So viele Monate sind vergangen und ich habe erst jetzt das Gefühl, endlich wieder ganz bei mir angekommen zu sein, in meiner Mitte zu sein. Ich habe einen langen und immer wieder schmerzhaften Weg hinter mir, nochmal viel über mich gelernt in den letzten Monaten. Vor allem versuchte ich das Gefühl des Alleinseins, des Sich-Verlassen-Fühlens, unbedingt durch eine neue Partnerschaft zu verdrängen. Doch war solch ein Unterfangen schon von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Es gibt keinen Ersatz für einen anderen Menschen. Und es wird noch einige Zeit vergehen müssen, ehe ich selbst wieder Vertrauen fassen kann in die Verlässlichkeit einer Partnerschaft.
Und so lebe ich heute noch immer allein und fühle mich zufrieden und sogar glücklich. Mein Leben ist mit vielen schönen Dingen ausgefüllt, ich habe beispielsweise damit begonnen, Klavier spielen zu lernen. Und ich pflege meinen Freundeskreis intensiv, so dass ich heute kaum noch alleine sein muss, wenn ich es nicht möchte. Und doch genieße ich mittlerweile die Stunden allein mit mir, schaffe mir solche Inseln regelrecht, an denen ich alles tun und lassen kann, was ich will. Dann lese ich oder malträtiere mein Klavier, schlafe so lange wie ich will, esse im Bett oder gehe stundenlang spazieren.
Ich bin in meiner Mitte und dankbar dafür, dass ich das überlebt habe, dass ich heute so leben darf, wie ich es möchte. Ich liebe das Leben!
Auch meine Kinder haben die furchtbaren Ereignisse mittlerweile gut verarbeitet. Mein Sohn, heute 10 Jahre alt, hat seine Trauer in einer speziellen Kindertrauergruppe verarbeitet und sich gerade dort verabschiedet. Er ist wieder ein fröhlicher Junge mit vielseitigen Interessen, der sein Vertrauen wiedergefunden hat in die Beziehungen zu anderen Menschen. Und auch der Umgang mit meinem Exmann läuft mittlerweile zufriedenstellend, so dass mein Sohn sich hier gut aufgehoben fühlt.
Meine Tochter (22) hat nach dem Abbruch ihres Studiums und langer therapeutischer Begleitung ihre Orientierung wieder gefunden, nun einen neuen Berufsweg eingeschlagen. Sie wird ganz nach dem Vorbild ihrer Mutter nun Krankenschwester. Ich bin verständlicherweise total stolz auf sie.
Meine Kinder und ich sind noch enger zusammen gerückt, sehr verbunden miteinander, das ist unbeschreiblich schön. Und Familienzuwachs haben wir auch bekommen; es ist der Freund meiner Tochter, ein total lieber Mensch, aufgeschlossen und hilfsbereit fühlt er sich bei uns sehr wohl und wir mit ihm. Es ist ein wunderbares Gefühl meine Tochter so aufgehoben zu wissen.
Über Thomas reden wir wie über Jemanden, der eine sehr lange Reise angetreten hat. Manchmal lachen wir über die gemeinsamen Erlebnisse, manchmal sind wir traurig und immer wieder mal auch wütend auf ihn und das was er uns angetan hat und manchmal gespannt darauf, ob wir uns vielleicht irgenwann nochmal wieder sehen werden.
Lieben Grüße von eurer Missi
02.11.2012 20:20 •
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