Verstehe meinen Freund nicht

laEsmeralda
Hallo ihr Lieben,

bin ziemlich neu hier. Hab hier mal eine Sachen gelesen und mich heute entschlossen mal meine Geschichte zu erzählen.

Also ich bin 19 und seit 2 Jahre mit meinem Freund zusammen. Er hat viel durchgemacht in seinem jungen Leben. Vom Vater nur Schläge und Geringschätzung, die Mutter selbst schwer depressiv ist keine Stütze gewesen und auch früh ausgezogen und auch sonst findet er sich schlecht zurecht.

Seit einigen Monaten ist es schlimmer geworden mit Depressionen und Angst unter Menschen zu gehen etc. Heute hat er Geburtstag und ich hab mich sehr drauf gefreut, mal einen schönen Tag mit ihm zu haben. Gebacken, Geschenke besorgt usw.. Naja also ich dann also heute fragte, wann ich kommen soll sagt er, er müsse noch schnell duschen.. eine Stunde später fragte ich wieder nach und er meinte er war bis gerade im Chat und wär noch nicht geduscht.. Da war ich schon sehr sauer. Als ich dann sagte, ich komme jetzt, sagte er er will noch nicht, dass ich komm und als ich da war, machte er nicht auf etc...

Naja und solche Sachen passieren sehr oft. Ich versteh ihn nicht und komm immer seltener an ihn ran. Ich hab ihm jetzt gesagt, wenn er sich nicht bei mir meldet und einsieht, was er da tut sieht er mich nie wieder. Es klingt krass, aber ich kann nicht mehr. Ich kenn ihn seit 5 Jahren und ich hab das gefühl jeden Tag erfahre ich etwas Neues über sein Leben was mich schockt. Er hat wirklich kein Glück gehabt im Leben... Aber ich will micht nicht kaputt machen.

Ich tue wirklich viel für ihn. Ich hab ihn in Therapie besucht und ich hab ihn verteidigt, auch wenn mich keiner verstanden hat. Ich hab mir alles angehört und versucht zu helfen... Ich würd alles tun damit es ihm besser geht, aber im Endeffekt kann ich nicht viel machen. Es fällt mir so schwer, mich nicht bei ihm zu melden und abzuwarten. Ich weiß auch nicht, ob es hilft. Er hat für alles eine Entschuldigung. Er glaubt sich das auch selbst, aber es sind Ausreden... Keine Zeit für Gesprächrunden und solche Sachen...

Er ist auch so stur, ich hab Angst, dass er sich meldet, dabei weiß ich genau, dass ich ihm wichtig bin, aber ich bin so ungeduldig... Wahrscheinlich ist Abwarten das Beste, oder?

Danke schon mal fürs Zuhören.

lg, Nici

14.09.2010 20:27 • #1


S
Hallo Nici,

erst mal Herzlich willkommen hier bei uns im Forum.

Ich gehe mal davon aus, dass Dein Freund unter Depressionen leidet. Und das ist für Angehörige nicht einfach.
Depressive Menschen können oftmals nicht den Tagesablauf haben, wie gesunde Menschen.
Immer wiederkehrende Tiefs machen es manchmal nicht möglich, Struktur in den Alltag zu bringen.
Vielleicht kam auch deswegen die Situation, dass er sich duschen wollte und es einige Zeit später immer noch nicht getan hatte.

Aber trotzdem kann ich verstehen, dass es Dich sehr ärgert, wenn Du exstra so viel für seinen Geburtstag vorbereitet hast und er schlussendlich noch nicht mal die Türe geöffnet hat, obwohl ihr eine Verabredung hattet!
Diese Antriebslosigkeit und das Nichtumsetzenkönnen von Vorhaben kenne ich auch von mir.
Ich brauche manchmal viel Zeit, um eine Kleinigkeit erledigen zu können. Das ist für einen Außenstehenden nicht so leicht nachzuvollziehen.

Es kommt auch noch dazu, dass ein depressiver Patient sehr oft einfach nur seine Ruhe haben möchte. Da kommt es immer wieder vor, dass man nahstehenden Menschen, die man mag, einfach vor den Kopf stoßen muss, obwohl es nichts persönlich mit der anderen Peron zu tun hat.

Ich kann aber sehr gut verstehen, dass es für Dich sehr schwer ist.
Wenn Dein Freund an manchen Tagen keine Nähe möchte, dann bleibt Dir nichts anderes übrig, als das zu akzeptieren, auch wenn es weh tut.

Und trotzdem solltest Du natürlich auch an Dich denken. Wenn Du der Meinung bist, dass Du damit überfordert bist und nicht mehr kannst, dann wäre es vielleicht gut, wenn Du Dir eine Auszeit gönnen würdest.
Vielleicht kannst Du es ihm ja mitteilen, wie es Dir geht.

Du musst natürlich selbst entscheiden, ob Du die Beziehung generell weiter führen möchtest, oder ob Dir alles zuviel ist.
Dann wäre es natürlich besser, wenn Du Dich trennen würdest.
Ansonsten bleibt Dir nichts anderes übrig, als viel Geduld zu haben.

Ist denn Dein Freund in regelmäßiger therapeutischer Behandlung?

14.09.2010 21:38 • #2


A


Hallo laEsmeralda,

Verstehe meinen Freund nicht

x 3#3


laEsmeralda
Danke für die schnelle Antwort.
Ja, dass er oft seine Ruhe haben will stimmt wirklich. Das Problem ist, ich bin ein Mensch der immer wen zum reden braucht, was wirklich nicht gut zusammen passt.
Ich hab auch schon überlegt, mir eine Auszeit zu nehmen. So ist er nicht unter Druck und ich hätte auch mal Zeit für mich. Nur ich würde mir immer Sorgen machen, wenn ich nicht weiß was er macht, wie es ihm geht und so weiter. Dabei will ich gar nicht klammern...
Er war vor kurzem in stationärer Behandlung. Dort wurde ihm eine Langzeittherapie empfohlen. Das würde aber heißen, dass er für Monate weg müsste und ich kaum die Möglichkeit hätte ihn zu sehen. Er denkt noch drüber nach, aber vielleicht ist das das Beste, wenn ers machen würde. Das wäre ja auch quasi gleichzeitig ne Auszeit und ich müsste mir nicht so viele Sorgen machen, da ich weiß, dass er nicht alleine ist. Im Endeffekt ist es seine Entscheidung... Ansonsten (wenn er nicht dahin geht) soll/will er halt ambulant weiter machen, aber er kommt nicht dazu das mal zu regeln und meine Hilfe will er dann ja auch nicht, denn er will es alleine schaffen.
Die Beziehung beenden will ich eigentlich nicht, nur ich hab des Gefühl ich habe die Verantwortung für 2 Leben und das schaff ich einfach nicht... Ich bin 19, im Abistress und auch so schon ziemlich angeschlagen durch die letzten Monate und dazu kommt, dass ich mir eh alles zu Herzen nehme. Auch wenn ich weiß, dass man sich sein Verhalten nicht logisch erklären kann, such ich im Endffekt die Schuld wieder (oft zunächst unbewusst) bei mir... Da hilft es wenig sich zu sagen, dass es nicht so ist. Es ärgert mich einfach, dass wir jetzt alles ausstehen müssen was seine Eltern nicht auf die Reihe bekommen haben. Aber Hass bringt einen auch nicht weiter. Ich weiß selbst nicht was ich denken soll und vor allem nicht wie ich ahndeln soll. Ich habe die Hoffnung, wenn ich diesmal nicht auf ihn zugeh, dass er merkt, ich meine es ernst und er muss was tun...

14.09.2010 22:31 • #3


J
Hallo laEsmeralda
Zitat:
Das würde aber heißen, dass er für Monate weg müsste und ich kaum die Möglichkeit hätte ihn zu sehen. Er denkt noch drüber nach, aber vielleicht ist das das Beste, wenn ers machen würde. Das wäre ja auch quasi gleichzeitig ne Auszeit und ich müsste mir nicht so viele Sorgen machen, da ich weiß, dass er nicht alleine ist. Im Endeffekt ist es seine Entscheidung..
.
Ich denke, daß das genau das richtige für euch beide wäre, dein Freund hätte die erforderliche Therapie und Du müßtest dir keine Sorgen machen, weil er in der Klinik gut untergebracht ist.

Zitat:
Die Beziehung beenden will ich eigentlich nicht, nur ich hab des Gefühl ich habe die Verantwortung für 2 Leben und das schaff ich einfach nicht... Ich bin 19, im Abistress und auch so schon ziemlich angeschlagen durch die letzten Monate und dazu kommt, dass ich mir eh alles zu Herzen nehme
.
Beenden brauchst Du die Beziehung nicht gleich, aber Du solltest mit deinem Freund reden, ihm deine Sicht erklären und ihm klar machen, daß es aus deiner Sicht wichtig ist, daß er die Langzeittherapie in der Klinik macht.
Darauf könnt ihr beide dann aufbauen, zumindest kann man sehen, ob der Klinikaufenthalt eine positive Wirkung gehabt hat.

Nun noch ein paar Worte zu dir selber, prinzipiell kann ich sehr gut nachvollziehen, daß Du dich für ihn verantwortlich fühlst, möchte dir aber dazu sagen, daß Du in diesem Bereich selber an dir arbeiten solltest. Du bist tatsächlich noch so jung, es ist gut, wenn Du Verantwortung für dich selber übernimmst, aber Du bist nicht für deinen Freund verantwortlich, Du bist nicht die Mutter!
Abgesehen davon solltest Du noch wissen, daß man nur jemanden helfen kann, der die Hilfe auch zuläßt und dein FReund ist anscheinend nicht immer in der Lage, Hilfe zu zulassen, deshalb kann dir niemand Vorwürfe machen, wenn mit ihm etwas passieren würde.
Du bist nicht daran Schuld, weil Du ihm die Hilfe ja schon angeboten hast, daran solltest Du immer denken, Du brauchst dich nicht schuldig fühlen!

14.09.2010 22:53 • #4


U
Ich finde es toll, wieviel Gedanken du dir um deinen Freund machst.
Und das mit deinen 19 Jahren.
Pass gut auf dich auf.
Übernimm nicht die Verantwortung für sein Leben, das kann nur er selbst
und das ist nie die Aufgabe eines Partners.

Hab einfach Geduld. So wie er sich benimmt, das kommt von seiner Krankheit.
Er will dich nicht damit ärgern oder er ist auch nicht faul.
Ich kenne das, habe manchmal nicht mal geschafft mir die Zähne zu putzen.

Was mein Mann in dieser Zeit getan hat?
Hmmmm...
Eigentlich nicht viel.
Hört sich doof an.
Aber er hat mich einfach so sein lassen ohne ständig nachzufragen oder Druck zu machen.
Hat mich auch mal zum Arzt begleitet. Alles andere musste ich eh alleine durchziehen.

Langzeittherapie? Finde ich eine sehr gute Sache.
Aber er muss es wollen.

15.09.2010 07:41 • #5


laEsmeralda
Vielen Danke, das tut gut das zu lesen.
Ich denk mal es stimmt, dass ich in der Hinsicht an mir arbeiten soll, dass ich mir nicht die Schuld gebe und mir nicht die komplette Verantwortung gebe. Ich werde auch weiter für ihn da sein, wenn er nach mir fragt, aber bis es soweit ist warte ich nun ab, auch wenn es hart ist. Ich würde mir trotzdem nie verzeihen, wenn ihm entwas passiert.
Ich tendiere auch immer mehr dazu die Langzeittherapie zu befürworten. Ich weiß auch, dass mein Freund das an sich auch wirklich will. Ihm ist durchaus bewusst, dass er krank ist und etwas unternehmen muss. Ich muss mir dann keine Sorgen machen. Das wär auch wichtig für mich und mein Leben.
Geredet hab ich schon so oft mit ihm, aber nur reden bringt nichts mehr. Man wiederholt sich auch jede Woche und kommt nicht weiter. Darum warte ich jetzt ab, bis er zu mir kommt.
Vielen Dank noch mal für die Antworten, das hat mir fürs erste sehr geholfen.

15.09.2010 16:01 • #6

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