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Depression der besten Freundin

J
Hallo zusammen,
irgendwie fühle ich mich langsam sehr hilflos und ich merke, wie es mich seelisch auch immer mehr belastet.
Meine beste Freundin leidet an einer bipolaren Störung. Vor zwei Jahren war sie wegen einer Depression in einer Klinik. Im September litt sie ca. 2 Monate an einer Manie, danach fiel sie in eine Depression. Sie war in Behandlung in der Klinik, seit ein paar Wochen ist sie daheim. Ihr Mann ist leider aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen und unterstützt sie gerade nicht. Er muss die letzten Wochen wohl erst verarbeiten und braucht Zeit. Sonst hat sie nur noch ein Elternteil und mich. Ich weiß langsam nicht mehr was ich ihr sagen soll, wenn sie wieder sagt, dass sie nichts hinbekommt und sie gar nicht mehr will. Ich versuche öfter hinzugehen oder mit ihr zu telefonieren, aber ich bin so der Typ Mensch, der auch oft Zeit für sich braucht. Ich habe schon ein schlechtes Gewissen, dass ich nicht öfter für sie da bin. Ich denke am liebsten hätte sie, dass ich zeitweise bei ihr einziehe, weil sie sich einsam fühlt. Was kann helfen, dass es ihr besser geht? Einen Termin bei einem psychologischen Psychotherapeuten bekommt sie nicht. Alle ausgebucht. Mit den Medikamenten müsste sie eigentlich eingestellt sein.
Wird das irgendwann mal von selber besser? Ich sage ihr immer, sie muss Geduld haben, aber die letzte Zeit sehe ich auch keine Fortschritte.

08.02.2023 20:53 • #1


Nuance
Bipolare Störungen dürften schwierig zu behandeln sein.
Da auch viele Antidepressiva in höherer Dosierung Manien auslösen können.
Lithium ist ein typisches Medikament, das man hier einsetzt.
Also, eigentlich dürfte sie bei korrekter Einstellung keine Mood-Switches mehr haben.

Perfekt wäre natürlich eine Freundin mit medizinischen Kenntnissen sein. Oder jemand, der sich in die Krankheit einliest, die Medikation kennt - und notfalls aktiv Änderungen vorschlägt. Sich notfalls mit auf eine Ärzte-Odyssee begibt.
Das dürfte man wohl nicht finden. Es traut sich kaum jemand zu. Schon das einlesen ist sehr zeitaufwendig.
Sonst bleibt nur die Möglichkeit, Ärzte auszuprobieren und alles blind zu akzeptieren.

Schade wäre auch, wenn man medikamentös zwar die Mood-Swings im Griff hätte, sie aber - medikamentenbedingt - dauerhaft zu deprimiert wäre.
Die richtige, optimale, individuelle Medikation ist sehr anspruchsvoll.

Man kann nicht mal ausschließen, dass die Manie medikamentenbedingt war...

Schön, dass sie Dich - noch - hat. Du solltest natürlich auch auf Dich aufpassen. Alles richtig dosieren.
Ideale Freundschaften sind freiwillig. Es wird in schwierigen Zeiten natürlich schwieriger. Man fühlt sich sicherlich auch moralisch verpflichtet. Und man wünscht sich ja auch Freunde, die in dunkleren Tagen für einen da sind.

Vllt. liegt hier die Lösung. Überlege Dir, was Du Dir im umgekehrten Fall von ihr/anderen wünschen würdest.
Und für wieviel Abstand Du Verständnis hättest.

Traurig, dass der Mann das Weite gesucht hat. Sollte er erst vor kurzem ausgezogen sein, könnte sie sich an das Alleinsein noch gewöhnen. Bei ihr übergangsweise bzw. tageweise einzuziehen, ist sicher auch keine schlechte Idee.
Soweit das überhaupt machbar wäre. (Entfernung, Job...)
Man könnte es langsam reduzieren.
Zudem kann man heute tagsüber gut über WhatsApp in Kontakt bleiben.

Sie sollte versuchen, neue Leute kennenzulernen. Es gibt doch sicher Selbsthilfegruppen, Gruppen bei FB etc.
Ob der Mann nur ausgezogen ist oder den Kontakt zZt ganz abgebrochen hat?
Es ist so ernüchternd, dieses In guten wie in schlechten Zeiten. Man nimmt sich vor, füreinander da zu sein.
Und hat sich wahrscheinlich vor allem deshalb aufeinander eingelassen, weil der jeweils andere gesund war.
Als Ehemann ist er rechtlich verpflichtet, sie finanziell zu unterstützen, kommt mir in den Sinn.

Bevor Du Dich ganz zurückziehst, würde ich versuchen, ihr zu erklären, was die Situation mit Dir macht.
Wie es Dir geht. Wie es für Dich ist, wenn sie wiederholt andeutet, nicht leben zu wollen. Allerdings vorsichtig - um bei ihr Schuldgefühle zu vermeiden.
Ich denke schon, dass man sich auch in depressivem Zustand zurückhalten, an sich arbeiten kann. Man muss/sollte anderen nicht jeden deprimierten Gedanken mitteilen.
Mir kommt ein anderer Gedanke in diesem Zusammenhang: Was mutet man Fremden zu? Man hält sich hier wahrscheinlich auch aus Respekt zurück. Es sollte nicht so sein, dass dieser Respekt gerade gegenüber Freunden verloren geht.
Hier hilft nur ein sehr offenes - sehr vorsichtiges - Gespräch. In einer guten Freundschaft passen beide gegenseitig aufeinander auf. Ihre Lage befreit sie nicht (völlig) von dieser Pflicht.

Anstatt sie nur aufzufordern, sich weitere Kontakte zu suchen, könntest Du etwas mit ihr unternehmen. Dinge, bei denen man Leute kennenlernt. Du könntest Selbsthilfegruppen suchen und Kontakt herstellen.

Letztlich musst Du selbst herausfinden, wie viel Du zu geben bereit bist.
War es ursprünglich eine eher oberflächliche Spaß-Freundschaft?

Du erwähnst einen Elternteil... Tiere können natürlich schon sehr helfen. Sie bräuchte Menschen, die sich in ihrer Abwesenheit um Tiere kümmern.

Du schreibst nichts über ihre manischen Phasen. Ist sie vielleicht nur hypomanisch?
Diese manischen Phasen können ja sehr extrem und ruinös sein.

09.02.2023 07:04 • #2


A


Hallo Jeannie81,

Depression der besten Freundin

x 3#3


Nuance
Jedenfalls meine Antworten sollen allenfalls inspirieren...
Und vollständig sind sie auch oft nicht - da spontan.

Hier würde ich allerdings schon gerne was anfügen:
Sie braucht nicht unbedingt andere, die sich in Medikation einlesen.
Auch sie selber könnte mutiger werden, sich einlesen und sehr vorsichtig Dinge hinterfragen.
Dosierungen minimal verändern. Sich Grundkenntnisse aneignen. Sich zB hier anmelden und ggf. fragen.

Und ich wollte hinzufügen: Man kann nicht einmal ausschließen - aufgrund Deines Beitrags - dass es ihr ohne Medikamente besser ginge...

Auch für Dich als Freundin wäre wichtig zu wissen: Man sollte sie - uU sehr vorsichtig - langsam ausschleichen...
Die Halbwertszeit von jedem Medikament ergoogeln, damit man versteht, was im Körper los ist. Bzw. wann man sie los ist und wie lange sie (Wechselwirkungen) im Körper noch vorhanden sind...

09.02.2023 09:21 • #3


J
Danke für Deine Antwort.
Zum Thema Medikamente. Ich weiß, dass sie Lithium bekommen hat. Gegen die Manie hat es recht schnell geholfen. Jetzt bei der Depression allerdings nicht. Sie war jahrelang gut eingestellt mit den Medikamenten. Keine Depression, Manie jetzt überhaupt das erste Mal. Vor einem Jahr eine Depression, dann monatelang alles gut und im Sommer kam die Manie dazu. Am Anfang der Manie hat sie ihre Medikamente abgesetzt und dann wurde es ganz schlimm. Ich selber traue mir da jetzt nicht zu mich da richtig einzulesen, da ich mich im Bereich Medikamente gar nicht auskenne. Ich weiß, dass sie sich selber mit den Medikamenten auch auskennt. Ein Elternteil hatte auch schon mit Manien zu kämpfen.
Ich werde schon weiterhin für sie da sein. Ihr Mann hat auch ein bisschen Kontakt, braucht aber wohl noch Zeit um sich klarzuwerden, ob es mit beiden weitergehen soll. Er ist wohl enttäuscht von ihr, weil sie ihn in der Manie beleidigt hat und ansonsten größtenteils von ihrem Leben ausgeschlossen. Die Manie war schon sehr schlimm und ruinös, sie hat zeitweise auf der Straße übernachtet und wurde aggressiv, wenn man sie davon wegholen wollte.
Mich hatte sie auch angeschrieben, aber ich trenne das und denke mir, dass es die Krankheit war.
Seit gestern geht sie tagsüber in ein sozialpsychologisches Zentrum. Ich denke, dass das schon sehr gut ist, dann ist sie tagsüber auch nicht alleine. Ich selber muss ja auch arbeiten.
Ich frage mich nur, wann wird das besser? Liegt sowas nur an den Medikamenten oder kann es sein, dass es plötzlich wieder besser ist, obwohl nichts umgestellt wurde.
Ich denke, dass es auch gut wäre, wenn sie regelmäßig zu einem Psychotherapeuten gehen könnte.

09.02.2023 18:48 • x 1 #4


Pilsum
Hallo Jeannie.

Die Situation Deiner Freundin finde ich sehr schwierig zu beurteilen.

Zitat von Jeannie81:
irgendwie fühle ich mich langsam sehr hilflos und ich merke, wie es mich seelisch auch immer mehr belastet.

Das kann ich gut verstehen. Da es Dich schon ziemlich belastet, solltest Du gut auf Dich selbst achten.

Zitat von Jeannie81:
Was kann helfen, dass es ihr besser geht?

Zitat von Jeannie81:
Wird das irgendwann mal von selber besser?

Diese Fragen können vermutlich selbst Fachleute nicht eindeutig beantworten.
Man weiß es nicht genau, was da helfen kann und wie schnell sich da etwas verbessern kann.

Zitat von Jeannie81:
Ich habe schon ein schlechtes Gewissen, dass ich nicht öfter für sie da bin.

Das solltest Du nicht haben. Du bist nicht dafür verantwortlich, ob es ihr gut oder schlecht geht.
Deshalb soltest Du Deiner Freundin möglichst nur soviel Zeit schenken, wie es Dich nicht belastet.

Zitat von Jeannie81:
Ich weiß langsam nicht mehr was ich ihr sagen soll, wenn sie wieder sagt, dass sie nichts hinbekommt und sie gar nicht mehr will.

Wie verzweifelt sie ist, kann ich mir durchaus vorstellen.
Ich frage mich, wie war sie vor längerer Zeit? Gab es in ihrer persönlichen Geschichte etwas, was
ihre Störung hervorgerufen oder zumindest verschlimmer haben könnte?

11.02.2023 16:21 • x 1 #5

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