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Wie bekämpft ihr den keinen Teufel im Kopf?

T
Hallo zusammen,

bin noch neu hier im Forum, habe aber schon eine Menge gelesen.

Kurz zu mir, bin 52 Jahre jung, komme aus dem schönen Ruhrpott und bin eigentlich ein lebenslustiger Mensch. Seit vielen Jahren plage ich mich aber mit meiner Hypochondrie rum. Jedes Wehwehchen am Körper löst direkt Ängste vor schlimmen Krankheiten aus, die mir die Freude am Alltag nehmen. Ständig sind diese Gedanken im Kopf, was ich gerade wieder Schlimmes haben könnte.

Zum Arzt zu gehen, habe ich viele Jahre lang gemieden wie die Pest. Nicht unbedingt aus Angst vor Untersuchungen. Eher aus der Angst vor den kommenden Diagnosen.

Zum Beginn des Jahres 2020 eskalierte es dann im Kopf. Corona und die Angst vor einer Ansteckung gab mir den Rest. Meine Frau, welche mir auch die größte Stütze ist, überredete mich dann endlich dazu, eine Therapie zu beginnen. Mit viel Glück und einer Empfehlung habe ich dann tatsächlich eine Therapeutin gefunden, welche auch noch Zeit hatte und mich angenommen hat. Guter Nebeneffekt, sie ist auch Internistin. So war dann ein Grundcheck, Blutwerte, Langzeit-EKG (zu der Zeit hatte ich massiv Helzstolpern) Vorausetzung von Ihr, um die Therapie zu starten. Das war auch ein guter Trick und am Ende war alles in Ordnung, alle Blutwerte Top und die Extrasystolen vorhanden, aber unkritisch. Immerhin habe ich es dadurch schon geschafft, dass ich zum Arzt gehe, wenn was ist.

Nun sollte man meinen, alles fein. Trotzdem, auch in der begleitenden Therapie, ist dieser kleine Teufel im Kopf, der selbst den Ärzten nicht so richtig glaubt und sich immer wieder in den Vordergrund spielt. Mal zwei Beispiele aus den letzten Wochen:

Schmerzen in der rechten Flanke: Mindestens Nierenkrebs, sagte der Teufel im Kopf. Dabei waren die Schmerzen Bewegungs- und Haltungsabhänig. Somit eigentlich eher in Richtung Muskulatur, Nerven angesiedelt. Das sagte sowohl die Ärztin, als auch meine Frau (selber Krankenschwester). Trotzdem ließ es mir keine Ruhe. Am Ende saß ich beim Urologen, der dann untersucht hat. Mini-Nierenstein (der solche Beschwerden nicht macht), sonst alles in Ordnung. Blut, Schnelltest auf Krebs-Zellen, Vorsorgeuntersuchung direkt mit gemacht. Alles prima. Er überwies mich dann auch in ein CT, um den Stein genauer zu untersuchen. Davor hatte ich richtig Panik. Wieder mal nicht vor der Untersuchung, aber vor dem Ergebnis. Und wieder nix. Im ganzen Bauchraum war nichts zu sehen, außer zwei harmlosen Zysten, eine in der Niere eine in der Leber. Vom Stein war übrigens nichts zu sehen, der hat sich vermutlich inzwischen auf Wanderschaft begeben und ich habe es nicht gespürt, weil er so klein war (etwa 1mm im Ultraschall).

Halsbeschwerden: Kaum war das Thema vom Tisch, der Kopf sollte eigentlich Frei sein, kommt das nächste Drama. Schluckbeschwerden und ein trockener Mund (wie zusammen gezogen). Ich habe das eigentlich jeden Winter, wenn ich viel in Innenräumen mit trockener Luft bin - habe einen Computer-Shop, sitze viel im Büro, aktuell seit 18 Monaten im Homeoffice. Der logische Teil in mir sagt nun, da hast Du Deine Erklärung. Der kleine Teufel aber lässt mich aktuelle wieder jeden Schluckvorgang intensiv beobachten. Wenn dann jedes 25- Schlucken (meist trockenes Schlucken oder nach langem Reden am Telefon) einmal ein wenig weh tut, steht er direkt im Alarmmodus neben mir. Dazu das Gefühl einen dicken Hals zu haben, so dass der Kragen vom T-Shirt nervt. Auch das ist nicht neu, das habe ich öfters mal. Trotzdem spinnt mein Kopf rum.

Das waren jetzt mal zwei Beispiele der letzten Wochen. So geht das aber seit Monaten, achwas, Jahren. Ist das Eine weg, kommt das Nächste. Klar, mein Teufelchen sucht danach und findet auch was. Mit über 50 tut halt hier und da mal was weh. Mein logischer Part sagt dann auch immer, Unsinn. Mit den Extrasystolen hatte ich mindestens einen Infarkt im Anmarsch, wenn nichts Schlimmeres. Gleichzeitig war ich aber 70 Kilometer mit dem EBike unterwegs, ohne Probleme.

Jetzt aber mal meine Frage an Euch und Eure Erfahrungen. Wie schafft ihr es, das kleine Teufelchen im Kopf im Zaun zu halten? Ich versuche es immer wieder, den wegzudrängen, ihn mit Eselsmütze in eine Ecke zu stellen. Aber er ist hartnäckig und penetrant. Oft gelingt es mir und dann kommt er, ohne Vorwarnung, wenn ich gerade beschäftigt bin, und poltert wieder rum.

Ich freue mich riesig auf Anworten und Tipps von Euch.

LG Thomas

07.12.2021 12:26 • x 1 #1


B
Ich kenne das Problem und wurde auch vor Jahren aufgrund dessen psychotherapeutisch behandelt. Es geht darum dem Körper zu vertrauen, das funktioniert bei mir am besten, wenn ich meinen Körper fordere. Sport, viel Bewegung, alleine das gibt mir Sicherheit, denn er funktioniert ja noch ganz gut

Ansonsten nehme ich die erforderlichen Vorsorgeuntersuchungen wahr. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Auch das gibt mir Sicherheit

Stellen sich Symptome ein, die mir Angst machen, dann beobachte ich diese eine Weile und renne nach Möglichkeit nicht sofort zum Arzt. Oft verschwinden diese mittlerweile oft ganz von selbst und wenn nicht werden diese einmalig beim Arzt begutachtet und gut ist.

Es geht darum Vertrauen in sich und seinen Körper aufzubauen.

Ganz oft möchte der Körper einem auch etwas vermitteln, denn

wer auf seine Seele nicht hört, da meldet sich der Körper

07.12.2021 16:35 • x 4 #2


A


Hallo TommiMH,

Wie bekämpft ihr den keinen Teufel im Kopf?

x 3#3


B
Es gibt auch das Phänomen der Symptomverschiebung, wenn körperliche Leiden auf seelischer Ursache beruhen.

Die Seele sucht sich einen Weg, um auf sich aufmerksam zu machen.

Deswegen ist eine psychotherapeutische Behandlung in der Hinsicht immer eine gute Entscheidung.

07.12.2021 16:38 • x 3 #3


ZeroOne
Machst du aktuell eine kognitive Verhaltenstherapie, @TommiMH ?
Falls ja, sollte dir deine Therapeutin in dem Rahmen einige Tools dafür an die Hand geben können, die mit mehr oder weniger Übung helfen können, aus diesen Gedanken raus zu kommen, oder in eine andere Richtung zu lenken (z.B. Gedankenstopp, Realitätskontrolle, Eskalieren, aber auch Achtsamkeitsübungen, uvm.). Allerdings kann damit nicht jeder was anfangen.

Wie @blue_ auch schon geschrieben hat, steckt hinter den Symptomen seelisch oft wesentlich mehr, was man auf Anhieb nicht erkennt. Wenn man da ran will, wäre eine langfristigere psychodynamische Therapie, ggf. Psychoanalyse vielleicht auch keine schlechte Idee (falls die KVT nicht weiter hilft).

Meine Erfahrung ist, dass es nicht viel bringt, gegen den Teufel im Kopf zu kämpfen. Bis man ihn vielleicht mal loswerden kann, ist es kräftesparender und cleverer, ihn im Kopf wohnen zu lassen und sich mit ihm zu arrangieren. Und wenn du richtig gut bist, dann bekommst du ihn dazu, dass der dir Miete zahlt.

07.12.2021 17:09 • x 3 #4


Jedi
Zitat von ZeroOne:
Meine Erfahrung ist, dass es nicht viel bringt, gegen den Teufel im Kopf zu kämpfen.

Da hat @ZeroOne sehr recht !
Je mehr man versucht dagegen anzukämpfen, wird dieser Teufel oder Troll in unserem Kopf
nur noch mächtiger.

07.12.2021 18:52 • x 2 #5


Jedi
Zitat von blue_:
Ganz oft möchte der Körper einem auch etwas vermitteln, denn

wer auf seine Seele nicht hört, da meldet sich der Körper

---------
Zitat von blue_:
Die Seele sucht sich einen Weg, um auf sich aufmerksam zu machen.

Finde zwei sehr wichtige Hinweise von @blue_

07.12.2021 18:59 • x 2 #6


T
Hallo zusammen

erst mal ganz vielen und lieben Dank, dass Ihr Euch die Zeit genommen habt und so viele tolle Antworten gekommen sind.


Zitat von ZeroOne:
Bis man ihn vielleicht mal loswerden kann, ist es kräftesparender und cleverer, ihn im Kopf wohnen zu lassen und sich mit ihm zu arrangieren. Und wenn du richtig gut bist, dann bekommst du ihn dazu, dass der dir Miete zahlt. img loading=lazy title=Emoji class=emojioneemoji alt=Emoji src=https://cdn.jsdelivr.net/emojione/assets/3.1/png/32/1f601.png width=20


Das ist der Ansatz, den ich mit meiner Therapeutin verfolge. Nur fällt mir das arrangieren immer noch sehr schwer, bzw. hält der kleine Teufel sich nicht an meine Vorstellungen. Vermutlich ist das noch ein langer, steiniger Weg, bis ich den zur Mietzahlung bekomme.

Zitat von blue_:
Es geht darum dem Körper zu vertrauen, das funktioniert bei mir am besten, wenn ich meinen Körper fordere. Sport, viel Bewegung, alleine das gibt mir Sicherheit, denn er funktioniert ja noch ganz gut


Dieser Ansatz hat über die Sommermonate wunderbar funktioniert. Ich habe mir, um endlich mal wieder Sport zu treiben, was ich über 20 Jahre sehr vernachlässigt habe, im Frühjahr ein EBike gekauft und war auch viel damit unterwegs. Dabei ging es mir gut, der Kopf wurde frei und ich bekam die von Dir erwähnte Bestätigung. Aber jetzt komme ich weniger zum radeln, früh dunkel und hier in der Großstadt ist mir das dann zu gefährlich. Ich gehe zwar regelmäßig auf den Hometrainer, aber das ist nicht zu vergleichen, obwohl es anstrengender ist.

Zitat von blue_:
wer auf seine Seele nicht hört, da meldet sich der Körper


Yep, ich habe in den letzten Monaten auch schon einges im Leben geändert. So z.B. bei der Arbeit ein wenig runtergefahren. Trotzdem fordert vermutlich auch die Pandemie-Lage seinen Tribut, zusätzlich zu den anderen Problemchen im Alltag. Denn eigentlich kann ich nicht meckern. Einen schönen, guten Job der Spaß macht, eine tolle Ehefrau die mir wirklich eine Stütze ist, eigentlich ein sorgenfreies Leben.

LG Thomas

08.12.2021 15:51 • x 3 #7


B
Zitat von TommiMH:
Dieser Ansatz hat über die Sommermonate wunderbar funktioniert. Ich habe mir, um endlich mal wieder Sport zu treiben, was ich über 20 Jahre sehr vernachlässigt habe, im Frühjahr ein EBike gekauft und war auch viel damit unterwegs. Dabei ging es mir gut, der Kopf wurde frei und ich bekam die von Dir erwähnte Bestätigung. Aber jetzt komme ich weniger zum radeln, früh dunkel und hier in der Großstadt ist mir das dann zu gefährlich. Ich gehe zwar regelmäßig auf den Hometrainer, aber das ist nicht zu vergleichen, obwohl es anstrengender ist.


gut, daran kann man doch festhalten Bewegung in freien Natur ist eine Wohltat für Körper und Seele Ich erfahre es ähnlich. Und natürlich ist es im Winter anders.

Dennoch kannst du doch erkennen, was bestimmte Verhaltensweisen bewirken

Also, dran bleiben

08.12.2021 16:15 • x 1 #8


Jedi
Zitat von blue_:
Dennoch kannst du doch erkennen, was bestimmte Verhaltensweisen bewirken

Also, dran bleiben

Stimmt was @blue_ geschrieben hat.
Es kommt darauf an, es uns bewusst zu machen, vorallem was eine Veränderung in uns bewirkt hat -
dazu gehört ein anderes Denk- u. Verhaltensmuster !
Es sind immer die guten Erfahrungen, die unser plastisches Hirn benötigt, um alte Denk- u. Verhaltensmuster
zu transformieren.
Also dran bleiben - ist ein wichter Hinweis, denn es braucht einige Zeit u. immer wieder Übung u. Wahrnehmung,
damit Veränderungen für uns auch spürbar werden.

08.12.2021 16:46 • x 2 #9


A


Hallo TommiMH,

x 4#10


X
Hallo

Mir fiel eben auf dass da Wie bekämpft ihr den keinen Teufel im Kopf? steht. Freud'scher Versprecher! Vielleicht bist du (innerlich?) schon auf einem ganz guten Weg? Ich denke, es gibt zwei Herangehensweisen: Im Annehmen/Akzeptieren/Verhalten: Mein Weg besteht vor allem darin, mich auf das hin auszurichten, was ich möchte und was mir Kraft gibt. Alles andere verliert an Kraft, da es ja nicht ständig gefüttert wird. Und wenn das Teufelchen doch mal anklopft: Hallo. Leider bin ich gerade sehr beschäftigt. Tschüss. Ich weiß, alles leichter als es klingt... Zweitens im Verstehen woher dieses Muster denn herrührt. Denn sehr wahrscheinlich erfüllt es irgendeinen Sinn für dich/dein Inneres. Viel gute Kraft für dich und liebe Grüße!

14.12.2021 02:48 • #10

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