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Depressiver Ehemann - Beziehung mit Zukunft / Trennung?

B
Hallo ihr Lieben,
ich lese aufmerksam mit und erkenne meine / unsere Situation in euren Worten fast genau wieder.
Ich versuche jetzt auch anders mit dem nervigen Bruder meines Mannes umzugehen, ihn zu ignorieren und nicht immer zu versuchen ihn zur Türe rauszuschmeißen oder ihm zu bekämpfen.
Mein Problem ist auch, dass mein Mann so gar nicht mit mir redet und mir sagt, warum seine Stimmung jetzt wieder so mies ist. Kann ja auch mal sein, dass er verärgert ist, genervt oder einfach mal müde. Dann mache ich mir natürlich wieder Gedanken, was sein könnte, und wie ICH diese Situation ändern könnte. Das führt unweigerlich dazu, dass ich irgendwann wütend werde, weil das nicht klappt. Ein Teufelskreis!
Eure Worte haben mich jetzt zum Umdenken gebracht und ich hoffe, dass ich sie so oft wie möglich beherzigen kann. Mit meinem Mann habe ich besprochen, dass es echt hilfreich wäre, wenn er sich etwas mehr öffnen könnte, damit die Situation nicht jedes Mal eskaliert.
Gehört das eigentlich auch zu einer Depression - Verschlossenheit? Zumindest erweckt es so den Eindruck, wenn man sich damit beschäftigt.
Was haltet ihr von dem Thema Medikamente?
Ich denke auch, dass man bei einer Therapie den Partner mit einbeziehen sollte, damit man zu Hause gemeinsam damit umgehen kann. Ich denke zumindest, dass ich mit meinem Verhalten manchmal die Situation noch schlimmer gemacht habe und es für ihn nicht gerade einfacher in seiner ohnehin schon schlimmen Phase.

19.10.2018 08:41 • x 2 #31


Meret
Hallo Bechen81,

es freut mich, dass dir die Worte hier weiterhelfen!
Aber bitte schreibe nicht, dass du mit deinem Verhalten mitschuldig bist. Ebenso könntest du auch sagen, dein Mann sei schuld, weil er sich nicht genügend anstrenge oder dich nicht verstehe. Wir sind alle Menschen mit oftmals guten Absichten, aber es gibt keinen RICHTIGEN Weg, also gibt es kein richtiges Verhalten.

Eine Freundin von mir nimmt tatsächlich Medikamente gegen Depression und behauptet, sie bringen ihr etwas. Nachteil davon ist, dass sie sie nicht absetzen kann. Aber das ist ein Beispiel von vielen.
Mein Mann ackert schwer an sich - ohne Medikamente. Geht auch er hat sich aber ganz intensiv hineingekniet, um aus seinem Tief herauszukommen.

Und das mit der Schweigsamkeit scheint typisch zu sein. Es ist schwer, sich einzugestehen, dass man nicht nur regelmäßig schlecht drauf ist - was doch wohl jeder darf - sondern, dass das eine Krankheit ist, die man offen angehen muss.
Natürlich ist es für den Kranken peinlich, offen zu fragen, ob er nicht zufällig Krebs habe, weil da so ein Fleck auf seinem Knie ist. Schließlich könnte die Partnerin ihn auslachen, weil ganz offensichtlich ist, dass ein blauer Fleck nur ein blauer Fleck ist. Na, das ist aber seine Realität und er macht sich zum Gespött.
Erst wenn er offen sagt DAS KÖNNTE KREBS SEIN und wir ihm ruhig antworten DAS IST NUR DEINE KRANKHEIT, ist ein großer Schritt gemacht. Denn intuitiv wissen die Betroffenen ja, dass mit ihnen etwas nicht ganz stimmt.

19.10.2018 11:48 • x 1 #32


A


Hallo Meret,

Depressiver Ehemann - Beziehung mit Zukunft / Trennung?

x 3#3


B
Hallo Meret,
in welcher Form hat sich dein Mann reingekniet? Was kann der Betroffene tun? Ich werfe meinem Mann nämlich schon auch vor, dass er nichts tut, außer weiter in seinem Elend zu baden. Zumindest kann ich nicht feststellen, dass er kämpft.
Da er auch wenig redet, weiß ich nicht, was die Therapeutin ihm rät oder welche Hausaufgaben sie gibt. Er meint, sie reden nur. Aber das alleine kann doch nicht schon alles sein.
Ich gehe ja auch nicht mit Zahnschmerzen zum Zahnarzt, dieser guckt und stellt Karies an einem Zahn fest. Dann reden wir über die Schmerzen und wie der Karies entstehen konnte und dann verabschiedet mich der Zahnarzt wieder, ohne etwas zu tun oder mir zu sagen, was ich tun kann, damit andere Zähne nicht auch Karies bekommen. Also das kann ich mir schwer vorstellen, dass ein Therapeut nur redet. Aber ich habe selbst noch keine Therapie machen müssen.

19.10.2018 12:52 • #33


Meret
Libe Bechen,

Das schreibe ich in meiner Antwort #17.

Dreh- und Angelpunkt ist: Dein Mann muss sich intensiv mit sich selbst beschäftigen.
Ich habe meinem klar gemacht, dass es ein Sterben auf Raten ist, wenn er durchs Leben driftet und achselzuckend sagt DAS IST JETZT SO, BIN HALT KRANK.

Vielleicht hilft auch das Gedankenexperiment, was er eigentlich machen würde, wenn du ihn verlassen würdest. Sich hinlegen und auf den Sensemann warten? Zugucken wie es immer schlimmer wird und in einer Angstattacke tatsächlich Selbstmord begehen?
Nichtstun ist nicht Stillstand, sondern täglich ein Schritt zurück.

Und das ist das einzige was (meiner Meinung nach) hilft: Ganz konkret sagen, dass es gar nicht so sicher ist, dass du das ein ganzes Leben mitmachst.
Ich habe gesagt: Guck, ich liebe dich, ich unterstütze dich noch, aber ich kann dir nicht garantieren, wie lange ich das aushalte.

Genauso wie er, brauchst auch du ein Stück Sicherheit und er ist verpflichtet, dir das zu geben.

Vielleicht wird er toben, dir vorwerfen, dass du ihn erpresst, dass man das so hopp nicht machen kann, aber in dem Moment steht die für dich schwierigste Aufgabe vor dir: Durchhalten, nicht einknicken.

Stell dir vor, du wärest nicht seine Frau, sondern sein Arbeitgeber: Natürlich gibst du Herrn Bechen eine zweite und dritte Chance, du bist ja kein Unmensch und weißt, dass er psychisch krank ist. Aber genauso kannst du es nicht verantworten, dass dein Unternehmen zu sehr leidet und die Mitarbeiter alle Arbeit für ihn machen müssen.
Was ist also der Deal? - Nein, das lässt sich so klar bzw. einfach nicht sagen, denn Bemühen ist nicht sichtbar bzw. wenn er 5 Therapien macht und täglich 5kg Medikamente schluckt, ist es nicht gegeben, dass sich etwas bessert.
Er muss dir also ein Angebot machen, auf dem du aufbauen kannst.
Und am besten und knappsten lässt sich das so fassen: Er muss etwas ANDERS machen.
Bekommt er Panikattacken um den 15. des Monats herum? Spätestens am 12. guckt er sich ganz intensiv einen niedlichen Tierfilm an, weil er weiß, dass ihn das immer beruhigt.
Schwirren zu viele Gedanken in seinem Kopf. Soll er sie aufschreiben und bewerten. Allein schon die Tatsache, sowas aufzuschreiben, lässt große Probleme plötzlich klein erscheinen.
Was sollten Depressive essen?

Natürlich wird er Rückfälle haben. Natürlich werden die Tierfilme ihn nicht beruhigen, aber beim zweiten Anlauf wird er feststellen, dass Filme mit brabbelnden Kleinkindern ihren Job am besten tun.

Und am wichtigsten: Du gibst ihm hier keine Ratschläge vor! Das klappt nicht.
Dein Job ist es, ihm klar zu machen, dass das jetzt ernst ist. Du lässt Herrn Bechen so lange nicht fallen wie du das Gefühl hast, dass sich was tut und du den Mitarbeitern klar machen kannst, dass die Lage besser wird.
Natürlich kann er dir vorhalten, dass das subjektiv ist. Wie misst man das, dass es ihm besser geht? Die Antwort ist: Du liebst ihn und möchtest ihm nichts reinwürgen. Wenn er dir vertraut (und das sollte er, wieso auch nicht?), dann weiß er, dass du ihn aufrichtig bewertest. Und du wirst Entwicklungen genauso sehen wie er ja auch.
Er hat nicht mehr so zittrige Hände, er lächelt mehr.... das sind Kleinigkeiten.
Und es ist auch klar, dass der Rückschluss nicht funktioniert: Wenn er aus Pflicht lächelt, ist das kein Zeichen von Entwicklung.

Bechen, du siehst, das ist schwer zu fassen... aber ungefähr so handhaben es mein Mann und ich gerade.

19.10.2018 15:02 • x 1 #34


Meret
Achso, ja: In der Therapie reden... ja, das hast du wunderbar zusammengefasst mit dem Karies.
Das ist der springende Punkt!
Geht er da hin, lässt sich berieseln und hat ein gutes Gewissen, dass er seine Seele eine Runde in Perwoll gewaschen hat oder macht er aktiv etwas daraus?

Ich lese gerade Ryder Carrolls Anleitung, wie man ein Bullet Journal führt und da gibt es die folgende Feststellung:
Wir sind gut darin, weise Zitate, tolle Leute etc. bewundernswert zu finden, aber setzten das in den wenigsten Fällen um.
Es braucht die Mühe, sich einen konkreten Plan zu machen, der zudem realistisch ist, den ich gerne mache und vor allem: den ich aus tiefstem Herzen sinnvoll finde, um etwas zu verwirklichen.

Gerade deshalb kannst und sollst du ihm nichts unter die Nase schieben: Er muss sich für sich in den Plan verlieben und scharf darauf sein, ihn umzusetzen.

Und es gilt kein ICH WEISS JA NICHT WIE.
Kerle, das Feuer brennt unter deinem Hintern, denn genauso wie du mich in der Schwebe lässt, ob du gesund wirst, lasse ich dich in der Schwebe, ob ich es mit dir aushalte. Wenn er das begreift, findet er Wege... nicht, um sofort gesund zu sein, aber solche, dass ihr beide seht, dass sich da etwas tut.

19.10.2018 15:12 • #35


Sonne1121
Zitat von Bechen81:
Hallo Meret,
in welcher Form hat sich dein Mann reingekniet? Was kann der Betroffene tun? Ich werfe meinem Mann nämlich schon auch vor, dass er nichts tut, außer weiter in seinem Elend zu baden. Zumindest kann ich nicht feststellen, dass er kämpft.
Da er auch wenig redet, weiß ich nicht, was die Therapeutin ihm rät oder welche Hausaufgaben sie gibt. Er meint, sie reden nur. Aber das alleine kann doch nicht schon alles sein.


Ich kenne deinen Mann nicht, aber es kann sein, dass er so depressiv ist, dass er nichts anderes mehr KANN als im Elend zu baden. Ist er bei einer Psychologin oder bei einem Arzt? Wenn jemand so im Loch ist, dass er nicht mehr therapiefähig ist, können Medikamente helfen, zu stabilisieren und eine Veränderung herbeizuführen. Mein Punkt ist, dass ein depressiver Mensch manchmal will, aber einfach nicht kann.


PS: Ich will keine Diskussion starten über das für und wider von Antidepressiva. Aber ich finde, wenn jemand alleine nicht mehr aus seinem Loch heraus kommt, kann es vorübergehend eine gute Lösung sein.

19.10.2018 15:37 • x 1 #36


Meret
Hallo zusammen!

Ich habe hier schon ene ähnliche Frage gestellt, aber erlaubt, dass ich dismal einen anderen Schwerpunkt setze.
Mein Mann, mit dem ich seit bald 16 Jahren zusammen bin, leidet unter Depressionen.
Je mehr freie Zeit er hat, desto mehr Zeit hat er auch, an sich zu zweifeln, sich als Verlierer zu sehen etc.
In diesen 16 Jahren hat er viel gelernt, ich letztendlich auch, was den Umgang miteinander angeht.

Und trotzdem verstehe ich noch nicht so durch und durch:
Was hilft einem depressiven Menschen am meisten, wenn er gerade in seinem Loch ist?
,Nur liebe Worte?
In Ruhe lassen?

Hinzufügen muss ich: Lange habe ich mich so stark in ihn hineinversetzt und ihm mit Aufopferung zu helfen versucht und gesehen, wie kontraproduktiv das ist, dass ich nun zu stark die Tendenz habe, zu signalisieren ,Lieg du in deiner Gruft, ich lebe mein Leben nun weiter. Und auch das ist nicht fair.

Helft mir bitte, einen Mittelweg zu finden.
Je mehr ich kapiere, desto vernünftiger kann ich damit umgehen.
Danke!

05.01.2019 17:23 • #37


A
Hallo meret

Ich kann dir nur aus meiner Erfahrung berichten. Ich habe auch oft starke Tiefpunkte. Mein Partner hat mich am Anfang immer von vorne bis hinten verwöhnt und immer gesagt das er mich versteht, aber ich wusste genau das er es nicht tut und deshalb würde ich noch depressiver ... das ging Wochen so und wir haben uns nur noch gestritten.. irgendwann habe ich dann das Gespräch mit ihm gesucht und ihm versucht zu erklären was ich brauche. Ich habe ihm gesagt das ich seine Hilfe brauche, aber nur wenn ich danach frage. Wenn ich reden will dann rede ich auch mit ihm, er braucht mich nicht ständig zu fragen..
Das war für ihn natürlich nicht leicht weil er ja wirklich einfach nur helfen will.
Aber mittlerweile verstehen wir uns besser wie je zu vor.. mittlerweile weiß er auch wann ich ihn brauche und wann ich selbst klar komme ..

Vielleicht kannst du mit deinem Mann ja auch nochmal in Ruhe ein Gespräch suchen und ihm deine Situation erklären. Das du ihm helfen willst aber einfach nicht weißt wie. Vielleicht kann er dir dann sagen was er will und was er nicht will.
Jeder Mensch ist anders im Umgang mit seiner eigene Depression aber ich habe gemerkt das ein ehrliches Gespräch wirklich helfen kann das beide Seiten glücklich sind und keiner in der Luft hängt weil er nicht weiß was er tun soll

05.01.2019 19:44 • #38


Siraita
@Meret - ich hab diesen Thread in meinem empfohlen bekommen, deine Vergleiche und Tipps sind echt toll.
Das mit dem ätzendem Bruder trifft es bei uns ungemein gut. Am besten fand ich aber das mit dem stell dir vor, er sagt HUGUBUGU und dass man dagegen nicht ernsthaft argumentieren kann. Ich musste so lachen - made my day .

Danke dafür und auch an die anderen in diesem Thread für Tipps und die eigenen Erlebnisse. Das hilft echt immer weiter:-)!

01.03.2019 13:50 • #39


A


Hallo Meret,

x 4#10


F
Hallo Bechen81,
mir geht es genauso wie Dir: Ich übernehme alles und bin im Zusammenhang mit den anderen alltäglichen Dingen am Limit, ich hasse mich dafür, dass ich anscheinend nicht ausreichend Verständnis habe oder auf ihn eingehe, ich bekomme auch NULL Liebe, geschweige denn Zärtlichkeit o.ä. und ich zerbreche auch an allem.
Wir haben hier allerdings noch zwei Kinder, die auch fast täglich alles von ihm abgekommen - sprich nur angemeckert werden, alles falsch machen und mit denen (wie mit mir) permanent sarkastisch gesprochen wird.
Eine Trennung kommt für mich nicht in Frage, aber ich weiß nicht, wie ich ihn dazu bewegen soll sich helfen zu lassen und merke, dass ich immer wieder an meine Grenzen stoße, weil er das dauernd abblockt.
LG, Claudia

27.05.2019 22:26 • x 1 #40

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