Hallo!
Auch wenn dieser Thread schon etwas älter ist, möchte ich doch auch mal meinen Senf dazu geben. In vielen eurer Beiträge finde ich mich ein Stück weit wieder und dann ist einiges doch wieder anders:
Als Kind war ich ganz normal schlank wie andere Kinder auch. Unr eigentlich auch noch als Jugendliche. Nur da hat sich meine Selbstwahrnehmung ganz arg verschoben. Ich habe mich immer als dick wahrgenommen. Wenn ich jetz in meinen alten Tagebüchern lese, sehe ich, dass mein Gewicht völlig in Ordnung und dem Alter und der Größe entsprechend war. (Habe oft Tabellen geschrieben, in denen ich mein Gewicht eingetragen habe) Ich war auch immer sportlich, ständig und vor allem gern in Bewegung, war regelmäßig schwimmen und habe Handball im Verein gespielt. Bei einer Größe von 1,60m habe ich mich aber dennoch mit 53kg zu dick gefühlt. Wenn ich jetzt Fotos von damals sehe, begreife ich es nicht mehr. Damals kündigten sich auch schon erste Symptome von Depressionen an. Und als es dann aufs Abitur zuging und die Handballmannschaft aufgelöst wurde, habe ich angefangen zuzunehmen. Beim Abi wog ich dann 63kg. Aus heutiger Sicht traumhaft!
Dann kam das Studium und damit wurden auch die Depressionen stärker. Ich hörte auf mich zu bewegen und habe aufs Essen nicht mehr geachtet. Irgendwann kam die Einstellung: ich kann ja nicht mehr dick werden, ich bin's ja eh schon! So pendelte sich das Gewicht für recht lange Zeit auf über 90kg ein. Natürlich - wie bei euch - auch immer mal wieder verzweifelte Versuche abzunehmen, aber mit wenig Erfolg.
Dann entdeckte ich durch eine Freundin das chatten. Wir haben uns in der Uni dann immer in einen abgelegenen Raum verzogen und von Mittags bis Nachts gechattet. Und da man dort nicht essen durfte, nahm ich in einem halben Jahr so viel ab, dass ich nur noch 77kg wog. Wow, da hab ich mich gut gefühlt. Im chat dann auch noch einen Mann kennengelernt, der mich so mochte, wie ich war. Aber damit war die große chat-Sucht vorbei und das Gewicht kam wieder.
Die Depression war mein ständiger Begleiter, den ich aber nie so wirklch wahrhaben wollte, bzw. mich trotzdem nie aufraffen konnte, mich damit jemandem anzuvertrauen. Außer meinem Tagebuch. Darin kann ich heute nachvollziehen, wie lange ich eigentlich schon darunter leide. Das Gefühl eigentlich nie richtig gelebt zu haben.
Naja, ich hab mich so durchs Leben und die Studiererei gewurschtelt und dann 1998 endlich das mittlerweile dritte Studium, das ich angefangen hatte,auch zuende geführt. Referendariat, Arbeitslosigkeit, Vertretungsstellen und schließlich 2002 eine Festanstellung als Lehrerin an einer Privatschule. Nix als Stress und Zweifel, die Depression immer stärker, das Gewicht nur noch knapp unter 100kg. Dann seit 2004 Antidepressivum und stetiger Anstieg des Gewichts auf mittlerweile ca 120kg.
Seit Ende November 2008 bin ich nun krankgeschrieben. Seitdem hab ich aus Appetitmangel ein paar Kilo abgenommen.
Die erste Zeit war ich bei meinem Hausarzt in Behandlung, ein ganz toller Arzt, der sehr gut zuhören kann und oft mit wenigen Worten die Dinge auf den Punkt bringt. Und zum Abnehmen hat er mir gesagt: Sie können jetzt gar nicht abnehmen. Dafür braucht man sehr viel Kraft und Konzentration. Abnehmen ist schwere Arbeit. Das können Sie im Moment nicht leisten! Ich war und bin ihm dafür soo dankbar, weil mir damit eine riesige Last genommen wurde. Solange ich noch so unter Antriebslosigkeit, Müdigkeit und dieser inneren Leere leide, kann ich mich auch nicht aufs Essen konzentrieren. Das ist zwar nicht toll für meinen Körper, aber es hat mir gut getan, dass mir jemand sagt, dass ich kein Versager bin, der einfach keine Disziplin hat, sondern dass ich aufgrund der Depression das zur Zeit gar nicht leisten KANN. Ich versuche jetzt darauf zu vertrauen, dass dann, wenn das schlimmste überwunden ist auch der Wille, die Kraft und die Lust auf Bewegung wiederkommen. Das fällt mir zwar auch immer wieder schwer, aber ich erspare mir wenigstens bewusst den Frust weiterer gescheiterter Versuche.
Heute hab ich übrigens noch nichts gegessen und hoffe die ganze Zeit, dass meine Kollegin sich noch meldet und mit mir essen geht. Ansonsten muss ich erstmal einkaufen. Ist nämlich nix mehr da.
So, irgendwie neige ich dazu, Romane zu schreiben. Aber es tut gut, alles mal los zu werden.
Grüßchen,
nordicat
02.03.2009 17:38 •
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