Liebe Marylu
Ich gehe davon aus, dass sich viele hier werden angesprochen fühlen. Depressionen gehen, soviel ich weiss, deutlich öfter mit Morgentiefs einher als mit Abendtiefs.
Ich selbst hatte damit lange zu kämpfen. In den letzten Jahren hat sich dieses Problem glücklicherweise im Zug von vielen Besserungen in mehreren Lebensbereichen verändert und es kommt nur noch sporadisch vor.
In den Jahren ca. 2013-2017/18 aber war ich zahllose Male frustriert und entmutigt, weil ich mich typischerweise am Abend gar nicht so schlecht fühlte, manchmal geradezu gut, mir öfters gar nicht vorstellen konnte, dass sich das über Nacht wieder so verändern könnte ... und morgens lag dennoch wieder dieser schwere Druck auf mir, förmlich auf meiner Bettdecke, so dass ich nur mit viel Kraftaufwand hochkam, bzw. an Wochenenden, wenn ich nicht musste, eben auch länger gar nicht.
Ich habe den Eindruck, das hängt damit zusammen, dass tagsüber das Bewusstsein einen Spielraum hat, sich zu organisieren und zu strukturieren, dass auch der Kontakt zur Realität im Wachzustand einen gewissen Halt gibt, dass aber nachts all das wegfällt und die depressiven Gespenster aus unserem Unterbewusstsein wieder die Oberhand gewinnen können.
Ein Rezept, wie man da rasch rausfindet, kenne ich nicht - bei mir ging es, wie gesagt, einher mit einem langfristigen Prozess, mit Veränderungen, die halt viel Zeit brauchen. Ich lebte allerdings in diesen Jahren alleine und hatte auch mein heutiges soziales Netz noch nicht, so wurden eben besonders die Wochenenden hochanfällig für solche Morgentiefs.
Bedarfsmedis haben mir manchmal geholfen, wenn es ganz schlimm war, aber ich habe die immer etwas zurückhaltend eingesetzt, weil sie halt ein Abhängigkeitspotenzial haben.
Soziale Kontakte sind heute zusammen mit Bewegung in der Natur für mich die beste Vorbeugung. Aber es müssen eben Kontakte sein, die mir gut tun, was längst nicht bei allen Kontakten der Fall ist.
Kann es sein, dass die aktuelle Situation in deiner Familie bzw. Ehe ausschlaggebend ist, dass du mit diesen Morgentiefs konfrontiert bist? Dass dir einfach das Bewusstwerden der wahrscheinlichen Belastungen in deinem Tag beim Erwachen schon mal viel Druck macht?
Falls ja, wäre vielleicht die Frage wichtig, wo du dich in deinem Alltag weiter entlasten, dir diesen wieder leichter gestalten könntest. Wird vermutlich schwierig sein, aber vielleicht gibt es ja kleine und kleinste Schritte, die zusammen mit der Zeit das Auffangnetz wieder etwas dichter weben?
Viel Mut wünsche ich dir, fühl dich gedrückt
Gestern 13:42 •
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