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Erklärung einer Arbeitsunfähigkeit bei psychischen Erkrankungen

K
Ihr Lieben,

ich hoffe, ihr schüttelt jetzt nicht alle verständnislos den Kopf über diesen meinen Post, aber letztlich beißt die Maus ja keinen Faden ab: Psychische Erkrankungen sind etwas, womit man einige, insbesondere den Arbeitgeber, nicht konfrontiert, weil man ab sofort in einer sehr ungemütlichen Schublade steckt.

Daher lautet meine konkrete Frage wie folgt: Habt ihr Ideen, welchen Grund man für Arbeitsunfähigkeiten im Bereich von 1 bis 3 Wochen anführen kann? Jetzt werden einige denken, wo ist denn bitte ihr Problem, man muss seinem AG nichts zu den Gründen der Arbeitsunfähigkeit sagen. Ja, das weiß ich. Und trotzdem gibt es Firmen, so wie meine, in denen es Usus ist, halt kurz zu sagen, hey, ich habe mir eine Grippe oder was auch immer eingefangen, ich schicke Euch gleich eine Arbeitsunfähigkeit. Danke. Tschüß.

Da ich seit Mitte März coronabedingt im Homeoffice bin, ist meine Exposition zu Krankheitserregern einigermaßen gering, daher fallen eigentlich alle Infekte aus. Was also könnte ich haben, was mich nicht weiter in die Psycho-Schublade schiebt? Denn: ich habe bereits AUs mit dem Stempel Facharzt für Psychiatrie eingeschickt, und alle wissen, dass ich psychisch nicht gut davor bin. Ich weiß, das war ein bisschen fahrlässig von mir damals, aber ich hatte nicht mehr die Kraft, nochmal zum Hausarzt zu laufen, um zu fragen, ob er mir diese Bäh-AU in eine unverdächtige umwandelt. Waren damals übrigens insgesamt drei Wochen, die dazu führten, dass mein Vorgesetzter mir anschließend ins Gesicht sagte, ich sei ja ganz offensichtlich nicht belastbar und nun sitze ich ohnehin schon ein bissi sehr auf dem Abstellgleis. Bin noch nicht so lang in der Firma, da hatten meine Vorgänger ganz andere Dramen mitbekommen, die ich meinem aktuellen AG und letztendlich auch mir gern ersparen wollte.

Wenn ich also eine weitere Arbeitsunfähigkeit von meinem Psychiater einreiche, wird es ziemlich eng für mich, denn dann ist es ein Wiederholungsfall, ich werde noch stärker beobachtet und laufe Gefahr, dass man mich irgendwann abschreibt und personenbedingt, weil zu oft mit zu ungünstiger Prognose, kündigt. Ich arbeite in einem eher kleinen Laden, ohne Betriebsrat, ohne Schwerbehindertenvertretung, ohne alles, aber mit guten Augen für solche Details.

Daher meine Idee, zum Hausarzt zu gehen. Dann aber ist es für mich sehr ratsam, eine gute Story abliefern zu können, nach dem Motto: Nein, Leute, ich habe natürlich nicht schon wieder eine Episode oder habe versucht, sie durch beherztes Eingreifen selbstfürsorglich abzuwenden, ich habe nur insert illness here.

Bekloppt, oder? Ich weiß.

Da ich aber seit mehreren Wochen nicht mehr schlafe und merke, dass ich trotz des geschützten Raums meines Zuhauses (oder gerade deswegen?) und noch ein paar anderer Dinge am Absacken bin, will ich mir hierzu was überlegen, weil ich das Gefühl habe, letztlich auch im Wortsinne nicht mehr arbeitsfähig zu sein, weil ich deutlich unkonzentriert und fahrig bin und womöglich am Ende wirklich noch irgendwo Mist baue.

Danke für Eure Rückmeldungen hierzu.

13.05.2020 10:08 • x 1 #1


Albarracin
Experte

13.05.2020 11:16 • x 1 #2


A


Hallo Kürsche,

Erklärung einer Arbeitsunfähigkeit bei psychischen Erkrankungen

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K
Nee, den Mut habe ich leider nicht. Bzw. ich werde ihn erst irgendwann notgedrungen aufbringen können, wenn es womöglich irgendwann nicht mehr vermeidbar ist durch wochenlange Arbeitsunfähigkeit.
Das Thema BEM kenne ich aus meiner letzten Anstellung; hier war ich zuletzt auch ca. 9 Monate krankgeschrieben und habe mich, weil mein AG trotz Krankschreibung immer wieder telefonisch auf der Matte stand und genervt hat, was denn nun sei und wann ich denn wieder komme (ich weiß, hätte er nicht gedurft, aber ich dummes Schaf habe treudoof versucht zu helfen, auch um meiner Kollegen willen, und habe mich deswegen auf die Telefonate eingelassen), an einen RA gewandt. Der hat mir dringend abgeraten, einem BEM zuzustimmen, da das die Grundlage für eine personenbedingte Kündigung wäre. So nach dem Motto: Wir haben alles versucht, die Dame ist ganz offensichtlich im Eimer, wir dürfen ihr kündigen. Ob das korrekt war? Keine Ahnung, ich bin keine Juristin und im Nachgang habe ich schon das Gefühl, dass mein Jurist auch nicht der Beste war.
Thema GDB gehe ich an, der Mitgliedsantrag für den VdK habe ich schon ausgefüllt, aber mich überfallen immer mal wieder Zweifel - das übliche Ach, reiß Dich doch einfach zusammen, anderen geht es viel schlechter als Dir, der Antrag wird eh keinen Erfolg haben, hier im Internet steht's ja, da hat's auch einer nicht geschafft, dabei hatte der noch dies und jenes usw. usf. Aber Versuch macht kluch, habe ich ja gesagt, und ich ziehe das durch. Aber eher nach dem Muster: Zwei Schritte vorwärts, einen zurück. Wird also noch ein bisschen Zeit in Anspruch nehmen.

13.05.2020 11:30 • #3


Albarracin
Experte

14.05.2020 13:10 • x 3 #4


K
Zitat:
Das war wohl kein Fachanwalt für Arbeitsrecht.


Blöderweise ja - aber wie gesagt, offenbar kein guter. Im Nachgang sind mir da mehrere Geschchten aufgefallen, die komisch waren. Z.B. hätte er mich mal drauf hinweisen können, dass auch bei einem Aufhebungsvertrag die Kündigungsfrist berücksichtigt werden muss. Da ich deutlich zügiger an die frische Lust gesetzt wurde (und auch nichts dagegen hatte, da ich die Konsequenzen nicht kannte), hatte ich im Nachgang noch ziemlich Ärger mit dem Arbeitsamt.

Dass ich nicht mit meinem AG telefonieren muss, das hat er mir gesagt (wusste ich aber auch schon vorher). Aber wie gesagt, ich war einfach zu blöd und habe an meine Kollegen gedacht, die von jetzt auf gleich meinen Kram übernehmen mussten, und mir war es wichtig zu signalisieren, dass es länger dauert und vielleicht eine Leiharbeitskraft eine gute Idee wäre.

Ich neige leider sehr dazu, mir Kopf anderer zu zerbechen.

16.05.2020 08:22 • #5


Irgendeine
Ich find die Frage gar nicht doof. Geht mir genauso. So bald ich was vom Psychiater abgebe, werde ich schief angekuckt. Als ich meinen Psychiatrieeinsatz hatte (der ist in der Krankenpflegeausbildung Pflicht), bin ich völlig zusammengebrochen. Mein Hausarzt hat mich 3 Wochen krankgeschrieben und ich hab der Schule bzw. der Station gesagt, dass ich mir die Bänder am Knöchel überdehnt habe. Die Station hat's nicht geglaubt, die Schule schon. Da ich diese Station aber nie wieder betreten muss, ist mir das auch egal. Meine Schule weiß nur von den Depressionen und das auch nur, weil die Leitung mich wegen meinem SBA gefragt hst. Die ganzen anderen Erkrankungen wissen die nicht, auch wenn man sich wegen der Narben an den Armen so manches denken kann. Die sind schließlich alle vom Fach.

Knöchel verstaucht geht bei dir wahrscheinlich eher nicht so durch, aber Grippe oder Magen-Darm gehen doch immer.

16.05.2020 13:51 • x 1 #6


Jedi
Zitat von Kürsche:
Ich neige leider sehr dazu, mir Kopf anderer zu zerbechen

Wünsche Dir, dass Du Dir diesen Satz einmal in Großbuchstaben aufgeschrieben hast u. ihn an verschiedenen Stellen ,
in der Wohnung gut Sichtbar aufgehängt hast !
Das kann sehr sinnvoll sein, denn das erinnert Dich daran, mehr den Fokus auf Dich zu richten,
für eine gute Selbstfürsorge zu sorgen u. Dir so bewusst machen kannst,
Du bist der wichtigste Mensch in Deinem Leben !


Hilfreich dazu kann auch sein, dass Du für Dich selbst einmal in Dich hineinhorchst,
Welche Bedürfnisse sollen dadurch befriedigt werden, wenn Du Dir den Kopf anderer zu zerbrechen drohst ?

16.05.2020 14:15 • x 2 #7


Anima
Wie gut ist Dein Verhältnis zu den Kollegen? Musst Du wirklich sagen, was Dir fehlt? Mir ging es im Grunde ähnlich und ich habe einfach bei Fragen gesagt: Ich möchte nicht darüber reden. Bei einer Frau kann das alles sein, Frauengeschichte etc. - dazu braucht man keinen Schnupfen. Ich habe es zumeist offen gelassen.
Ich sage so lange nichts, bis ich selbst weiß, was ich für mich wichtig ist.

Da meine Vorgeschichte ohnehin mittlerweile bekannt ist, werde ich zukünftig auch dazu stehen. Mit einem GdB von 30 % habe ich Gleichstellung beantragt und es macht auch keinen Sinn, den anderen etwas vorzumachen.

Die Angst, als bescheuert hingestellt zu werden, die habe ich auch. Für die meisten ist man mit Depressionen gleich ein Psycho oder eben eine Memme hinsichtlich Stimmungsschwankungen.

Die Beantragung von einem GdB halte ich absolut für sinnvoll. Allerdings weiß ich gerade nicht, wie lange die Bearbeitung dauert.

18.05.2020 21:45 • #8

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