Zitat:Ich frage mich nur manchmal, ob es überhaupt richtig ist, ihnen oft alles so passend zu servieren?????? Unterstütze ich ihre Krankheiten damit nicht noch?
Das kommt drauf an. Es ist durchaus wichtig, dass seelisch kranke Menschen soviel Normalität erleben, wie nur möglich. Daher finde ich es klasse, dass du versuchst soviel Zeit mit deinen Töchtern zu verbringen wie nur möglich und ihre Interessen unterstützt.
Allerdings sollte deine Unterstützung nicht so weit reichen, dass du ihnen Sachen abnimmst, nur weil sie krank sind. Aber ich hatte beim Lesen deiner Texte nicht das Gefühl, dass das bei dir der Fall ist. Ich finde es so klasse wie du mit der Erkrankung deiner Töchter umgehst und wieviel Verständnis du aufbringst. Da können sie sich wirklich glücklich schätzen!
Zitat:Mich würde aber interessieren, wann du deine Depressionen selbst erkannt hast und ob es einen bestimmten Auslöser gab?
Nun, ich habe relativ früh gemerkt, dass mit mir irgendwas nicht zu stimmen scheint und habe sehr bald auch eigenständig angefangen mich über meine Symptome via Internet zu informieren. Was aber noch lange nicht hieß, dass ich die Diagnose, die kurz darauf gestellt wurde, auch akzeptiert habe.
Meine Eltern hatten in der Anfangszeit ebenfalls ein großes Problem die Depression anzunehmen. Da sich Pubertät und Depression überschnitten, wurde viel eben als Faulheit, oder jugendlicher Leichtsinn abgestempelt. Sie fingen an zu verstehen, als wir gemeinsam unsere erste Familientherapie angingen.
Ich denke ein großes Problem bei Eltern, bzw Müttern, ist der ausgeprägte Mutterinstinkt. Mütter (auch meine damals) reagieren sehr schnell überbesorgt und setzen natürlich alles daran, dass es ihren Kindern besser geht. Dieses Verhalten ist, gerade in der Pubertät, für viele Teenies absolut nervig (die Erfahrung machst du ja wahrscheinlich gerade selbst).
Sie fühlen sich bevormundet und reagieren rebellisch, oder ignorant lass mich, ich hab nichts, mir gehts gut, ich brauche keine Therapie, usw.
Eine kleine Anregung für dich: Versuche deine Tochter doch einmal über die etwas andere Schiene zu erreichen.
Meine Mutter bekam damals von unserem Familientherapeuten den Tipp, dass sie einen Brief an mich schreiben soll, in dem sie versuchen soll mir dazulegen wie das Leben mit mir ist. Sie sollte dabei keine Forderungen stellen, sondern nur schreiben wie sie als Angehörige das Verhalten von mir wahrnimmt und was dies bei ihr und dem Rest der Familie auslöst.
So sollte ich vor Augen geführt bekommen, wie andere mein Verhalten wahrnehmen, denn ich selbst verhielt mich damals wie deine Tochter zur Zeit. Ich wusste mit mir stimmt etwas nicht, aber depressiv? Ach was, ich doch nicht. Und überhaupt gehen mir alle nur auf den Geist mit ihren Forderungen und Hilfeleistungen... ich hab doch gar nichts, das wird schon wieder.
Als Betroffener ist man manchmal einfach nicht in der Lage vernnftig zu reflektieren, was u.a. auch an einer verdrehten Wahrnehmung, oder schlicht und ergreifend Verdrängung liegen kann.
Der Kontakt via Brief sollte die direkte Konfrontation vermeiden und mir die Möglichkeit offen lassen, den Brief zu lesen wann ich möchte und im Stillen über das Geschriebene nachzudenken.
Der Brief lag eines Abends, als ich nach Hause kam auf meinem Bett. Meine erste Reaktion war Wut. Ich war wütend, dass meine Mutter anscheinend nichts unversucht ließ, mir auf die Nerven zu gehen und es vergingen Tage, bis ich ihn noch einmal las.
Nach etlicher Zeit aber fing ich an darüber nachzudenken, was sie wohl dazu bewegte diesen Weg zu gehen und ich las die Zeilen immer und immer wieder. Bei jedem Male taten mir die Worte mehr weh und irgendwann belastete es mich so sehr, dass ich das Gespräch suchte.
Das war so der Zeitpunkt, wo wir als Familie anfingen zusammenzuhalten was meine Erkrankung betraf. Kurz darauf - und nach vielen Familienstammtischen - ging ich freiwillig in teilstationäre Behandlung. Dort lernte ich dann schlussendlich was es heißt depressiv zu sein und konnte zum ersten Mal Parallelen zu meinem Leben finden.
Aber das ist nun etwas weit gesponnen. Ich denke für deine Tochter ist in erster Linie wichtig, dass sie eine Person hat, mit der sie offen über ihre Gedanken und Emotionen sprechen kann. Wenn sie dazu nicht in der Lage ist, bzw dies verweigert, wird es
vermutlich schwierig sein therapeutisch voranzukommen.
Ich weiß nicht, ob dir das nun hilft, aber vielleicht wäre der Kontaktversuch via Brief ja auch eine denkbare Möglichkeit für dich/euch.