Bommer
- 73
- 3
- 83
Sorry für den langen Text, ich musste mir das aber runterschrauben.
Kurz zum Hintergrund:
Meine Erzeuger sind mittlerweile beide gestorben. Bis auf meinen BAföG Antrag bestand kein Kontakt. Das Sorgerecht lag damals beim Jugendamt und ich bin bei meinen Großeltern, mütterlicherseits, seit ich nicht mal ein Jahr alt war aufgewachsen. Hier besteht auch Kontakt zur Familie. Tante, Cousin, Cousine, Großtanten etc.
Zur anderen Familie besteht kein Kontakt.
Meine Tante ist mir gegenüber schon immer ein wenig verhalten und belehrend gewesen. Wenn ich von etwas erzähle wird mir vorgeworfen immer was tolles und schönes zu haben. Und meine Erzählungen von Problemen, Herausforderungen und erfolgen oder einfach nur schönen Momenten wurden immer widersprochen und als unwichtig oder falsch dargestellt. Zumindest aber immer mit Themenwechseln blockiert. Und ähnliche Situationen, erfahren und Dinge von ihr oder anderen wurden ausgiebig gelobt, erzählt und als toll und unglaublich schön dargestellt.
Zur aktuellen Situation:
Ich wohne mehrere 100 km entfernt von zuhause. Meine Oma wurde dieses Jahr 93. Ich bin jedes Jahr wenigstens zweimal zuhause. Anfang November rief ich einen Tag nach meinen Geburtstag an. Da ich mich gewundert hab, dass kein Anruf kam.
Meine Tante, die mit ihrem Mann und meiner Oma seit ihrem Schlaganfall vor einigen Jahren im Haus lebt und sie pflegt, ging ran. Sie erklärte warum sie nicht anriefen. Hätten zwar dran gedacht aber es dann doch vergessen. Etwas Smalltalk aber nicht wirklich ein Geburtstagsgruß. Als ich grade fragen wollte ob ich Oma haben könnte erwähnte sie vorher selber das sie am Morgen einen epileptischen Anfall hatte und im Krankenhaus war. Sie aber seit dem Nachmittag wieder zuhause war nun aber sehr geschwächt ist. Ich habe am nächsten Morgen direkt alles geregelt um hinzufahren. Abends kam ich an und da wurde mir bewusst das es wohl der letzte Besuch bei meiner Oma sein würde. Am folgenden Tag kam ihre Hausärztin und organisierte alles für eine ambulante palliativmediziniche Versorgung.
Wir begleiteten den Weg gemeinsam und waren da.
Trigger
Wir waren da als sie nur drei Tage später ihren letzen Atemzug tat.
Ich blieb noch einige Tage, bis das gröbste geregelt war und wir nur noch warten auf den Tag warteten.
Trigger
Auf den Tag der Beerdigung, die 10 Tage später stattfand
Während der Tage gab es so gut wie keine Reibereien. Doch schon am ersten Tag, nachdem sie nicht mehr da war, änderte sich die Stimmung wieder. Wie schon vorher sprach sie mit mir über meine Oma als ginge es für mich um eine fremde Person. Sie betonte in Erzählungen und Gesprächen, mir gegenüber, „Meine Mutter…“ gegenüber meiner Cousine und meinem Cousin sprach sie und nutzte sie „Die Oma…“ Wenn ich etwas erzähle wurde es, wie schon früher, als falsch dargestellt und im gleichen Atemzug nur mit anderen Formulierungen erzählt. Manchmal auch wurde ich aus Erzählungen rausgelassen. Wenn ich sagte das ich dabei war und selber erzählt habe brach das Gespräch ab und das Thema wurde gewechselt.
Ich ging mit den Grabschmuck aussuchen. Dort habe ich auch mein Gesteck ausgesucht und bestellt. Ich habe ein wunderschönes tischhohes geschwungenes Herz gefunden und wollte es bestellen. Sie unterbrach mich immer und immer wieder. Was ich damit wolle, ich solle es nicht übertreiben, das sei viel zu viel, nimm ein kleines einfaches Herz ohne Schnickschnack und ganz billig. Ich wollte da keinen Streit beginnen und habe zunächst etwas anderes bestellt. Später bin ich wieder hingefahren und habe meine Bestellung geändert. Kurz drauf bekam ich mit wie sie mit meiner Cousine telefoniert. Am liebsten hätte ich einen Schrei losgelassen. Meine Cousine bestellt für sich und ihren Mann einen über doppelt so großen stehenden Kranz. Mein kleines Herz sei übertrieben. Doch den Kranz findet sie toll, der sei schön und richtig.
Da wurde mir bewusst das ich anscheinend unerwünscht bin. Ich habe aber nichts gesagt. Meine Bestellung hatte ich bereits geändert und das ich am nächsten morgen fahre habe ich bereits gesagt.
Am Morgen habe ich alles zusammengepackt und nach dem Frühstück meine Taschen ins Auto gepackt.
Meine Cousine kam noch zu Besuch. Ich war noch da aber bereits abgemeldet. Meine Tante und ihr Mann wendeten sich voll meiner Cousine zu. Wenn wir beide uns unterhielten sprach meine Tante dazwischen und änderte das Thema. Kurz drauf sagte ich das ich jetzt gehe und losfahre, dass ich mit meinem Mann am Tag vor der Beisetzung wiederkommen. Meine Cousine fragte ob ich rauskomme, oder sie umpacken soll. Kein Problem, das geht schon sagte ich. Wir verabschiedeten uns noch kurz und knapp. Von meiner Tante und ihren Mann kam keine Reaktion. Sie machten andere Sachen. Ich sagte nochmal das ich jetzt losfahre und noch tschüss sagen möchte. Wieder keine Reaktion. Ich bin dann durch die Tür und sagte tschüss. Da fragte meine Cousine noch ob die beiden es nicht mitbekommen. Darauf kam nur ein, „Ach, ja, bis dann, tschüss.“
Zuhause angekommen habe ich dennoch geschrieben, das ich angekommen bin. Auch hier keine Reaktion. Früher kam noch ein danke oder sowas zurück.
Am Abend vor der Beisetzung sind wir noch zum Haus gefahren. Hatten noch etwas erzählt und „verabschiedet“. Nachdem die Beisetzung war gab es noch Kaffee und Kuchen. Nachbarn, Verwandte und Freunde waren da. Nachdem Gespräche auch hier wieder von meinen Erzählungen weggeleckt wurden haben wir uns separiert und zugesehen das ich alleine mit allen reden konnte. Das tat gut. Es waren schöne, liebevolle Gespräche. Als alle nach und nach gegangen sind wurden alle liebevoll und mit vielen Worten verabschiedet. Wir blieben noch eine halbe Stunde. Es waren nur noch meine Tante mit ihrem Mann, meine Cousine mit ihrem Mann und Sohn, ich und mein Mann da.
Und wieder sprengte meine Tante „unauffällig“ Gespräche mit uns. Wir standen und saßen dann etwas verloren und unpassend da. Ich bin aufgestanden und sagte das wir jetzt auch losmachen. Und wieder keine Reaktion. Erst beim dritten Mal und als wir zur Tür gingen standen alle auf und sagten kurz tschüss. Dann wurde weiter erzählt.
Mein Mann sagte draußen das wir auch einfach so hätten gehen können. Währe niemanden aufgefallen und hätte wohl keinen interessiert. Im Auto sagte er das er der Sache nicht lange geben wird. Ich denke und sagte das es das bereits gewesen sein wird.
Zuhause angekommen schrieb ich nochmal das wir angekommen sind. Zum Glück kosten das Schreiben via Massanger nichts. So habe ich außer 15 Sekunden, fürs Schreiben, nichts weiter verloren.
Seit dem ist nichts mehr gekommen.
Und jetzt:
Ich habe das schon lange geahnt, wie es eines Tages endet. Das der Kontakt einschlafen wird war mir schon vorher bewusst. Das es aber eine Art glatter Rausschmiss sein wird hätte ich nicht gedacht. Derzeit versuche ich alles zu sortieren. Ich habe da keine Erwartungen mehr. Ich möchte auch selber den Kontakt abbrechen. Ich habe ihr nie etwas angetan. Bis zum letzten Augenblick habe ich immer alles geschluckt und dem Frieden Willen, für meine Oma, den Kontakt und gemeinsame „schöne“ Momente versucht zu finden und zu schaffen.
Meine Oma erwähnte mir gegenüber schon früher das meine Tante irgendwie eifersüchtig ist. Sie trieb keinen Keil zwischen uns. Sie wollte das wir zusammenfinden. Wir machten gemeinsame Urlaube, Ausflüge. Mir gegenüber sagte sie mal das sie sich wünscht das wir eine Verhältnisse aufbauen das über ihren Tod hinaus hält. Sie bereitete mich schon früh darauf vor das ich relativ früh ohne Herkunftsfamilie sein werde. Es sei es gelingt ein Verhältnis zu meiner Tante aufzubauen und aufrecht zu erhalten.
Aber das ist nun nie wirklich gelungen. Gegenüber meiner Oma hielt sie das Bild mehr oder weniger aufrecht. Aber schon die letzten Jahre über machte sie immer mehr die Tür zu.
Auch wenn ich selber keinen Kontakt mehr möchte fällt es mir grade schwer abzuschließen. Ich weiß noch nicht genau wie ich damit umgehen soll. Soll ich es akzeptieren und das Geschenk - nicht mehr fehl am Platz sein zu müssen- annehmen. Oder soll ich selber aktiv sein und den Kontakt abbrechen, ohne weitere Worte. Aber wie soll das gelingen, nach diesem sehr klaren Rausschmiss/Abbruch.