Es war gar nicht schlimm, aber trotzdem war ich total angespannt. Nach den Standardfragen erklärte ich wahrheitsgemäß meine Situation - ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Ich hatte ständig Angst, dass ich nicht ernst genommen werde oder mir irgendwelche dummen, bevormundenden Kommentare anhören muss. Tatsächlich wirkte es aber so, als würde sie wissen, wovon ich rede und sie bewertete auch nichts. Weder mit Worten, noch Mimik oder Gestik. Sie hörte mir zu und fasste alles, wo ich mich mit der Erklärung schwer tat, kurz und treffend zusammen.
Ich erzählte mehr oder weniger, was ich hier auch schon schrieb. Dass ich momentan einfach nur Ruhe brauche, keine Therapie oder Reha machen möchte und mich auf die Wohnungssuche konzentriere. Sie fasste das, was ich versuchte zu erklären, treffend in einem Satz zusammen: Ich habe keinen Leidensdruck, solange ich zu Hause bin und mir niemand Druck macht oder etwas aufzwingt.
Sie besprach und erklärte mir während des Gesprächs auch alles. Worum es in dem Termin geht, welche Fragen sie warum stellen muss, was sie ausfüllen wird und auch, was sie in den Bericht schreiben wird und wie es weiter geht.
Vom Bericht bekomme ich noch eine Kopie. Ich bin sehr gespannt, ob sie auch das rein schreibt, was sie mir gesagt hat.
In den nächsten 6 Monaten sollte ich also erstmal meine Ruhe haben, da ich erstmal als erwerbsunfähig gelte. Dann gibt es wahrscheinlich nochmal einen Termin mit ihr.
Das Rehabilitationsverfahren wird damit auch beendet.

15.08.2022 22:28 • x 3 #29


A


Hallo EmptyLife,

x 4#15


Lost111
Gut gemacht! Ich freue mich für dich, dass es nicht so schlimm war, wie du erwartet hattest!
Jetzt kannst du aufatmen und dich auf das konzentrieren, was als nächstes ansteht - die Wohnungssuche.

15.08.2022 22:35 • x 1 #30

Weiterlesen »