MacBS1971
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Hallo in die große unbekannte Runde!
Wo fange ich an? Vielleicht muss ich ein wenig ausholen. Ich bin verheiratet und habe 2 Kinder und wir leben in einer DHH im ländlichen Raum unweit von München. Ich bin berufstätig, meine Frau arbeitet inzwischen auch in Teilzeit.
Grundsätzlich könnte man meinen, alles völlig normal. Ist es aber bei weitem nicht.
Zunächst einmal ist es so, dass ich inzwischen darunter leide einen Arbeitsweg von 1,5-2 Stunden sowohl morgens als auch abends bewältigen zu müssen. Ich bin auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen, weil wir uns keine 2 Autos leisten können und meine Frau das Auto braucht, um die Kinder abzuholen. Das ist ok. Wenn ich zu festen Zeiten Feierabend machen kann, passt auch alles. Verpasse ich aber meine Verbindung, komme ich 20km vom Wohnort nicht mehr weiter. Das bedeutet Stress! Morgens sehr früh zur Arbeit fahren 5:45 Uhr, damit ich rechtzeitig ohne schlechtes Gewissen haben zu müssen Feierabend machen kann. Ein wenig entspannen kann ich erst wenn ich dann im Zug sitze und der auch noch pünktlich ist.
Jetzt könnte man sagen, warum wohnst du auch so weit draußen? Weil ich nicht in der Stadt leben kann (siehe weiter unten) und es mir mit Familie auch gar nicht leisten kann in der Stadt zu leben. Zudem ist die Ruhe draußen ein Segen! Auch dazu unten mehr. Daher der lange und oft beschwerliche Weg.
Zu Hause angekommen, wird gegessen. Anschließend erhalte ich eine Art Tageszusammenfassung von meiner Frau. Was es für Probleme in der Schule gab, was es sonst für Themen gab, alles prasselt auf mich ein. Meist bin ich dann gegen 21/22 Uhr so fertig und kraftlos, dass ich nur noch ins Bett falle. Bis ich aber einschlafen kann vergeht viel Zeit, weil sich viele Gedanken und sorgen des Tages noch in meinem Kopf drehen. Oft wache ich nachts auf, dann geht das Gedankenkarussell wieder los und um 5:00 Uhr klingelt schon wieder der Wecker.
Auf der Arbeit bin ich viel Stress ausgesetzt. Das anfänglich familiäre StartUp welches mir so gut gefallen hat, hat sich in den letzten 4 Jahren zu einem kleinen Konzern entwickelt. Feste Prozesse und Verantwortlichkeiten, Team- und Bereichsleitungen und ein deutlich schlechteres Arbeitsklima sind das Resultat. Jeder Möchtegern-Bonsai-Leiter geht nur noch mit angewinkelten Ellenbogen durch die Firma um sich und seine Position durchzusetzen, sehr gerne über die engagierten und einst motivierten Mitarbeiter hinweg. Das über Leichen gehen hat ernsthaft sorgenbereitende Ausmaße angenommen. Jeder dessen Nase nicht passt oder gar eine eigene und differenzierte Meinung hat, ist ruckzuck auf einer Beobachtungsliste und muss um seinen Job und damit seine finanzielle Existenz bangen.
Also angenehm sind meine Wochentage daher nicht (mehr). Am Wochenende ist der Samstag ausgebucht mit Einkaufen, Haushalt und Kinder chauffieren. Da bleibt keine Zeit für mich selbst. Sonntags könnte man ausschlafen, sofern die Nachbarschaft nicht mit Auto aussaugen, Straße fegen oder Nachbarschaftlichem Plaudern um 8 Uhr beschäftigt wäre.
Und schon ist wieder Sonntag Abend und die Gedanken was alles auf der Arbeit schon wieder auf mich wartet, was ich wohl in der neuen Woche falsch mache oder sagen könnte, um meine Position auf der Beobachtungsliste weiter nach oben zu treiben, lassen mich nicht ein oder durchschlafen. Die Folge Müdigkeit, extreme Angespanntheit und viel schlimmer: Konzentrationsstörungen, sind die Folge.
Jetzt stellt sich die Frage, wie kommt man da raus aus dem Teufelskreis? Kündigung? Leichtes Wort, aber unmöglich wenn man eine Familie zu versorgen hat und finanzielle Verbindlichkeiten abtragen muss.
Inzwischen bin ich in psychotherapeutischer Behandlung. Allerdings nur 1 Stunde pro Woche. Und auch erst seit Mitte des Jahres. Im Juli war ich 4 Wochen krankgeschrieben wegen Depressionen. Ich hätte noch weitere Wochen krankgeschrieben werden können auf Anraten meiner Hausärztin, aber aus Angst um meinen Job, bin ich wieder zur Arbeit gegangen und war schon nach nur 2 Tagen wieder mitten im Stresskreislauf. Ich habe einfach eine unfassbare Angst davor den Job und das Einkommen zu verlieren. Also stürze ich mich weiterhin in den stürmischen Arbeitsalltag.
Über kurz oder lang- das sagen sowohl meine Ärztin, als auch meine Psychologin - werde ich unter der Last brechen. Aber was soll ich tun? Außer nachts in mein Kissen zu weinen, so dass es meine Frau nicht mitbekommt? Ich möchte sie nicht auch noch damit belasten, sie kämpft bereits mit aller Kraft für die Kinder mit den Widrigkeiten in der Schule. Die Kinder brauchen sehr intensive Betreuung, da mein Sohn das Asperger Syndrom hat, genau so wie ich auch.
Und da haben wir auch schon die nächste Herausforderung im Leben.
Für diejenigen, denen der Begriff nichts sagt kurz zusammengefasst: Asperger Autist zu sein ist wie auf einem fremden Planeten zu leben. Alles auf der Welt ist auf neurotypische Menschen ausgelegt, Asperger sind permanent damit beschäftigt sich anzupassen, um nicht den sozialen Konventionen zu widersprechen. Das geht oft schief und strengt unglaublich an. Man kann es mit einem anderen Betriebssystem vergleichen. Funktioniert wie ein neurotypischer Mensch nur ein wenig anders. Es ist schwer das kurz und knapp zu beschreiben, man kann abendfüllend darüber sprechen. Zum Glück wird das Thema aber derzeit (endlich!) auch in den Medien behandelt, so dass man deutlich mehr Informationen über das Leid dieser Exoten in die Öffentlichkeit bringen kann.
Meine Gedanken werden immer wieder zwischen Aufgeben und Davonlaufen und Verantwortung für die Familie hin und her gerissen! Nur die Verantwortung für meine Familie schützt mich vor Kurzschlussreaktionen und unüberlegten Entscheidungen. Wie oft wäre ich spontan schon in einem Flieger gestiegen und einfach nur weggeflogen? Ohne Smartphone und ohne Rückflugticket. Ich stand auch schon am Flughafen und hatte die Bankkarte bereit. Aber der Gedanke an meine Kinder und meine Frau haben mich wieder zurückfahren lassen. Meine Familie ist meinen Oase und meine Insel auf die ich mich zurückziehen kann. Aber was, wenn das Familienkonstrukt irgendwann fragil wird?
Auf meine Geschwister kann ich nicht zurückgreifen. Die würden mich und meine Sorgen nicht verstehen. Da käme nur ein stell dich nicht so an, das ist nur eine Phase, das geht vorbei, da müssen wir alle durch. das ist die Standard Phrase und die akzeptiere ich nicht. Weil es eben nicht so ist!
Jemand der öfter als einmal die Woche für mehr als eine Stunde zuhört, wäre toll. Jemand der mir Ratschläge geben und mich motivieren kann wäre prima. Jemand mit dem ich über meine Andersartigkeit sprechen kann wäre schön.
Meine Frau will ich mit all dem nicht auch noch belasten, sonst bricht sie darunter zusammen. Ich bewundere sie schon sehr für die ganze Energie die sie immer wieder aufbringen muss, um für unsere Kinder zu kämpfen. Da kann sie meine Befindlichkeiten nicht auch noch auf sich nehmen.
Also was soll ich tun?
Wer weiß Rat?
Welche Möglichkeiten habe ich?
Wo fange ich an? Vielleicht muss ich ein wenig ausholen. Ich bin verheiratet und habe 2 Kinder und wir leben in einer DHH im ländlichen Raum unweit von München. Ich bin berufstätig, meine Frau arbeitet inzwischen auch in Teilzeit.
Grundsätzlich könnte man meinen, alles völlig normal. Ist es aber bei weitem nicht.
Zunächst einmal ist es so, dass ich inzwischen darunter leide einen Arbeitsweg von 1,5-2 Stunden sowohl morgens als auch abends bewältigen zu müssen. Ich bin auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen, weil wir uns keine 2 Autos leisten können und meine Frau das Auto braucht, um die Kinder abzuholen. Das ist ok. Wenn ich zu festen Zeiten Feierabend machen kann, passt auch alles. Verpasse ich aber meine Verbindung, komme ich 20km vom Wohnort nicht mehr weiter. Das bedeutet Stress! Morgens sehr früh zur Arbeit fahren 5:45 Uhr, damit ich rechtzeitig ohne schlechtes Gewissen haben zu müssen Feierabend machen kann. Ein wenig entspannen kann ich erst wenn ich dann im Zug sitze und der auch noch pünktlich ist.
Jetzt könnte man sagen, warum wohnst du auch so weit draußen? Weil ich nicht in der Stadt leben kann (siehe weiter unten) und es mir mit Familie auch gar nicht leisten kann in der Stadt zu leben. Zudem ist die Ruhe draußen ein Segen! Auch dazu unten mehr. Daher der lange und oft beschwerliche Weg.
Zu Hause angekommen, wird gegessen. Anschließend erhalte ich eine Art Tageszusammenfassung von meiner Frau. Was es für Probleme in der Schule gab, was es sonst für Themen gab, alles prasselt auf mich ein. Meist bin ich dann gegen 21/22 Uhr so fertig und kraftlos, dass ich nur noch ins Bett falle. Bis ich aber einschlafen kann vergeht viel Zeit, weil sich viele Gedanken und sorgen des Tages noch in meinem Kopf drehen. Oft wache ich nachts auf, dann geht das Gedankenkarussell wieder los und um 5:00 Uhr klingelt schon wieder der Wecker.
Auf der Arbeit bin ich viel Stress ausgesetzt. Das anfänglich familiäre StartUp welches mir so gut gefallen hat, hat sich in den letzten 4 Jahren zu einem kleinen Konzern entwickelt. Feste Prozesse und Verantwortlichkeiten, Team- und Bereichsleitungen und ein deutlich schlechteres Arbeitsklima sind das Resultat. Jeder Möchtegern-Bonsai-Leiter geht nur noch mit angewinkelten Ellenbogen durch die Firma um sich und seine Position durchzusetzen, sehr gerne über die engagierten und einst motivierten Mitarbeiter hinweg. Das über Leichen gehen hat ernsthaft sorgenbereitende Ausmaße angenommen. Jeder dessen Nase nicht passt oder gar eine eigene und differenzierte Meinung hat, ist ruckzuck auf einer Beobachtungsliste und muss um seinen Job und damit seine finanzielle Existenz bangen.
Also angenehm sind meine Wochentage daher nicht (mehr). Am Wochenende ist der Samstag ausgebucht mit Einkaufen, Haushalt und Kinder chauffieren. Da bleibt keine Zeit für mich selbst. Sonntags könnte man ausschlafen, sofern die Nachbarschaft nicht mit Auto aussaugen, Straße fegen oder Nachbarschaftlichem Plaudern um 8 Uhr beschäftigt wäre.
Und schon ist wieder Sonntag Abend und die Gedanken was alles auf der Arbeit schon wieder auf mich wartet, was ich wohl in der neuen Woche falsch mache oder sagen könnte, um meine Position auf der Beobachtungsliste weiter nach oben zu treiben, lassen mich nicht ein oder durchschlafen. Die Folge Müdigkeit, extreme Angespanntheit und viel schlimmer: Konzentrationsstörungen, sind die Folge.
Jetzt stellt sich die Frage, wie kommt man da raus aus dem Teufelskreis? Kündigung? Leichtes Wort, aber unmöglich wenn man eine Familie zu versorgen hat und finanzielle Verbindlichkeiten abtragen muss.
Inzwischen bin ich in psychotherapeutischer Behandlung. Allerdings nur 1 Stunde pro Woche. Und auch erst seit Mitte des Jahres. Im Juli war ich 4 Wochen krankgeschrieben wegen Depressionen. Ich hätte noch weitere Wochen krankgeschrieben werden können auf Anraten meiner Hausärztin, aber aus Angst um meinen Job, bin ich wieder zur Arbeit gegangen und war schon nach nur 2 Tagen wieder mitten im Stresskreislauf. Ich habe einfach eine unfassbare Angst davor den Job und das Einkommen zu verlieren. Also stürze ich mich weiterhin in den stürmischen Arbeitsalltag.
Über kurz oder lang- das sagen sowohl meine Ärztin, als auch meine Psychologin - werde ich unter der Last brechen. Aber was soll ich tun? Außer nachts in mein Kissen zu weinen, so dass es meine Frau nicht mitbekommt? Ich möchte sie nicht auch noch damit belasten, sie kämpft bereits mit aller Kraft für die Kinder mit den Widrigkeiten in der Schule. Die Kinder brauchen sehr intensive Betreuung, da mein Sohn das Asperger Syndrom hat, genau so wie ich auch.
Und da haben wir auch schon die nächste Herausforderung im Leben.
Für diejenigen, denen der Begriff nichts sagt kurz zusammengefasst: Asperger Autist zu sein ist wie auf einem fremden Planeten zu leben. Alles auf der Welt ist auf neurotypische Menschen ausgelegt, Asperger sind permanent damit beschäftigt sich anzupassen, um nicht den sozialen Konventionen zu widersprechen. Das geht oft schief und strengt unglaublich an. Man kann es mit einem anderen Betriebssystem vergleichen. Funktioniert wie ein neurotypischer Mensch nur ein wenig anders. Es ist schwer das kurz und knapp zu beschreiben, man kann abendfüllend darüber sprechen. Zum Glück wird das Thema aber derzeit (endlich!) auch in den Medien behandelt, so dass man deutlich mehr Informationen über das Leid dieser Exoten in die Öffentlichkeit bringen kann.
Meine Gedanken werden immer wieder zwischen Aufgeben und Davonlaufen und Verantwortung für die Familie hin und her gerissen! Nur die Verantwortung für meine Familie schützt mich vor Kurzschlussreaktionen und unüberlegten Entscheidungen. Wie oft wäre ich spontan schon in einem Flieger gestiegen und einfach nur weggeflogen? Ohne Smartphone und ohne Rückflugticket. Ich stand auch schon am Flughafen und hatte die Bankkarte bereit. Aber der Gedanke an meine Kinder und meine Frau haben mich wieder zurückfahren lassen. Meine Familie ist meinen Oase und meine Insel auf die ich mich zurückziehen kann. Aber was, wenn das Familienkonstrukt irgendwann fragil wird?
Auf meine Geschwister kann ich nicht zurückgreifen. Die würden mich und meine Sorgen nicht verstehen. Da käme nur ein stell dich nicht so an, das ist nur eine Phase, das geht vorbei, da müssen wir alle durch. das ist die Standard Phrase und die akzeptiere ich nicht. Weil es eben nicht so ist!
Jemand der öfter als einmal die Woche für mehr als eine Stunde zuhört, wäre toll. Jemand der mir Ratschläge geben und mich motivieren kann wäre prima. Jemand mit dem ich über meine Andersartigkeit sprechen kann wäre schön.
Meine Frau will ich mit all dem nicht auch noch belasten, sonst bricht sie darunter zusammen. Ich bewundere sie schon sehr für die ganze Energie die sie immer wieder aufbringen muss, um für unsere Kinder zu kämpfen. Da kann sie meine Befindlichkeiten nicht auch noch auf sich nehmen.
Also was soll ich tun?
Wer weiß Rat?
Welche Möglichkeiten habe ich?