MaybeNow
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ich wollte einfach mal meine Ängste schildern und hoffe, dass jemand das Ganze irgendwie kennt. Denn so, wie es im Moment ist, kenne ich es selbst nicht und es strengt sehr an, damit zu leben.
Mittlerweile kann ich hin und wieder unter Menschen gehen, ich lerne mit kleinen Schritten mich an normale Situationen zu gewöhnen... Aber es dauert so lange und langsam habe ich Angst, es nicht ohne Medikamente zu schaffen. Das Problem dabei ist, dass ich momentan sogar Angst vor Medikamenten habe...
Aber mal von Anfang an...
Alles begann eigentlich damit, dass ich aus dem Elternhaus zu meinem Freund gezogen bin. Alles lief eigentlich gut, bis meine Mutter dann auf die Idee kam, das Haus zu verkaufen. Sie versteht bis heute nicht, dass mir damit ein großes Stück SIcherheit genommen wird. Auch wenn ich schon 27 bin, ich hatte dort immer einen Rückzugsort zu dem ich immer gehen konnte, wenn mir alles zu viel wurde. Das ist jetzt nicht mehr gegeben.
Dementsprechend habe ich mich sehr in die Beziehung mit meinem Freund reingestresst. Ich wollte, dass alles gut läuft, habe mich auch ein Stück weit (optisch) verändert und ihm Gutes getan, wo es nur ging. Soweit so gut... Ich habe nur die Beziehung zu meinem Lebensmittelpunkt gemacht und mich vollkommen selbst vergessen. Das war nicht gut, und das habe ich gemerkt, als mein Freund dann im Januar wegen einem neuen Job ausgezogen ist.
Ab da wurde alles ganz schlimm. Ich habe viel geweint (was vermutlich fast normal ist), weil plötzlich eine riesige Leere da war. Ich habe mich unglaublich allein gefühlt, hatte plötzlich nichts mehr, womit ich meine Tage sinnvoll verbringen konnte.
Ich war vorher auch schon sehr ängstlich, als ich seine Familie zum Beispiel an seinem Geburtstag kennen lernen sollte (wir waren bei ihm zu Hause ein paar Stunden Zugreise entfernt), konnte ich ihnen nicht unter die Augen treten. Ich war völlig panisch. Ich habe geweint, wäre am liebsten im Erdboden versunken. Dieser Druck, dass unten im Wohnzimmer Menschen sind und gespannt darauf sind, wie wohl seine Freundin ist... Das hat mich fertig gemacht, ich habe den Druck nicht ausgehalten und bin an dem gleichen Abend noch das erste Mal dissoziiert.
Meine Gedanken waren wie eine kaputte Schallplatte, sie wiederholten sich unkontrolliert und entfernten sich dann immer weiter von mir. Ich hatte keinerlei Kontrolle mehr darüber und habe gedacht, dass ich jetzt tatsächlich durchdrehe. Ja, ich hatte Angst, eine Psychose zu entwickeln. Kennt das jemand? Diese Angst, plötzlich wirklich ein hoffnungsloser Fall zu sein, den man zukünftig nur noch in der Psychiatrie zu Gesicht bekommt? Es war schrecklich. Irgendwann habe ich meinen Körper nicht mehr gespürt. Und Berührungen konnte ich in dem Moment auch nicht ertragen. Manchmal geht es mir sogar heute noch so...
Das war zum Glück das Heftigste mal, danach ist es nicht mehr in dieser Intensität aufgetreten. Allerdings hatte ich immer Anflüge davon, wenn ich beispielsweise am Esstisch saß und wusste, ich kann jetzt nicht einfach weg. Dann wurde mir meist erst schwindelig und dann begannen die Gedanken sich wieder zu wiederholen und sich unwirklich anzufühlen. Ich hasse dieses Gefühl und es macht mir Angst. Meistens hilft es jedoch zum Glück, wenn ich mich früh genug rausholen kann. Mit schnellem Kopfschütteln oder anderen Reizen, Minz-Öl hat auch schon gute Dienste geleistet. Allerdings kann ich das nicht in jeder Situation herauskramen ohne Fragen zu erwarten...
Jedenfalls haben sich meine Ängste seit dem Auszug meines Freundes wesentlich verschlimmert. Ich habe oft Angst, dass mein Kreislauf zusammenbricht. Das geht mittlerweile so weit, dass ich keinen Knoblauch mehr esse, weil ich schon öfter gehört habe, dass er den Blutdruck senkt und dass manche Leute das gar nicht vertragen. Und ich trinke keinen Kaffee mehr, keinen schwarzen Tee oder ähnliches, weil ich Angst vor Herzrasen habe. Scharfes Essen geht auch nicht mehr.
Ich habe wegen dieser heftigen Einschränkungen einen Termin bei meiner Psychiaterin bekommen und sie hat mir wieder meine alten Medikamente verschrieben (Venlafaxin/Trevilor). Eigentlich hatte ich gehofft, dass sie helfen, aber anscheinend habe ich mich so sehr dagegen gesträubt, dass ich sie nicht mehr vertragen habe. Ich hatte nach der Einnahme von 75mg drei Tage lang einen Puls von 135. Ich weiß, dass das eigentlich nicht von den Medikamenten kommen kann, das war vermutlich einfach nur die Aufregung und die Angst vor eventuellen Nebenwirkungen. Jedenfalls habe ich in diesen drei Tagen Angst gehabt, dass mir mein Herz zerspringt, so intensiv hatte ich noch nie Herzrasen. Das war der Grund dafür, dass ich jetzt keinen Kaffee/ schwaren Tee mehr trinke. Letztens habe ich mir im Supermarkt eine Packung Chai gekauft, weil ich wusste, dass da weniger Koffein drin ist. Aber die Packung steht noch originalverpackt im Regal, ich traue mich einfach nicht dran.
Ich kann auch nur schwer unter Menschen gehen. Oder Menschen bei mir haben. Das fällt mir alles sehr schwer. Es ist paradox, auf der einen Seite habe ich Angst davor allein zu sein, auf der anderen Seite halte ich es nicht aus, wenn Menschen in meinem Zimmer sind, quasi in meinem geschützten Bereich. Manchmal bin ich sogar unruhig, wenn mich mein Freund besucht. Das kommt aber zum Glück nicht oft vor. Es sind eben immer die typischen Situationen, in denen ich meine, nicht flüchten zu können.
Am Schlimmsten für mich ist im Moment, dass ich es nicht schaffe, mit dem Zug zu meinem Freund zu fahren. Da ich in Hessen wohne und er mittlerweile in Bayern, würde eine Zugfahrt 6-7 Stunden dauern und das packe ich einfach nicht. Und nach einer Beziehungskrise kurz nach seinem Auszug erwartet er jetzt, dass alles gut läuft. Von einer Krankheit würde er am Liebsten nichts hören. Ich kann ihn da gut verstehen, aber auf der anderen Seite setzt mich das alles doch sehr unter Druck. Ich habe Angst mit ihm über meine Probleme zu sprechen, weil ihn das alles sehr stresst. Am Liebsten wäre ihm eine Freundin, die stabil ist, mit der man Spaß haben kann, mit der man ganz normale Dinge tun kann wie in einem Restaurant essen, verreisen... Das alles geht aber momentan nicht.
In zwei Wochen werde ich hoffentlich endlich einen Platz in einer Klinik bekommen. Bisher warte ich vergeblich, eigentlich sollte ich schon in der 8.Kalenderwoche dort einen Platz bekommen, jetzt wird es wohl die 11. werden. Das ist ätzend, denn ich komme kaum noch aus dem Haus, ich verschanze mich hier und hoffe, dass die Zeit vorbei geht. Zum Glück arbeite ich gerade an zwei Hausarbeiten für die Uni, dann kann ich meinen Tag einigermaßen mit Sinn füllen.
Das Einzige, was mir jetzt noch irgendwie helfen könnte, ich Sport. Ich habe vor ein paar Wochen Kung Fu angefangen und es macht mir großen Spaß. Das erste Mal in meinem Leben habe ich eine Sportart gefunden, die mir etwas gibt... Aber da traue ich mich manchmal auch einfach nicht hin, weil die Luft in den Räumen dort sehr stickig ist und ich oft das Gefühl habe, umzufallen. Besonders, wenn ich einfach nur stehe und mich nicht bewege oder eine Matte halten soll etc. Deshalb habe ich mich schon seit zwei Wochen nicht mehr getraut dort hin zu gehen.
Ach es ist so blöd. Diese Krankheit macht mich fertig und damit setze ich die Beziehung aufs Spiel. Wie soll ich eine Beziehung mit jemandem führen, wenn ich nicht die Kraft habe, in den Zug zu steigen... Und wenn ich die Zugfahrt schaffen würde, dann wäre ich ausgelaugt bei der Ankunft und dann sind da ja noch die Mitbewohner von ihm... Wie kann man sich einen Ort oder eine Situation schaffen, in der mann entspannt? Obwohl man in der Fremde ist? Hat da vielleicht jemand Tipps? Ich wünsche mir nichts mehr als nach München zu fahren und da eine schöne Zeit mit meinem Freund zu verbringen. Aber ich weiß nicht, wie das gehen soll. Ich kann das nicht einfach abschalten, so gern ich auch würde...
Sorry für den langen Thread, das war so nicht geplant. Ich hoffe, das Thema passt hier zur Kategorie, ist doch wesentlich umfassender geworden als ich dachte. Sorry.