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Trauma Verschickungskinder

Heideblümchen
Hallo zusammen,

nachdem mich seit der Diagnose Depression immer wieder Erinnerungen an meine Kinderverschickung in den frühen 70ern heimsuchen, wollte ich mal fragen, ob es hier Gleichgesinnte gibt, die auch in so einer (oder mehreren) Kinderverschickung waren. Ich habe teils noch lebhafte Erinnerungen daran, bestimmte Erfahrungen, die ich als 6jährige gemacht haben, suchen mich heute noch heim und beeinflussen sogar teils mein Leben. Vieles kommt aktuell wieder hoch und piesackt mich, wie dorniges Unkraut, das um mich herum langsam aus dem Boden kriecht.

Ich habe angefangen zu recherchieren, aufzuarbeiten, aber es wäre für mich interessant zu wissen, ob es andere Verschickungskinder hier gibt, deren Depressionen und/oder Leiden ggfs. auch auf den negativen Erinnerungen und Einflüssen aus der damaligen Zeit basieren (Heimweh, Verlustangst, Kontrollzwänge etc.).

Übrigens habe ich Kontakte zu Menschen geknüpft, die bei der Aufarbeitung helfen, Foren betreiben, zuhören, Workshops veranstalten, Fakten sammeln. Mir hilft das, ich habe auch schon einige Fakten über meine Zeit damals zusammengetragen, aber ein Erfahrungsaustausch wäre schon interessant, gerade unter anderen Depressions-Kranken hier. Danke euch für eure Antworten vorab! Liebe Grüße, das Heideblümchen.

12.10.2021 10:13 • x 5 #1


111Sternchen222
Hi, Heideblümchen. Ich selber hab damit keine Erfahrung dafür bin ich zu Jung,aber ich finde es megaspannend und habe damals mit meinem Onkel der auch verschickungskind war viele kontroverse Diskussionen geführt zu dem Thema, weil er nämlich keinen Zusammenhang erkennt zwischen seiner Angsterkrankung und der Kinderverschickung. Ich finde es unglaublich was ihr da als Kinder ausgehalten habt, unheimlich Stark! Mein Respekt!

12.10.2021 10:18 • x 4 #2


A


Hallo Heideblümchen,

Trauma Verschickungskinder

x 3#3


Heideblümchen
Guten Morgen, liebes @111Sternchen222 und danke für deinen Beitrag dazu.

Nach meiner Erfahrung gehen ältere Verwandte - vor allem männliche - tatsächlich teils anders mit dem Thema um.
Die Anzahl der betroffenen Frauen ist auch hier um einiges größer.
Frustrierend daran ist, dass diese Kindheitserlebnisse oft in die Ecke erfunden, Phantasie, ausgedacht gestellt werden.
Oder es heißt: stell dich nicht so an, wir haben es nur gut gemeint.
Die Betroffenen und dadurch auch dann Geschädigten werden oft einfach nicht für voll genommen. Wir waren ja kleine Kinder! Aber ich für mich kann inzwischen einige, heutige Verhaltensweisen und -Aufälligkeiten - zumindest bei mir - mit den traumatischen Erlebnissen von damals erklären. Und die Menge an Menschen mit ähnlichem Hintergrund - da reichen die Erinnerungen von gar nicht mehr vorhanden bis noch immer ganz schrecklich - die auch täglich in den einschlägigen Foren größer wird, spricht eine eigene Sprache und bekommt inzwischen Gehör, Glauben an ihre Erinnerungen, Bestätigung und sogar Unterstützung, was mir persönlich sehr hilft. Irgendwie schweißt das zusammen.
Vielleicht gibt es hier noch mehr Foris, die davon betroffen sind? Ich stelle auch gerne entsprechende Kontakte her, wenn mir der/diejenige eine PN schickt (und nein, ich mache keine Werbung für irgend eine Seite, Firma etc. Ich möchte selber nur aufarbeiten und helfen)

12.10.2021 10:48 • x 5 #3


A
Liebes @Heideblümchen ,
ich bin kein Verschickungskind, sondern musste von meinen Eltern aus für 8 Wochen an einer Erholungsmaßnahme teilnehmen, obwohl ich diese gar nicht nötig hatte. Das Heim (in Schaippach zwischen Gemünden am Main und Rieneck an der Saale) befand sich auch nicht allzu weit weg von daheim. Dennoch kam ich seelisch krank wieder nach Hause. Kontakt zu den Eltern war nicht erlaubt. Damals war ich 10 Jahre alt.
Die Info, dass noch Erholungsplätze frei waren, kam von der Schule. Meine Eltern, denen es wichtig war, dass man auch sah, wie sehr sie das Wohl ihrer Tochter im Auge hatten, waren sofort dabei. Meine Banknachbarin Brigitte war auch angemeldet.

Vorsicht Trigger!

Heimwehbekundungen wurden mit Zimmerarrest bestraft.

Wer seinen Teller nicht leer aß, bekam am nächsten Morgen zum Frühstück eine besonders große Portion dieses Essens hingestellt. Wer vor Kummer und Angst erbrach, bekam schmerzhaft in die Wangen gezwickt oder die Lippen gedreht.

Die Eltern der Kinder, die nach 8 Wochen nicht zugenommen hatten, wurden erstens über die Essensverweigerung unterrichtet und zweitens belehrt, wie man Kinder richtig erzieht.

Wer während des Mittagsschlafs aufstand, z.B. um zur Toilette zu gehen, kam in ein Extrazimmerchen, das abgeschlossen wurde. War das Bett nass oder voll, musste man vor dem nächsten Mittagsschlaf vor den Augen der andern Kinder auf dem Nachttöpfchen sitzen.

Ich bin mit massiven Störungen nach Hause entlassen worden. Zugenommen hatte ich nicht. Anstatt daheim getröstet zu werden, bekam ich von meiner Mutter zusätzlichen Ärger.
Noch bis ins Erwachsenenalter hatte ich Essstörungen. Unter Beobachtung anderer Menschen konnte ich nichts essen. Mir war schlecht, der Kreislauf machte schlapp. Erst wenn ich selber bestimmen konnte, wann ich was und wieviel esse, konnte ich etwas zu mir nehmen.
Um Salatgurken mit großen Kernen und um Wassermelonen mache ich immer noch einen großen Bogen.

Große Probleme bestehen seit der Erholung unverändert, wenn mir der Gang zur Toilette aus welchen Gründen auch immer verwehrt ist. Daher ist manchmal mein Aktionsradius noch eingeschränkt, bzw. ich überlege mir genau, wohin ich gehe und wie lange die Unternehmung dauert.

Wir Kinder mussten uns damals mit der Freundin an der Hand zu zweit aufstellen. Damals dachten wir, man käme mit der Freundin in eine Gruppe. Aber Tante Tini, die Erzieherin, teilte die Gruppen mittendurch. Wer rechts stand, kam in die eine, wer sich links befand, in die andere Gruppe. Ich sah Brigitte in den 8 Wochen kein einziges Mal, denn auch die Tischzeiten verliefen unterschiedlich.

Liebes Heideblümchen, ich glaub, solche Einzelheiten wolltest du vielleicht gar nicht wissen. Aber ich lass die Zeilen jetzt stehen, denn sie haben erstens gezeigt, wo ich noch viel Ballast abwerfen kann und zweitens hat das Schreiben einfach nur gut getan.
Danke für dein Thema!
LG von Anchi

12.10.2021 11:08 • x 8 #4


Heideblümchen
Liebe @Anchiwa4964 ... doch, genau solche Einzelheiten möchte ich wissen, denn sie verbinden sich mit meinen eigenen und geben mir das Gefühl, dass ich nicht spinne mit dem, an was ich mich selber erinnere. Ich selber habe mir meine gesamten Erinnerungen auf einer anderen Seite im Netz von der Seele geschrieben, bin aber durch einen Bericht einer weiteren Frau, die ein Jahr vor mit in derselben Einrichtung war, an weitere Dinge erinnert worden, die ich bis dato verdrängt hatte (Selbstschutz? Oder einfach wirklich nur vergessen?) Von daher triggert mich das nicht, sondern vertieft nur die Verbundenheit! Danke für deine Offenheit.
Vieles von dem, was du schreibst, habe ich genau so erlebt. Teils noch schlimmer, teils nicht ganz so drastisch, weil nicht unmittelbar betroffen. Aber der Stachel sitzt auch bei mir tief.
Bestimmte andersartige Essgewohnheiten, Verlustängste, Zwänge, totale Fehlreaktionen auf bestimmte Gerüche....all das ist immer noch präsent.
Ich hatte vor ca. 15 Jahren die Möglichkeit, den Kur-Ort meiner Kindheit nochmals zu besuchen und dachte danach jahrelang, jetzt hätte ich endlich damit abgeschlossen. Dem ist aber leider nicht so. Nur die Gemeinschaft der Gleichgesinnten mindert meine eigenen Emotionen, die da aktuell ständig wieder hochkommen. Gerade gestern habe ich Kontakt zum damaligen Einrichtungs-Träger (einem Nonnen-Orden) aufgenommen, aber die alten Unterlagen über mich von damals, so wurde mir heute telefonisch mitgeteilt, sind leider unwiederbringlich verloren, die damaligen Betreuerinnen alle verstorben. Eine Sackgasse für mich und viele andere.

12.10.2021 11:27 • x 3 #5


Anneklatsche
Ich war auch in so einem Erholungsheim zusammen mit meinem Bruder.. ich habe nur vereinzelte Erinnerungen daran.. und wir waren auch nicht so lange dort, 3 oder 4 Wochen.. so manche Erinnerungen ploppen mal auf, aber ich habe wohl das meiste daran verdrängt.. schön wars nicht.. wir haben auch nie verstanden, warum wir da hin mussten.. erst nach Jahren habe ich erfahren, dass meine Eltern das Haus renovieren wollten und uns dabei nicht gebraucht haben.. ich war damals 9 oder 10 Jahre alt, ca 1985 muss das gewesen sein.. ich weiß auch nicht mehr genau, wo das war.. muss mal meine Eltern interviewen..

12.10.2021 11:43 • x 2 #6


EmptyLife
Mir wird beim Lesen grade klar, dass ich sowas ähnliches auch durch machen musste. Meine Mutter hat mich als Kind mal in eine Kur geschickt... ich weiß nicht mehr ob es Wochen oder Monate waren und wofür überhaupt. Ich weiß nicht mehr wie alt ich genau war, aber ich war noch nicht in der Pubertät. Denn an mein Leben kann ich mich erst ab dem 15. Lebensjahr vollständig erinnern.
In dieser Kur war ich massiven Schikanen, Ausgrenzung und Mobbing durch die anderen Kinder ausgesetzt.
Ich weiß nur noch, dass es für mich der pure Horror war und ich froh war, als mich meine Mutter wieder abgeholt hat.
Vermutlich hat sich mich dort reingesteckt, weil ich mich als Kind immer isoliert habe und nie gut mit anderen Kindern klar kam. Ihr ging es ständig nur darum, mich sozial zu bekommen.
Wie die Pfleger mit mir und den anderen umgingen, weiß ich nicht mehr.

Ich wusste bis heute nicht, wozu das gut war. Jetzt bin ich schlauer.

12.10.2021 11:55 • x 2 #7


Heideblümchen
Die Verschickungen waren damals dazu gedacht, Kinder, die zu leicht oder zu klein waren, aufzupäppeln, an der frischen Luft. Oder anders herum, sie zu behandeln, wenn sie übergewichtig waren oder Krankheiten hatten.
Die Betreuer/innen waren allerdings damals noch nicht so geschult wie heute. Bettnässer wurden z.B. bestraft, wenn sie eingenässt hatten. Dabei hätte man nachforschen müssen, was in ihrem Umfeld passiert ist oder warum sie das gemacht haben. Bei Heimweh wurde man allein eingesperrt, um die anderen nicht zu stören. Und vieles weitere.....(Schlimme!)

Mir hat es geholfen, Jahre später mit meiner Mutter darüber zu sprechen, ohne ihr Vorwürfe zu machen. Sie hat so einiges wieder aus der Versenkung gekramt, Bilder und alte Briefe und Erinnerungen. Die Briefe waren besonders schlimm für mich, weil ich sie diktiert hatte (mit 6 Jahren konnte ich ja noch nicht schreiben) und der Text, der bei meinen Eltern kam, ein ganz anderer war als der, den ich diktiert hatte. Ich hatte um Hilfe gerufen, angekommen ist: hier ist es sehr schön, das Wetter ist klasse, alle sind nett.....

12.10.2021 12:35 • x 3 #8


Stromboli
All das zu lesen, macht gerade einfach wütend! Wütend über all die Ignoranz und schreiende Gefühllosigkeit, die daraus eisig entgegenweht

Ich kann hier nicht aus eigener Erfahrung etwas beisteuern, mein Drama hat sich im eigenen Elternhaus abgespielt. Aber sofort eingefallen sind mir die tragischen Schicksale der Verdingkinder, die bei uns in der Schweiz seit ca 10 Jahren stark ans Licht kamen. Kinder, die dauerhaft von ihren Familien weggegeben wurden oder ihnen behördlich weggenommen und dann in oft sehr lieblosen Umständen in Heimen oder als gratis Arbeitskräfte bei Bauern aufwachsen mussten. Die meisten traumatisiert fürs Leben. Es gibt dazu einen eindrücklichen Film, Der Verdingbub.
Das deckt sich jetzt nicht ganz mit deinem Thema, trotzdem hab ich den Impuls es hier anzufügen.

12.10.2021 13:15 • x 6 #9


Kate
Bei mir lief das schnöde unter der Rubrik "Ferienlager". Erinnerungen daran habe ich so gut wie keine.
Und zweimal Kur wegen krassem Untergewicht, dort wurde ich regelmäßig unter die kalte Dusche gestellt, zur Abhärtung. Ich glaube aber das war ganz normal, denn 3 Jahre später, ich war dann etwa 9, war das noch genauso. Wenn ich weinte musste ich in einem Baby Gitterbettchen schlafen, halt wie ein Baby. Aber auch das fand ich jetzt nicht so sonderlich schlimm.
Vielleicht war das in der DDR einfach so. Da wurde halt kein großes Federlesen draus gemacht.

12.10.2021 16:01 • x 2 #10


Kate
Ich war in Wiek auf der Insel Rügen. Kennt das vielleicht jemand?
Aber wie gesagt, ich empfand es als nicht so schlimm, erinnere mich aber auch nur ans Duschen und schlafen.

12.10.2021 16:20 • x 1 #11


Marylu
Die Ferienlager, die ich in der DDR erlebt habe, waren nicht so schlimm. Es war auch streng, man musste auf essen, Mittagsschlaf und Frühsport machen. Jeden Morgen gab es einen Fahnenappell, aber z.B.hat mich mein Vater wegen Heimweh abholen dürfen. Vielleicht gab es auch Unterschiede, aber insgesamt habe ich eher gute Erinnerungen.

12.10.2021 16:20 • x 2 #12


Kate
Ich glaube gerade, Ferienlager und Kurheime waren dann doch nochmal ein großer Unterschied.

12.10.2021 16:26 • x 2 #13


M
Zitat von Kate:
Ferienlager und Kurheime waren dann doch nochmal ein großer Unterschied.

das sehe ich auch so die Kinderlandverschickungen vor allem nach dem Krieg waren etwas anderes, die gingen ja oft über längere Zeit als die Ferienlager.

12.10.2021 16:31 • x 3 #14


Kate
Ich frage mich gerade, ob es in einigen Kitas nicht heute noch so ist. Man hört im Grunde doch ständig von immensen Missständen in einigen Einrichtungen.

12.10.2021 16:57 • x 2 #15


M
Zitat von Kate:
ch frage mich gerade, ob es in einigen Kitas nicht heute noch so ist. Man hört im Grunde doch ständig von immensen Missständen in einigen Einrichtungen

Bestimmt aber ich denke das ist nicht das was @Heideblümchen meint. Auch wenn es nicht ganz dazu passt ich habe mich vor einiger Zeit mit dem Thema Kriegsenkel beschäftigt auch ein besonders Thema. Und ich vermute mal das Heideblümchen Verschickungen meint aus Zeiten wo man noch nicht so genau hinterfragt hat. Gut gemeint ist halt nicht gut gemacht. In den 60//70 Jahren war das ja noch etwas anderes.

12.10.2021 17:10 • x 4 #16


Kate
Ok, ich verstehe es jetzt besser.

12.10.2021 17:19 • x 3 #17


M
Meine Mutter war so ein Kind das Stromboli beschrieben hat. 8.von 9 Kindern Vater während der Kriegszeit arbeitslos, zu stolz Unterstützung anzunehmen. Bitter arm . Sie wurde mit 12 aufs Land geschickt zum arbeiten und sie hat nie in ihrem Leben wieder aufgehört zu arbeiten um irgendwo dazu zu gehören.

12.10.2021 17:23 • x 4 #18


Kate
Schrecklich

12.10.2021 17:42 • x 3 #19


A
Zitat von Kate:
Ich war in Wiek auf der Insel Rügen. Kennt das vielleicht jemand?

Wiek kenne ich gut, allerdings nur von späteren Urlauben her.

12.10.2021 17:49 • x 1 #20


Marylu
Es ist sehr interessant dieses Thread, aber auch erschreckend. Von Psychologie wusste man damals noch nix, bzw. war man sicher auch einfach mit Überleben beschäftigt.

12.10.2021 17:57 • x 1 #21


111Sternchen222
Zitat von Kate:
Ich frage mich gerade, ob es in einigen Kitas nicht heute noch so ist. Man hört im Grunde doch ständig von immensen Missständen in einigen Einrichtungen.

Um Himmels Willen, das Vergleiche bitte nicht miteinander. Und es mag bestimmt vereinzelt pädagogische Fachkräfte geben die nicht ganz sauber ticken,das schließe ich nicht aus aber grundsätzlich ist unser Auftrag die Kinder zu schützen und zu behüten. Wie in Familien auch gibt's sicher schwarze Schafe in unserem Job,leider aber hoffentlich lerne ich nie eins kennen....

12.10.2021 19:01 • x 5 #22


Kate
Sorry, ich hatte es erst richtig verstanden, als Machara es erklärte um was es wirklich geht.
Natürlich möchte ich eine Kita nicht mit so einer Einrichtung nach dem Krieg vergleichen. Traumatisierend kann aber dennoch beides sein.

12.10.2021 19:07 • x 4 #23


Liselotte
Hallo Kate,
ich empfinde es als sehr wichtig, das Wort traumatisierend nicht unbedacht zu benutzen. Heutzutage steht das Kindeswohl an erster Stelle. In Kitas entwickeln sich die Kinder in einem geschützten Umfeld.
Traumatisierend bedeutet jemanden wird eine Wunde zugefügt, diese Verletzung zieht Folgeschäden nach sich.

12.10.2021 19:26 • x 1 #24


Kate
Zitat von Liselotte:
Hallo Kate, ich empfinde es als sehr wichtig, das Wort traumatisierend nicht unbedacht zu benutzen. Heutzutage steht das Kindeswohl an erster Stelle. ...

Nun ja, zum Missbrauchsfall aus der Kita in Dresden beginnt der Prozess 2022! Was glaubtest Du was ich meinte? Keinen Nachtisch?

12.10.2021 19:29 • x 1 #25


Liselotte
Nein, ich glaube schon, dass Du so reflektiert bist und mir auch eingestehst so erwachsen zu sein hier nicht über fehlendem Nachtisch zu sprechen. Es gibt diese vereinzelten Fälle bedauerlicherweise. Es gibt aber auch seine Entdeckung, da wir heute ein Bewusstsein entwickelt haben und in einem fortgeschrittenen Stadium eines kindgerechten Umgangs mit kleinen Seelen angekommen sind. Traumatisierende Erfahrungen in einer heutigen öffentlichen Kinderbetreuung sind die Nadel im Heuhaufen. Sie finden sich eher im privaten Bereich.
Ich finde es einfach angebracht, den Tatbestand einer Traumatisierung nicht inflationär zu benutzen.

12.10.2021 19:49 • x 1 #26


EmptyLife
Zitat von Liselotte:
Heutzutage steht das Kindeswohl an erster Stelle.

Davon habe ich und sehr viele hier nichts gemerkt.

Zitat von Liselotte:
In Kitas entwickeln sich die Kinder in einem geschützten Umfeld.

Ich war bereits in Kitas massivem Mobbing durch andere Kinder ausgesetzt und die Erwachsenen haben nur zugeschaut.

Zitat von Liselotte:
Traumatisierend bedeutet jemanden wird eine Wunde zugefügt, diese Verletzung zieht Folgeschäden nach sich.

Kann ich bestätigen. Hat einige Schäden nach sich gezogen.

12.10.2021 20:12 • x 3 #27


Kate
Zitat von Liselotte:
Ich finde es einfach angebracht, den Tatbestand einer Traumatisierung nicht inflationär zu benutzen.

Finde ich ebenso, aus dem Grund hatte ich ihn auch verwendet, da ich sehr wohl weiß von was ich spreche!
Dir noch einen schönen Abend

12.10.2021 20:14 • #28


Mabaja
Zitat von Heideblümchen:
nachdem mich seit der Diagnose Depression immer wieder Erinnerungen an meine Kinderverschickung in den frühen 70ern heimsuchen, wollte ich mal fragen, ob es hier Gleichgesinnte gibt, die auch in so einer (oder mehreren) Kinderverschickung waren. Ich habe teils noch lebhafte Erinnerungen daran, bestimmte Erfahrungen, die ich als 6jährige gemacht haben, suchen mich heute noch heim und beeinflussen sogar teils mein Leben.

Hallo Heideblümchen,

ich musste erstmal googeln, was genau diese Verschickungskinder waren, und stellte fest, dass ich wohl auch eines davon war. Ich wurde 1972 mit 6 Jahren auf eine deutsche Insel geschickt. Die Kinderärztin hatte meine Mutter überzeugt, dass sechs Wochen Erholungskur für mich das Beste sei, um den s. Missbrauch zu vergessen. Während meiner Abwesenheit zogen meine Eltern um (wegen mir, um mich zu schützen). Es kam ihnen also sehr gelegen.
Ich hatte Heimweh und nachdem ich ohne elterlichen Schutz dem Missbrauch ausgesetzt war, war ich dann ohne elterlichen Schutz der Willkür der Erzieherinnen(?) ausgesetzt - psychologisch nicht wertvoll, aber darüber dachte damals niemand nach.
Mit den anderen Kindern hatte ich keine Probleme, doch vor den strengen Erzieherinnen hatte ich große Angst. Ich vermute, dass ich wohl die eine oder andere Bestrafung und Bloßstellung mitbekommen habe. Ich kann mich jedoch nur an meine eigene Bestrafung erinnern.
Es war am Abend verboten, die Zimmer zu verlassen. Es war auch verboten, ins Bett zu machen. Es war ebenfalls verboten, barfuß zu laufen. Mich quälten jedoch häufig Albträume und ich dachte mir immer, dass die nur kämen, wenn ich auf Klo müsse. Vor lauter Angst drückte die Blase erst recht. Ich schlich mich barfuß aus dem Zimmer, um leise wie ein Indianer zu sein. Ich schaffte es unbemerkt an der Aufsicht vorbei zum Toilettenraum. Nach dem erlösenden Pinkeln zog ich brav die Kette des Spülkastens. Das Wasser rauschte los durchs Rohr und ins Klo... und ich wusste: das war's! Das konnte die Aufsichtsperson nicht überhört haben. So wurde ich dann von ihr an der Tür in Empfang genommen. Sie schimpfte und führte mich zum Speisesaal ab. Dort nahm sie einen der Holzstühle, stampfte seine Beine in der Mitte des Raumes auf den Boden und drückte mich auf die Sitzfläche. Ich musste lange auf dem Stuhl ausharren, durfte den Fußboden nicht berühren. Sie hatte zudem das Licht gelöscht und die Tür abgeschlossen.

Ich empfand damals die Kur als Bestrafung. Mir wurde zwar gesagt, dass ich das wegen Keuchhustens machen sollte, aber das war unlogisch, weil ich dagegen geimpft war. Ich kann nicht sagen, warum, aber für mich stellte es einen direkten Zusammenhang zum Missbrauch dar; vielleicht weil nebenbei auch von vergessen die Rede war.

Für mich blieb es eine traumatische Erfahrung und verstärkte mein Schuldgefühl. Unter den Folgen leide ich noch heute. Zum Beispiel eskalierte ein Personalgespräch, als ich zu einer Reha gezwungen werden sollte, um Bossing und Folter am Arbeitsplatz zu vergessen. Nein, dieses auf Erholung weggeschickt werden triggerte mich zu sehr. Reha nur auf freiwilliger Basis, aber niemals wieder unter Zwang.

Ansonsten erinnere ich mich nur noch an einen Tag, an dem wir am Strand Muscheln sammelten und sie auf kleine Schachteln klebten. Das war wenigstens etwas, woran ich Spaß hatte.

13.10.2021 00:50 • x 6 #29


A


Hallo Heideblümchen,

x 4#30


T
Zitat von Liselotte:
Traumatisierende Erfahrungen in einer heutigen öffentlichen Kinderbetreuung sind die Nadel im Heuhaufen. Sie finden sich eher im privaten Bereich.

Die Kinder-Fremdbetreuung ist nach wie vor eine Katastrophe. Nur kriegen das die meisten Eltern nicht mit, und wollen es vielleicht auch gar nicht so genau wissen.
Vor allem bei den 1-4 jährigen ist das ganz schlimm. Die meisten weinen und schreien nach Vater und Mutter, bis zur Erschöpfung, das nennt sich dann Eingewöhnung. Vor dem 3.Lebensjahr versteht ein Kind noch gar nicht, was da passiert. Folgeschäden sind absehbar.

13.10.2021 07:55 • x 4 #30

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