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Depressiv - alle Freunde wenden sich ab

A
Hallo zusammen,

ich bin neu hier im forum und hoffe eure gedanken, anregungen und meinungen zu bekommen.
ich bin mitte 30 und habe seit 10 jahren mittelschwere bis schwere depressive episoden, habe zwei langzeittherapieen und drei klinik-aufenthalte hinter mich gebracht. seit ca. einem jahr geht es mir ganz gut, endlich ohne therapie und antidepressiva.

ich weiss nicht, ob ich unbedingt eine soziale phobie habe. ich war schon immer sehr ruhig und zurückhaltend, vor allem unter mehreren menschen und brauche viel zeit für mich alleine. wenn es mir gut geht, habe ich keine kontaktschwierigkeiten. wenn....

momentan rutsche ich wieder ganz stark ab in ein tief.
es kommt immer noch vor, dass ich in alte verhaltensweisen falle, mich in schädigenden situationen viel zu lange aufhalte und alte gefühle wieder hoch kommen.

ich brauche dann jemanden zum reden. damit verarbeite ich meine gefühle. nur kommt das bei meinen zwei übrig gebliebenen freundinnen gar nicht gut an. eine hat mir jetzt die freundschaft gekündigt. ich bin zu anstrengend, ein energie-vampir, man ist ausgelaugt, wenn ich von meinem seelenleben erzähle.
die andere, hat sich auch stark distanziert und will von meinen problemen nichts mehr wissen. ich rede ja nur negativ.
es kann niemand mehr hören, wenn es mir schlecht geht.

in den therapien habe ich erst gelernt, über meine gefühle zu sprechen.
krisenintervention: mit freunden reden. aber die können es nicht mehr ertragen.
meine freundinnen haben sicherlich auch recht, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben wollen. aber seit den therapien brauche ich es, über meine gefühle zu reden. vorher habe ich niemals über irgendetwas geredet und gefühle abgespalten. jetzt bin ich froh, dass ich das kann.
aber jetzt ist es auch nicht richtig.
ich habe das gefühl, ich bin nicht fähig freundschaften zu führen.

ich habe ansonsten keinerlei kontakte zur familie oder so, arbeite auch nur teilzeit, wo ich auf andere menschen treffe. denen erzähle ich dann lügen, was ich am wochenende alles tolles unternommen habe, wenn ich gefragt werde. aber es ist immer absolute einsamkeit angesagt, jeden abend, jedes wochenende. sicher gehe ich auch mal raus in die stadt oder draussen walken oder so. aber da bin ich dann alleine unter menschen.

das gibt mir das gefühl, es geht alles wieder den bach runter. so viele jahre therapie, alte schädigende verhaltensweisen aufgelöst und neue dazu gewonnen.

es ist unerträglich für mich, so alleine zu sein und niemanden zum reden zu haben. ich bin zudem seit etlichen jahren single. in mir gibt es immer dieses grundgefühl einsam, verlassen und ungeliebt zu sein. defizite aus der kindheit, die sich nie ganz wegtherapieren lassen.

ich stecke voller wut auf mich selbst, auf die ganzen therapien und auf das leben und ziehe mich immer mehr zurück. egal, wie viel therapie ich mache, ich renne ständig in sackgassen. so kommt es mir zumindest vor.

darf ich meinen freundinnen meine sorgen nicht aufbürden?
wohin soll ich dann damit gehen?
muss ich bis an mein lebensende eine therapie machen, um über meine sorgen reden zu dürfen?
geht es jemanden ähnlich, dass er durch die krankheit alle kontakte verliert?

Aqua13

11.06.2009 13:56 • x 1 #1


I
hallo, auqa

eigentlich kann man ja froh sein,
wenn offene Rückmeldungen kommen und eine eigene Grenze benannt wird ,
wie s deine ehemaligen Freundinnen getan haben.
Nur leider wohl zu spät.
Sonst hättest du dich darauf einstellen können.
Kam das wirklich so plötzlich, daß deine Freundinnen nicht mehr zuhören wollten?
Keine Anzeichen vorher?
Unn haben sie tatsächlich die Freundschaft aufgekündigt
oder schliesst du das nur aus ihrer Grenzziehung , weil sie dich gekränkt hat?

Ich hab gute Erfahrungen gemacht (als ich noch nicht so isoliert wie jetzt gelebt habe),
wenn ich vorher gesagt habe, daß ich mich gern entlasten würde und ob es gerade passt.
So konnte meine Gegenüber mit entscheiden, ob er /sie mir zuhören wollten und ich was sicher,
daß ich nicht weggestoßen würde.

Nach einer Therapie kann man für seine Umgebung schon anstrengend sein ,
bis man das Erlernte an die anderen Bedingungen angepasst hat.

Das Leben ist keine Therapiegruppe hab ich mal gehört und das musste ich auch schmerzhaft lernen.

Wie wäre es mit einer Selbsthilfegruppe?

Imogdi

11.06.2009 14:36 • #2


A


Hallo Aqua13,

Depressiv - alle Freunde wenden sich ab

x 3#3


A
hallo imogdi,

die eine freundin hat mir wirklich richtig die freundschaft gekündigt. keine anzeichen vorher.
die andere hat sich stark abgegrenzt, ich habe keinen kontakt mehr.
beide haben halt schon viel ertragen müssen von meinen depressiven erzählungen.
und es wird mir immer wieder gesagt, ich rede nur negativ.
mir ist das nicht bewusst. in letzter zeit habe ich auch gute dinge erreicht und gemacht und das natürlich auch erzählt, worüber sich beide freundinnen auch sehr für mich gefreut haben.

was meinst du genau mit dieser aussage:
Nach einer Therapie kann man für seine Umgebung schon anstrengend sein ,
bis man das Erlernte an die anderen Bedingungen angepasst hat.

vor ein paar jahren war ich in einer selbsthilfegruppe. ich fand es absolut furchtbar und es hat mich sehr runter gezogen. wahrscheinlich so, wie sich meine freundinnen von mir runter gezogen fühlen.

ich weiss nicht, mit wem ich sonst reden sollte.
erzählt man freunden nur die kleinen sorgen?
ich weiss es nicht...

11.06.2009 20:24 • #3


Jellybaby
nein, man redet schon auch über große Sorgen. Allerdings ist eine Freundschaft nicht endlos belastbar. Es muss auch schöne Dinge geben. Gemeinsam etwas unternehmen, alltägliches. Dann kann man auch mit Problemen kommen.
Wenn es (fast) nur noch um Probleme geht wird aus der Freundschaft eine Belastung. Eine gute Freundschaft hält das eine Zeit lang aus, aber irgendwan wirds eben zu viel. Die Mischung machts.

11.06.2009 20:31 • #4


A
das kann ich nachvollziehen, dass es freunden irgendwann zu viel wird.

meine frage ist, was kann ich anders machen?

mit wem kann ich über meine probleme reden?

was habe ich für alternativen?

gibt es hier niemanden, der bereits einen weg aus diesem dilemma gefunden hat?

14.06.2009 10:21 • x 1 #5


Jellybaby
versuchs mal anders rum: Worüber kannst du mit deinen Freunden reden was keine Probleme sind?

Bei den Problemen hilft es mir hier zuschreiben, und demnächst werde ich es wohl mal mit einer Selbsthilfegruppe versuchen. Die sind ja in erster Linie zum Probleme lösen gedacht. Mal sehen was das wird.

14.06.2009 20:59 • #6


R
Hallo Aqua13,

dein Text hätte fast von mir stammen können...

Ich habe gerade eine richtig schlimme Depriphase hinter mir und war so weit unten bzw. habe mich so weit zurückgezogen, das mir keiner mehr so richtig folgen konnte. Mein Freund, der eigentlich sehr, sehr geduldig ist, hat mir signalisiert, dass bei ihm langsam eine Grenze erreicht ist, und im Freundeskreis habe ich entweder kein Verständnis gefunden oder bin sogar latent oder offen kritisiert worden: Ob mir die Therapie denn überhaupt etwas bringe (Natürlich tut sie das! Und ich lasse mich keineswegs hängen, wie vermutet wurde, denn ich habe in meinem Leben noch was anderes vor), und ich müsse mich doch nach so langer zeit (drei Jahren...?) von psychologischer Hilfe unabhängig machen. Teilweise wurde mir sogar unterstellt, ich sei vielleicht medikamentenabhängig bzw. würde ich alles übertreiben mit dem, was ich erzählte. Dabei ging es gar nicht mal um so furchtbar belastende Dinge, sondern eher um Philosophisches - wie man sein Leben gestalten kann oder sollte zum Beispiel, oder um Chancen, die eine Krise (ganz allgemein!) bieten kann oder so.

Ich habe meinen Freunden durchaus viel Raum auch für eigene Themen gegeben, aber ich sehe es auch nicht ein, meine immer hintenanzustellen, nur weil sie von anderen nicht so einfach konsumiert werden können wie andere - solange man die anderen nicht ausschließlich und dauernd mit schwarzen Dingen belastet (die haben ja ihrerseit auch einiges, was sie mit sich herumschleppen und das ich mir geduldig und hilfsbereit anhöre), ist das durchaus in Ordnung, finde ich.
Was ich gut finde, ist die Tatsache, dass du ihnen auch von deinen Fortschritten erzählt hast - das habe ich lange versäumt, und natürlich entstand da bei den anderen der Eindruck, mir ginge es ewig nur schlecht und es würde sich nichts bewegen.

Ich kann verstehen, dass du frustriert bist. Jetzt hat man schon mal Fortschritte gemacht und gelernt, sich zu öffnen, und trotzdem will keiner wissen, was in einem steckt. Dabei ist die Veränderung in deinem Verhalten ja sehr gut und auch sehr wichtig; vielleicht ist es ja wirklich, wie oben schon geschrieben wurde, die Situation bzw. die Umgebung, die nicht stimmt? Vielleicht stimmt der Rahmen nicht, in dem du dich öffnen und anderen von dir erzählen willst - dein Freundeskreis ist z.B. vielleicht einfach besser geeignet für leichtere Themen, für Unternehmungen und Ähnliches. In der Therapie oder bei der Telefonseelsorge ist ein leichtes Klönen über Gott und die Welt und was es gestern zum Mittag gab, nicht (oder jedenfalls nicht so sehr) angemessen, und in deinem Freundeskreis ist es umgekehrt. Dabei kann man niemandem unbedingt einen Vorwurf machen, weder dir noch den anderen - es passt nur eben nicht zusammen.

Welche Alternativen es gibt... Da bin ich noch am Suchen, ehrlich gesagt. Aus diesem Grund bin ich auch hierher gekommen, denn hier am Ort ist es schwierig, eine Selbsthilfegruppe zu besuchen und meine Therapiestunden reichen nicht aus, meinen Redebedarf zu stillen.

Trotzdem: Vielleicht hilft es ja schon mal zu wissen, dass du da nicht allein bist.

28.06.2009 11:13 • #7


S
Hallo liebe Aqua 13

Auch mir ging es viele Jahre sehr schlecht (Depressionen, Panikattacken, Isolation) und ich musste Antidepressiva und Angsthemmer nehmen und es hat lange gedauert, bis ich so gut eingestellt war, sodass ich heute, zwar nach wie vor mit Medikamenten, ein noormales Leben führen darf. ABER alle, mit denen ich damals Kontakt hatte, sind nach und nach weggeblieben.
Ich glaube, dass die meisten Menschen in irgend einer Form, psychische Probleme haben und so nah am Rande von ernsthaften Depressionen und Ängsten stehen, dass sie Sorge haben, soweit hinuntergezogen zu werden, dass auch sie letztlich abstürzen könnten.
Und genau aus diesem Grund meiden sie Menschen mit Depressionen und suchen lieber neue Freunde, um sich selbst mit positiven gesprächen aufzubauen bzw. sich aufbauen zu lassen.
Wenn man allerdings schon so weit abgestürzt ist, dass es tiefer nicht mehr geht, dann finde ich, dass man in diesem Forum z.B. absolut richtig ist. Hier findest Du eine ganze Pallette von Threads, die Menschen eröffnet haben, mit den selben Problemen wie Du und auch Ich und viele, viele andere.
Du sagst, du hast soviele Probleme, über die Du reden willst. Schreibe mir über Dein massivstes Problem ein wenig, ich würde es gerne erfahren und bis dahin wünsche ich Dir Gottes Segen Soschi

28.11.2009 00:31 • #8

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