Liebe SerengetiBob, ich wünsche dir und deiner kleinen Tochter eine gute Nacht!
Ich habe eine erwachsene Tochter, die sich auch nach einigen Jahren von ihrem Partner getrennt hat. Sie schreibt sich für jeden Tag einen kleinen Plan, füllt ihn nicht zu sehr an und achtet darauf, dass er nur wenige Notwendigkeiten, aber etliche schöne Dinge enthält, die nicht zu anspruchsvoll sind, weil zur Konzentration auf die Tätigkeit auch immer noch die Trauer allzu deutlich spürbar ist. Meine Tochter hat sich einen große Box mit Vogelsand gefüllt und spielt damit herum, lässt den Sand durch die Finger rieseln, zieht mit einer Gabel Muster, legt Mosaiksteinchen hinein. Wenn die Hände vor Aufregung flattern, holt sie sich ihre Häkelarbeit. Ein einfacher luftiger Schal entsteht. Ausgedruckte Ausmalbilder werden mit Glitzergelstiften koloriert, ein handgeschriebenes Trennungsbuch ist jeden Tag in Bearbeitung. Zum Glück kann sie in ihrer Verfassung noch selber Auto fahren. Dann besucht sie Freundinnen oder geht zum Baden an den Fluss, so wie früher auch. Ich finde es gut, dass sie auch Orte besucht, an denen sie mit ihrem Partner war und sie nicht meidet.
Aus einem Landschaftsfoto möchte S. sich über einen Fotobuch-Shop Puzzleteile anfertigen lassen, die sie wieder zusammensetzt.
Ich selber, aus anderem Grund oft alleine zu Hause, habe die Fotografie für mich neu entdeckt. An guten Tagen gehe ich raus in die Natur, wobei ich selber entscheide, ob ich lieber unter Menschen sein will oder besser niemanden sehen mag. An schlechten Tagen reichts grade noch für den Garten.
Der Sommer macht vieles leichter, den Schmerz und die neu entstandene Einsamkeit zu ertragen. Habt ihr einen Spielplatz in der Nähe, zu dem du mit deiner Kleinen hingehen kannst? In eine Krabbelgruppe oder zum Kinderturnen, eigentlich egal was, die Hauptsache, ihr kommt unter Menschen.
Du kannst dir klarmachen, dass du nun völlig frei in der Tagesgestaltung bist und Dinge tun kannst, die früher vielleicht nicht so gut möglich waren. Nutze diese Chance, aber überfordere dich nicht, denn du bist noch in einer ganz schmerzhaften Phase. Scheue dich nicht vor Fragen Unwissender. Letztens hat unsere neugierige Nachbarin gefragt, warum unsere Tochter nun wieder im Elternhaus wohne. Ich habe dieser Frau gesagt, dass in der einst gemeinsamen Wohnung in R. gerade ziemlich viel umgebaut würde und sich zwei Menschen nur im Wege wären. Geschwindelt ist meine Antwort nicht, wenn man sie bildlich zu sehen imstande ist.
Und uns im Forum hast du auch noch. Mir ginge es an manchen Tagen viel schlechter, wenn ich nicht täglich hier Ansprache fände.
Es ist spannend hier. Wir sprechen schreibend so miteinander, als würden wir uns schon lange persönlich kennen. Würden!
Vielleicht ist es gerade unsere gänzliche oder weitgehende Anonymität, die uns so herzlich und wohlwollend miteinander umgehen lässt.
Machts gut und lass wieder von dir hören, wie es dir inzwischen ergangen ist!
Lieber Gruß von Mayke
02.06.2019 22:36 •
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