Die körperliche Seite der Angst. Wo fange ich an? Wie mache ich es kurz? Und vor allem: Was könnte Dir helfen?
Im Volksmund heißt es Die Angst schnürt mir die Kehle zu, ich bekomme kalte Füße oder mir sitzt die Angst im Nacken. Darin spiegelt sich die körperliche Seite der Angst. Angst hat für mich und mein Empfinden vor allem etwas mit Enge zu tun, körperlicher Enge. Das kann sich langsam einschleichen, oft merken war das gar nicht, dass unsere Muskulatur mehr und mehr verspannt. Vielleicht registrieren wir, dass wir etwas schreckhafter werden, vielleicht auch nicht. Die Anforderungen des Alltags lassen unser Nervensystem immer wieder anspringen: Stress bei der Arbeit, Stress in der Familie oder einfach nur, weil man sich zu viel vorgenommen hat und mal wieder nicht alles schafft, vielleicht eine kleinere oder größere körperliche Verletzung zwischendurch, Angst vor irgendeiner Aufgabe und natürlich noch eine Portion Stress. Das alles hinterlässt seine Spuren in unserem Nervensystem, der Muskulatur und dem Bindegewebe. Je länger wir im Stresszustand bleiben, desto weniger Zeit hat die Muskulatur, um zwischendurch zu entspannen und irgendwann vergisst sie wie Entspannung funktioniert (sensomotorische Amnesie). Die Muskeln bleiben chronisch angespannt. Das ist der Beginn von körperlichen Fehlhaltungen, die in vielen Fällen auch die Atmung beeinträchtigt. Und wir merken das nicht mal bis irgendwann Angst oder Panik auftauchen. Anscheinend aus dem Nichts.
Genau an diesem Punkt habe ich angesetzt: Meine chronisch verspannte Muskulatur wieder zu entspannen. Mein Körper war wie ein Gefängnis für mich. Meine Bauchatmung war zum Erliegen gekommen, ich atmete nur noch in den Brustkorb und jeder Atemzug schmerzte. Die Muskulatur war überall angespannt und ich hatte keine Chance mehr sie zu entspannen und steckte dauerhaft in einer Körperhaltung, die ein Körpertherapeut als Schraubstock bezeichnete. Mein Nervensystem war im Daueralarmzustand.
Tipps - Was mir geholfen hat und was ich jedem empfehlen würde: 1) Zusammenhänge verstehen lernen und 2) Körpertherapie, um die chronisch verspannte Muskulatur wieder zu lockern (natürlich parallel zu allem anderen, nicht als Ersatz).
1) Informationen finden, die die Zusammenhänge erklären.
Je besser ich die Zusammenhänge im Körper sowie zwischen Körper und Psyche durchschaut habe, desto weniger habe ich emotional auf die nächste Auslösung reagiert. Die körperlichen Symptome hatte ich weiterhin, doch die emotionale Angst war deutlich verringert (heute habe ich das so gut wie gar nicht mehr - ein Vorteil des kontinuierlichen Trainings ).
Embodiment: Die Wechselwirkung von Körper und Psyche verstehen und nutzen
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Ein Buch geschrieben von Fachpersonen aus vier verschiedenen Disziplinen, die den Zusammenhang zwischen Körper und Psyche jeder aus einer anderen Perspektive beleuchten (Kognitionswissenschaften, Psychologie, Neurobiologie und Körperarbeit). Hierin wird u.a. erklärt, wie die Körperhaltung auf die Gefühle wirkt.
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Dieses Buch ist der Grund, warum ich mir sicher war, dass ich den körperlichen Angstzustand würde beheben können. Der Autor gibt Einblicke in den Zusammenhang zwischen Nervensystem und Muskulatur und erklärt den Stopp-Reflex auch als Schreckreaktion bzw. Fluchtreaktion bekannt - ein Reflex, der beim Überleben hilft und eben im Dauer-Aktivierungszustand zu Angst führen kann.
Ich habe noch eine ganze Reihe weiterer Bücher gelesen, doch die zwei bringen es gut auf den Punkt. Eine sinnvolle Ergänzung ist diese Website:
2) KörpertherapieAlles Wissen hilft nicht viel, wenn man es nicht anwendet. Um die chronische Verspannung der Muskulatur und des Bindegewebes etc. aufzulockern, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Physiotherapeuten, Therapeuten, die Akupunktur anbieten, Osteopathen, Rolfer, Triggerpunkt-Therapeuten oder Körpertherapeuten, die sich ganz konkret mit dem Stopp-Muster (siehe oben) befassen - um nur einige zu nennen. Einige Therapieformen muten esoterischer an als andere. Ich habe vieles ausprobiert, weil ich eine Lösung brauchte, da weichen Berührungsängste schnell.
Rolfing (
https://rolfingverband.de/faszientherap...ge-fragen/) und die Triggerpunkt-Therapie empfand ich als besonders hilfreich. Letzteres mache ich selbst zu Hause:
Das sind meine Tipps - und natürlich: ausprobieren und experimentieren. Es gibt nicht die eine Lösung, die für alle funktioniert. Vielleicht wird es sie irgendwann geben, doch so lange gilt es zu testen und den besten Weg für sich selbst zu finden. Und auch wichtig: sich durch Rückschläge nicht abhalten zu lassen, doch das hatten wir ja schon in Beitrag # 2 dieses Themas
Vielleicht ist ja eine hilfreiche Anregung für Dich dabei?
Liebe Grüße
Julia