Überfordert im Job - Depression zugeben?

Eisbärchen
Hallo,

die letzten 2 Urlaube hab ich bereits ab der Hälfte des Urlaubs Probleme - letztendlich Panik, Schlaflosigkeit trotz Medikation, innerer Druck, etwas leisten/alles schaffen zu müssen, totale Unruhe, die sich so anfühlt als ob 1000de Ameisen durch meinen Körper krabbelten. Ich fühle mich in meiner Arbeit echt überfordert (vor der Schwangerschaft habe ich das geschafft, auch wenn ich mich erinnere, es ebenfalls anstrengend gefunden zu haben). In Teilzeit angestellt ist mein Arbeitspensum nicht schaffbar, meine Abteilung hatte noch nie eine Teilzeitstelle. Überstunden mache ich, weil ich den Anspruch habe, es zu schaffen und es gut zu schaffen (jaja, der Perfektionismus) - es tut mir aber nicht gut. Die langen To Do Listen mit zu erledigenden Aufgaben machen mich fertig, da es mir immer wieder vor Augen führt, dass ich meine Themen nicht im Griff habe, dass ich das nicht schaffe! Das zieht mich richtig runter!

Neben der Arbeit bin ich durch meinen kleinen Sohn gefordert, der auch immer noch unseren Schlaf durchbricht und auch tagsüber durchaus anstrengend sein kann - auch wenn er oft viel Freude macht.

Nun bin ich am Überlegen, wie es weiter gehen soll. Meine Thera meinte, sie wäre kein Freund äusserer Veränderungen, da man erstmal schaun muss, was an Druck übrig bliebe, wenn man die inneren Themen bearbeitet hätte. Aber irgendwie kann es so doch auch nicht weitergehen! Ich weiss echt nicht, wie lange ich das noch schaffe. Weniger Stunden sind keine Alternative, da meine Aufgaben nicht reduziert werden (hab ich schonmal probiert, mein Chef ist leider sozial ziemlich inkompetent). Einen andereren Teilzeitjob finden, in einem Konzern an sich möglich, aber ohne Vitamin B schlecht machbar, da solche Stellen intern nicht ausgeschrieben werden. Etwas ganz anderes machen? Was kann ich denn? Nun hab ich schon mit Ausbildung 15 Jahre in dem Job gearbeitet. Ich könnte noch nicht einmal sagen, was mich interessieren würde. Noch dazu wäre es eine Verdienstfrage...

Oje, ist das alles verwirrend.

Ich habe gestern mit meiner Familienberaterin die nächsten Schritte herausgearbeitet und beschlossen:
- Sozialberatung in der Firma besuchen: hab ich heute schon eine Beratungsanfrage gestartet
- Chef die gesamte To Do Liste vorlegen und um Verlängerung des Werkstudenten bitten - Termin an Chef geschickt
- Besuch der Neurologin: mit ihr über Medikation, Panikgefühle/Versagensängste, ... sprechen, überlegen, ihr Angebot einer Krankschreibung anzunehmen. Termin Ende Januar bereits vor Wochen ausgemacht.

Beim Gedanken an Krankschreibung überkommen mich schon die nächsten Ängste: wie geht es dann weiter? Spätestens meine Kollegen werden fragen, was ich denn habe. Hilft es mir, wenn ich mal Klartext rede und von meiner Depression erzähle oder schwächt das meine Position? Habt ihr damit schlechte Erfahrungen gemacht? Mein Chef hatte mir im letzten Gespräch zwecks Zielerreichung gesagt, dass meine Performance nicht den Erwartungen erspräche - sprich, dass meine Leistung nicht passt (zu langsam, zu labil, ...).
Kann ich die Zeit der Krankschreibung - falls ich mich dafür entscheide - nutzen oder habe ich nur ein schlechtes Gewissen, daheim zu bleiben und denke daran, was alles liegen bleibt? Andererseits müßte mir doch meine Gesundheit wichtiger sein?!
Was wäre nach der Krankheit, es hätte sich doch erstmal nichts geändert - ausser vielleicht, dass ich mich erholt hätte?!

Sorry, dass ich so wirr vor mich hin schreibe. Vielleicht könnt ihr mir von Euren Erfahrungen berichten. Vielleicht würde es meine Gedanken ein wenig ordnen und in richtige Bahnen lenken.

Vielen Dank jedenfalls fürs Lesen .

Schönen Abend

Eisbärchen

05.01.2012 23:07 • #1


Anima
Ist es wirklich das Arbeitspensum oder ist es noch etwas anderes, das Dich in Panik und Angst versetzt? Horche mal richtig tief in Dich hinein.

06.01.2012 10:38 • #2


A


Hallo Eisbärchen,

Überfordert im Job - Depression zugeben?

x 3#3


Albarracin
Experte

06.01.2012 12:53 • #3


Anima
Zitat von Eisbärchen:
Beim Gedanken an Krankschreibung überkommen mich schon die nächsten Ängste: wie geht es dann weiter? Spätestens meine Kollegen werden fragen, was ich denn habe. Hilft es mir, wenn ich mal Klartext rede und von meiner Depression erzähle oder schwächt das meine Position? Habt ihr damit schlechte Erfahrungen gemacht? Mein Chef hatte mir im letzten Gespräch zwecks Zielerreichung gesagt, dass meine Performance nicht den Erwartungen erspräche - sprich, dass meine Leistung nicht passt (zu langsam, zu labil, ...).


Das kenne ich übrigens auch alles, zu gut, leider. Gerade hinsichtlich der Leistungsansprüche habe ich dann offen geredet. Auch wenn ich weiterhin Ärger habe, so kann man mir wenigstens keinen Unwillen an Leistung vorwerfen.

Dank Wolfgangs Tipps habe ich einen Antrag auf Schwerbehinderung beim Landratsamt liegen und nutze die Zeit der Erkrankung zur Heilung logischerweise und dazu, mir Gedanken über das Danach zu machen. Ich bin seit 17 Jahren bei dem selben Arbeitgeber und seit ca. 25 Jahren in dem Beruf.

06.01.2012 17:13 • #4


Eisbärchen
Hallo Anima,

am Anfang des Urlaubs kenne ich das Panikgefühl nicht. Das habe ich nur im Bezug auf meine Arbeit und Gedanken, die kommen, wenn ich bald wieder arbeiten muss.

Was heisst Du hast hinsichtlich der Leistungsansprüche offen geredet? Ich habe auch das Gefühl mir den Allerwertesten aufzureissen, aber es reicht nicht aus, um den Anforderungen und dem Arbeitsanfall gerecht zu werden. Ich zweifle an meinem Können, meinem Wert (sicher auch ein allgemeines Thema bei mir), wenn ich den Job nicht hinkriege.

Mir machts Gedanken, was ich denn sonst könnte oder arbeiten wollte. Ich bin inkl Ausbildung auch schon 15 Jahre in dem Unternehmen - im Rechnungswesen/Controlling - tätig.

Ich habe den Rat von Wolfgang damals an Dich mitgelesen. Hast Du schon eine Idee, was Du machen könntest?

Schönen Abend und liebe Grüße
Eisbärchen

07.01.2012 22:54 • #5


Eisbärchen
Hallo Wolfgang,

danke auch für Deinen Beitrag!

Ich werde mit der Arbeit nichts übereilen - keine Sorge. Aber ich hab einfach keine Ahnung, wie lange ich dem Druck noch standhalten kann.

Hast Du beim Thema Sozialberatung schon Erfahrungen gemacht? Wie läuft das ab? Ich kann mir das gar nicht vorstellen, wie eine Anpassung des Arbeitspensums vor sich gehen würde.

Schwerbehinderung/Gleichstellung: Damit muss ich mich mal beschäftigen. Ich fühle mich meiner Arbeit nicht gewachsen, aber irgendwie fühle ich mich auch nicht schwerbehindert. Hmhhh. Neulich hat mir eine Familienberaterin gesagt, dass es möglich ist, Überlastung eine ganze Weile auszuhalten, wenn man keine zusätzlichen Belastungen hat. Die hab ich nun durch meinen kleinen Sohn. Vielleicht klappt es deshalb nicht mehr, dass ich damit zurecht komme? Vielleicht kommt meine Depression nur durch meine Arbeitsbelastung? Kann eigentlich auch die Schwere einer Depression gemessen werden und ist ein Antrag auf Schwerbehinderung/Gleichstellung davon abhängig?

Würdest Du mir raten, mit offenen Karten zu spielen und von meiner Erkrankung zu sprechen? Bisher hatte ich mich nur 1 Woche krank schreiben lassen und damals hab ich nur von Rückenproblemen gesprochen.

Danke fürs Lesen und für Deine Antwort!

Schönen Abend und liebe Grüße
Eisbärchen

07.01.2012 23:03 • #6


Anima
Hallo Eisbärchen,

ich habe es meinem direkten Vorgesetzten gesagt, dass ich es einfach nicht kann und ich krank bin. Ich hatte nämlich die Wahl zwischen faul und lustlos abgestempelt zu werden und einer kranken Mitarbeiterin. Letzteres habe ich vorgezogen, damit wurden mir zumindest extrem belastende Vertriebsgespräche zuletzt erspart, die mich jedes Mal wieder runter gerissen haben.

Je nachdem, wie weit bei Dir die Depression fortgeschritten ist, umso länger kann auch die Heilung dauern. Vergiss nicht: Depression ist kein Schnupfen oder keine Erkältung.

Zum Thema Schwerbehinderung: Ich war anfangs auch irritiert und habe gedacht, ich bin doch nicht behindert! Doch, die Depression ist eine Behinderung. Sie behindert Dich bei Deiner Arbeit, weil es eben nicht immer so schnell geht oder es zu Konzentrationsschwächen kommt. Ich habe mich auch sehr schwer getan mit der Akzeptanz und habe den Antrag auch weg geschickt. Immerhin - ich bin ja auch wieder in Behandlung und das sicher länger als eine Woche.

Was ich gerne machen würde? Das, was Du machst, besser gesagt - die Richtung. Mich hat der Vertrieb krank gemacht, ich bin kein Vertriebler. Aber erst einmal sollte ich wieder gesund werden, denn sonst kann ich keinem größeren Arbeitspensum stand halten, bzw. ich bin zu langsam.

Ich verstehe sehr gut, wie Du Dich fühlst.

08.01.2012 10:19 • #7


Eisbärchen
Danke für Deine Antwort, Anima! Es tut mir gut, dass Du verstehst, wie ich mich fühle!

Zum Thema Schwerbehinderung: würdest Du mir schreiben, was bei Dir rauskommt? Würde mich sehr interessieren! Wäre das eine Schwerbehinderung auf Zeit?

Mich hat es heute ein wenig irritiert, was meine Therapeutin gesagt hat. Der menschliche Körper sei darauf ausgerichtet, Angst auszuhalten - schon allein Evolutionsbedingt. Dementsprechend wäre es nicht gesagt, dass ich die Angst und Panik vor dem Arbeitspensum und den Anforderungen nicht aushielte, weil bisher halte ich sie ja aus. Ausserdem sei nicht klar, dass das Arbeitspensum zu hoch sei, es kommt mir nur so vor, als ob es zu hoch sei.
Ich muss einen Weg finden, die übergeordnete Beobachterrolle in solchen Situationen einzunehmen. Nur beobachten und vor allem nicht werten - für mich das Schwierigste.
Welcher Weg ist der Richtige? Oder gibt es einfach 2 Schienen, die ich nun fahren muss? D.h. innerlich daran arbeiten, dass ich mit der Situation zurecht komme und gleichzeitig zu versuchen, meine Arbeit an meine Krankheit anzupassen oder eine neue Verdienstmöglichkeit suchen?

Ich wünsche Dir, dass Deine Genesung stetig voranschreitet und Du die Möglichkeit hast, in einer neuen Aufgabe Erfüllung zu finden! Ist das in Deinem Betrieb möglich oder müsstest Du Dir eine neue Stelle suchen?

Liebe Grüße
Eisbärchen

09.01.2012 11:40 • #8


Anima
Hallo Eisbärchen,

hat Dir denn jemand Vorhaltungen gemacht, Du würdest schlecht, langsam etc. arbeiten? Oder ist das eine rein persönliche Einschätzung? Wie ist das Miteinander bei Euch im Job?

09.01.2012 17:05 • #9


Eisbärchen
Hallo Anima,

beim letzten Mitarbeitergespräch im September wurde ich gefragt, was mit mir los sei. Ich würde den Anschein machen, dass ich - im Gegensatz zur Zeit vor meiner Elternzeit - traurig sei. Ausserdem sei meine Performance nicht erwartungsgemäss. Alte Bewertungsgespräche lesend, hätte er ein anderes Bild von mir (bzgl der Performance). Und dann eben die Frage, ob ich glaubte, ich wäre hier richtig. Oder was sich ändern müßte, damit meine Performance wieder besser wird.

Während des Gesprächs habe ich offen über die schwierige Zeit mit meinem Kind erzählt (war lange in der Klinik, viele OPs, viel geschrien,schlecht geschlafen,viele Sorgen...) - und, dass ich das noch nicht alles verdaut habe. Ausserdem habe ich zugegeben, wohl zu früh wieder zu arbeiten angefangen zu haben. Ansonsten habe ich natürlich gesagt, dass es mir grade nicht so gut geht und es auch einige Dinge aus meiner Kindheit aufgetaucht sind, ich aber Hilfe in Anspruch genommen habe und daran arbeite.

In einem Folgegespräch habe ich ihm mitgeteilt, dass ich schon denke, hier richtig zu sein. Nur dass ich eben noch Zeit brauche, bis ich wieder die Alte bin. Ausserdem habe ich mir ein Jour Fix erbeten, damit unsere Kommunikation besser wird. Fast alle der vorgeworfenen Performance Probleme beruhten auf Chefs oder meiner Seite auf Kommunikationsdefiziten.

Wie ist das Miteinander? Mein Chef ist sozial nicht der Begabteste. Es kommt nach dem Urlaub kein hatten Sie einen schönen Urlaub oder irgendwas in Punkto Small Talk. Wenn Du mit ihm im Aufzug stehst und versuchst, ein Gespräch zu führen, denke ich mir oft, ich könnte auch die nächste weisse Wand anschauen. Ausserdem ist seine Art und Weise, wie er Arbeit weitergibt und dann manchmal - ohne Vorankündigung - doch selbst macht. Oder Dinge erwartet, die er so nicht kommuniziert. Ist halt echt schwierig. Ich habe noch 3 direkte KollegInnen, die alle nett sind und auch Probleme mit dem Chef haben. Ihnen scheint das aber nicht so nahe zu gehen wie mir. Ich bekomm halt schon Tränen in die Augen, wenn zu meiner vollen To Do Liste das nächste Thema dazu kommt. Ansonsten noch weitere nette KollegInnen im Umfeld - da kann ich mich nicht beklagen.

Liebe Grüße und Dir einen schönen Abend!
Eisbärchen

09.01.2012 21:50 • #10


Anima
Hallo Eisbärchen,

immerhin scheint Dein Chef nicht direkt mit der Tür ins Haus gefallen zu sein mit Androhungen etc. - und er könne das alles besser, schon einmal ein gutes Zeichen.

Da stecken sicherlich in Deiner eigenen Person zusätzlich noch gewisse Blockaden. Kannst Du Dich bei der Arbeit konzentrieren oder fällt Dir das schwer?

10.01.2012 17:26 • #11


Eisbärchen
Hallo Anima,

ja, ich fand meinen Chef in dem Gespräch erstaunlich interessiert - so kenne ich ihn sonst nicht. Nein, er hat mir nicht gedroht, das stimmt. Sollte ich positiver sehen.

Ich hab immer wieder so Aussetzer, d.h. grade denke ich noch an ein Thema - wenn ich das nicht gleich aufschreibe, ist es weg. Kommt zwar dann irgendwann wieder, aber manchmal halt auch zu spät *schäm*. Sind halt so viele Dinge, die gerade wichtig sind, dass ich mich überfordert fühle und ich nicht mehr alles im Griff habe. Aber meine Therapeutin meinte ja, ich hätte nur das Gefühl, dass es zu viel sei. Gefühle würden sich häufig täuschen. Hmhhh - keine Ahnung, was mir das sagen soll. Weil Fakt ist, dass es mir grade zu viel ist.

Genug philosophiert - ich versuche mal wieder gut zu schlafen, was wirklich an der Zeit wäre!

Gute Nacht!

Eisbärchen

10.01.2012 22:22 • #12


Anima
Es ist so viel in Deinem Kopf, er hat zu denken, zu arbeiten und zu ver-arbeiten! DAS ist wirklich viel!
Konzentrationsschwierigkeiten verlangsamen natürlich den gesamten Arbeitsprozess. In der Tagesklinik machen wir sog.
kognitives Training, das die Konzentration anregen soll.

11.01.2012 17:19 • #13


Eisbärchen
Hallo Anima, Du hast recht, dass ich grade sehr viel zu denken und zu verarbeiten habe.

Klingt interessant. Kannst Du mir ein Beispiel für das kognitive Training geben?

Schönen Abend!

11.01.2012 21:45 • #14


A


Hallo Eisbärchen,

x 4#15


Anima
Das läuft im Endeffekt recht spielerisch, Worte finden, Wortketten, Merkübungen, Satzketten - oder auch am PC Übungen in Form von schnellen Reaktionen, auch wieder Merken (z. B. einen Einkaufzettel) usw.

Anfangs bin ich fast durch gedreht, weil ich den Zeitdruck noch im Kopf hatte und dann vor einer Mauer stand. Jetzt geht es im Augenblick recht gut.

12.01.2012 18:27 • #15

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