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Triggerwarnung Trauma Das Leben ist eine Baustelle

Schlüsselkind
Guten Morgen zusammen,

ich starte ein Thema, um mich mit euch als Betroffene austauschen zu können, was eigene Erfahrungen und Lösungsansätze angeht. Derzeit befinde ich mich nicht (mehr) in Psychotherapie, kann aber in Notfällen immer kurzfristig darauf zurückgreifen. Was mir immer sehr hilft. Mir geht es hier vielmehr aber um den persönlichen Austausch.

Durch meine 2 Jahre andauernde Psychotherapie (begleitend mit Hypnose) wurde bei mir ein (Kindheits-)Trauma festgestellt, dass mich unterbewusst seither immer begleitet hat, aber jahrelang unterdrückt wurde.

Triggerwarnung 1: (Kindheits-)Trauma
Trigger

se*ualisierte Gewalt




Bei mir hat sich das Trauma dann aber später durch meine Erkrankung (Endometriose) seinen Weg nach Außen gesucht und dadurch begann für mich ein jahrzehntelanger Weg von täglichen Dauerschmerzen (an dieser Stelle verzichte ich auf detaillierte Beschreibungen der Erkrankung, weil das Thema zu komplex ist, um hier behandelt zu werden, wer aber diesen Weg gerne nachlesen möchte, sie ist in der 2. Triggerwarnung enthalten). Vielleicht hilft es ja auch noch jemanden, der ähnliches erlebt oder auch erkrankt ist, ein paar neue Ansätze zu finden:

Triggerwarnung 2: Krankheitsverlauf

Trigger

Endometriose wirkt sich bei jedem Menschen anders aus und ist immer individuell zu betrachten, aber manche Syptome sind schon sehr auffällig und sollten weiter verfolgt werden, um die Krankheit zumindest ausschließen zu können.

Mit 12 Jahren erste Regelblutung, war ein extremes Schmerzerlebnis, wurde zunächst eingestuft Körper-muss-sich erst-hormonell einpendeln, starke Regelschmerzen normal. Habe jeden Monat schon als Teenager viele Schmerztabletten genommen, alle anderen Tage aber beschwerdefrei.

Zischendurch mal Zusammenbrüche da sehr starke Bauschmerzen, teilweise so starke Krämpfe, dass ich auch in die Notaufnahme kam. Verdacht Blinddarm. Nichts gefunden, keine Diagnose.

Im Laufe der Jahre habe ich mit dem Schmerz gelebt, als sich meine Lebensumstände änderten Studium, habe ich plötzlich tägliche Bauchschmerzen gehabt. Sehr starke unerträgliche Krämpfe. Es stand der Verdacht auf Magenschleimhautentzündung. Darauf wurde ich dann ohne Erfolg behandelt. Dann Überweisung zur Psychotherapie Verdacht auf psychosomatische Beschwerden. Therapie hat nicht geschadet, war mir was die Schmerzen angeht aber nicht förderlich. Mir war derzeit oft auch psychisch unwohl, hatte dissoziative Zustände ab und zu.

Nach Studium Berufsanfang, persönliche Veränderungen positiver natur, Buachschmerzen weg, aber teilweise wieder starke Regelschmerzen, auch auch jahrelang schmerzfreieren Monaten. Was hier aber bereits parallel anfing, war meine chronische Erschöpfung die bei Endometriose oft ein sehr starkes Begleitsymptom ist. Regel mal schmerzhaft, weniger schmerzhaft, teilweise beschwerdefrei.

Dann Umzug andere Stadt, erster Besuch bei neuer Gynäkologin. Erkennen von Myomen auf dem Ultraschall. Ich erzählte ihr von der Odysee meiner jahrelangen Regelschmerzen, unerklärten Bauchschmerzen, der Übelkeit, chronischen Erschöpfung, den Zusammenbrüchen. Es folgte Überweisung zur Bauchspiegelung auf dem Ultraschall allein nicht erkennbar!. Bei der Bauchspiegelung wurden Endometrioseherde entdeckt und gleich entfernt, ebenso die Myome. Dazu sei noch zu sagen, dass man Myome auch ohne Endometriose haben kann. Durch die Schilderung meiner anderen vielen Symptome war meine Ärztin aber alarmiert.

Nun war ich offizielle Endometriosepatientin. Nach OP haben Schmerzen angehalten, ich wurde nicht richtig danach aufgeklärt, Behandlung mit Hormonpräparat erfolglos. Dann 2 Jahre mehr oder weniger große Beschwerden während der Regelblutung.

Dann wieder kolikartige sehr starke Krämpfe bis Zusammenbruch während der Arbeitszeit, Krankenhausaufenthalt, erneute Bauchspiegelung. Endometriosherde wurden wieder neu entfernt. Leider können sie immer weiter wachsen und auch der Entfernung wieder auftreten, was die Krankheit unberechenbar macht.

Jetzt hatte ich die Schmerzen täglich und unabhängig von meiner Regelblutung. Wie sich die Endometrioseherde auswirken, hängt gar nicht mal von der Menge ab. Es gibt Menschen mit wenig E.Herden die große Schmerzen haben wie ich und Frauen die viele Endometrioseherde haben, aber gar keine Schmerzen haben. Zudem ist auch wichtig, wo sich die E.herde befinden. Z. B. habe ich schon von Menschen mit E.herden am Darm gehört, die dann sehr starke Darmbeschwerden hatte etc. Häufige OPs führen leider oft zu Verwachsungen oder Vernarbungen, die auch Schmerzen/Beschwerden verursachen können, daher wird heute nicht mehr ganz so voreilig und viel operiert.

Danach begann meine Ärzteodysee mit versch. Behandlunsgansätzen. Da die Ursachen der Krankheit unzureichend erforscht sind und es hier mehrere untersch. Ansätze gibt, war auch die Behandlung sehr individuell wenn manchmal auch kaum vorhanden, weil Ärzte überfordert waren. Bis ich dann meine Professorin entdeckt habe, sie ist selbst auch in der Forschung tätig. Hier habe ich festgestellt, dass man wirklich sehr lange ausprobieren muss bis man sich besser fühlt, weil es leider im Vergleich zu anderen Krankheiten kein Allgemeinrezept gibt. Bei ihr bin ich nun in Schmerztherapie. Hier ist es wichtig, dass man so schnell wie möglich behandelt wird, denn hat sich der Schmerz erst einmal im Schmerzgedächtnis festgebissen, kann er sich schnell chronifizieren - wie es wohl bei mir der Fall war.

Wissenschaftliche Studien, die statistisch zeigen, dass se*ualisrte Gewalt Endometriose auslösen KANN. Untersuchungen ergaben hier eine große Häufigkeit unter den Betroffenen. Aber die Erkrankung kann auch ohne traum. Erlebnisse, durch körperliche Zusammenhänge auftreten. Ist leider noch nicht ausreichend erforscht. Nur zur kurzen Erklärung.



Durch die große Schmerzen und der psychischen Belastung durch die Schmerzen und Begleiterkrankungen startete ich eine Psychotherapie. Nachdem meine Therapeutin der Ursache meiner Erkankung auf die Spur gekommen ist und wir das prägende traum. Erlebnis bearbeitet haben, löste sich meine innere (Schmerz-)Blockade, so dass ich mittlerweile schmerzbefreit bin. Soweit schon einmal zu dem positiven Aspekt, den ich niemals für möglich gehalten hätte.

Psychisch ging es mir seitdem auch ZUNÄCHST gut, ich fühlte mich befreit und gelöst, darüber einmal offen sprechen zu dürfen und zu können, auch wenn es mir sehr schwer fiel. Denn das hätte ich außer meiner Therapeutin niemals jemandem offenbart.

Nun ist es aber bereits seit einiger Zeit so, dass ich mich plötzlich mental sehr unwohl fühle und mich Ängste plagen (u. a. das man mir mein Erlebtes ansehen könnte, wie ich mich in partnerschaftlichen Beziehungen verhalten soll, ob ich darüber reden muss etc.)

Ich hatte vor etlichen Jahren eine sehr merkwürdige Begegnung mit einem mir unbekanntem betrunkenen Mann, der mir etwas sehr explizites an den Kopf warf, dass wirklich nur ich als Betroffene wissen kann. Seitdem kreisen eben diese irrationalen Gedanken, dass man ES mir ansieht. Und das mir das Erlebte dadurch zwischenmenschlich im Weg steht. Dass es überhaupt zwischen mir und anderen Menschen immer stehen wird. Das fühlt sich für mich aktuell am schmerzhaftesten an, dass ich quasi kaputt bin, eine Betriebsstörung habe.

Dann kommen mir Gedanken, dass es vielleicht anders herum doch besser gewesen wäre. Also, die Schmerzen zu behalten und die seelische Last im Verborgenen zu wissen. Jetzt aktuell fühle ich mich gerade einfach nur seltsam abgetrennt von meiner Außenwelt.

Was nicht im Zusammenhang mit dem Erlebten steht, aber auch einen großen Einfluss auf mein derzeitiges Leben hat - und sich auch wie eine Betriebsstörung meinerseits anfühlt - ist das Nicht-Verhältnis zu meinem abwesendem Vater, der vor ein paar Monaten verstarb. Zunächst habe ich keinerlei Trauer gespürt, denn ich hatte trotz des abwesenden Vaters/nicht Kontaktes zu ihm leider trotzdem gesetzlich viele Pflichten zu erledigen, viel Druck: bin viel gereist und war dadurch permanent abgelenkt. Seit ein paar Wochen jedoch geht es mir auch hier nicht gut, und es stellt sich doch eine Trauer ein. Nun habe ich zumindest hierzu ein paar doch interesstante Artikel zum Thema gefunden, wie man mit dieser vielschichtigen Trauer umgehen kann und auch hier würde es mich interessieren, wenn ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt, wie ihr dies lösen konntet?

Bei mir ist definitv gerade mehr die Trauer vorhanden, dass ich nie einen Vater hatte und auch endgültig nicht mehr haben werde als der Verlust des Menschen ansich. Früher hat mich immer der Gedanke getröstet, immerhin dann noch einen - wenn auch schlechten - Vater zu haben (wenn meine Mutter verstirbt). Nun hat sich zu meiner Verwunderung seit ein paar Wochen aber die Trauer ihren Weg nach außen gesucht und ich lasse es so einfach fließen.

Ich weiß, dass ich langfristig für beides bestimmt eine gute Lösung finden werde, aber dies ist es, was mich gerade sehr beschäftigt. Denn ich habe dank meiner Therapeutin über einen langen Zeitraum eine Visualisierung erstellt, was ich noch erreichen möchte im Leben und das hat mir gerade anfangs des Jahres derart viel Motivation und Energie geben können (hab sogar jemand nettes kennengelernt zwecks Partnerfindung, hatte Vorstellungsgespräche zwecks neuem Job) bis mein Vater dann plötzlich verstorben ist und wirklich ALLES im Leben stagniert ist, so dass ich wohl erst einmal doch zunächst für mich mehr Geduld und mehr Zeit aufbringen muss, mich wieder zu fangen.

Vielleicht hat jemand ähnliches erlebt?

Danke schon einmal für das lesen des sehr langen Beitrages und liebe Grüße in die Runde!

16.10.2023 12:06 • x 13 #1


Fritz
Hi Schlüsselkind
Erstmal willkommen!
Ich musste mein ganzes Leben lang unter Depressionen und Ängsten leiden.
Was habe ich schon alles gemacht, damit die Depression verschwindet.
Yoga, Qi Gong, Selbsthilfegruppe, Schiedsrichter im Jugendbereich, Buddhismus, Religion, Therapien, Klinikaufenthalte, Reha, Kur, usw.)
Es hat nichts auf Dauer geholfen.
Meine Depression ist vererbt, sie ist in meinen Genen einprogrammiert.
In der letzten Zeit akzeptiere ich die Krankheit und ich mache das Beste daraus!

Da geht sehr viel!
Ich bin sehr stabil und belastbar!

Ein Auslöser ist bei mir die Verletzungen in der Kindheit.
(Meine Mutter ist bei meiner Geburt gestorben und als ich 4 Jahre später ein Stiefmutter bekam, war ich hinten dran.
Wie ein Kuhschwanz!)
Ich wünsche dir, dass du deine Verletzungen in deiner Kindheit aufarbeitest und auflöst!
Mir geht es sehr gut und so sollte es auch bleiben!
Vielleicht wird es bei dir auch so!
(Vermutlich haben meine Medikamente auch einen großen Einfluss!)
Naja.
Meine Einstellung

16.10.2023 21:03 • x 2 #2


A


Hallo Schlüsselkind,

Triggerwarnung Trauma Das Leben ist eine Baustelle

x 3#3


bones
@Schlüsselkind auch von mir ein herzlich willkommen Gruß.

Nun um das verstehen zu können. Was macht es für dich so sicher,dass es ein Erlebnis Trauma in deiner Kindheit gab? Nur weil die Studie das erfasst hat, muss es ja nicht zwangsläufig bei dir auch so sein. Es kann so ne Erkrankung auch andere Ursachen haben. Desweiteren Stelle ich mir die Frage, wie man da therapieren könnte, wenn es keine feste Beweise gibt. Auf Grund deiner Erkrankung?

Bitte nicht falsch verstehen! Das du diese Erkrankung hast, zeigt wie stark du wirklich bist. da gibt es nix zu diskutieren. Da zieh ich mein Hut dafür! Aber dieses Trauma find ich etwas unpassend irgendwie.

16.10.2023 23:01 • x 1 #3


Lost111
@Schlüsselkind

Das ist echt eine heftige Lebensgeschichte bis hier. Ich weiß gar nicht wirklich, was ich dazu sagen soll.
Trauer äußert sich bei Jedem anders. Auch wenn du einen schlechten Vater hattest, kann ich irgendwo nachvollziehen, dass du ihm nachtrauerst. Denn es ist ein Abschied für immer.
Trauer braucht Zeit. Und die solltest du dir auch geben.

16.10.2023 23:12 • x 2 #4


Schlüsselkind
Ich wundere mich gerade, dass mein Beitrag unter Kategorie: Angst vor Krankheiten ... abgelegt wurde, hatte beim Erstellen eigentlich aber Kategorie: Ängste etc ... ausgewählt. Hoffe, mein Beitrag wird deshalb jetzt nicht missverstanden, da mit Hypochondrie nichts zu tun.

Hallo @bones

Zitat von bones:
Was macht es für dich so sicher,dass es ein Erlebnis Trauma in deiner Kindheit gab?


Ich war dabei und ich hab es erlebt. Es war einmalig, aber eben der Auslöser.

Zitat von bones:
Desweiteren Stelle ich mir die Frage, wie man da therapieren könnte, wenn es keine feste Beweise gibt.


In Therapie war ich ja, mit dem Erfolg, dass es mir körperlich jetzt sehr gut geht, jetzt belastet mich die Situation aber psychisch auf einmal. Wie gesagt, wollte ich mich hierzu mal austauschen. Vielleicht ist das aber jetzt auch völlig normal und es wird mich immer begleiten, aber mit einem besseren Umgang in Bezug dessen. Notfalls kann ich wie geschrieben wieder mit meiner Therapeutin sprechen.

Zitat von Lost111:
Trauer braucht Zeit. Und die solltest du dir auch geben.


Lieben Dank, ja, ich denke auch, da es mich gerade aus dem Kalten erwischt hat, überfordert mich das jetzt etwas.
Erstmal so fließen lassen und Geduld haben, ist aktuell wohl das beste.

Zitat von Fritz:
Mir geht es sehr gut und so sollte es auch bleiben!
Vielleicht wird es bei dir auch so!


Vielen Dank, das wird schon wieder besser ... ist vermutlich gerade zu viel auf einmal an Baustellen.

17.10.2023 08:08 • x 3 #5


Marylu
Liebes Schlüsselkind,
ich finde deinen Bericht sehr bewegend. Toll, dass du es geschafft hast, deine Erkrankung durch die Therapie in den Griff zu bekommen.
Na klar ist es unsere Hoffnung, dass es uns 100prozentig gut geht, aber es gibt eben immer wieder Rückschläge. Ich wünsche dir, dass es bald besser wird und die Hoffnung immer die Oberhand hat

17.10.2023 18:46 • x 2 #6


Alexandra2
Liebes @Schlüsselkind
Du bist ja sehr belastet und hast viel erreicht, trotzdem. Das ist stark!
Ich verstehe Deine Verwirrung zum Tod Deines Vaters. Obwohl wir keine gute tragfähige Beziehung zu unseren Vätern hatten, tut die Endlichkeit weh. Ich habe das Gefühl, dass es dieses Nicht mehr, keine Möglichkeiten mehr, keine Hoffnung mehr sind, die so sehr schmerzen. Es ist der unfreiwillige Rückblick auf ein Leben ohne väterliche Sorge, Sicherheit und Liebe. Und dadurch zwangsläufig das Aufwühlen dessen was nie war und betrauert werden will. Das macht die Trauer doppelt schwer. Ich selbst habe keine Traurigkeit mehr für das was nicht gewesen ist, mir half der Besuch einer Trauergruppe für längere Zeit. Vielleicht wäre das eine Hilfe für Dich?
Mir hat das sehr geholfen, weil meine Mutter einige Tage vor meinem Vater starb. Die Beziehung zu ihr war traumatisierend. Als also beide tot waren, hatte ich das Gefühl durchzudrehen. Es war eine schreckliche Zeit und da half mir die Gruppe sehr, dort konnte ich mich ausdrücken, fand etwas Halt. Der Schmerz wurde erträglicher, eben auch der, dass ich keine Kindheit hatte. Aber das machte ich mit mir selbst aus.
Liebe Grüße Alexandra

17.10.2023 20:13 • x 3 #7


ZeroOne
Schade, dass der Thread nicht richtig angelaufen ist. Die Erkenntnisse daraus hätten auch mich interessiert.

Obwohl ich eine komplett andere (Kranken-)Geschichte habe, sehe ich im Eröffnungspost 2 Parallelen.

Zum einen die Wahrnehmung und Interaktion mit der Außenwelt bzgl. der vermeintlichen Betriebsstörung:
Zitat von Schlüsselkind:
Seitdem kreisen eben diese irrationalen Gedanken, dass man ES mir ansieht. Und das mir das Erlebte dadurch zwischenmenschlich im Weg steht.


Zum anderen der zunächst emotionslose Verlust eines Familienmitglieds, der später aufkommenden Trauer und der Erkenntnis, dass sich diese gar nicht auf die verstorbene Person per se bezieht, sondern eher auf das, was einem diese Person genommen, oder nicht gegeben hat:
Zitat:
Bei mir ist definitv gerade mehr die Trauer vorhanden, dass ich nie einen Vater hatte und auch endgültig nicht mehr haben werde als der Verlust des Menschen ansich.


Zeitweise musste ich aufpassen, mir kein schlechtes Gewissen einzureden, wo es überhaupt nicht berechtigt gewesen wäre.

08.11.2023 16:09 • x 3 #8


Schlüsselkind
Zitat von ZeroOne:
Schade, dass der Thread nicht richtig angelaufen ist. Die Erkenntnisse daraus hätten auch mich interessiert.


Vielen Dank auch für Deinen Beitrag!

Zitat von ZeroOne:
Zum einen die Wahrnehmung und Interaktion mit der Außenwelt bzgl. der vermeintlichen Betriebsstörung


Ich bemerke dazu oft, dass ich im zwischenmenschlichen Bereich auf keinen Fall bedürftig erscheinen will und das führt leider oft auch dazu, dass man desinteressiert wirkt oder den Eindruck erweckt, man brauche andere überhaupt nicht. Das nehme ich gerade in Angriff, um es zu ändern.

Mittlerweile ist wieder etwas Zeit vergangen und es sind tatsächlich noch ein paar andere Erkenntnisse hinzugekommen.

Die Idee mit der Trauergruppe ist wirklich eine gute. Nur habe ich diese verworfen, da ich mich da doch etwas deplatziert fühlen würde, denn irgendwo trauere ich ja doch mehr um mich selbst als um meinen Vater.

Auch die Überbeschäftigung mit dem Thema tut mir in dem Sinne auch nicht wirklich gut, wie ich bemerkte. Sicherlich ist der Zustand gerade normal und ich bleibe geduldig. Wenn ich etwas in diesem Jahr gelernt habe, dann ist es mit anderen und mit mir geduldig zu sein. Da ist jetzt durchaus auch eine innere Ruhe in mir überwiegend.

Was mir bez. meines Vaters geholfen hat, war mich wieder mehr meiner Familie zu widmen. Durch seinen Tod musste ich ein paar wenige Familienmitglieder kontaktieren und habe mich auch entsprechend ausgetauscht. Das war sehr warmherzig und fühlte sich gut an gemeinsam zurückzublicken, auch wenn mein Vater zu seiner Familie nie ein gutes Verhältnis pflegte, so gab es doch in seiner Kindheit noch schöne geteilte Momente, an die man sich gerne erinnerte.

Die Auswirkung mit dem emotional abwesendem Vater ist so weitreichend, dass ich mittlerweile fest überzeugt bin mein Leben wäre komplett anders verlaufen - aber es ist ja noch nicht zu spät Dinge zu ändern und die Erkenntnisse positiv umzusetzen/mich auf die Gegenwart zu konzentrieren.

Früher war ich immer sehr stolz auf meine extreme Unabhängigkeit als Frau, jetzt weiß ich auch, dass das nur eine Schutzreaktion auf emotionale Verletzungen gewesen ist und hab ich mal ganz tief in mich hineingespürt, was mir gut tut und da ist ein großer Wunsch nach tiefem Vertrauen und Sicherheit in meinem Leben und die versuche ich nun zu erreichen, indem ich mich wieder mehr öffne und verletzlicher werde im zwischenmenschlichem Bereich.

08.11.2023 18:58 • x 3 #9


Marylu
Liebes Schlüsselkind,
warst du tatsächlich ein Schlüsselkind?
Ich finde es toll, worüber du nachdenkst und reflektierst.
Die Sache mit der Trauergruppe sehe ich allerdings anders. Im Grunde ist jede Trauer egoistisch, es geht ja nicht um den Verstorbenen sondern immer um die Hinterbliebenen. Ich kann mir vorstellen, dass man in so einer Gruppe Rückenhalt bekommt, merkt, anderen geht es auch so und einiges loswerden kann. So meine Vorstellungen, natürlich muss das jeder für sich entscheiden. LG.

08.11.2023 19:33 • x 2 #10


P
Hey Schlüsselkind, ich kann das mit deinem Vater gut nachvollziehen, war bei mir bzw. uns ähnlich. Ich kann dir nur sagen, dass es dir nichts bringt, jetzt noch darüber zu grübeln. Du kannst daran nichts mehr ändern, jetzt solltest du versuchen, das anzunehmen, was ist. Setz deine Energie in die Zukunft, nicht in die Vergangenheit. Was gewesen ist, kann man nicht mehr ändern, aber was noch kommt, kannst du bestimmen. Das annehmen geht zwar nicht von heut auf morgen, aber du schaffst das bestimmt

08.11.2023 19:59 • x 1 #11


Laurien
Hallo Schlüsselkind

Habe schon länger nicht mehr hier reingeschaut.

Ein paar Aspekte, zu denen noch gar nichts geschrieben wurde möchte ich gerne aufgreifen. Mit S. Gewalt in der Kindheit habe ich zum Glück keine Erfahrung gemacht, wohl aber mit Gewalt und auch S. Gewalt in der Beziehung als ich noch recht jung war. Einem neuen Partner habe ich nie davon erzählt. Aus verschiedenen Gründen. Zum einen bin ich der Auffassung, dass auch in einer Beziehung nicht alles vom anderen gewusst werden sollte, da es Probleme hervorrufen könnte, die es ohne das Wissen nicht geben würde. Ein paar wenige Freundinnen wissen es, und ich habe gemerkt, dass sie schon nicht so genau wissen, wie sie damit umgehen sollen. Das letzte was ich wollen würde, wäre, dass ein Partner damit evtl ein Problem hat und nicht weiß, wie er damit und mit mir umgehen soll. Das, was gewesen ist, ist vorbei und kein Problem für mich. Man(n) merkt es nicht, wenn er mit mir zusammen ist, ich bringe die Vergangenheit nicht mit in die neue Beziehung ein. Daher bin ich der Meinung, er braucht es auch nicht zu wissen. Es war eine Sache zwischen dem Ex und mir und abgeschlossen. Es hat mit dem neuen Menschen in meinem Leben nichts zu tun.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Typ, der dir da was an den Kopf geworfen hat, es dir angesehen hat, was in deiner Kindheit vorgefallen ist. Es war ein Mensch, der mit sich selbst gerade wohl nicht klar kam und jemand anderen verletzen wollte. Vielleicht hat er die Erfahrung gemacht, dass gewisse Themen immer irgendwie eine Reaktion hervorrufen können bei anderen Menschen. Unglücklich, wenn so jemand dabei zufälligerweise einen echten Wunden Punkt trifft...

LG

08.11.2023 23:09 • x 1 #12


Schlüsselkind
Liebe @Laurien,

vielen Dank für Dein Teilen, und mein Mitgefühl!

Ich muss vielleicht noch dazu schreiben, dass es in meinem Falle ein anderes Kind war und keine erwachsene Person, was es von den Auswirkungen und Folgen, aber nicht unbedingt einfacher macht, wie man an meinem Bericht lesen kann. Meine Therapeutin erzählte mir während der Stunde dann auch, dass sie - wie es der Zufall manchmal so will - gerade mit einem Elternpaar und ihrem Sohn Sitzungen führt, weil eben dieses Kind bei anderen übergriffig wurde und keine Grenzen kannte. Das scheint es wohl häufiger zu geben als öffentlich bekannt. Dass der Übergriff so weitreichende Folgen hatte, war in meiner Situation wohl, weil niemand danach für mich da war, um mich mitzuteilen. Unter anderen Umständen hätte das Verdrängen und das Abspalten davon keine Chance gehabt, um sich über die Jahre hinweg so zu festigen.

Zitat von Laurien:
Zum einen bin ich der Auffassung, dass auch in einer Beziehung nicht alles vom anderen gewusst werden sollte, da es Probleme hervorrufen könnte, die es ohne das Wissen nicht geben würde.


Ja, das klingt plausibel und da danke ich Dir für deine Einschätzung! Hier finde ich auch, dass man Grenzen haben sollte und ich vermute auch stark, dass sich das Verhalten des anderen doch auch unbewusst einem gegenüber negativ ändern könnte. (Und umgekehrt würde ich auch nicht alles von jemand anderem wissen wollen.)

Zitat von Laurien:
Ein paar wenige Freundinnen wissen es, und ich habe gemerkt, dass sie schon nicht so genau wissen, wie sie damit umgehen sollen.


Bei mir weiß es genau eine Freundin, von der ich aber auch genau weiß, dass es sie nicht belastet, da wir sehr offen sprechen und gefragt habe. Es ergab sich eigentlich nur aus einem Gespräch heraus, da ein gemeinsamer Bekannter ähnliches erlebte und er selbst sehr offensiv damit umgeht.

Zitat von Laurien:
Es hat mit dem neuen Menschen in meinem Leben nichts zu tun.




Zitat von Marylu:
warst du tatsächlich ein Schlüsselkind?


Ja, das ist biografisch.

---


In diesem Jahr hab ich stark an meiner (Un-)Geduld gearbeitet und es war schwer und mit völlig irrationalen Ängsten verbunden, aber so langsam fühle ich mich zu meiner Verwunderung wie ein kleiner Zen-Garten und es breitet sich so langsam eine innere Ruhe in mir aus.

13.11.2023 17:20 • #13


R
Zitat von Schlüsselkind:
Seitdem kreisen eben diese irrationalen Gedanken, dass man ES mir ansieht. Und das mir das Erlebte dadurch zwischenmenschlich im Weg steht.

Das Gesicht ist das Spiegelbild der Seele.

Leider zutreffend und keine Ahnung, nach 13 Jahren allem möglichen habe ich mich persönlich mit meiner Vergangenheit arrangiert und irgendwie abgefunden.

13.11.2023 17:42 • x 1 #14


A


Hallo Schlüsselkind,

x 4#15


W
[quote][quote=ZeroOne]Früher war ich immer sehr stolz auf meine extreme Unabhängigkeit als Frau, jetzt weiß ich auch, dass das nur eine Schutzreaktion auf emotionale Verletzungen gewesen ist und hab ich mal ganz tief in mich hineingespürt, was mir gut tut und da ist ein großer Wunsch nach tiefem Vertrauen und Sicherheit in meinem Leben ...
Liebe Schlüsselkind,
an diesem Satz bin ich hängen geblieben, denn du sprichst mir so aus der Seele. Auch ich war sehr stolz auf meine Unabhängigkeit und weiß, dass es, genau wie bei dir, eine Schutzreaktion ist/war. Ich habe durch meine Erfahrungen in der Kindheit, vielleicht unbewusst, dafür gesorgt, dass ich bei Begegnungen mit Männern sehr auf Distanz gegangen bin und auf gar keinen Fall von jemandem abhängig sein wollte.
Das hatte aber auch den Preis, dass die Wohnung abends leer ist und niemand da ist, dem ich mein Vertrauen schenken kann oder der mir auch Sicherheit geben könnte. Oder - und da geht mein Wunsch noch ein wenig weiter, auch Zärtlichkeiten schenken könnte.
Ich danke dir für deinen thread und finde es gut für dich, dass du dich im Gespräch mit deinen Angehörigen austauschen konntest.
wozu

15.11.2023 03:35 • x 3 #15

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