Liebe Anima,
vielen Dank für die Eröffnung dieses Themas. Mit Interesse habe ich alle Beiträge gelesen und konnte viele wertvolle Erfahrungen entnehmen.
Nun - bei mir war es eine ganz andere Erfahrung.
Ich bin mit meiner Arbeit (die ich nun seit vier Jahren habe) rundherum zufrieden. Trotzdem kam es vor anderthalb Jahren zum Burnout mit Depressionen. Nein, meine Arbeit war nicht der Auslöser (Vielleicht waren die Arbeitsplätze und Chefs, die ich davor hatte, daran beteiligt?).
Auch ich konnte - wie Du es beschreibst - in einigen Phasen meiner Erkrankung nichts ertragen. Die Gespräche meiner Kollegen waren mir zu viel. Nicht mal den Telefonhörer konnte ich in die Hand nehmen und einen lumpigen Termin absprechen. Es war mir zu viel...
Was änderte ich?
Sowohl im beruflichen als auch im privaten Leben lernte ich zu vertrauen. Darauf, dass es irgendwie immer geht. Und darauf, dass ich meine Arbeit schaffe. Und zwar nicht irgendwie, sondern gut schaffe (Und wenn ich gut meine - bei meinem perfektionistischen Wahn - dann ist die Arbeit in den Augen meiner Kollegen hervorragend bewältigt worden. Also auch irgendwo eine Betrachtungsweise...)
Ich arbeite in meinem eigenen Tempo. Und wenn es eben das Schneckentempo ist, welches Du angesprochen hattest. Ich kann nicht schneller als in meinem eigenen Tempo arbeiten.
Und wer bestimmt, welche Art von Tempo wir haben? Wer bestimmt, ob unsere Arbeit gut ist?
Sind wir es nicht auch manchmal selbst, die mit uns unzufrieden sind, mit unserem Tempo, mit unserer Qualität? Weil wir oftmals hohe Ansprüche haben?
Wie sehen Kollegen unser Tempo? Und unsere Arbeitsqualität?
Ohja, ich denke schon, dass sich das Arbeitstempo erhöht hat. Früher hat man einen Brief geschrieben, den fortgeschickt und man hatte mindestens fünf Tage vor einer Antwort Ruhe.
Und heute? Zack! Geht die E-Mail raus und zack! Ist die Antwort da.
Und dieses zack wird teilweise auch erwartet. Aber können wir nicht auch erwarten, dass eine Antwort auch einen Tag warten kann?
Zum Glück habe ich einen sehr feinfühligen Chef, der sich um unser Wohlergehen sorgt. Das nehme ich nicht als selbstverständlich hin, da ich das in meinem Berufsleben bisher immer anders erlebte.
Letzten Endes halfen mir auch mein Chef und meine Kollegen aus der Erkrankung raus. Ich konnte (mit Wiedereingliederung) an meinen Arbeitsplatz zurück, wusste, was mich erwartete, kannte den Ablauf usw. Es war ein bisschen wie nach Hause kommen. Denn ich musste mich an nichts Neues gewöhnen. Und das war für meine Heilung sehr wichtig und wohltuend.
Wenn Du Dich aber doch für eine Veränderung entscheiden solltest, dann möchte ich Dir Folgendes sagen:
Mit 43 bist Du definitiv nicht zu alt, um etwas Neues zu beginnen. Du hast noch 24 Jahre Arbeit vor Dir, ehe Du in Rente gehen kannst. Im Prinzip also Dein halbes Arbeitsleben!
Meine älteste Schülerin (Ich bilde im pflegerischen Sektor aus.) war 58 Jahre alt, als sie eine einjährige Ausbildung begann.
Und in die dreijährige Ausbildung durfte ich mal eine 50jährige Frau begleiten. Sie sagte immer: Wenn ich mit der Ausbildung fertig bin, bin ich 53 und habe immer noch weit über zehn Jahre zu arbeiten.
Es ist gut, dass Du Dich momentan in alle Richtungen orientierst und möglichst viele Meinungen und Erfahrungen einfängst.
Ich wünsche Dir, dass Du den für Dich richtigen Weg findest.
Viele Grüße
FreieHeide
06.12.2011 19:37 •
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