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Verändertes Beziehungsleben

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Ich leide nun seit zwei Monaten an einer depressiven Episode, seit einem Monat bin ich mit einer schweren Depression diagnostiziert. Nach anfänglichen Problemen mit der Medikation bin ich nun seit fast 2 Wochen bei 150mg Venlafaxin (auf einen Therapieplatz warte ich leider noch).
Damit hat sich einiges gebessert, ich bin nicht mehr ganz so antriebslos, schaffe es meinen Alltag zu bewältigen, kann wieder Smalltalk machen und sogar manchmal über Witze lachen. Aber es kommt mir alles immer so unglaublich stumpf und weit weg vor, als ob ich mich nur daran erinnere, dass ich mal darüber lachen konnte oder dass mir bestimmte Aktivitäten Spaß machen.

Damit könnte ich eigentlich auch ganz gut umgehen, nur trifft das meine Beziehung und meine Gefühlswelt gegenüber meinem Freund genau so. Dank der Depression und der Medikamente habe ich kaum noch Lust auf S. (und vorher waren wir sehr aktiv), auch sonst generell habe ich das Gefühl, dass ich mich manchmal distanziere obwohl ich das garnicht will. Ich liebe ihn über alles aber mir fehlt meistens das Gefühl von verliebt sein. Es fühlt sich eben auch nur noch so weit weg an, wie eine Erinnerung. Ich habe große Probleme mit Grübeleien und mein Hirn will dann einfach nicht locker lassen. Die fehlende körperliche Anziehung, die Gefühlsleere, all das zusammen lässt mich oft an meinen eigenen Gefühlen zweifeln. Liebe ich ihn noch? Liebe ich ihn noch genug? Dabei weiß ich, dass ich ihn über alles liebe, ich mein Leben mit ihm teilen will und ich mir keinen wundervolleren Partner vorstellen könnte.

Er ist sehr sehr verständnisvoll, hilft mir und unterstützt mich wo er kann, lässt mir Zeit und Freiraum, zeigt mir aber auch, dass er immer da ist. In der ganz schlimmen Zeit hat er ohne zu fragen alles übernommen. Arbeiten, Kochen, Hausarbeit etc. während ich einfach nur rumgelegen, geschlafen oder geheult habe. Natürlich ist es auch für ihn neu und schwer.

Ich wünsche mir doch nur, dass einfach alles so wird wie vorher. Ich weiß nicht wie ich mit diesen Gefühlen umgehen soll und kann, da mich diese nagenden Zweifel (die eigentlich völlig unbegründet sind) innerlich auffressen. Ich will mich doch einfach nur wieder gut fühlen.

Kennt das jemand und hat Tipps wie ich mir die Zeit einfacher machen kann? Vor allem bis ich endlich psychotherapeutisch angebunden bin.

09.02.2023 11:16 • x 1 #1


Stromboli
Liebe melonlord, herzlich willkommen hier und schön, dass du hier schreibst und dich zeigst.

Ich habe dir keinen konkreten Tipp, da es nach meiner Erfahrung individuell ganz unterschiedlich ist, was in diesen schwarzen Löchern gerade gut tun könnte. Natur, Musik, telefonieren, Freunde sehen, Sport, meditieren ... es gibt viele potenziell hilfreiche Aktivitäten, aber meistens haben depressive Phasen die Eigenheit, dass sich alles gerade leer und freudlos anfühlt und die nagenden Selbstzweifel uns von innen her auffressen. Das lässt uns oft verzweifeln; und mit dieser Erfahrung bist du hier ganz und gar nicht allein.

Für mich heisst es dann jeweils oft erstmal aushalten ... und für mich persönlich hat sich wohl das Medikament Selbstmitgefühl als das hilfreichste überhaupt erwiesen. Depressionen gehen meistens mit viel Selbstabwertung, Selbstverurteilung, Schuld- und Versagensgefühlen einher. Und gegen die kann Selbstmitgefühl auf längere Sicht Wunder wirken. Falls es bei dir anklingt, suche dir doch mal das Buch Selbstmitgefühl von Kristin Neff, oder Sei nicht so hart zu dir selbst von Andreas Knuf.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft, da deinen Weg hindurch zu gehen und zu finden.
Herzlich, Stromboli

09.02.2023 14:26 • x 3 #2