Angst gesund zu werden - warum will ich krank bleiben?

Pyxidis
Ich habe da so ein Muster bei mir entdeckt, was ich gerne durchbrechen wurde, denn ich würde gerne wieder ganz gesund werden.

Ich habe eine PTBS. Ich mache eine ambulante Psychotherapie und wir möchten meine PTBS mit EMDR bearbeiten. Angenommen EMDR wäre eine Wundermittel, wäre ich danach ja ganz gesund. Jetzt ist es so, daß immer wenn ich mich stabil fühle und entscheide mit EMDR in der Therapie zu beginnen, schaffe ich es immer mich ein paar Tage später wieder psychisch zu Grunde zu richten und kann dann demnach auch mit EMDR nicht beginnen.

Ich habe also vor irgendetwas Angst. Da ich meiner Therapeutin vertraue, habe nicht nur ich die Theorie, daß ich Angst davor habe wieder ganz gesund zu werden.

Es gibt also gute Gründe für mich krank zu bleiben. Das meine ich nicht ironisch, es können ja wirklich gute Gründe sein. Ich möchte herausfinden, was ich alles aufgeben müßte, wenn ich wieder gesund wäre, damit ich mich damit auseinandersetzen kann.

Beispielsweise wäre ich nicht mehr die arme Scorpio, die man ja schonen muß, weil sie so krank ist. Es gäbe keine Entschuldigungen mehr für mich, daß ich irgendetwas nicht machen kann. Meine emotionalen Beziehungen wären nicht auf Mitleid aufgebaut. Vielleicht würde ich ein paar meiner Freunde verlieren. Mein Leben dreht sich jetzt seit drei Jahren quasi ständig um meine Krankheit. Ich müßte mir einen neuen Lebensinhalt suchen. Vielleicht müßte ich mich hier im Forum abmelden. Ich würde dann auch irgendwann mit meiner Therapie aufhören und meine Therapeutin verlieren. Ich würde es wieder aushalten, wenn mich jemand angreift und dem standhalten. Ich bräuchte niemanden mehr, der mich emotional versorgt, und müßte mich selbst um meine Gefühle kümmern. Die guten und die schlechten. Ich wäre selbst für mich verantwortlich und erwachsen.

Ich werde mich jetzt immer mal wieder mit meinem Thread auseinandersetzen, um herauszufinden, was mich vom gesund werden abhält.

Mich interessiert aber auch, ob ihr euch mit dem Thema schon auseinandergesetzt habt. Was sind eure guten Gründe krank zu bleiben.

Ich weiß, daß das ein Thema ist, was polarisiert, trotzdem möchte ich es thematisieren.

Wer traut sich zu hinterleuchten, was am Kranksein alles postiv ist...

Viele Grüße
Scorpio

16.02.2012 10:44 • #1


Eloise
Hallo Scorpio,

ich finde es gut, dass du dieses Thema mal ansprichst. Darüber habe ich mir nämlich durchaus schon Gedanken gemacht.

So lange krank, bin ich ja nun noch nicht und es ist ja bei mir auch noch nicht viel therapiert worden, aber die Angst nicht ernst genommen zu werden, hat sich, nachdem ich erst genommen wurde, schon ein Stück weit in die Angst verändert, nicht mehr krank genug zu sein.

Das heißt keinesfalls, dass ich krank bleiben möchte. Mein Ziel ist es, gesund zu werden. Das kann ich meiner Meinung nach nur, wenn ich lerne anders mit Situationen umzugehen und auch die Kraft finde, gewisse Situationen zu ändern. Was ist aber nun, wenn es mir nur so gut geht, dass ich wieder funktioniere, sich aber nicht wirklich etwas ändert? Dann werde ich irgendwann wieder fallen und das nächste Mal noch tiefer als jetzt.

Davor habe ich wirklich sehr viel Angst und es wäre ein Grund weiter an der Krankheit festzuhalten. Ich bin ein sehr vorsichtiger Typ. Es würde also lange dauern, bis ich mich trauen würde, die Krankheit als Krücke loszulassen.

Ich weiß nicht, ob sich das mit der länge der Erkrankung vielleicht ändert, aber meine emotionalen Kontakte sind die gleichen wie vor der Krankheit, bis auf die Kontakte die ich hier habe. Die Leute, die mir etwas näher stehen wissen Bescheid, den erzähle ich auch mal was oder sage wie es mir geht, aber genauso rede ich mit ihnen auch über andere Sachen. Die Depression ist nur ein Teil von mir, sie ist aber nicht ich. Da gibt es noch zahlreiche andere Facetten von mir, die vorher da waren und die nachher auch da sein werden.

Natürlich ist es schön getragen zu werden. Es wird einem die Zeit gegeben und die Erlaubnis erteilt Fehler zu machen. Man tastet sich langsam ran, wieder auf eigenen Beinen zu stehen, aber der Schritt dann entgültig wieder sicher auf diesen Beinen zu stehen, ist halt dann doch wieder ein Größerer und erfordert etwas Mut.

Wenn du das richtige Netz für dich aufgebaut hast, in das du dich fallen lassen kannst mit deiner Erkrankungen, dann ist das wohl ein wenig so, wie wenn du aus einem heimeligen Zuhause bei Muttern ausziehen musst.

Ich finde es aber nicht schlimm, wenn man sich im klaren darüber ist, dass es diese Gefühle in einem gibt. Nur damit kokettieren fände ich etwas ungünstig. Da tut man sich dann selbst keinen Gefallen.

Liebe Grüße

Eloise

16.02.2012 13:03 • #2


A


Hallo Pyxidis,

Angst gesund zu werden - warum will ich krank bleiben?

x 3#3


ziege
Hey Scorpio,
vielleicht hast Du ja auch angst davor, was in der EMDR Sitzung da zu tage kommt, ich meine das ist ja wirklich kein spaziergang, habe selber eine PTBS und noch andere Folgestörungen.

ich denke schon, das auch der wille bei Dir da ist gesund zu werden! ich habe am anfang, bevor ich die Therapie angefangen habe auch nochmal einen zweiten anlauf gebraucht um dann kontinunierlich da hin zu gehen,meine Thera hat aber erkannt das es sich um angst handelte und nicht ums nicht gesund werden wollen. nu mit einer PTBS neigt man eh dazu Dinge zu vermeiden die mit X zutun haben.

wenn dir das Therapie verfahren angst macht, red mit deiner Thera darüber das ist sehr wichtig. zur not noch ne weile stabiliesieren, das geht auch mit EMDR. wenn doch noch bedenken bezüglich EMDR da sind, vielleicht kennt deine Thra auch die vorgehensweise zur bearbeitung mittels PITT. das wäre dann eine etwas schonendere Methode..

viele liebe Grüße

16.02.2012 22:07 • #3


Pyxidis
Hallo Ziege,

ja ich habe auch konkrete Angst vor den EMDR-Sitzungen als solche, denn ich hatte schon mal welche vor einem Jahr und die waren heftig. Ich konnte mich kaum danach wieder beruhigen, bzw. meine Ängste aus der Kindheit kamen auch wieder hoch.

Das ist der eine Grund, aber es gibt auch noch den anderen, den den ich hier beschrieben habe. Nämlich was kommt danach, wenn es mir wieder gut geht und was verliere ich dadurch. Und diesen Grund möchte ich gerne näher beleuchten.

Ich erhoffe mir noch ein paar Antworten, denn es kann doch nicht sein, daß ich die Einzige hier bin, die zumindest in Teilen auch Vorteile davon hat krank zu sein. Das muß ja nicht zwangsläufig heißen, daß man nicht gesund werden will oder daß man nicht krank ist sondern simuliert oder nicht unter dem Kranksein leidet. Das heißt es absolut nicht und trotzdem ist es doch zum Beipiel auch ein Vorteil nicht arbeiten gehen zu müssen.

Ich hoffe, ich drücke mich hier nicht unglücklich aus und ihr wißt, was ich meine.

Viele Grüße
Scorpio

17.02.2012 14:55 • #4


Cleofee
Mir geht es ähnlich. Habe letztes Jahr eine Familienaufstellung gemacht und da meine Krankheiten aufgestellt. Heraus kam, dass ich meine Krankheiten nicht loslassen kann und sie brauche. Das hat mich ziemlich geschockt. Denn im Grunde genommen möchte ich auch gesund werden und die tiefen Löcher, in die man fällt, sind nun wirklich schrecklich. Die wünscht man sich nun wirklich nicht freiwillig.
Ich muss gestehen, dass ich mich bisher davor gescheut habe, mich mit den Gründen auseinander zu setzen. Die Punkte, die du genannt hast, treffen im Prinzip auch auf mich zu. Ich glaube, es ist die Angst davor ein selbstbestimmtes Leben zu führen mit allen Höhen und Tiefen. Keine Ausrede mehr zu haben, warum man etwas nicht machen kann.

17.02.2012 17:21 • #5


Sarah
Hallo Scorpio,

ein Thema, dass mich auch schon immer mal wieder beschäftigt hat. Und bei dem ich auch nicht so richtig schlau draus werde...

Aber in dem Zusammenhang bin ich auch immer wieder an einem Punkt hängen geblieben: wann ist man eigentlich gesund? Und wo ist die Grenze zum krankhaften? Denn auch psychisch gesunde Menschen werden mal eine schlechte Phase haben, unter unbegründeten Ängsten und Zweifeln leidern, vorsichtig oder scheu im Umgang mit fremden Menschen sein. Darum habe ich mich schon oft gefragt woran ich eigentlich merke, wenn ich am Ende der Behandlung bin. Ich glaube nicht, dass ich irgendwann ein total extrovertierter Mensch werden, der nur so vor Selbstvertrauen strotzt - denn ich glaube nicht, dass ich das bin. Aber ich war auch schon einmal an einem Punkt, dass ich das Gefühl hatte, nicht mehr gesünder zu werden. Mein THerapeut hat mich damals vom Gegenteil überzeugt - und siehe da, plötzlich kommt doch wieder etwas in Bewegung.

17.02.2012 18:56 • #6


S
Hallo Scorpio,

ich kann Deine Gedankengänge nachvollziehen, hab mich auch schon öfter mit dem Thema beschäftigt.
Meine Fragen waren: Warum werde ich nicht gesund? Müsste ich nicht schon längst gesund sein?
Ich hab die Diagnose Depression nun schon seit Januar 2008 und war seitdem nicht mehr arbeitsfähig.
Ich bekomme eine EU-Rente.

Mich erleichtert diese EU-Rente natürlich sehr. Ich muss also im Moment nicht arbeiten.
Ich weiß aber auch, dass ich es noch nicht könnte. Trotzdem ist es ein positiver Aspekt, zumindest in der Richtung, dass meine Existenz wenigstens gesichert ist. Ich muss aber mit viel weniger Geld auskommen, als wenn ich arbeiten würde.

Ich hab gerade in meiner Therapie u.a. das Thema, dass ich nie Aufmerksamkeit bekommen habe, schon als Kind nicht. Meine Schwester hatte immer die volle Aufmerksamkeit, sie war ja auch schon immer krank.

Ich hab mir schon oft die Frage gestellt, ob die Depression u.a. nicht auch da ist, weil ich nun auch Aufmerksamkeit bekomme?
Gut, meine Aufmerksamkeit beschränkt sich alleine auf Ärzte und Therapeuten.
Meine Familie schenkt mir nicht mehr Aufmerksamkeit und ich habe auch keine Vorteile, dass ich irgendwie unterstützt würde, sprich ich musste und muss immer noch alles alleine bewältigen.
Auch emotionale Aufmerksamkeit bekomme ich dadurch nicht.
Meine Mutter ist immer noch auf meine Schwester fixiert und mein Vater schenkt gar keinem Aufmerksamkeit. Meine Kinder lasse ich außen vor, was ich ja auch möchte, sie sind nicht dafür zuständig, für mich zu sorgen.

Ich sorge also immer noch alleine für mich.

Also in der Richtung Aufmerksamkeit habe ich sozusagen keinen Gewinn, außer dass ich einmal pro Woche zu meiner Therapeutin gehen kann, die mir eine Stunde Aufmerksamkeit schenkt.

Ich weiß nun gar nicht, ob ich trotzdem unbewusst an meiner Krankheit festhalte, weil sie einen Gewinn in irgendeiner Weise darstellt.
Allerdings ist mir auch bewusst, dass ich mich z.b. noch nicht von alten Verletzungen lösen kann, aus welchen Gründen auch immer.

Das einzigste, was ich mir trotzdem zugute halten kann ist, die Tatsache, dass ich mir Hilfe hole und nicht hier sitze und in der Krankheit verharre ohne etwas zu tun.
Und trotzdem bin ich aber noch nicht gesund.

Meine Frage ist z.b. auch: Ich habe nun eine chronische Depression, die meiner Meinung nach nicht mehr komplett heilbar ist, weil sie schon zu lange dauert.
Nehmen wir einmal an, ich könnte dadurch nie mehr arbeiten gehen, würde das dann daran liegen, weil ich quasi wegen dem sekundären Krankheitsgewinn nkicht gesund werden will, oder liegt es daran, weil es bei mir zu sehr chronifiziert ist, dass eine Komplettheilung eben nicht möglich ist?

Ich kann die Frage irgendwie nicht beantworten.

17.02.2012 22:52 • #7


Hannie
Hallo Scorpio,

ich frage mich auch oft, ob ich vielleicht gar nicht gesund werden will. Seit 1998 leite ich jetzt schon offiziell an Depressionen. Mein ganzes Leben habe ich ganz für mich alleine gelitten. Keinem habe ich es gezeigt, keiner hat es bemerkt. Vielleicht wollte es auch keiner bemerken.

Ich frage mich oft, was ist, wenn ich wieder gesund bin. Dann muss ich wieder auf das Arbeitsamt gehen, muss mir eine Arbeit suchen, muss jeden Tag mit anderen Menschen zusammen sein - all das macht mir riesige Angst. Aber dann gibt es die Tage so wie heute, da saß ich in der Küche meines Sohnes und habe zugesehen wie seine Freundin trotz Schwangerschaft und Kleinkind den Haushalt meistert. Ihr geht es bestimmt auch nicht immer gut, aber sie schafft trotzdem ihre Arbeit. Und was ist mit mir? Ich habe mir in dem Moment so gewünscht, dass ich das auch wieder kann - ich war richtig neidisch auf sie. Sie schafft alles und ich sitze immer nur da und starre Löcher in die Luft.

18.02.2012 21:03 • #8


JeanLucca
Hallo Scorpio.

Interessante Frage die Du Dir stellst.

Es hört sich für mich so ein bisschen danach an, als ob wir genauso sein werden wie vor unserer Erkrankung. Freunde haben mit denen wir nicht über Krankheiten sprechen, Dinge machen die wir nicht wollen (und nicht mehr unsere Erkrankung vorschieben), in keinem Depressionsforum mehr sein zu müssen weil wir jetzt Gesund sind, ec.

Ich glaube aber das bei einer wirklichen Gesundung nicht der alte Zustand 1:1 wieder hergestellt ist sondern das wir uns verändert haben. Wir haben zum Beispiel eine ganz andere Einstellung Hilfe anzunehmen als damals. Wir haben auch eine andere Einstellung unseren Gefühlen gegenüber - wir können sie spüren, einordnen und ausdrücken. Und wir wissen wie wichtig genau das für uns ist.
Und wir kennen uns - wir wissen warum wir krank geworden sind, was wir getan haben um Gesund zu werden und was wir tun müssen um Gesund zu bleiben.
Ich habe für mich das Gefühl das ich nicht Gesund bin aber im Moment richtig gut mit meiner Depression umgehen kann.

Mein Freundeskreis hat sich verändert, oder besser, die Qualität hat sich verändert. Ich habe jetzt dadurch das es mir besser geht keinen Freund verloren. Ich bin einigen noch Näher gerückt. Denn ich weiß das ich mit meinen schlechten Gefühlen nicht allein sein darf und reden sollte. Ich spreche jetzt mit 2 von meinen Freunden darüber. Ich erzähle ihnen auch von den anderen Situationen in denen ich bemerke was ich anders mache als damals. mir fällt es leicht weil ich eigentlich sehr oft mit ihnen im Gespräch bin.
Und ich habe mir eine weitere Gruppe gesucht mit denen ich etwas unternehme ohne das die Depression bisher ein ständiges Thema war. Sie wissen davon, und gut.

Aufmerksamkeit. Total spannende Gedanken die Du da hast. Darüber habe ich bisher noch nicht nachgedacht. Ganz spontan würde ich sagen das ich mir meine Aufmerksamkeit in meiner Selbsthilfegruppe hole. Ja, da geh ich noch regelmässig hin auch wenn es mir gerade gut geht. Mir bringt es was wenn ich anderen von mir erzähle, wenn ich bemerke wo sie sind und mich erinnere das ich da auch schon mal war. Ich gebe Erfahrungen weiter und bekomme Aufmerksamkeit.

Zitat von Scorpio:
Wer traut sich zu hinterleuchten, was am Kranksein alles postiv ist...
Es fühlt sich toll an. Also ich meine diese Phase jetzt. Ich bin Krank und fühle mich Gesund weiß aber das ich aufpassen muss. Damit erhalte ich mir ja ein kleines Stück weit mein Kranksein.

Lieben Gruß, JeanLucca

20.02.2012 09:19 • #9


Pyxidis
Hallo,

toll, daß so viele geantwortet haben. Ich werde noch auf jeden Beitrag eingehen, hatte bis jetzt nur noch nicht die Zeit dazu.

Viele Grüße
Scorpio

20.02.2012 09:34 • #10


C
Hallo Scorpio!

Ich finde diese Fragestellung auch sehr interessant und vor allem wichtig! Ich denke zurzeit auch viel darüber nach, wie viel ich mich selbst noch am gesundwerden hindere; und welche Gründe bzw, vllt auch Vorteile es für mich haben könnte, krank zu bleiben. Obwohl ich mir auch nicht ganz sicher bin, ob ich denn noch so krank bin...
auf jeden Fall finde ich es seehr anstrengend wieder gesund zu werden! Und ich merke, deshalb habe ich auch oft Rückfälle, also Tage wo ich mich damit einfach völlig überfordert fühle, wieder ein normaleres Leben zu führen, wo ich Verantworung für mich oder andere/s übernehemen muss, wo ich erwachsen sein muss (das ist eh so ein Thema bei mir). Dann denke ich oft- ich kann nicht, ich will nicht.... dann lieber einfach im Bett liegen bleiben. Was aber ja eben auch nicht geht....
Ich denke mit dem Gesundwerden steigen unsere und auch die Erwartungen anderer an uns und davor haben wir Angst; das macht Druck. Evtl. auch Leistungsdruck, den wir (ich mir jedenfalls) schon immer übermäßig gemacht habe. Und die Unsicherheit, wie wird es sein wieder gesund zu sein?? Was kommt auf einen zu? Und soll man es nicht lieber gleich alles sein lassen, bevor doch am Ende wieder alles schiefgeht oder unvorhergesehen Dinge passieren?

Andererseits weiß ich nicht, ob man sich diese Fragen überhaupt stellt, wenn man tatsächlich wieder richtig gesund ist (wenn es das gibt). Vllt belastet einen dann einfach alles weniger und man muss sich gar nicht mit dem Kranksein vor irgendwas schützen?! Vllt ist es auch ein bisschen eine Schutzhaltung, wenn man sich sagt, man hielte sich selbst krank - weil man dann meint, dass man sich selbst gesund werden lassen kann und somit alles ganz einfach ist, und man von keiner Therapie oder sonstwas abhängig?

Du siehst, ich hab noch keine abschließende Meinung darüber .

Was allerdings deine Bedenken bzgl Freunden angeht, so sind sie glaube ich, unnötig- glaube eher du wirst deine Freundschaften sogar besser pflegen und erhalten können, je besser es dir geht.

Liebe Grüße,
Cleo

20.02.2012 11:51 • #11


Pyxidis
Hallo Cleofee,

Zitat:
Heraus kam, dass ich meine Krankheiten nicht loslassen kann und sie brauche


das mit dem Loslassen, sagt meine Therapeutin ganz häufig zu mir. Ich solle loslassen. Ja, das fällt mir schwer. Ich klammere mich an alle Dinge, die mir Sicherheit geben und ja auch an meine Krankheit, bzw. meine Therapeutin, deshalb habe ich immer solche Probleme, wenn sie in den Urlaub fährt.

Zitat:
Denn im Grunde genommen möchte ich auch gesund werden und die tiefen Löcher, in die man fällt, sind nun wirklich schrecklich. Die wünscht man sich nun wirklich nicht freiwillig.

Ja, gesund werden will ich auch, denn da hast Du auch Recht, daß die Löcher schrecklich sind und trotzdem hält einem etwas davon ab, das Vertraute loszulassen.

Ich kann mir vorstellen, daß für Dich der Schritt, ein nochmal größerer sein muß, denn das betreute Wohnen aufzugeben, würde mir auch sehr schwer fallen. Es ist ein bisschen wie erwachsen werden.

Es ist ein bisschen so wie Eloise schreibt.

Zitat:
Wenn du das richtige Netz für dich aufgebaut hast, in das du dich fallen lassen kannst mit deiner Erkrankungen, dann ist das wohl ein wenig so, wie wenn du aus einem heimeligen Zuhause bei Muttern ausziehen musst.


Ja so ist es.

Viele Grüße
Scorpio

21.02.2012 10:24 • #12


miezelina
ich habe auch schon oft darüber nachgegrübelt, was in mir mich davon abhält, wieder gesund zu werden. Ich leide seit 2,5 Jahren an einer durchgehenden depressiven Episode, die mal stärker, mal schwächer ist, die aber immer noch nicht zuende ist.

Es ist schon so, dass mir die Krankheit einige Steine aus dem Weg geräumt hat: SIe hat mich aus einem Job rausgeholt, den ich gehasst habe. Sie hat mich außerstande gesetzt, meinen erlernten Beruf, der mich seit Jahren überforderte, noch einmal auszuüben. Sie bewahrt mich davor, zu viel rausgehen zu müssen, mich mit anderen Menschen befassen zu müssen und auch davor, aktiver zu sein, als ich es möchte.

Die Krankheit schützt mich vor allem vor den Erwartungen anderer Menschen. Man erwartet eigentlich nichts mehr von mir. Man hofft vielleicht, aber ich werde nicht mehr bedrängt, irgendwas zu tun, wozu ich keine Lust habe. Ich habe meine Ruhe.

Scheinbar ist das wichtig.

Denn auf der anderen Seite der Waagschale liegt eine Menge: DIe Krankheit hat mir meine Existenzgrundlage genommen, meine Finanzen aufgefressen, meinen Mann beinahe vertrieben, sie wird mir als nächstes meine Wohnung nehmen (da sie zu groß ist, für eine Hartz IV-Empfängerin, was ich demnächst sein werde). Sie hat mir meine Freunde entfremdet. Sie hat meine Lebensfreude und meine Interessen gestohlen und sie macht mich zuweilen zu einem Zombie.

Ja, es gibt diesen Gewinn. Aber auch eine Menge Verlust.....

LG-

Miezelina

21.02.2012 20:42 • #13


J
Die Fragestellung am Anfang ist absolut richtig. Die Seele reagiert nie ohne guten Grund. Bei was hilft mir meine Krankheit, die ich zwar als lästig empfinde, die mich aber vor etwas bewahrt, was ich - subjektiv - als noch schlimmer empfinde? Ist es ein aktueller sekundärer Krankheitsgewinn, oder habe ich schon als Kind gespürt und erfahren, dass, wenn es mir schlecht geht, man sich um mich kümmert. Überwog damals die erlebte Zuwendung, den Preis den ich mit der Krankheit dafür zahlen musste?

Hat mich meine Mutter in den Arm genommen, mich verhätschelt und mir Eis ans Bett begracht? Wenn das so ist, kann es sein, dass sich dieser Mechanismus von Krankheit/Zuwendung als Engramm ins Hirn gebettet hat. Und dann passiert im Erwachsenenalter etwas Unerhörtes: Man versucht unbewußt dieses Wohlgefühl wieder herzustellen, indem man krank wird. Jetzt bleibt aber aus, was eigentlich bezweckt ist, die Zuwendung. Da die Schaltkreise im Hirn aber nunmal sehr regide sind, tritt kein Lerneffekt ein und man bleibt weiter krank, in der ebenso unausgesprochenen wie unbemerkten Hoffnung, die Zuwendung werde schon wiederkommen.

Teils ist dies ja auch der Fall, z.B. dadurch, dass sich Ärzte und Therapeuten um einen kümmern, man sonstige Vergünstigungen wie z.B. einen EU-Rente erhält. Das Schlimme ist, man weiß ja selbst nicht, was mir einem los ist und wenn dann die Angehörigen oder Freunde noch sagen; Nun reiß Dich mal am Riemen! machts das ganze noch schlimmer.

Mit Medikamenten wird man diesem Teufelskreis kaum beikommen können, es wird nur gehen mittels einer Umprogrammierung der angelegten Schaltkreise. Die Hypnotherapie halte ich dafür für sehr geeignet, andere werden vielleicht bessere Vorschläge haben?

27.02.2012 10:14 • #14


A


Hallo Pyxidis,

x 4#15


C
Zitat von cleo:
Ich denke mit dem Gesundwerden steigen unsere und auch die Erwartungen anderer an uns und davor haben wir Angst; das macht Druck. Evtl. auch Leistungsdruck, den wir (ich mir jedenfalls) schon immer übermäßig gemacht habe. Und die Unsicherheit, wie wird es sein wieder gesund zu sein?? Was kommt auf einen zu? Und soll man es nicht lieber gleich alles sein lassen, bevor doch am Ende wieder alles schiefgeht oder unvorhergesehen Dinge passieren?


Ich finde diese Aussage von Cleo sehr interessant und treffend!

Für mich sind es glaube ich sehr die Erwartungen anderer, die mich unter Druck setzen und wo ich denke: denen musst du jetzt noch mal bewusst machen, dass du krank bist. Beispiel: ich habe ja in meiner Abteilung offenbart, dass ich in einer depressiven Phase bin (Anfang März).

Ich war den ganzen März und April arbeiten, bis auf 2 Tage im März und die letzten zwei Tage dieser Woche.
Als ich im März die zwei einzelnen Tage krank war, hat mein Chef wohl zu der Coachin die unserer Abteilung gerade zur Verfügung steht (habe ich an anderer STelle von berichtet), dass es mir wohl wieder schlechter ginge.

Und auch eine Kollegin fragte neulich, ist die Depression wieder da?

Die verstehen überhaupt nicht, dass ich die ganze Zeit in einer depressiven Episode bin und mich durch die Arbeitswoche schleppe, wie sehr mich die Arbeit teilweise anstrengt und ich dann am WE völlig kaputt bin. Ich gehe damit nicht hausieren, aber manchmal denke ich, ich sollte es tun. Ich bin schon wieder viel zu leistungsfähig nach außen, jedenfalls auf der Arbeit.

Und wenn man gesund ist, hat fehlt am Ende vielleicht wirklich eine Möglichkeit, sich aus etwas raus zu reden, auf das man keine Lust hat? Von dem man weiß, dass es einem nicht gut tut und vielleicht doch wieder die Krankheit auslösen könnte? Dass man vielleicht sich selbst nicht zugesteht, auch mal einen schlechten Tag zu haben (den jeder einmal hat), da bleibt man doch lieber gleich krank, oder? Und hat auch für sich selbst eine Ausrede

LG Clarice

29.04.2012 08:39 • #15

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