Libe Bechen,
Das schreibe ich in meiner Antwort #17.
Dreh- und Angelpunkt ist: Dein Mann muss sich intensiv mit sich selbst beschäftigen.
Ich habe meinem klar gemacht, dass es ein Sterben auf Raten ist, wenn er durchs Leben driftet und achselzuckend sagt DAS IST JETZT SO, BIN HALT KRANK.
Vielleicht hilft auch das Gedankenexperiment, was er eigentlich machen würde, wenn du ihn verlassen würdest. Sich hinlegen und auf den Sensemann warten? Zugucken wie es immer schlimmer wird und in einer Angstattacke tatsächlich Selbstmord begehen?
Nichtstun ist nicht Stillstand, sondern täglich ein Schritt zurück.
Und das ist das einzige was (meiner Meinung nach) hilft: Ganz konkret sagen, dass es gar nicht so sicher ist, dass du das ein ganzes Leben mitmachst.
Ich habe gesagt: Guck, ich liebe dich, ich unterstütze dich noch, aber ich kann dir nicht garantieren, wie lange ich das aushalte.
Genauso wie er, brauchst auch du ein Stück Sicherheit und er ist verpflichtet, dir das zu geben.
Vielleicht wird er toben, dir vorwerfen, dass du ihn erpresst, dass man das so hopp nicht machen kann, aber in dem Moment steht die für dich schwierigste Aufgabe vor dir: Durchhalten, nicht einknicken.
Stell dir vor, du wärest nicht seine Frau, sondern sein Arbeitgeber: Natürlich gibst du Herrn Bechen eine zweite und dritte Chance, du bist ja kein Unmensch und weißt, dass er psychisch krank ist. Aber genauso kannst du es nicht verantworten, dass dein Unternehmen zu sehr leidet und die Mitarbeiter alle Arbeit für ihn machen müssen.
Was ist also der Deal? - Nein, das lässt sich so klar bzw. einfach nicht sagen, denn Bemühen ist nicht sichtbar bzw. wenn er 5 Therapien macht und täglich 5kg Medikamente schluckt, ist es nicht gegeben, dass sich etwas bessert.
Er muss dir also ein Angebot machen, auf dem du aufbauen kannst.
Und am besten und knappsten lässt sich das so fassen: Er muss etwas ANDERS machen.
Bekommt er Panikattacken um den 15. des Monats herum? Spätestens am 12. guckt er sich ganz intensiv einen niedlichen Tierfilm an, weil er weiß, dass ihn das immer beruhigt.
Schwirren zu viele Gedanken in seinem Kopf. Soll er sie aufschreiben und bewerten. Allein schon die Tatsache, sowas aufzuschreiben, lässt große Probleme plötzlich klein erscheinen.
Was sollten Depressive essen?
Natürlich wird er Rückfälle haben. Natürlich werden die Tierfilme ihn nicht beruhigen, aber beim zweiten Anlauf wird er feststellen, dass Filme mit brabbelnden Kleinkindern ihren Job am besten tun.
Und am wichtigsten: Du gibst ihm hier keine Ratschläge vor! Das klappt nicht.
Dein Job ist es, ihm klar zu machen, dass das jetzt ernst ist. Du lässt Herrn Bechen so lange nicht fallen wie du das Gefühl hast, dass sich was tut und du den Mitarbeitern klar machen kannst, dass die Lage besser wird.
Natürlich kann er dir vorhalten, dass das subjektiv ist. Wie misst man das, dass es ihm besser geht? Die Antwort ist: Du liebst ihn und möchtest ihm nichts reinwürgen. Wenn er dir vertraut (und das sollte er, wieso auch nicht?), dann weiß er, dass du ihn aufrichtig bewertest. Und du wirst Entwicklungen genauso sehen wie er ja auch.
Er hat nicht mehr so zittrige Hände, er lächelt mehr.... das sind Kleinigkeiten.
Und es ist auch klar, dass der Rückschluss nicht funktioniert: Wenn er aus Pflicht lächelt, ist das kein Zeichen von Entwicklung.
Bechen, du siehst, das ist schwer zu fassen... aber ungefähr so handhaben es mein Mann und ich gerade.
19.10.2018 15:02 •
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