Bekomme ich einen Burn-Out / Depression hab ich schon

G
Hallo,

ich bin recht neu hier im Forum und finde es sehr sehr gut !

Seit einigen Monaten steuere ich wohl auf ein burn-out hin, so fühlt es sich auf jeden Fall an. Jetzt bin ich wohl an einem Punkt angekommen, wo es schon eine Depression ist...

Mein innerer Kampf: Ich mag meinen Beruf eigentlich sehr. Seit 2 Jahren arbeite ich in einem Seniorenheim in der Therapie/Betreuung, es ist ein geschlossener gerontpsychiatrischer Bereich, vor allem mit Schwerstdemenzkranken. Und ich mag diese Menschen sehr sehr sehr. Ich bin schon lange in meinem Job, hab früher in der Neurologie gearbeitet und eigentlich noch nie so viel Freude bei den Patienten/Klienten/Bewohnern wie in diesem Bereich erlebt.

Und trotzdem: Ich bin immer wieder nach einigen Jahren massiv erschöpft und kündige meine Stelle dann wieder. Überlege dann ständig, ob ich weiter im sozialen Bereich arbeiten kann. Mein Vertrag läuft Anfang Dezember aus und ich habe nicht verlängert, obwohl ich die Stelle nun unbefristet hätte weitermachen können. Es war das Gefühl, nicht mehr zu können, meinen eigenen Ansprüchen an meine Berufsausübung nicht mehr gerecht zu werden und durch eine lange Krankschreibung die Leute im Stich zu lassen und als psychisch krank zu gelten....

Ich weiß, dass das Unsinn ist und ich weiß auch, daß es äußere und innere Umstände gibt, die mich immer wieder an den Rand meiner Belastbarkeit führen.
Es ist jetzt schwer für mich zu entscheiden, will und kann ich diesen Beruf weiter ausführen, muß ich den Beruf ändern oder meine Einstellung dazu.

Das Schlimme ist: wenn ich einen Nicht-Sozialen Beruf ausüben würde, kämen wieder die Vorwürfe: Eigentlich müsste ich etwas Sinnvolles tun, für andere Menschen da sein....bin wahrscheinlich ein wandelndes Helfersyndrom...???

Vielleicht liest das ja jemand auch aus dem sozialen Bereich und kann mir helfen:

Findet ihr eine gute Balance zwischen Eigen-Fürsorge und Da-Sein für Andere ? Zwischen Empfindsamkeit und Abgrenzung? Ich will niemals niemals verbittert in meinem Beruf werden, in letzter Zeit hab ich gespürt, daß ich nicht mehr so empatisch bin zu meinen Anvertrauten, und das hasse ich an mir selbst !!!!

Vielen Dank und noch ein schönes Wochenende,

Eure maggiemae

15.11.2009 12:04 • #1


Pyxidis
Hallo maggiemae,

hallo erstmal. Ich kann Dir leider gar nicht richtig weiterhelfen, da ich mit Computern arbeite. Das ist ja so ziemlich das Gegenteil von dem was Du da tust. Ich bin aber sicher, daß sich hier im Forum noch jemand findet, der Dir weiterhelfen kann, denn ich habe mitbekommen, daß einige hier im sozialen Bereich arbeiten.

Deshalb ist mein Beitrag hierzu, Dich natürlich zuallererst einmal hier zu begrüßen und natürlich, damit Dein Beitrag nicht übersehen wird, ihn nach oben zu schieben.

Liebe Grüße
Scorpio

24.11.2009 23:04 • #2


A


Hallo gloomy,

Bekomme ich einen Burn-Out / Depression hab ich schon

x 3#3


G
Hallo Scorpio,

danke für deine Antwort, das ist sehr nett

Vielleicht liest es ja noch jemand.

liebe grüße,

Maggiemae

25.11.2009 23:10 • #3


T
vielleicht liest es ja jemand anderes???

ganz bestimmt sogar!!!! und den spagat kennen hier viele!!!
ich komme auch aus der pflege!!!
ich bin seit jan. 09 krankgeschrieben, nach jahrelangem kampf, so wie du, und habe erst seit 4 wochen k e i n schlechtes gewissen mehr!!!
ich werde in meinem umfeld mutter theresa genannt!

aber meine liebe, du musst dich abgrenzen. sonst gehst du vor die hunde. und damit nützt du niemandem.
weder dir noch deinen patienten.
das lernt man in einer therapie.
der eine lernts schneller, der andere braucht länger
aber glaube mir, man lernts!!!!!

auch dir gebe ich meinen leitsatz erstmal mit zum nachdenken::

ich müsste ein kind oder eine freundin von mir sein, dann gings mir gut!!!!

verstehst du den sinn, und erkennst du dich auch wieder???

denk mal über deine situation nach, wie wenn du eine freundin wärest!!!
was würdest du i h r raten? was könnte sie verändern. usw. usw.

hab grad leider nicht viel zeit!!
melde mich aber auf jeden fall später nochmal

alles liebe erstmal tinerl

und herzlich willkommen

26.11.2009 10:19 • #4


Albarracin
Experte

29.11.2009 09:03 • #5


G
hallo albarracin.

Hatte keine Ahnung, daß mein Nickname irgendwie negativ behaftet ist.Dachte das ist ein normaler Name. Kenne das Lied auch gar nicht. Wenn das so ist, kann ich ihn gerne ändern, ich guck mal, wie das geht.

Und wenn das so rüberkam, daß ich Distanz/Abgrenzung als etwas Schlechtes ansehe, dann war das mißverständlich. Ich suche ja gerade nach der richtigen Mischung, der Balance zwischen Einfühlen und Distanz. Also weiß ich schon, daß das sehr wichtig ist. Und bis jetzt habe ich es immer geschafft, professionell zu arbeiten...!

Albarracin, irgendwie kommt deine Antwort ziemlich barsch beim mir an, als wärst du genervt darüber, was ich geschrieben habe....komme mir recht abgekanzelt vor. Vielleicht bin ich aber auch nur dünnhäutig grad...

Übrigens hab ich mir schon professionelle Hilfe gesucht, es geht mir wirklich grad ziemlich mies.

Trotzdem danke für deine Antwort.

29.11.2009 12:53 • #6


G
@ tinerl:

Danke für deine Antwort. Der Leitsatz ( Kind/Freunding) gefällt mir gut !!! Hab ich mir jetzt schon ab und zu ins Gedächtnis gerufen, wenn ich wieder mal meine, alles, was ich tue, ist nichts wert oder so...Stecke grad häufig in so negativen Gedankenmustern und dann tun mir solche bildhaften Anker gut. Was würde ich einer guten Freundin raten....

Ich denke, ich weiß daß ich grundsätzlich an meinen Gedankenmustern arbeiten muß, lernen anders mit mir umzugehen und mir nicht mehr diesen immensen Druck zu machen. Grad ist es wirklich ziemlich schlimm, manchmal hab ich plötzlich das Gefühl, als hätte mir jemand den Stecker rausgezogen...dann ist alles grau und sinnlos und nichts hat mehr wert...

ich hab mir überlegt, in eine psychosomatische klinik zu gehen, die auch verhaltenstherapeutisch ausgerichtet ist und auch burn-out als Spezialgebiet hat (hab von bad arolsen Gutes gehört...). Ich hoffe sehr, daß ich da so einiges lernen kann.

Einen schönen Sonntag noch und liebe Grüße von mir !!

29.11.2009 13:08 • #7


G
Zu dem Lied Maggie Mae, das ist echt zweideutig, gerade wenn man schaut, dass eine Schlagersängerin in den 70er gab, die ebenfalls Maggie Mae hieß. Aber ich gebe Wolfgang recht, ich würde das auch überdenken.

29.11.2009 14:21 • #8


G
Kann ich denn meinen Nicknamen ändern...hab es gerade im persönlichen Bereich versucht, klappt irgendwie nicht.

Dann melde ich mich einfach unter einem neuen Namen an, oder ?!

Liebe Grüße

29.11.2009 14:28 • #9


J
Hallo, maggiemae!

Ich kenne diese Gratwanderung nur zu gut!
Ich arbeite in einer Schule für körperliche und motorische Entwicklung (früher einfach Körperbehindertenschule genannt) in einer Klasse mir schwerst-mehrfachbehinderten Kindern und hatte vor fast vier Jahren, als ich in einer Schule für Geistigbehinderte arbeitete, selber einen Burn-Out mit einer (schweren) Depression.
Ein Warnsignal ist tatsächlich, wenn die Empathie in der Arbeit zurückgeht. ABER VERURTEILE DICH BITTE NICHT DAFÜR!!!!!
Wir sind in unserem Beruf, gerade für unsere Anvertrauten, sehr engagiert, und es fällt uns wahrscheinlich schwer (auf jeden Fall kann ich das von mir behaupten), uns von den Anvertrauten und deren Probleme abzugrenzen. Das ist ein Problem. Leider merke ich bei mir auch zur Zeit, dass ich ungeduldig werde, wenn eine Schülerin etwas Bestimmtes immer noch nicht verstanden hat, obwohl ich es mit ihr schon seit 3 1/2 Jahren übe. Oder dass mich die Geräusche, die meine SchülerInnen machen, mehr nerven. Hinzu kommen bei mir körperliche Beschwerden. Das ist echt ein Warnsignal.

Es ist schön, wenn wir uns für den Beruf und die Leute einsetzen, für sie brennen. Aber wenn wir zu stark brennen, brennen wir aus. Es ist für mich sehr schwer, dort den Mittelweg zu finden. Ein Schulleiter meinte einmal zu mir: Er fände es schön, wenn ich mich engagieren würde, aber er möchte nicht, dass ich dabei zugrunde gehe. Das hat er mir schon gesagt, als er mich nur ein dreiviertel Jahr kannte.
Das ist das Problem.

Ich finde gut, dass Du Dir professionelle Hilfe geholt hast! Mich hatte damals auch ein Klinikaufenthalt wieder auf die Beine gebracht, und ich hatte dort einige Bewältigungsstrategien gelernt.

Ich wünsche Dir, dass Du mit professioneller Hilfe Deinen Weg findest.

Liebe Grüße, Jandi.

29.11.2009 14:31 • #10


Albarracin
Experte

29.11.2009 16:23 • #11


Steffi
so, nix mehr maggiemae. Aus maggiemae ist jetzt gloomy geworden

29.11.2009 18:11 • #12


G
Hey Steffi,

vielen Dank !
Fühle mich wie neugeboren

Liebe Grüße,
gloomy

29.11.2009 18:17 • #13


F
Liebe gloomy, auch ich arbeite(te) in einem sozialen Beruf.

Das Abgrenzen fiel mir immer - trotz Verhaltenstherapie - recht schwer. Irgendwann bin ich immer wieder in den Fallen getreten, die bereit standen. Ganz zu Anfang achtete ich noch gut auf mich, jedoch war ich auch ganz schnell wieder im Kreisel meiner Gefühle. Ich sehe den Menschen, schaue ihm in die Augen und schon funktioniert das über so viele Jahre antrainierte Verhalten.

Nun bin ich seit fast drei Jahren aus meinem Beruf (bin jedoch noch in Anstellung) und weiß genau, dass ich dort nicht mehr arbeiten kann und werde. Auch ich arbeite in der Neurologie.

Selbst in den bis jetzt drei Jahren Auszeit spüre ich oft den Drang, anderen zu helfen. Obgleich ich mittlerweile auch ganz oft Nein sagen kann und es auch begründe. Immer wieder ertappe ich mich dabei, Dinge zu tun, die ich eigentlich nicht tun sollte, weil ich danach wieder diese Erschöpfung spüre. Ich kann es einfach nicht sein lassen. Es findet bei mir ständig ein Wechselbad der Gefühle statt. Jedoch verzeichne ich halt positiv, dass ich nicht immer so extrem nachlässig mit mir umgehe. Dass ich nicht meine, anderen etwas beweisen zu müssen.

Ich habe gelernt, mich zurückzuziehen. Mich zu erholen. Danach kann ich wieder durch das Kraftschöpfen manches leisten, aber nur noch im ganz geringen Rahmen. Das ist für mich nicht befriedigend. Ich bin infolge das 3. Mal Arbeitsunfähigkeit geschrieben worden wegen burnout.

Deshalb höre schon recht früh auf die Zeichen und hole dir Hilfe. Ohne die wird es nicht gehen. Lernen, die eigenen Grenzen zu spüren und wahrzunehmen, ist das eine Thema. Und andere Themen folgen dann sicherlich automatisch.

Ich wünsche dir sehr, dass du lernen wirst, dich abzugrenzen.

LG
Angelika

30.11.2009 19:22 • #14


T
liebes frolleinmau!!!!

ich ziehe den hut vor dir!!!!!

ich kann alles nur unterschreiben!!!!

du hast alles wunderbar erklärt und auf den punkt gebracht!!! WOW!!!!!


liebe , jetzt habe ich deinen neuen namen vergessen, mach weiter mit der freundin in dir!!!

würdest du zusehen, wie sie sich selber vergißt?
würdest du ihr nicht stop zurufen,
würdest du nicht für sie mitdenken, wenn sie wieder in alte muster verfällt

mehr kann ich im moment eigentlch nicht schreiben, frolleinmau war einfach perfekt!!!

genauso ist es.!!! ich habe mich darin erkannt, und du bestimmt auch!!!

Wissen tun wir es, nur umsetzen!!!! das klappt nicht, noch nicht!!!

ich bin auch so eine helferin, werde in meinem umfeld mutter theresa genannt. man musste mich gar nicht um was bitten, ich habe es schon gespürt. schon geahnt, schon alleine gemerkt!!!

bevor jemand noch überlegt hab, stand ich schon da!!! freiwillig und gerne!!!! mein leben lang, bis, tja, bis 16.1.09!!
da hats mich dann umgehauen und seitdem bin ich Arbeitsunfähigkeit.

bin heute aber nicht so gut drauf, verzeih, liebe neue, deren namen ich jetzt vergessen habe.
sorry, meine konzentration

tinerl

30.11.2009 21:48 • #15


G
Erst mal vielen Dank für die Antworten !! Hat mich SEHR gefreut !

Ich finde mich in vielem wieder, was ihr schreibt! Und der Wunsch ist in mir groß, wirklich etwas zu ändern, weil ich ja auch merke, daß es so, wie ich es bisher gemacht habe, nicht mehr funktioniert.

In 2 Wochen habe ich meinen Termin beim Psychiater, da werde ich dann um die Klinikeinweisung in die psychosomatische Klinik bitten. Jandi, in welcher Klinik warst du denn, wenn ich fragen darf ? Warst du auch Akut da oder in Reha ?

Puh, FrolleinMau, dein posting hat mich doch beschäftigt ! Daß ein burn-out so lange anhalten kann, macht mich doch erschrocken!
Hab Angst, daß meine Automatismen und Muster auch ziemlich dominant sind und ich noch oft in meine wohlbekannten Fallen tappe .
Du schreibst, daß du seit 3 Jahren Arbeitsunfähigkeit geschrieben bist und denkst, daß du nicht mehr in der Neurologie arbeiten kannst. Daß du trotz der Fortschritte, die du machst (Nein-Sagen etc.) schnell wieder an deine Belastungsgrenzen kommst und erschöpft bist. Wie gehst du damit um ? Hast du andere berufliche Möglichkeiten für dich entdeckt, die dich nicht so überfordern? Denkst du daran , deinen Beruf zu wechseln? Schaffst du das gut, zu deiner Auszeit zu stehen, hast du es geschafft, daß es dir gleichgültig ist, was andere über dich denken? Hast du eher Unterstützung erfahren aus deinem Umfeld oder Ablehnung?

Ich frage, weil bei mir wahrscheinlich ja auch ein Umbruch ansteht und ich mir viele Gedanken um meine Situation mache. Wenn ich gut drauf bin, bin ich so ein Typ, der immer sehr viele Pläne und Lebensprojekte hat, tausend Ideen im Kopf, was ich beruflich (und auch privat) noch alles so machen will, hab noch nebenberuflich studiert, dann fänd ich noch tiergestützte Therapie toll, Forschung oder Schreiben etc etc.... Aber da streiken Körper und Seele gerade, hab Angst, GAR NICHTS mehr schaffen zu können, grad fühl ich mich eben auch ständig müde und erschöpft und krank.

Meine Hoffnung: Vielleicht gibt es ja auch berufliche Tätigkeiten, in denen ich belastbarer bin, die mich nicht so aussaugen, die besser zu mir und meinen Belastungsgrenzen passen. Ich meine, natürlich ist es das Wichtigste, an sich und seinen Einstellungen zu arbeiten, keine Frage. Aber meine Therapeutin hat das mal so gesagt: Wer sagt, daß Sie überhaupt nicht mehr belastbar sind, vielleicht gibt es andere Bereiche, in denen Sie es sind....(oder so ähnlich).

Tausend Gedanken und Grübeleien....vielleicht sollte ich das Ganze aber auch erst mal wegschieben und lieber runterkommen...Trinke jetzt erst mal in Ruhe ne Tasse Tee .

Ganz liebe Grüße, Eure gloomy

01.12.2009 17:47 • #16


F
Zitat von gloomy:
Puh, FrolleinMau, dein posting hat mich doch beschäftigt ! Daß ein burn-out so lange anhalten kann, macht mich doch erschrocken!
Hab Angst, daß meine Automatismen und Muster auch ziemlich dominant sind und ich noch oft in meine wohlbekannten Fallen tappe .
Du schreibst, daß du seit 3 Jahren Arbeitsunfähigkeit geschrieben bist und denkst, daß du nicht mehr in der Neurologie arbeiten kannst. Daß du trotz der Fortschritte, die du machst (Nein-Sagen etc.) schnell wieder an deine Belastungsgrenzen kommst und erschöpft bist. Wie gehst du damit um ? Hast du andere berufliche Möglichkeiten für dich entdeckt, die dich nicht so überfordern? Denkst du daran , deinen Beruf zu wechseln? Schaffst du das gut, zu deiner Auszeit zu stehen, hast du es geschafft, daß es dir gleichgültig ist, was andere über dich denken? Hast du eher Unterstützung erfahren aus deinem Umfeld oder Ablehnung?

Ganz liebe Grüße, Eure gloomy


Liebe gloomy, mir liegt es fern, in dir eine Unruhe zu verbreiten und sehe aber, dass ich das wohl getan habe - mit meiner Geschichte. Andererseits denke ich, dass es dir vielleicht ein wenig helfen wird, schneller und präziser mit deiner Problematik umzugehen. Ich habe seinerzeit diese Hilfen nicht an mich heran gelassen.

Ja, es ist eigenartig, trotz der ganzen Nein-Sagerei tappe ich doch noch immer wieder in Fallen.

Du kennst es vielleicht auch, dass enormer Druck im Arbeitsleben ausgeübt wird, zumindest bei uns war es so. Ich arbeitete ja schon nur sechs Stunden täglich und trotzdem verweigerte ich mich irgendwann. Ich habe immer mehr gemacht, als man von mir verlangte, selbst Tätigkeiten, die ich nicht hätte machen dürfen. Aber die Situation auf unserer Station ließ oft nichts anderes zu. Ich fühlte mich verpflichtet, meinen Kollegen zu helfen.

Vielleicht weißt du, wie das Arbeitsleben im KH sich gestaltet, es macht einfach keinen Spass mehr. Und von vielen Kollegen höre ich, dass sie nun auch krank sind. Fast die ganze Station, mit der ich zusammen arbeitete. Das macht doch nachdenklich, was? Der stete Druck der heutigen Arbeitswelt ist - für mich - nicht mehr aushaltbar, zumal ich ja auch noch andere Belastungsstörungen hatte/habe.

Ich habe die warnenden Worte von meiner Therapeutin wirklich lange ignoriert. Mein Perfektionismuswahn trieb mich immer weiter. Und meine Therapeutin wies mich immer wieder darauf hin, wenn ich nicht endlich lernen würde, etwas zu ändern, wären die Folgen fatal.

Was sie damit meinte, weiß ich dann heute natürlich. Nur: es muß doch nicht für jeden so enden, auch nicht für dich.

Ich weiß nicht, warum ich so oft taub auf beiden Ohren war. Wahrscheinlich mein mir anerzogenes Verhalten ließ mich die Warnungen ignorieren. Ich kämpfe ja heute noch immer und stetig gegen irgend etwas.

Andere berufliche Möglichkeiten sehe ich schon, jedoch eher in dem Bereich meiner Phantasie und Kreativität. Nun ist es so, und ich weiß, das liest sich wahrscheinlich für andere sehr oberflächlich oder gar nachlässig, ich bin nicht mehr so auf einen Verdienst in materieller Hinsicht angewiesen.

Und trotzdem zerrt es an meinen Nerven, nichts mehr einzubringen. Ich habe immer gearbeitet, auch mit Kindern. Und ich kann mich nicht einfach darauf ausruhen, dass mein Nun-Ehemann mich versorgt. An diesen Gedanken kann und will ich mich im Moment nicht gewöhnen. Er signalisiert mir zwar stetig, dass mein Denken verkehrt sei, so zu denken würde weiterhin Druck aufbauen. Und das stimmt ja auch irgendwie.

Falls ich die Rente nicht durchbekomme, werde ich weiterhin klagen bis zum Ultimo. Jedoch zwischendurch kann ich einerseits ein wenig in der Firma meines Mannes aushelfen, damit ich zumindest krankenversichert bin (Familienversicherung geht nicht, weil der Gatte privat versichert ist). Ich kann dann selbst an ganz schlechten Tagen, an denen ich noch nicht mal in der Lage bin, richtige Körperpflege zu betreiben, im Schlawo in meinem Kellerraum sitzen und Angebote tippen. Länger als ein bis zwei Stunden kriege ich das eh nicht hin.

Und dann gab ich vor meiner Erkrankung auch eine Art Massagen. Diese Möglichkeit hätte ich hier auch, komme aber nicht wirklich in den Quark. Mein Mann würde dann eine Firma anmelden, dort wäre ich auch als Angestellte tätig. Halt immer so, wie ich kann. Hauptsache nicht nutzlos herumsitzen, wie ich es im Moment mache.

Ich wüßte ansonsten nicht, welche Art von Beruf ich noch ausüben könnte. Der Gedanke daran, jeden Morgen Gewehr bei Fuß zu stehen, strengt mich sehr an. An manchen Tagen klappt gar nichts und ich lasse sie vorbeigleiten.

Deshalb sieh' bitte zu, dass du jetzt sofort etwas für dich tust und dich da auch sehr ernst nimmst. Eine psychosomatische Tagesklinik finde ich gut. Mir hätte das damals sicherlich auch weitergeholfen, wenn ich auf meine Therapeuten gehört hätte. Heute weiß ich, dass sie damals schon alles dransetzten, dass ich die Rente einreiche, das war vor sieben Jahren. Seither falle ich von einem Extrem ins nächste.

PS: Mir ist es völlig egal, was mein Umfeld denkt - das brauchte aber auch Zeit und Unterstützung durch eine Verhaltenstherapeutin. Mein Partner und meine Kinder gehen recht gelassen mit der Situation um, sie schonen mich, wenn es der Schonung bedarf, aber fördern mich und fordern mich heraus. So nehme ich auch wieder aktiv am Leben teil. Jedoch wenn Auszeit angesagt ist, nehme ich mir die Zeit. Niemand hier - Freunde oder Familie - rümpfen die Nase. Denn ich habe immer eindringlich erklärt, warum und weshalb es mir nicht gut geht. Ich habe sämtliche Themen auf den Tisch gelegt.

Tu was für dich - so schnell wie möglich.

Ganz liebe Grüße
Angelika

01.12.2009 20:52 • #17


G
Liebe Angelika,

danke für deine Offenheit und deine Geschichte, die mir wirklich sehr bekannt vorkommt....
Zitat von FrolleinMau:
Du kennst es vielleicht auch, dass enormer Druck im Arbeitsleben ausgeübt wird, zumindest bei uns war es so.


Ja, das kenne ich leider zur Genüge, mit immer weniger Personal immer höhere Qualitätsstandards erfüllen, und dies auch noch bis auf den letzten Handschlag dokumentieren...hab da großen Respekt vor dem Pflegepersonal, die sitzen wirklich zwischen tausend Stühlen und von allen Seiten prasseln Anforderungen auf sie ein. Bei uns in der Therapie ist das nicht ganz so extrem, wir haben schon noch mehr Zeit, aber den Kostendruck bekommen wir auch zu spüren....

Zitat von FrolleinMau:
Andere berufliche Möglichkeiten sehe ich schon, jedoch eher in dem Bereich meiner Phantasie und Kreativität. Nun ist es so, und ich weiß, das liest sich wahrscheinlich für andere sehr oberflächlich oder gar nachlässig, ich bin nicht mehr so auf einen Verdienst in materieller Hinsicht angewiesen.


Ach, weißt du was, das ist doch auch was Schönes, nicht mehr existenziell darauf angewiesen zu sein, jeden Monat eine bestimmte Summe selbst zu verdienen, damit man existenziell überleben kann. Ich finde das gar nicht oberflächlich oder so, ich wäre froh, ich hätte mal einen Partner, der ein bisschen mehr verdient.... . Falls man es schafft, das anzunehmen, bietet so eine finanzielle Sicherung doch eine gute Grundlage, um für sich eine Tätigkeit zu finden, die den eigenen Fähigkeiten und Bedürfnissen entgegenkommt. Hey, ich wünsch dir von ganzem Herzen, daß du da was Schönes und Befriedigendes für dich findest

Zitat von FrolleinMau:
PS: Mir ist es völlig egal, was mein Umfeld denkt - das brauchte aber auch Zeit und Unterstützung durch eine Verhaltenstherapeutin.


Ja, Respekt, da hadere ich noch sehr mit mir und meinen Vorstellungen, wie leistungsfähig und belastbar ich doch sein müsste.....ich bin auf dem Lande auf einem Bauernhof großgeworden, ein Credo meines Vaters war: Stillstand ist Rückgang ! So was sitzt ganz schön tief drin in meinem Kopp...
Bei meiner letzten Depression vor so 8 Jahren hab ich nur meinen engsten Freunden erzählt, wie es mir geht. Nach außen hin hab ich lange weiterfunktioniert. Diesesmal mache ich es auch anders, hab meiner Familie davon erzählt, war ehrlich...und welch Wunder...sie waren zwar etwas perplex und erstaunt, daß diese immer gut gelaunte Frau in einer Depression steckt, aber sie haben wirklich eher verständnisvoll reagiert. Das macht mir Mut ! Trotzdem fällt es mir noch schwer, diesen Stillstand für mich zu akzeptieren.

Aber irgendwie freu ich mich auch auf die Klinik, erhoff mir viel, das ist ja auch eine Chance, etwas zu verändern und damit mein Leben besser, schöner, befriedigender, entspannter zu gestalten....Mein Mantra...das erzähl ich mir jetzt jeden Abend..

Liebe Angelika, war sehr schön von dir zu hören, ich wünsche dir noch einen entspannten Abend,
deine gloomy

02.12.2009 17:13 • #18


J
Hallo, Gloomy!

Ich war damals in der Schlossklinik Pröbsting, die leider nur Privatpatienten oder SelbstzahlerInnen annehmen (ist natürlich unbezahlbar!)
Ich war akut in einer Krankenhausbehandlung. Die Klinik war für mich SEHR gut, weil sie wenig Patienten hat (ca.35) und mitten in der Natur liegt. Ich habe aber auch schon von anderen guten Kliniken gehört.

Der Klinikaufenthalt hatte mir sehr geholfen, auch wenn ich jetzt wieder in Fallen tappe. Lass Dich nicht entmutigen, für Dich gibt es bestimmt auch einen Weg, darauszufinden.

Liebe Grüße von Jandi.

04.12.2009 16:54 • #19


Anika
Hallo gloomy,
das Thema betrifft auch mich. Ich habe über 20 Jahre mal in Pflege, mal in Betreuung (Behinderte, Jugendliche, Psychiatrie, Altenheim, Krankenhaus) gearbeitet. Meine erste burn out Depression hatte ich vor 13 Jahre und habe es nicht ernst genommen und mir keine Hilfe gesucht. Diesmal habe ich eine Therapie gemacht und fühle mich wie ein neuer Mensch.

Und ich weiss, dass ich nicht mehr zurück in die Pflege / Betreuung gehen werde. Das ich nicht darf. Denn sonst werde ich innerhalb kurzer Zeit wieder in eine Depression rutschen. Schon der Gedanke an Tätigkeiten in Pflege oder Betreuung lösen Magenkrämpfe aus.

Ich denke, ob jemand wieder in seinen Beruf zurückkehren sollte, ist ganz schwer zu beantworten. Es kommt wohl auf die Auslöser an und ob man diese erfolgreich bearbeiten und im Griff haben kann. Wenn ich mir vorstelle, wie stressig alles war. Welch hohen Anforderungen gestellt wurden. Und die Anforderungen wurden immer höher mit der Zeit (Qualitätsmanagement) . Zudem die Arbeitszeiten, durch die ich soziale Kontakte total vernachlässigen musste. Ich hatte einfach keine Lust mehr auf Menschen in meiner Freizeit, weil ich im Beruf schon genug Beziehungen hatte.
Natürlich habe ich mich auch selber unter Stress gesetzt. Wollte Perfekt sein. Beliebt sein. Konnte Kritik nur schwer verdauen. Ich hatte grosse Angst, gravierende Fehler zu machen, so dass jemand durch mich zu Schaden käme. Mein Selbstwert war im Keller.

Ich jobbe jetzt als Aushilfe in der Gastronomie und habe festgestellt, dass es mir richtig Spass macht. Ich bewege mich gerne und viel, arbeite gerne schnell und konzentriert und das kann ich da. Ich habe gerne mit Menschen zu tun, möchte aber keine Verantwortung für Leib und Leben mehr tragen. Ich möchte keine engen Beziehungen mit Menschen eingehen und das muss ich dort auch nicht. Mein Humor und mein schauspielerisches Talent (welches ich BEWUSST einsetze) hilft mir im Job Ich maloche einfach und wenn Kritik kommt, fühle ich mich nicht persönlich angegriffen, sondern weiss, dass es einfach nur eine äussere Handlung von mir betrifft. Ich gehe nach hause und kann vollkommen abschalten!!

Seit 1,5 Jahren bin ich raus aus meinem Beruf und habe es keine Sekunde schade gefunden. Ein riesiger Felsbrocken ist von mir abgefallen. Ich habe festgestellt, dass ich eher eine Einzelgängerin bin und gar nicht so gerne mit vielen Menschen eng zu tun habe. Ich habe fest gestellt, dass ich mich vor menschlichen Ausscheidungen ekel, vor Blut, Speichel etc. Das war nicht leicht, mir das einzugestehen. Aber jetzt ist es eine Erleichterung, dass ich mir das eingestanden habe.

Mir hat es geholfen, dass ich diesen Job gefunden habe. Einfach mal was GANZ anderes machen. Meinem Chef bin ich dankbar, denn er hat mich vor 8 Monaten trotz (abklingender) Depression eingestellt, die ich nicht verheimlicht habe.

Lange habe ich ängstlich nachgedacht, was ich in Zukunft machen will beruflich. Irgendwann habe ich einfach los gelassen von den Grübeleien um dieses Thema. Zur Zeit weiss ich es noch nicht genau, was wird, denn mein Job bringt nicht genug Geld ein. Ich lasse mir Zeit, denn ich bekomme noch über ein Jahr ALG von dem mein Gehalt abgezogen wird. Mein Berater ist informiert und setzt mich zum Glück nicht unter Druck. Rente habe ich auch mal zur Vorsicht beantragt, was aber auch eine berufliche Massnahme werden kann. Wird sich noch zeigen. Es hat sich trotz aller Befürchtungen alles gut eins ins andere ergeben.

Ich möchte dir mit meinem Beitrag Mut machen. Kümmere dich nun erst mal um dich selber. Gründlich! Erforsche deine Grenzen und Bedürfnisse und lass dir bei der Überwindung der Depression helfen. Das andere kommt dann schon. Ständiges Grübeln und Angst haben ist da eher hinderlich. Leichter gesagt als getan Ich weiss. Aber es lohnt sich genau hin zu schauen.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft.

Anika

06.01.2010 14:31 • #20


G
Hallo Anika!
Vielen Dank für deine Antwort, hat mich sehr gefreut!

Kann total gut nachvollziehen, was du geschrieben hast, erkenne mich in vielem wieder ! Es macht Mut zu sehen, dass es dir mit deiner neuen Tätigkeit besser geht !

Ich bin jetzt auch aus meinen 2 therapeutischen jobs ausgestiegen, schreibe jetzt in Ruhe meine Diplomarbeit und danach ist Psychosomatisches Krankenhaus angesagt....kann mir zur Zeit auch nicht mehr vorstellen, wieder in diesen anstrengenden Job zurückzukehren. Die Frage ist die nach der Alternative...aber du hast Recht, erstmal muss ich wohl klar erkennen, was ich wirklich will, wo meine Grenzen sind, was mir gut tut und was überhaupt nicht....wenn da nicht dieses Gefühl wäre, versagt zu haben, wenn ich die therapeutische Arbeit aufgebe. Aber vielleicht ist das das kleinere Übel, denn wenn ich dauernd am Limit gehe, habe ich auch grad nicht mehr das Gefühl, was Sinnvolles zu leisten.

Zitat von Anika:
Ich habe gerne mit Menschen zu tun, möchte aber keine Verantwortung für Leib und Leben mehr tragen. Ich möchte keine engen Beziehungen mit Menschen eingehen und das muss ich dort auch nicht. Mein Humor und mein schauspielerisches Talent (welches ich BEWUSST einsetze) hilft mir im Job Ich maloche einfach und wenn Kritik kommt, fühle ich mich nicht persönlich angegriffen, sondern weiss, dass es einfach nur eine äussere Handlung von mir betrifft. Ich gehe nach hause und kann vollkommen abschalten!!


Das finde ich super, das will ich auch ! Ich hab da so meine Träume, von der Arbeit mit Tieren, oder Ökolandbau, Verkäuferin im Bioladen, so was in der Art...

Liebe Anika, wünsche dir auch alles alles Gute, und daß du für die Zukunft eine befriedigende und schöne Arbeit findest !

Liebe Grüße, gloomy

13.01.2010 08:47 • #21


A


Hallo gloomy,

x 4#22


Anika
Hallo gloomy,
ganz sicher hast du nicht versagt.

Als ich krank wurde und mit der Arbeit aufhörte, da hatte ich das Gefühl, ich lasse alle im Stich. Die Betreuten, die Kollegen. Ich sei eine Versagerin und gemein dazu, weil die anderen jetzt für mich mit schuften müssen.

Über die Zeit hat sich das Gefühl gelegt. Man fand Ersatz für mich. Ich konnte los lassen.

Wenn ich mich so umschaue, dann gibt es kaum jemanden, der sein ganzes Arbeitsleben in ein und dem selben Beruf bleibt. Die allermeisten orientieren sich irgendwann um. Das dürfen auch wir aus den helfenden Berufen. Ich sehe das als Lebensabschnitt. Jetzt kommt ein neuer Abschnitt. Eine neue Phase.

Nächste Woche kommt jemand vom Amt zu mir, wegen beruflicher Massnahme. Die ungefähre berufliche Richtung kann ich mir ja vorstellen. Was mir Sorge macht, ist mein Alter. Wer will einen schon noch mit über 50 und dazu als Berufsanfänger. Aber ich werde es versuchen. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Dir wünsche ich gutes Gelingen der Diplomarbeit und vor allem eine gute erholsame und erkenntnisreiche Zeit in der Klinik.

Grüsschen von Anika und ich würde mich freuen, von dir zu lesen, wie es bei dir weiter geht

22.01.2010 15:21 • #22

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