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Chronisch depressiver Partner - festgefahrene Situation

PattyD
Hallo zusammen,

das ist mein erster Beitrag und es wird leider gleich ein ganzer Roman - vielleicht hilft mir ja schon das Runterschreiben. Meine Frage wäre, ob ihr das kennt oder ob hier die Depression als Entschuldigung genutzt wird:

Ich bin seit 3 Jahren mit meinem Partner zusammen. Er scheint schon länger mentale Probleme zu haben, die jedoch nie behandelt wurden - was ich damals aber nicht wusste. Zum Zeitpunkt des Kennenlernens wusste ich nur, dass er hin und wieder Schlafprobleme hat und dass er mit dem Studium nicht vorankommt, habe ich damals auf die Verliebtheit geschoben. Drei Monate, nachdem wir zusammenkamen, wurde bei ihm eine mittelschwere Depression diagnostiziert. Und seitdem ist er da nicht mehr wirklich herausgekommen. Da in meiner Familie Depressionen durchaus üblich sind, fiel es mir auch nicht schwer, Verständnis zu haben. Aber das ist das erste Mal, dass ich mit chronischen Depressionen zu tun habe, und es macht mich mürbe.

Ich habe das Gefühl, mein Partner verweigert alles, was ihm helfen könnte, dass es wieder besser wird. Er schleift sich zwar zur Therapie, aber das macht er mir zuliebe und glaubt nicht, dass es etwas bringt. Wenn ich ihn frage, was er mit dem Therapeuten besprochen hat (er macht eine Verhaltenstherapie), ist die Antwort Weiß ich nicht mehr. Wenn ich frage, was denn der Therapeut empfiehlt, heißt es Durchhalten. Bewegung und einen gesündere Ernährung verspottet er, denkt, ich würde alles mit Haferflocken heilen wollen. Er nimmt zwar Antidepressiva, denkt aber, dass sie nichts bringen. Deshalb hat er sie eigenmächtig abgesetzt. Vorschläge, ein anderes Präparat zu probieren oder die Dosis zu erhöhen, lehnt er ab. Ich habe ihn bekniet, er möge doch die Tabletten wieder nehmen. (Er ist dann meiner Meinung nach zumindest etwas weniger aggressiv - er wird bei Diskussionen regelmäßig lauter und hat die einen oder anderen verbalen Ausfälle mir gegenüber. Wenn ich ihm sage, dass mich seine Äußerungen verletzen, heißt es, ich sei so empfindlich, auf dem Bau würde man auch so reden. Ich bin extra mit ihm zum Therapeuten gegangen, um ihm vom Therapeuten sagen zu lassen, dass wir ja nun einmal in einer Beziehung und nicht auf dem Bau sind, mir glaubt er ja nicht). Mit einer Verzögerung von 6 Monaten nimmt er nun wieder die Tabletten, gleiche Dosis, gleiches Präparat, obwohl das ja an seinem Antrieb nichts geändert hat.

Als wir uns kennenlernten, war er noch im Studium. Aufgrund der Depression und einer damit verbundenen Angststörung kann er aber das Masterstudium nicht fortsetzen. Zwischenzeitlich (auch das hat mich etwa 1 Jahr Überzeugungsarbeit gekostet) hatte er einen Job, der Vorteil ist, dass er sowohl über ein abgeschlossenes Bachelorstudium als auch eine Ausbildung verfügt. Es hat aber mit seinem Engagement gehapert, sodass er nach der Probezeit gehen musste - er sagt, die Arbeit habe ihm keinen Spaß gemacht. Zwischenzeitlich, als er den Job hatte und da die Probezeit dem Ende nahe war, sind wir zusammengezogen und haben gemeinsam ein Auto gekauft. Die Idee war, halbe-halbe zu machen mit den Ausgaben. Die Anzahlung für das Auto habe ich übernommen, da er pleite war - er hatte ja zuvor ein Jahr lang von Erspartem gelebt bzw. sich von den Eltern aushelfen lassen (seine Berufsunfähigkeitsversicherung wollte er nicht in Anspruch nehmen). Nun trage ich die gesamten Kosten alleine - da ich einigermaßen gut verdiene geht das, aber trotzdem lege ich jeden Monat ein wenig von meinem Ersparten drauf (er muss noch einen Ausbildungskredit abbezahlen). Und zwar seit 10 Monaten. Da der Mietvertrag für die gemeinsame Wohnung frisch unterschrieben war, als ihm gekündigt wurde, geht die Einrichtung auch auf mich. Anspruch auf Arbeitslosengeld hat er nicht, da zu wenig in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt.

Das Wieder-Bewerben ist ein Drama für sich. Er hat sich jetzt in den Kopf gesetzt in Beruf xy zu arbeiten, in dem er keinerlei Berufserfahrung hat und jetzt natürlich auch mit anderen konkurriert, die 10 Jahre jünger sind und ihr Studium durchgezogen haben und die letzten 3 Jahre zumindest irgendwas gemacht haben. Daher hagelt es Absagen, was natürlich das Selbstbewusstsein in den Boden rammt. Zu kleineren persönlichen Projekten in diesem Bereich, die man als Arbeitsprobe einreichen könnte, sieht er sich nicht imstande, bzw. die Materialien dazu müssten wir kaufen und er will nicht, dass ich da für ihn Geld ausgebe.

Dazu kommt der Frust wegen des abgebrochenen Masterstudiums, der in einen Hass auf Akademiker mündet - mit dem kleinen Problem, dass ich Akademikerin bin. Ich flehe ihn an, sich doch einen anderen Job zu suchen - in seinem Ausbildungsberuf oder vielleicht auch erst einmal nur ein Aushilfsjob, den meinetwegen auch in Teilzeit. Aber das prallt an ihm ab mit der Begründung, ich hätte gut reden, ich hätte mit meinem Abschluss schon die Schäfchen im Trockenen und außerdem sei er krank. Wenn ich meine, gut, wenn er krank ist, dann sollten wir vielleicht nach anderen Behandlungsmethoden suchen, da die aktuelle offensichtlich nicht wirkt (ich denke vor allem eine Tagesklinik oder stationäre Behandlung wären sinnvoll), wird er böse, dass er so ja seine Karriere vollkommen ruinieren würde.

Es geht mir nicht so sehr ums Geld - ich habe ihm auch angeboten, ihn zu finanzieren, wenn er sein Studium doch beenden möchte, was aber wegen seiner Angststörung nicht geht - sondern darum, dass er einen Grund hat, morgens aufzustehen. Und ich bin ungemein frustriert, dass die Zukunft, die wir gemeinsam geplant hatten, und seine Versprechen mir gegenüber anscheinend nichts wert sind. Außerdem fällt es mir schwer zu verstehen, dass man bei Depression Beruf xy arbeiten möchte, Job z aber nicht geht. Ich weiß, dass Depressionen arbeitsunfähig machen können, aber dass erstens keine alternative Behandlung in Erwägung gezogen wird bzw. diese Unfähigkeit nur selektiv ist, kann ich nicht verstehen.

Außerdem fühle ich mich betrogen - er wusste, dass ich sehr gerne ein Zweitstudium absolviere, Sport mache, wandere, Sprachen lerne, tanze, usw. als wir uns dateten. Damals hat er auch alles mitgemacht und ausprobiert. Jetzt ist alles ein Problem - ich sei sportsüchtig, gierig nach Anerkennung und könnte einfach nicht die Füße stillhalten. Bis auf den Sportverein, bei dem ich dreimal die Woche ins Training gehe, habe ich alles eingefroren. Die letzten Jahre haben wir uns dann mit seinen Hobbys beholfen, um wenigstens etwas gemeinsam zu machen, aber in der aktuellen Situation ist ihm Motorradfahren zu teuer und Tennis spiele ich ihm nicht gut genug. Und ich muss mir anhören, meine Interessen seien langweilig und spießig. Es fällt mir zunehmend schwerer, an meinen freien Tagen nur die Option zwischen Playstation und Serienmarathon zu haben.

Hinzu kommt sein Blick auf die Welt, der mir aktuell zu schaffen macht. Damit meine ich jetzt nicht die insgesamt hoffnungslose Weltsicht, die ja typisch für Depressionen sind. Seit geraumer Zeit äußert er sich immer wieder S. (und manchmal meiner Meinung nach rassistisch). Merke ich das an, meint er entweder, dass die Welt nun mal so wäre oder ich sei zu empfindlich. Zum Glück lasse ich mir nichts einreden, da ich noch genug Kontakt zur Außenwelt zu haben, um zu sehen, dass ich mit meiner Wahrnehmung nicht komplett daneben liege. Aber das ist nicht der Mann, in den ich mich verliebt habe. Er ist den ganzen Tag auf Youtube und anderen Plattformen unterwegs, eine Freundin meint, dass er sich da wohl seine eigene Filterblase geschaffen hat.

Wenn ich ihm sage, dass ich mit der Beziehung derzeit unzufrieden bin, bekomme ich die Antwort, ich hätte eben romantische Disney-Vorstellungen und dass die Situation nun mal so sei. Ich fühle mich nicht ernst genommen.

Die Situation ist festgefahren, ich schreibe für ihn Bewerbungen auf Stellen für den Job xy, obwohl ich nicht mehr an einen Erfolg glaube. Bei 3 potentielle Stellen, die etwas hätten werden können, aber nicht Job xy entsprechen, hat er schon die Einstellung mehr oder weniger bewusst sabotiert, eine potentielle Zusage für Job xy wird er nun absagen, weil das zu weit weg ist (600 km) und er sich einen Alltag alleine in einer fremden Stadt nicht zutraut (wir hatten über eine Fernbeziehung im Falle einer Zusage gesprochen). Aber eine andere Stelle, 180-300 km (zwei Bewerbungen sind am Laufen) entfernt soll es nun richten, das wäre ja nicht ganz so weit weg. Wir müssten nach einem Jahr (ich zahle ja noch Raten) ein anderes Auto beschaffen, da die Reichweite unseres E-Autos nicht weit genug ist, dass er bei einer Fernbeziehung freitagabends pendeln könnte. Da und bei der Kaution eines Apartments in der Stadt geht er davon aus, dass seine Eltern oder ich das übernehme. Seine Eltern zahlen ihm derzeit monatlich die Krankenversicherung.

Ich möchte niemanden in seiner größten Not im Stich lassen, aber nach 3 Jahren bin ich jetzt kurz davor, das Handtuch zu werfen, es sei denn, er schafft in der nächsten Woche eine 180-Grad-Wende, was ja aufgrund der Depression utopisch ist. Wir hatten natürlich auch gute Tage, aber diese werden, seit er arbeitslos ist, immer seltener. Nun also nochmal meine Frage: Hat jemand Erfahrung mit einem chronisch depressiven Partner und vielleicht auch mit dieser selektiven Arbeitsunfähigkeit? Mit diesen Verhaltensänderungen?

Viele Grüße!

09.02.2023 14:52 • x 4 #1


Nuance
Ein in mehrfacher Hinsicht beeindruckender Beitrag/Einblick...

Hier liebt offensichtlich nur eine. Und vllt. zu sehr.
Ich denke nicht, dass irgendein Job seine Probleme lösen wird.
Deine Liebe kann es nicht.

Lieben tut er Dich nicht. Und Deiner Beschreibung nach kann er Dich nicht einmal mögen.
Er schätzt Dich nicht. Und falls er Dich jemals respektiert haben sollte, so ist ihm der Respekt abhanden gekommen.
Verlust von Respekt ist jedoch meist irreparabel.
Er wird Deine Liebe langfristig mehr und mehr benagen.

Frage ihn doch mal, was er an Dir schätzt? Und lass ihn nicht davonkommen. Kann er 5 Dinge nennen, sie in eine Reihenfolge bringen - überzeugend?
Und wie steht es mit Dir?
Man sollte ihm mehr Zeit geben - immerhin träfe ihn die Frage völlig unvorbereitet. Oder man gesteht ihm Bedenkzeit zu. Ob er überhaupt antworten möchte?

Venlafaxin, Duloxetin, Milnacipran - 3 Antidepressiva (SRNI) die den Antrieb (N= Noradrenalin) steigern (dürften).
Bupropion - die dringend erforderliche Stimmungsaufhellung könnte fraglich sein.
Es ist jedoch eine Option, wenn die 3 anderen nicht helfen.
Man könnte es mit auf jeden Fall mit anderen Antidepressiva (SSRI) kombinieren - vorsichtig.

Du fragst nicht danach und trotzdem - es fällt mir schwer, mich zurückzuhalten.
Ich könnte verstehen, wenn Du es beenden würdest.
Z.B. als eine einvernehmliche Pause mit Kontaktabbruch. Vllt. mit formuliertem möglichen, offenen Ende.
Niemand kann die Zukunft vorhersagen, Wunder völlig ausschließen...

Ich kann nur schreiben, was ich tun würde:
Gehen - bevor ich seelischen Schaden nehme.
Ich würde - egal, was ich zu seinem Schutz sagen würde - völlig damit abschließen und einen neuen Lebensabschnitt beginnen.

09.02.2023 16:16 • x 5 #2


A


Hallo PattyD,

Chronisch depressiver Partner - festgefahrene Situation

x 3#3


PattyD
Danke für deine Nachricht. Die Medikamente werde ich mal in den Raum werfen. Er nimmt derzeit Citalopram.

Natürlich beschäftigen mich derzeit mehr die negativen Aspekte, und die kleinen positiven Gesten, die er ab und zu zeigt, reichen leider auch nicht mehr, um die Verletzungen wett zumachen (er geht jetzt an meinem Geburtstag mit mir wandern, obwohl er es hasst, an Weihnachten war er mit mir im Tierheim, weil ich dort regelmäßig aushelfe, und hat mitgeholfen etc.), zumal die Gesten auch seltener werden. Ich war im November sehr unglücklich mit meinem Job und etwas weinerlich (meine Mutter macht mir auch Sorgen, es kamen also Winterwetter, Job-, Beziehungs- und Familienprobleme zusammen). Damals hat er mich sehr unterstützt, ich war happy, zumindest mit der Beziehung. Nur, um mir dann im Januar zu sagen, wie nervig ich doch war und dass es eine Frechheit gewesen wäre, ihm etwas vorzuheulen, obwohl ich mir die Jobs ja aussuchen könne, wenn er doch keinen Job findet.

Tatsächlich habe ich ihm auch schon öfters genau die Fragen gestellt, die du hier genannt hast. Seine positiven Punkte waren:
1. Ich bin nett (ja, im Ernst, aber das findet er schon seit dem Dating ein Mega-Kompliment)
2. Ich bin geduldig
Ich glaube, dann verließen sie ihn... vielleicht nannte er noch treu. Wenn mich die Einfallslosigkeit etwas enttäuscht hat, meinte er, es fühle sich eben derzeit alles dumpf an. Ohne Depression hätte ich das so natürlich nicht hingenommen.

Ich habe bis vor 2 Monaten immer versucht, ihm zu sagen, was ich an ihm schätze (er ist an guten Tagen sehr humorvoll und wortgewandt, es hat mich beeindruckt, dass er schon als junger Geselle dem Geschäftsführer die Stirn geboten hat, dass er über den zweiten Bildungsweg an die Hochschule gekommen ist, was anstrengend sein kann, und dass er zu Beginn auch offen über seine Unsicherheiten reden konnte, er hat eine kreative Ader, die er leider zu selten auslebt, ich mochte, dass er mit mir geduldig geschraubt hat, obwohl ich von Handwerk eigentlich keine Ahnung habe und dafür sehr lange brauche). Er hat mich dann gebeten, es sein zu lassen, weil er mir nicht glauben könne. Und mittlerweile fehlt mir leider die Energie, nach Positivem zu suchen.

09.02.2023 17:42 • x 4 #3


Drache
Depressionen hin oder her. Ich werde den Eindruck nicht los, dass sich hier jemand auf seiner Diagnose - auf Deine Kosten - ausruht. Scheinbar hat er es nicht nötig, an sich zu arbeiten um wieder auf die Füße zu kommen.
Du finanzierst Auto und Wohnung allein. Seine Eltern unterstützen ihn finanziell wenn ich das richtig verstanden habe auch noch.
Du machst Dir Gedanken über ein neues Auto damit Ihr ggfs. eine Fernbeziehung führen könnt.
Willst Du das etwa auch noch finanzieren?
Du zeigst schon die ersten Symptome einer Überforderung und er sagt Du sollst nicht rumheulen?
Im Ernst? Bist Du Dir sicher, dass Du sein Verhalten weiter unterstützen willst?
Mit Liebe hat das aus meiner Sicht zumindest was Ihn betrifft nicht mehr viel zu tun.
Wenn Du das so weiter laufen lässt landest DU selbst irgendwann in einer Erschöpfungsdepression.
Das Leben besteht nicht aus YouTube und Playstation. Das solltest Du ihm deutlich klar machen. Wenn er keinen Job findet weil er wirklich SO krank ist, sollte er die Zeit für eine Behandlung in der Klink nutzen.
Wenn ihm wirklich etwas an Eurer Beziehung liegt, sollte er auch einen Teil dazu beigetragen dass sie funktioniert. Und nicht alles unangenehme und die Kosten auf Dich abwälzen.
Klingt hart, aber da muss was passieren bevor Du selber dabei drauf gehst

09.02.2023 18:29 • x 3 #4


Ziva
So furchtbar es auch ist, was du im Moment erleben musst, dein Schreibstil ist umwerfend. Ich schließe mich Nuance an, ein sehr beeindruckender Beitrag. Ich lasse dir einen Drücker da. Du bist nicht alleine.

09.02.2023 19:40 • x 3 #5


G
Liebe Patty,

mir geht es fast ganz genau so wie dir. Finanzielle Probleme haben wir nicht, da wir beide gut verdienen - mein Partner sich trotz Krankheit einen guten Job gesucht hat, welcher ihn nur zu noch mehr Lasten der Gesundheit in der aktuellen Situation stark überfordert. In Kombination mit den aufgeführten weiteren Symptomen (negatives Weltbild etc.) führt das dazu, dass ich mittlerweile total am Ende meiner Kräfte bin.

Wir haben oft schlimmen Streit, weil ich dann auch klar ausdrücke, dass ich nicht mehr kann und nicht mehr der Sorgenempfänger für alle Probleme sein kann. Mein Partner hat leider keine Familie, die ihm Rückhalt bietet und in irgendeiner Weise unterstützt. Sprich, es hängt alles an mir. Er hat dafür, dass es mir zu viel wird, kein Verständnis. Im Gegenteil - er sieht die bedingungslose Unterstützung als normal an und bemängelt täglich, dass ich nicht genug für ihn tue. In Konfliktsituationen wird er nun häufig ausfallend und aggressiv und beleidigt mich schwer.

Irgendwie gelingt es uns, uns immer wieder zusammenzuraufen. Ich liebe meinen Partner sehr und kann mir eine Trennung eigentIich nicht vorstellen. ICH wünsche mir eben nur auch mal einen Partner, der mir den Rücken stärkt. Bei mir muss alles immer problemlos funktionieren, weil noch weitere Probleme würde unsere Beziehung gar nicht verkraften. Im Streit heißt es dann bei dir funktioniert ja auch immer alles - haha, ja ehrlich gesagt, erzähle ich nie von meinen Sorgen und Ängsten, versuche alles alleine zu regeln.

Ich vermissen den Mann, in den ich mich verliebt habe. Oft fühle ich mich so egoistisch und schlecht, wenn ich etwas mit Freunden unternehme und nach dem Abend denke das war der schönste Abend seit langer Zeit. Ich bin verzweifelt und weiß nicht mehr, was ich machen soll. Ich habe das Gefühl, mein Fass für externe Sorgen ist voll und mir fehlen die entsprechenden Bewältigungsstrategien. Im Streit weiß ich nicht, wie ich die Lage entschärfen soll.

Ich kann dir nur empfehlen rauszugehen, mache etwas mit anderen Freunden, versuche dich auch mal abzugrenzen und wieder du selbst zu sein. Wirf Schuldgefühle so gut es geht über Bord. Es ist im Moment das einzige, was mir hilft. Für weitere Tipps bin ich absolut dankbar!

10.02.2023 17:06 • #6


PattyD
Hallo zusammen,

vielen Dank für die Antworten. Und wegen des Schreibstils: Da musste ich doch schmunzeln - meine Mutter hat das auch immer gesagt : )
Es war eine Achterbahnfahrt (naja, eher eine Talfahrt) mit den Gefühlen die letzten Tage. Da mein Partner mich gut lesen kann und ich eine miserable Schauspielerin bin, habe ich ihm eröffnet, dass ich an Trennung denke - eure Beiträge haben den Gedanken zwar nicht ausgelöst, aber nochmal bestärkt. Er ist nun ziemlich am Boden zerstört, was mir natürlich weh tut mitanzusehen - es ist ja nicht so, dass ich keine Gefühle für ihn habe. Aber ich kann so nicht weitermachen. Er fühlt sich nun in die Ecke gedrängt, und meinte, er würde jetzt einfach zu allem 'Ja und Amen' sagen - was ja eigentlich nicht das ist, was ich möchte. Obwohl er sagt, er könne meine Kritikpunkte verstehen, bin ich mir bei solchen Äußerungen nicht sicher, wie viel er tatsächlich von meiner Botschaft verstanden hat (der gute alte Watzlawik und die Kommunikation). Wir werden sehen, was die nächste Woche bringt.

@gast_: Das Problem ist, wenn du sagst, du könnest nicht mehr und es trotzdem weitergeht, verlierst du an Glaubwürdigkeit (das ist und war auch mein Fehler - aber man sieht ja den Splitter immer leichter bei anderen im Auge). Was du leistest, ist enorm. Ich bin durch und durch ein Daten- und Faktenmensch und ziehe viel Kraft aus dem Gedanken, dass ich trotz der Depression meines Freundes und genetischer Veranlagung (in drei Generationen meiner Familie gibt es jeweils mindestens einen, der depressiv ist), (noch) nicht co-depressiv bin. Daher, sage ich mir, muss wohl meine Resilienz ziemlich hoch sein . Wenn du auch schon länger in so einer Situation bist, magst du den Gedanken vielleicht auch - wir trotzen bisher der Statistik : )

Außerdem: Egal wie es mit euch weitergeht, ich denke, du solltest dich von dem Gedanken - falls du ihn überhaupt haben solltest - verabschieden, dass der Mann, in den du dich verliebt hast, noch da ist. Auch ich vermisse meinen Partner von damals. Aber selbst, wenn jetzt alles gut werden sollte, sind wir beide einfach von den letzten drei Jahren gezeichnet. Solche Erfahrungen gehen nicht spurlos an einem vorüber - auch du wirst nicht mehr so unbefangen sein wie vor seiner Erkrankung. Nicht mehr der-oder dieselbe zu sein ist nicht unbedingt schlecht, ich weiß, was ich aushalten kann (obwohl, wie andere Kommentatoren korrekt anmerken, ich durchaus Ermüdungserscheinungen habe). Sich gegen den Fakt zu sträuben, dass Erfahrungen uns verändern, ist meiner Meinung nach zwecklos. Ich finde, mich gedanklich von dem unbeschwerten, frisch verliebten Pärchen, das wir waren, zu verabschieden, weil sich Zeit nicht zurückdrehen lässt, gibt mir einen gewissen Frieden.

11.02.2023 22:00 • #7


Bondgirl
Hallo Patty,

diese Beziehung hört sich extrem ungesund an und wird dich auf Dauer selbst krank machen.
Zitat von PattyD:
Ich möchte niemanden in seiner größten Not im Stich lassen

Was hält dich noch in dieser Beziehung ausser Mitleid? Und würdest du ihn wirklich im Stich lassen, wenn du gehst? Er ist erwachsen und für sich selbst verantwortlich. Wenn er krank ist, sollte er wenigstens seine Therapie machen, mit dem Ziel selbst an sich zu arbeiten, damit es besser wird. Medikamente vernünftig einnehmen oder mit dem Arzt besprechen diese zu wechseln.
Er scheint sich wirklich etwas auf der Krankheit auszuruhen und diese als Ausrede zu benutzen, da er ja anscheinend nichts ändern will. Und du kämpfst dabei gegen Windmühlen. Den Kampf kannst du nicht für ihn kämpfen...

Zitat von PattyD:
er wird bei Diskussionen regelmäßig lauter und hat die einen oder anderen verbalen Ausfälle mir gegenüber

Das geht garnicht! Egal ob krank oder gesund... Das ist keine Entschuldigung dafür dich zu beschimpfen!

Zitat von PattyD:
er wusste, dass ich sehr gerne ein Zweitstudium absolviere, Sport mache, wandere, Sprachen lerne, tanze, usw.

Zitat von PattyD:
ich muss mir anhören, meine Interessen seien langweilig und spießig.

Zitat von PattyD:
ich sei sportsüchtig, gierig nach Anerkennung und könnte einfach nicht die Füße stillhalten.

Zitat von PattyD:
Bis auf den Sportverein, bei dem ich dreimal die Woche ins Training gehe, habe ich alles eingefroren. Die letzten Jahre haben wir uns dann mit seinen Hobbys beholfen, um wenigstens etwas gemeinsam zu machen

Du gibst dich selbst auf...
Überlege dir, ob es das wirklich wert ist und wie eure Zukunft aussieht...
Warum darfst du keinen Spaß bei deinen Hobbys haben? Und wenn du bei seinen Sachen mitmachst, ist ihm das ja auch nicht gut genug...

Wenn man sich in einem Forum die Gedanken von der Seele schreibt, erzählt man ja meistens das was alles schlecht ist und nervt. Gibt es denn noch etwas positives, was dich bei ihm hält?

Und Mitleid ist ein schlechter Grund sich selbst aufzugeben...

Alles Gute!

12.02.2023 00:55 • x 1 #8


Stefan1985
Zitat von PattyD:
Ich bin extra mit ihm zum Therapeuten gegangen, um ihm vom Therapeuten sagen zu lassen, dass wir ja nun einmal in einer Beziehung und nicht auf dem Bau sind, mir glaubt er ja nicht). Mit einer Verzögerung von 6 Monaten nimmt er nun wieder die Tabletten, gleiche Dosis, gleiches Präparat, obwohl das ja an seinem Antrieb nichts geändert hat.

Hallo und danke für diesen Einblick den du uns hier aus einer anderen Sicht gibst .

Erst ein Mal möchte ich sagen das du ein Wundervoller Mensch bist .
Es ist wirklich eine starke Leistung von dir das du so bei ihn bleibst und ihn so stark begleitest.
Ich würde mir so eine Partnerin wünschen die einfach so an meiner Seite steht .

Dennoch verstehe ich das du nach der langen Zeit einfach müde und mürbe bist .
Es ist absolut verständlich sich nach dieser Zeit so zu fühlen .

Dennoch bin ich trauriger weise auch der Ansicht das er sich auf der Depression, doch etwas stark ausruht.
Antrieblos und Ängste zu haben ist ja ,so wie du es beschreibt das was ihn mit ausmacht . Dennoch ist aus deinen Beschreibungen, aus meiner Empfindung heraus das Gefühl entstanden ,daß er sich auch auf dir ausruht.

Er scheint für dich keinerlei Dankbarkeit zu empfinden .
Ebenso hat er aus meinen Gefühl heraus, überhaupt kein Interesse an dir .
(Ich für mein Teil habe das immer für meine Partnerin empfunden auch in Zeiten mit Starker Depression).
Er scheint aus meiner Sicht auch Empathielos dir gegen über zu sein .
Dazu weiß er nicht ein mal was er an dir Schätzt.
Liebe sehe ich da leider auch nicht mehr für dich .
Gut es ist natürlich schwer für ihn in seiner Depression, das alles zu sehen und zu fühlen ,doch sollte das doch in ihm sein und er sollte es auch benennen können nach etwas Bedenkzeit.

Natürlich ist es aber auch schwer für dich . Für dich scheint (so empfinde ich es) immer noch liebe für ihn da zu sein ,was es für dich auch nicht leichter macht ,leider .

Auf der anderen Seite ist es schwer ein wirkliches Fazit zu ziehen dann wir erhalten ja nur deine Sicht auch wenn du nach mein gefühl,auch versuchst seine Sicht zu äußern.

Es ist schwer dir etwas zu raten , denn am Ende zählt dein Gefühl, deine Eingebung und dein Herz.

12.02.2023 09:33 • #9


Dys
Zitat von PattyD:
Meine Frage wäre, ob ihr das kennt oder ob hier die Depression als Entschuldigung genutzt wird:

Hallo PattyD,

zunächst eine kurze Info zu der Beziehung in der ich mich als chronisch an Depression Erkrankter befinde. Nach 34 Jahren Lebensgemeinschaft haben meine Frau und ich geheiratet und sind bis Heute ein Paar. So weit so gut.

Meine Depression / Dysthymie und diverse unterschiedlich Starke Episoden waren auch schon Teil Ihres Lebens und dass über Jahrzehnte. Vielleicht sind wir eine Ausnahme aber was letztlich unseren Zusammenhalt ermöglicht hat, sind folgende Dinge: Kommunikation, Akzeptanz und das Wissen was einem selbst gerade gut tut.

Du wirst genauso wenig in der Lage sein wie meine Frau, die Depression des Partners zu Heilen. Du könntest aber in der Lage sein, so wie meine Frau, zu wissen was einem gut tut oder was einem etwas wert ist. Partnerschaften haben höhen und tiefen und dazu muss nicht einer eine Erkrankung haben. Das Zusammensein alleine ist immer auch eine Herausforderung, weil es immer auch Versuche geben wird, am anderen etwas ändern zu wollen. Das passiert meist sogar unbewusst. Fakt ist, ändern kann ich aber nur mich selbst und ich kann den anderen darauf ansprechen, dass dieser sich selbst ändert. Dazu braucht es eine offene und ehrliche Kommunikation.

Ändert sich der andere nicht, akzeptiere ich das oder eben nicht. Akzeptiere ich es nicht, kann ich für mich Konsequenzen daraus ziehen. Ob ich etwas akzeptieren kann, liegt aber einzig an mir selbst und kein anderer wird mich dazu zwingen können, wenn ich es nicht will.
Meine Frau und ich akzeptieren es, dass gewisse Eigenheiten sich bei uns beiden nicht ändern werden. Das ist eben so. Aber wir sprechen einiges trotzdem manchmal an, um jeder für sich festzustellen, damit können wir aber leben und uns trotzdem gut fühlen.

Könnte meine Frau nicht damit leben wie wir zusammen leben, wär sie weg. Könnte ich es nicht, wäre ich weg. Also liegt es an einem selbst. Deshalb ist doch eigentlich die einzige Frage, die es zu stellen gilt, was will ich und wie weit kann ich mich von einem Ideal entfernen um mich trotzdem noch gut zu fühlen. Ratschläge wie man mit einem anderen am besten umgehen sollte, halte ich nicht unbedingt für zielführend. Denn Andere sind nicht Du und Andere sind auch nicht Dein Partner. Bestenfalls kann ich mich an Erzählungen anderer, wie sie mit ähnlichen Situationen umgegangen sind orientieren, aber ohne zu wissen was ich selbst wirklich will, wird es schwierig etwas zu entscheiden.

Natürlich gibt es vom „gesunden Menschenverstand“ her Umstände, die ein Handeln in eine bestimmte Richtung quasi alternativlos machen. Dennoch kann nur ich selbst handeln.

VG Dys

12.02.2023 12:17 • x 1 #10


M
Zitat von Dys:
Vielleicht sind wir eine Ausnahme aber was letztlich unseren Zusammenhalt ermöglicht hat, sind folgende Dinge: Kommunikation, Akzeptanz und das Wissen was einem selbst gerade gut tut.

Ja, das ist sehr wichtig.

@ PattyD
Dein Mann scheint dazu leider nicht in der Lage zu sein.
Bitte achte auf dich und setzte Grenzen damit du nicht mit in diesem Strudel untergehst!
Mach weiterhin was dir gut tut und schränke dich da nicht ein.
Dein Mann dankt es dir nicht, im Gegenteil, er wird noch laut und beleidigend.
Er versucht nicht, an sich zu arbeiten, sondert boykottiert sich noch selber.
Vielleicht hilft dir auch der Besuch einer Selbsthilfegruppe für Angehörige von Depressiven.
Aber ehrlich gesagt würde ich das unter den Umständen nicht weiter mitmachen und zusehen, dass ich mich nicht selbst aufopfere und im Burnout und in der Depression lande.
Wie gesagt, es dankt dir keiner und du hättest schwer zu kämpfen, da wieder raus zu kommen.
Ist es das wert?

Wie auch immer du dich entscheidest, ich wünsche dir alles Gute!

02.04.2023 15:26 • x 1 #11


A


Hallo PattyD,

x 4#12


Stefan1985
Zitat von mustio:
Vielleicht hilft dir auch der Besuch einer Selbsthilfegruppe für Angehörige von Depressiven.

Da muss ich sagen ,das dies eine echt gute Option ist die du vll wirklich angehen solltest .

02.04.2023 17:20 • x 2 #12

Pfeil rechts




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