Akritis
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ich bin neu hier, habe mich vor wenigen Minuten registriert. Ich denke schon seit Tagen darüber nach, meinen Fall in einem Forum zu veröffentlichen, weil ich mich meinen Freunden, Familie und nicht mal meiner Therapeutin richtig öffnen kann.
Ich bin tatsächlich schon seit 3 Jahren in therapeutischer Behandlung. Davor auch schon als Teenie, davor auch schon als Kind. Ich bin es also eigentlich gewohnt aber da ist ein Thema, welches ich mich nie getraut habe anzusprechen.
Ich habe es ehrlich gesagt nie wirklich als Problem angesehen. Diese Einsicht oder diese Awareness kam erst in den letzten 4 Jahren. Da hatte ich nämlich meinen letzten. Anfall? Ich weiß nicht wie ich es nennen kann.
Nun, es muss etwas passieren, damit ich zu diesem Punkt gelange. Etwas emotionales, eine große Veränderung, ein neuer Lebensabschnitt. Und das ist genau das, was gerade stattfindet. Mein Studium ist vorbei, ich habe eine neue (fern-)Beziehung und ich beginne nächste Woche meinen ersten richtigen Job.
Was genau dieser Anfall ist: ich kann es gar nicht so wirklich erklären, was da in mir vorgeht. Es ist eine Art anorektisches verhalten. Ich reduziere mein Essen drastisch - das ist sozusagen mein Ziel. Von Tag zu Tag immer weniger, ich mache mir Listen in denen ich ganz genau aufschreibe, was und wieviel ich davon Esse (aber ich zähle keine Kalorien). Ein Menü, welches normalerweise ein Mittagessen ist, wird zu zwei Mittagessen. Ich überlege mir ganz genau, wann ich auf essen verzichten kann und wann mich das zu schwach machen würde ( da ich z.b. mit dem Fahrrad irgendwo hin muss). Ich beschäftige mich so intensiv damit, dass ich alles um mich herum vergesse. Also eben genau das, was mich emotional sonst beschäftigen würde. Und es erfüllt mich mit Stolz, wenn diese Tage gut laufen.
Dabei geht es primär gar nicht um den Gewichtsverlust. Den kontrolliere ich zwar, um mir dann zu zeigen, dass es funktioniert aber es ist nicht mein Ziel, mich auf irgendein bestimmtes Gewicht herunter zu bringen. Ich verstecke eigentlich sogar meinen Körper besonders in diesen Phasen - dicke Pullis, lockere Anziehsachen. Schwimmen gehen? Absolutes no-go. Nichts, wo andere Menschen das mitbekommen könnten. Ich verzichte auch nicht wirklich auf bestimmte Lebensmittel. Ich habe generell eine sehr gesunde und abwechslungsreiche Ernährung, koche und backe viel. Es gibt nichts, was ich dann komplett aus meiner Ernährung streiche (bis auf gluten, da unverträglich). Ich komme auch nie zu dem Punkt, einen Tag lang gar nichts zu essen. Eben nur sehr wenig.
Und deswegen denke ich mir dann manchmal: ist das dann überhaupt krank? Klar, ich BIN untergewichtig. Bin ich eigentlich immer, ich bin ein kleiner Mensch und mag diesen Körper nicht auf den vom BMI vorgegebenen Normalgewicht. Ich war schon oft über diese Grenze, also im Normalgewicht, aber ich mag mich so einfach nicht ansehen. Wenn ich dann diese Anfälle oder Phasen habe, dann kann es schon ungesund werden. Aber nie war ich gefährlich dünn - oder sehe ich das selbst nicht? Naja, darauf angesprochen hat mich, bis auf mein Exfreund (aber das ist ein anderes Thema) niemand, also gehe ich mal davon aus, dass es nie super drastisch war.
Ich erinnere mich nach und nach, welche anderen Situationen mich zu diesen Phasen gebracht haben und es ist ein Muster zu erkennen. Als meine erste Beziehung ernst geworden ist (also so mit 16 Jahren) habe ich das das erste Mal gemacht, als wir in eine neue Stadt gezogen sind, Mobbing in der Schule (da war es sogar ziemlich extrem aber ich kann mich an mein Aussehen nicht erinnern), dann Schulwechsel, beginn des Studiums, Ende von Beziehungen. Diese Anfälle/Phasen gehen in der Regel nicht über Jahre, eher Wochen oder Monate. Außer vielleicht in der Mobbingzeit. ich weiß es nicht mehr so genau.
Körperlich-gesundheitlich scheint es bisher nicht so viel Schaden angerichtet zu haben. Bis auf meinen sehr unausgeglichenen Hormonhaushalt, aber da steht immer noch offen, ob nicht die Pille immernoch ihre Finger im Spiel hat (habe sie vor Jahren abgesetzt).
Ich spüre, wie es mich aktuell so sehr dahin zieht, vielleicht hat es sogar schon begonnen. Und ich will es nicht, denn es bedeutet Leid für mich. Es bedeutet Hunger, jeden tag, Wut wenn ich mich nicht an meine Listen halte. Ich will es nicht aber ich will es auch nicht los lassen, denn irgendwie brauche ich das ja.
Ich habe Angst vor der Zukunft, ich war 8 Jahre lang ein Student. Und jetzt muss ich mir langsam mal Gedanken machen, wie es mit meinem Leben weiter geht. Ich bin 28 Jahre alt. Alle Freunde sind grade am heiraten und bekommen Kinder. Und ich? Ich überlege mir, ob ich heute etwas zu Abend essen werde. Ich habe zwar schon Pläne, aber diese sind ziemlich groß und nicht so einfach umzusetzen. Ich möchte in ein anderes Land auswandern und seit dem Frühling habe ich dort auch einen Freund. Also der Druck ist groß, das alles auf die Reihe zu bekommen.
Nun, liebes Forum, ich bedanke mich an allen, die sich die Zeit genommen haben das hier zu lesen. Und ich bedanke mich auf für jede kommende Antwort. Ich weiß gar nicht, was ich hier von euch erwarte bzw. jetzt hören oder lesen möchte. Ich denke, ich möchte es einfach nur einmal raus lassen. Ich habe es schon zig mal in Tagebüchern geschrieben und das kann schon befreiend sein. Aber vielleicht gibt mir das hier noch mehr. Stellt mir ruhig Fragen oder erzählt mir von euren Erfahrungen, ich würde mich freuen.
Liebe Grüße