Guten Morgen,
wenn ich mich auch mal einklinken darf: diese Schuldgefühle sind völlig normal, auch wenn sie sich völlig falsch anfühlen. Wir sind es jahrelang gewohnt, zu funktionieren. Der Gesellschaft durch unsere Arbeit eine Stütze zu sein. Anderen zuzuarbeiten und/oder ihnen Arbeit abzunehmen. Und eines Tages können wir dann nicht mehr so, wie gewünscht. Und dann heißt es: umdenken lernen. Denn eins ist Fakt: wir nutzen niemandem was, wenn wir nicht gesund genug für unsere Schaffenskraft sind. Deswegen ist es so schwer, sich von jahrelangen Gewohnheiten zu verabschieden und auch mal andere machen zu lassen.
Natürlich gibt es Menschen im Umfeld, die es einem krumm nehmen, wenn man plötzlich ausfällt. Aber man kann lernen, auch mal an sich zu denken. Daran, dass das Leben nicht unendlich ist, sondern dass man Kraft dafür braucht, zu funktionieren. Und dafür ist es wichtig, sich auch mal eine Auszeit zu gönnen, den Körper und den Geist zur Ruhe kommen zu lassen. Wenn es hilft: ich habe auf diese Zeichen nicht geachtet, immer weiter gemacht, auch immer gedacht. Himmel, ich bin unentbehrlich, muss aber die ganze Arbeit schaffen, um niemandem zur Last zu fallen, um alle anderen zu unterstützen. Und was war? Ich war jetzt 16 Monate krank, konnte gar nichts mehr machen und bin zum Dank dafür entlassen worden. Anfangs hat mich das unheimlich geärgert. Aber dann kam die Erkenntnis, dass das Leben auch für den AG und die Kolleg*innen weiter gehen muss. Und es geht auch ohne mich. Und ich kann mich erholen. Es war ein langer Weg bis zu dieser Erkenntnis. Mit sehr (!) viel Selbstzweifel. Heute, und ich arbeite seit 2 Monaten wieder, weiß ich, dass es niemand wert ist, dass ICH mich für ihn aufarbeite. Dass ich MICH dafür völlig verausgabe. Ich habe früher 120 % gegeben. Heute reichen 100 und das ist auch okay. Und wenn ich mal nicht kann, dann reichen auch 80, um meine Kraft für die nächsten großen Aufgaben zu sammeln. In diesem Sinne: Lerne, auf dich zu achten, teil deine Kräfte gut ein und fahr auch mal einen Gang langsamer. Niemandem ist damit geholfen, so viel Gas zu geben, dass am Ende gar nichts mehr geht! Alles Gute!
15.09.2020 09:11 •
x 2 #3