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Menschen, die für mich wichtig sind

Stromboli
Ich möchte gerne heute einen Thread eröffnen in der Rubrik Kraftquellen.

Aus meiner heutigen Sicht zurück auf über 6 Jahrzehnte sehe ich eines überdeutlich: Was mich am allermeisten geprägt hat, waren und sind Begegnungen und Beziehungen. Zum einen im negativen Sinn als Fehlen derselben in meinen frühen Jahren, zum anderen im positiven Sinn als enorm heilende Kraft, als sich mehr und mehr gute Erfahrungen mit anderen Menschen einstellten in meinem Erwachsenenleben.
Die Qualität von Beziehungen hat vielleicht nicht für jede/n denselben hohen Stellenwert wir für mich, zweifellos spielen sie aber für alle eine wesentliche Rolle.


Dieser Thread soll einen Raum bieten zum Festhalten von hilfreichen, positiven Erfahrungen mit Menschen, wobei es ganz egal ist, ob das kurze oder langjährige Erfahrungen sind. Es liegt in der Natur unseres Forums, dass die Erfahrungen mit unseren Herkunftsfamilien vermutlich bei vielen Usern wenig bis gar nicht hilfreich waren, solche sollen hier auch nicht geschildert werden. Sie sollen in unseren Therapien bearbeitet werden. Vielleicht gibt es trotzdem auch dort bzw. im erweiterten Umfeld unserer Kindheit menschliche Kraftquellen. Aber ganz egal wo, wie lange und mit wem, alles was uns gut getan hat mit Menschen, findet hier einen Platz. Selbst wenn es z.B. prominente Leute sind, die wir gar nicht persönlich kennen, die uns aber inspiriert haben.

Ich möchte selber einen Anfang machen mit meinen Kindern, bzw. heute erstmal mit meiner Tochter. Was ich mir vor 30 überhaupt nicht hatte vorstellen können, nämlich eine Familie zu gründen, wurde durch einen grossen inneren und äusseren Umbruch um die 30 (den zu schildern würde den Rahmen sprengen) plötzlich vorstellbar, ja wünschenswert. 3-4 Jahre später stellte es sich ein. 1994 kam S. als unser erstes Kind zur Welt. Ich sehe noch jetzt, als ob es heute Morgen gewesen wäre, vor mir, wie sie mich kurz nach der Geburt (durch Kaiserschnitt, deshalb legten die Schwestern sie zuerst mir in die Arme) mit ganz grossen, wachen Augen sofort angeschaut hat.
Es entwickelte sich von Anfang an eine enge und warme Beziehung zwischen uns. Ich trug sie als kleines Kind oft auf den Schultern und sie legte vertrauensvoll ihr Köpfchen auf meinen Kopf. In ihrem Schulalter begannen dann nach und nach unsere Eheprobleme und verschärften sich über Jahre, bis hin zur Trennung und Scheidung 2013. Mich schmerzt bis heute, was S. und ihr Bruder B. dadurch auch durchlitten; aber es vermochte nichts an unserer Vertrautheit und Nähe zu ändern. S. hat nach der Schulzeit sehr gradlinig ihren beruflichen Weg eingeschlagen, zur Pflegefachfrau und heute Teamleiterin in einem Pflegeheim. Der regelmässige Kontakt ist weiterhin da. Erst gestern hat sie mir eine Bewerbung zur Durchsicht geschickt, sie möchte sich wieder weiterentwickeln. Und fraglos war sie da, als ich in C-Isolation musste oder jemanden brauchte, um Balou zu füttern. Beide Kinder haben einen Schlüssel zu meiner Wohnung und machen auch davon Gebrauch.
In den 10 Jahren ca. ab 2007 ging es mir oft so schlecht, dass die Sui.gedanken sich öfters aufdrängten. Der Gedanke an S. und B. hat diese aber immer wirksam gestoppt.
So sind S. und ihr Bruder für mich eine ganz grosse Kraftquelle geworden.

24.02.2021 14:41 • x 9 #1


Krizzly
Das ist eine sehr schöne Idee, lieber @Stromboli .

Ich möchte über meine beste Freundin schreiben. Sie ist manchmal anstrengend, sie treibt mich manchmal in den Wahnsinn, aber sie ist seit 22 Jahren an meiner Seite, zwei Drittel meines Lebens. Sie kannte mich schon, als meine Kindheit und Jugend noch schlimm waren, und da sie im selben Dorf wohnte, war sie oft mein Fluchtpunkt außerhalb von zu Hause. Wir sind immer mit unseren Fahrrädern durch den Wald gebrettert und haben Pferd gespielt, am Lenker hatten wir ein Band angebracht, das waren unsere Zügel. Später waren wir viel, viel zusammen feiern. Wir haben unsere ersten Erfahrungen mit Jungs und unseren ersten Liebeskummer geteilt. Und auch alle späteren Erfahrungen und Liebeskummer. Wir sind zusammen gereist, haben die Welt entdeckt, haben uns gestritten, enttäuscht und wieder vertragen. Als meine Panikattacken die Hölle wurden, war sie da, als ich in der Klinik war, hat sie mir ein Notfall-Paket gepackt, falls ich mich einsam fühle, und hat zu Hause meine Katzen versorgt. Sie ist vereinnahmend, aufgedreht und laut, aber auch fürsorglich, loyal, zuversichtlich und lustig. Ich würde sie nicht missen wollen. Wir sind irgendwie grundverschieden und doch auf eine Art miteinander verbunden, die bis jetzt nichts trennen konnte.

24.02.2021 20:48 • x 8 #2


A


Hallo Stromboli,

Menschen, die für mich wichtig sind

x 3#3


Greta
Lieber @stromboli,

auch mich spricht dein Thread sehr an.
Und während ich so darüber nachdachte, welche Menschen für mich wichtig sind, fiel mir auf, dass es gar nicht mal so wenige sind. Allein schon für diese Erkenntnis danke ich dir!

Als erstes möchte ich heute über meinen Großvater schreiben.
Er starb bereits Anfang 1967; damals war ich fünf Jahre alt.
Meine realen Erinnerungen sind spärlich. Vieles, was ich mit ihm erlebt habe, kenne ich nur aus Erzählungen oder von alten Fotos.
Aber tief in mir drinnen ist da ein Gefühl von Vertrautheit, von tiefer Zuneigung, von Behütet- und Beschütztsein.
Ein überaus warmes, liebevolles Gefühl.

Ich bin die Mittlere von drei Schwestern und fühlte mich zeitlebens als das schwarze Schaf der Familie; zu lebhaft, zu neugierig, immer draußen in der Natur, fasziniert von allem technischen, immer irgendwo einen Fleck auf dem hübschen Kleid (irgendwann bekam ich dann Hosen ). Während meine Schwestern brav zuhause mit ihren Puppen spielten, malten, lasen ...
Meine Eltern und meine Großmutter wußten nicht recht was mit mir anzufangen, da ich ihrem Bild von einem Mädchen einfach nicht entsprach.
Ich bekomme einfach keinen Zugang zu diesem Kind, soll meine Großmutter einmal gesagt haben.

Mein Großvater jedoch, mit dem war ich ganz dicke.
Er hat mich stets angenommen, so wie ich war; hat mich unterstützt und mir den Rücken gestärkt. Er hat mich geliebt. Bedingungslos. Und diese Liebe spüre ich auch heute noch in mir, wenn ich an ihn denke.

Mein Großvater starb im Alter von gerade einmal 60 Jahren an Lungenkrebs.
Ich lag zu dieser Zeit nach einer Mandel-OP im Krankenhaus; ein traumatisches Erlebnis, da die Narkose bei mir nicht richtig wirkte, Elternbesuch nicht zugelassen war, die Krankenschwestern streng und wenig zugewandt ...
Am Tag von Großvaters Beerdigung wurde ich entlassen.
Meine Mutter holte mich gemeinsam mit einem Onkel in dessen Auto ab.
Das war eine Freude! Ich liebte Autos und meine Eltern hatten damals kein eigenes.
Und nun durfte ich in diesem tollen Auto mitfahren!
Ich dachte, das sei eine Überraschung für mich; dafür, dass ich so lange allein in diesem schrecklichen Krankenhaus war.
Aber es kam noch besser!
Als wir zuhause ankamen, war das ganze Haus voller Besuch.
Die ganze Verwandtschaft war gekommen um, wie ich damals glaubte, mich in Empfang zu nehmen.
Es gab Kaffee und Kakao und Kuchen, und ich futterte freudig ein Stück nach dem anderen. Endlich kein blödes Krankenhausessen mehr!
Ich erinnere mich noch gut an eine füllige Tante im schwarzen Kleid, die mich immer wieder lächelnd ansah und sich über meinen guten Appetit und meine kindliche Unbefangenheit freute.

Woran ich mich nicht mehr erinnere ist, ob und wann man mir gesagt hat, dass mein Großvater gestorben ist und dass der Tag meiner Entlassung aus dem Krankenhaus gleichzeitig der Tag der Beerdigung meines Großvaters war.
Dass ich nur deshalb mit dem Auto abgeholt worden war, weil dieser Onkel an diesem Tag zur Beerdigung gekommen war.
So wie die übrigen Verwandtschaft.
Und dass es Großvaters Beerdigungskuchen war, den ich damals so begeistert in mich hineingestopft hatte.

Was bleibt, ist dieses Gefühl von Liebe, wenn ich an meinen Großvater denke.
Ein kleines Stückchen Urvertrauen, dass er mir gegeben hat in den wenigen Jahren, die wir uns kannten.
Ein Anker in meinem Leben.

25.02.2021 09:21 • x 10 #3


Stromboli
Herzlichen Dank @Krizzly und @Greta für eure Beiträge. Ich bin berührt davon, es kommt so lebhaft rüber.

Heute möchte ich in diesem Thread auch meinem Sohn einen Raum geben. B. kam 1996 zur Welt, drei Wochen vor dem Termin. Er brauchte etwas länger als seine Schwester, um anzukommen in dieser Welt. Überhaupt unterscheiden sich die beiden von ihrer Art her sehr: S. ist extravertiert, kontaktfreudig, direkt. B. dagegen introvertiert, zurückhaltend, eher wortkarg. Trotzdem oder vielleicht deswegen hatten und haben sie ein sehr schönes Verhältnis, lieben und unterstützen einander und leben heute sogar in einer WG zusammen mit einer Freundin von S.

B. steht mir von seinem Wesen her näher als S., dennoch habe ich zu beiden ein inniges und herzliches Verhältnis. B. war ein zarter Junge, fand aber in der Schule trotz seines stillen Wesens guten Anschluss und Freunde. Vielleicht hat ihm seine Liebe zum Fussball und allgemein Sport dabei geholfen, er spielte ab 7 Jahren im örtlichen FC mit bis ins Erwachsenenalter. Als er ins Teeniealter kam, begann er nach und nach meine Liebe zu Biketouren zu teilen und wir unternahmen einige schöne Touren zusammen. Später, als es mir nicht mehr gut ging, machte er das zunehmend auch alleine.

In seiner Kindheit musste B. zwei happige OPs durchstehen, beide am Kopf. Schon mit 5 Jahren eine gefährliche Entzündung hinter dem Ohr, die sich durch den Knochen zu fressen und das Gehirn anzugreifen drohte. Und mit 14 eine grosse Hirnoperation, weil er, offenbar angeboren, einen Tumor hatte, der in der Pubertät zu wachsen begann und epileptische Anfälle hervorrief. Während der 6-stündigen OP sass ich auf glühenden Kohlen, und die anschliessende Nacht auf der Intensiv war furchtbar.

Doch danach ist es ruhig geworden. B. hat eine kaufmännische Lehre gemacht und arbeitet heute bei einer grösseren Firma. Mit dem Beruf kann er sich weit weniger identifizieren als S. Sein Ding sind Sport und Reisen. Er hat die drei Winter vor Corona jeweils in südlichen Gefilden verbracht, mit seinem Velo ... aus Costa Rica, wo er Spanisch lernen wollte, musste er dann vor einem Jahr abrupt heimkehren wegen der Pandemie. Im Sommerhalbjahr hat er jeweils gejobbt, um sich das Geld für den Winter zu verdienen. So lebte er 2019, vor der Costa Rica Reise, bei mir, weil sein Arbeitsweg so um einiges kürzer war. Das war für mich eine unverhoffte, schöne Zeit noch einmal mit meinem Sohn zu leben. Dabei durfte ich auch erleben, wie er plötzlich mehr und mehr auch über seelische Themen und Gefühle reden konnte, früher hat ihm dafür die Sprache gefehlt. Das hat eine schöne Nähe auf einem neuen Level, auf Augenhöhe, geschaffen.

Wie wichtig beide Kinder für mich sind, habe ich ja bei S. schon geschrieben!

26.02.2021 14:03 • x 6 #4


Greta
Heute möchte ich über eine der bedeutsamsten Frauen in meinem Leben schreiben.
Ich nenne sie hier mal Helene, um mir die nervige Abkürzung des tatsächlichen Namens zu ersparen.
Helene ist Mitte sechzig und arbeitet als Schreibgruppenleiterin.

Es war im September 2011.
Kurz zuvor hatte ich meinen 50. Geburtstag und einen schweren Bandscheibenvorfall überstanden. Ich befand mich in einer Art Lebenskrise, suchte nach etwas Sinnvollem, nach etwas, das mich erfüllen, erfreuen und mich weiterbringen würde.

In dieser Situation fiel mir die Ausschreibung eines Bildungshauses in die Hände. Ein Kurs mit dem Thema Kreatives Schreiben. Die Kursbeschreibung sprach mich direkt an. Dennoch überlegte ich noch eine ganze Weile, ob ich es wagen sollte, mich anzumelden.
Schreiben? Das kannst du doch gar nicht! meldete sich mein innerer Kritiker. Das sind bestimmt alles geübte Schreiberlinge und du wirst dich unendlich blamieren!
Schließlich entschied ich mich, es zumindest zu versuchen, mit dem Gedanken, dass ich jederzeit abbrechen könnte, sollte der Kurs mir nicht gefallen.

Im Nachhinein kann ich sagen: es war eine der besten Entscheidungen meines Lebens.
Der Kurs bestand ausschließlich aus Frauen (überhaupt habe ich, auch später, nur äußerst selten mal einen Mann in Schreibseminaren erlebt). Helene, die Kursleiterin, begrüßte uns alle überaus warmherzig und unvoreingenommen.

Zu meiner unglaublichen Erleichterung ging es in diesem Kurs nicht um Leistung und Perfektion, sondern um die eigene Freude am Schreiben, am Spiel mit den Worten, am Fabulieren, am Ausprobieren ...
Helene gab uns die Anregungen, in Form eines Gegenstandes zum Beispiel, eines kleines Gedichtes, eines Bildes ... und dann schrieb jede von uns über das, was bei ihr aus diesem Impuls entstand.
Im Anschluss teilten wir unsere Texte, indem wir uns gegenseitig vorlasen, aber es gab keinen Vorlesezwang! Anschließend konnte man der Vorleserin wertfreie Rückmeldung geben, wenn sie es wünschte. Kritik, ganz gleich in welcher Form, war jedoch nicht erlaubt.
Ich fühlte mich gleich gut aufgehoben und angenommen.

Natürlich, wie das so ist beim Schreiben, kamen auch immer mal wieder sehr persönliche Themen hoch; sowohl bei mir, als auch bei den anderen Schreibfrauen. Diese Themen wurden stets achtsam und vertrauensvoll angenommen und Helene gelang es immer wieder, uns sanft und liebevoll aufzufangen.

Neben der Kursarbeit bot Helene u.a. auch Schreibreisen an.
Fünf Tage in einem schönen Seminarhaus, schreibend mit Gleichgesinnten den Alltag für eine Weile hinter sich lassen.
Meine erste Schreibreise mit Helene unternahm ich im Sommer 2012.
Sie war gleichzeitig wohl meine bedeutenste, denn durch den Abstand von daheim, das Fokussieren auf das Schreiben und mit Helenes liebevoller Unterstützung gelang es mir dort, einen der schlimmsten Knoten meines Lebens zu lösen.
Das, was in vielen Therapiestunden zuvor nicht gelungen war, geschah plötzlich und völlig unerwartet während einer Seminareinheit, in der wir zunächst das Bild unseres Lebenswegs malten und anschließend einen Text dazu schrieben.
Es war schmerzhaft, aber zugleich fühlte ich mich unglaublich erleichtert.
Später nahm sich Helene die Zeit, nochmal lange und ausführlich mit mir allein über diesen Knoten zu sprechen. Sie war so zugewandt und verständnisvoll, nahm mich an als die, die ich war und gab mir das Gefühl, gut und richtig zu sein in jedem Moment.

Nach dieser ersten Schreibreise habe ich noch viele Schreibseminare und -reisen mit Helene erleben dürfen. Dabei entstanden humorvolle und traurige Texte, ernste und verrückte; Texte, die ich heute noch liebe und Texte, die mein innerer Kritiker unglaublich dämlich findet
Helene war bei allem, was entstand, immer an meiner Seite, ermutigte mich, wenn mir das Schreiben schwer fiel, freute sich mit mir über gelungenes, versöhnte mich mit in meinen Augen misslungenem, tröstete und ließ mich stets Ich sein.

Dank Helene und ihrer Arbeit machte ich jede Menge positiver Erfahrungen, lernte viele wundervolle Frauen kennen, sah herrliche Orte und Landschaften und entdeckte meine Kreativität neu. Und durch all das gelang es mir, wieder ein stückweit Vertrauen zu entwicklen, in mich und in andere.

Leider hat uns Corona durch das Schreibjahr 2020 einen dicken Strick gemacht. Seminare und Schreibreisen durften nicht stattfinden.
Aber ich stehe nach wie vor in engem Kontakt zu Helene und den schreibenden Frauen, von denen so einige inzwischen echte Freundinnen geworden sind. Auch Helene.
Wir tauschen uns aus per Mail und per Telefon, schicken uns Texte, selbstverfasste und entdeckte, und teilen Buchtipps ebenso wie Alltagsfreuden und -sorgen.

Und wenn's mal wieder nicht so rund läuft in meinem Leben, dann schreibe ich.
Schreiben bewegt. Schreiben verbindet.
Danke Helene

27.02.2021 15:35 • x 6 #5


Stromboli
Das ist so schön zu lesen, liebe @Greta ! Danke fürs Teilen. Und die Früchte deines Muts, dich damals auf das Wagnis einzulassen, lesen sich in jedem deiner Beiträge!
Herzlich, Stromboli

27.02.2021 16:08 • x 2 #6


Juju
Ich habe Eure Geschichten gelesen. Ich bin ummantelt von Liebe und Glück. Wie schön.
Danke für dieses wundervolle Thema und noch mehr Danke für Eure Eloge an Eure liebsten Lebensbegleiter.
Herrlich 3

03.03.2021 17:35 • x 2 #7


Stromboli
Es gibt, ausser meinen beiden Kindern, viele Menschen, die mir im Laufe meines Lebens begegnet sind und mich für kurze oder längere Zeit in hilfreicher Weise begleitet haben.

Heute möchte ich mich an den jungen Assistenzarzt erinnern, der mich am Anfang meines langen Therapieweges lebensrettend aufgefangen hat, als ich von heftigsten Angstzuständen überflutet wurde und jeden festen Boden unter den Füssen verlor. Das war ein paar Monate nach meinem 20. Geburtstag. Ausgelöst wurde es ausgerechnet durch das, was ich mir eigentlich am sehnlichsten wünschte: eine Liebesbeziehung. Ich hatte mich verliebt in eine Frau, die das, gemessen an meinen damals noch ganz unbewussten inneren Mustern, unmöglich erwidern würde. Sie tat es dennoch. Das versetzte mich für kurze Zeit in einen seligen Zustand. Der jähe Absturz in bodenlose Ängste folgte auf dem Fuss. Ich hatte ihm nichts entgegenzusetzen, wusste nicht, was und wie mir geschah. Hätte damals an einem Freitagabend nicht ein Psychologe der Studentenberatung Zeit für mich gehabt, ich weiss nicht, wie es ausgegangen wäre. Er vermittelte mich umgehend in die psychiatrische Poliklinik, damit ich auch medikamentöse Hilfe bekommen würde. Mit der Empfehlung, falls mir dazu eine Therapie angeboten würde, das anzunehmen.

Dort nahm mich besagter Assistenzarzt unter seine Fittiche. Es war ein Tessiner, zwischen 30 und 40, der in Bern seine Sporen abverdiente. Ich erinnere mich genau an die erste Sitzung. Wir sassen uns in seinem schmalen Sprechzimmer gegenüber, ich versuchte meine Not in Worte zu kleiden, so gut es ging. Er hörte mir mit einer ruhigen Empathie zu, signalisierte Verstehen ... und damals extrem wichtig: Er versicherte mir in einer ruhigen Selbstverständlichkeit, mein Problem sei schon lösbar. Das schien mir vorher so gut wie unmöglich, so völlig ausserhalb von allem, was ich an anderen Menschen wahrnehmen und sehen konnte, fühlten sich meine Ängste an. Er vermittelte mir mit seiner ruhigen Stimme, dass ich mit meinen panischen Ängsten dennoch eine Chance hatte. Klar: Hätte ich in dem Moment gewusst, WIE lang und steinig der Weg war, der vor mir lag, ich hätte den Mut wohl gleich wieder verloren. Gut, dass man in solchen Momenten nicht in die Zukunft sehen kann. So ging ich aus diesem ersten Gespräch mit ein klein wenig Boden unter den Füssen nach Hause. Der ging mir zwar in den kommenden Jahren immer wieder vorübergehend verloren. Die enge Begleitung durch meinen Arzt, in den ersten Monaten zwei- bis manchmal dreimal wöchentlich, war meine Lebensversicherung. Er behandelte mich grundsätzlich psychoanalytisch, ich lag auf der Couch, er am Kopfende, vorwiegend zuhörend. Dennoch hielt er sich nicht streng an orthodox-analytische Prinzipien und sagte das auch. Im Rückblick weiss ich, dass genau das den Wert der Therapie ausmachte. Nicht die Methode ist entscheidend, sondern die stimmige therapeutische Beziehung.

Ca. nach 2 Jahren verliess er Bern und ging zurück ins Tessin. Er vermittelte mir für die weitere Therapie einen anderen Arzt, bei dem ich nahtlos meinen Weg weitergehen konnte.

Ich bin diesem Menschen bis heute sehr sehr dankbar.

04.03.2021 19:57 • x 3 #8


Stromboli
Das Thema mit den Menschen, dir für mich bedeutsam waren oder sind, ist ein bisschen eingeschlafen ...
Gerne würde ich ihm wieder etwas Leben einhauchen.

Dafür möchte ich heute etwas über meine mehrjährige Bezugsperson an meiner geschützten Arbeitsstelle schreiben. Sie hatte vor zwei Wochen ihren letzten Arbeitstag, nach 5 Jahren Tätigkeit hier. Als ich 2016 eintrat, war sie selber auch noch relativ neu und ich war der erste Mitarbeitende, den sie von seinem Eintritt an begleitet hat, zuvor hatte sie nur bisherige übernommen.
Obschon D. ca. halb so alt war wie ich, also meine Tochter hätte sein können, spürte ich von Beginn weg einen sehr guten Draht und viel Vertrauen zu ihr.
In den ersten 2-3 Jahren, so 2016-2018/19, war sie eine sehr wichtige Person in meinem sozialen Netz. Sie ergänzte das therapeutische Netz mit Psychiater, Hausarzt und Naturärztin sehr gut im Alltag. Ich hatte keine Mühe, in den Standortgesprächen mit ihr, die ca. einmal monatlich stattfanden, mich mit fast allem zu öffnen, was mich beschäftigte, und sie hatte eine sehr gute Mischung von ruhiger Einfühlung und praktischer Unterstützung, mit der sie damit umging. Besonders war es auch sie, die mich immer wieder ermutigte, mich im Zweifelsfall zu melden, mir Unterstützung zu holen bei ihr, wenn sie da war, oder auch bei einer der anderen Fachpersonen im Büro, meine diesbezügliche Hemmschwelle zu überwinden. Sie nahm oft wahr, wie sehr ich mich da gewohnheitsmässig zurücknahm, wenn mir das selber gar nicht bewusst wurde.
Als sie mir vor ein paar Wochen ihren Entschluss mitteilte zu kündigen, hat mich das nicht mehr erschüttert, denn u.a. dank ihr ist in den letzten 2-3 Jahren der Boden unter meinen Füssen deutlich fester geworden. Natürlich war ich gespannt, wer ihre Nachfolgerin für mich sein würde für die letzten knapp anderthalb Jahre, die mir noch bleiben im Büro bis zur Pensionierung. Der Wechsel erfolgte 1:1, d.h. ihre direkte Nachfolgerin wird auch meine neue Bezugsperson. Sie ist seit Anfang Mai da und ich habe wieder Grund zur Dankbarkeit, denn das stimmige Grundgefühl ist genau so da wie damals bei D. Sie hat mir für nächsten Montag nun unser erstes Kennenlerngespräch angekündigt und die bisherigen kurzen Kontakte stimmen mich sehr optimistisch. Das wäre nicht bei allen Fachpersonen so, die bei dem grossen personellen Wechsel neu gekommen sind, aber bei O. fühlt es sich sehr gut an. Für mich ist das weiterhin wichtig, nicht wegen der Arbeit, die mir leicht fällt und wo ich den Fachpersonen auch manches abnehme, wofür sie dankbar sind, sondern wegen der menschlichen Nestwärme, die dadurch entsteht für mich.
Das Abschlussgespräch mit D. verlief schön und gegenseitig warm, auch sie hat mir sehr schöne Rückmeldungen gemacht über unsere Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren.

Wer immer die unsichtbaren Fäden da gezogen und gelenkt hat, ich bin dankbar dafür.

25.05.2021 09:03 • x 3 #9


T
Ich habe erst heute diesen Thread entdeckt -warum erst jetzt, ich weiß es ehrlich gesagt nicht.
Ihr alle die hier geschrieben habt, eure Geschichten sind sehr herzlich.

Nun möchte auch ich ein wenig über den wichtigsten Menschen, in meinem Leben etwas schreiben.
Der wichtigste und wertvollste Mensch in meinem Leben ist mein heutiger Ehemann, mit dem ich bald seit
zweiundzwanzig Jahren verheiratet bin. Dieser Mann-mein Mann, dieser Mensch, er ist der wundervollste Mann den eine Frau sich an ihrer Seite nur wünschen kann. Dabei mochte ich sehr lange keine Männer mehr -ich hasste sie regelrecht. Warum ? Weil ich vor meiner heutigen Ehe mit einem Monster von Mann verheiratet war.
Ganze elf Jahre. Eine Ehe in der ich nur Gewalt erlebte (es geschahen die schlimmsten und widerwertigsten Dinge,die einer Frau nur passieren können).
Trigger

Vom Missbrauch in der Ehe bis drei Versuche seinerseits mich umzubringen


Niewieder wollte ich mich nach dieser schlimmen und grauenvollen Zeit auf ein männliches Wesen einlassen.

Doch dann lernte ich zwei Jahre nach meiner Scheidung meinen heutigen Mann kennen.
Er war ein guter Freund meiner Freundin. Sie hat mich mit ihm verkuppelt ,wie es so schön heißt.
Ich weiß noch heute wie verliebt ich in ihn gewesen bin, wieviele Schmetterlinge in meinem Bauch tanzten.Das hatte ich selbst bei meinem ersten Monster-Mann nicht erlebt ,als ich ihn kennen lernte. Doch bei diesem Mann, meinem heutigen Schatz, war alles ganz anders. Ich war so glücklich (bin es immer noch), das ich damals vor Freude, das er z.b. von der Arbeit heim kam, im Haus am tanzen und am singen war- ich sang wie sehr ich ihn liebe. Ich spürte das erste mal in meinem Leben,wirklich geliebt zu werden. Kennen gelernt hatten wir uns im März und bereits im Mai zog ich zu ihm. In sein eigenes Haus .Und schon im selben Jahr im Dezember heirateten wir. Es ging alles sehr schnell und viele warnten uns, das unsere Ehe kein Bestand haben könne.Zu kurz und zu wenig würden wir uns kennen. Eigentlich wollten wir erst im Jahr darauf Hochzeit feiern-im Frühjahr. Aber meine geliebte Mama war schwer Krebskrank und schon sehr von ihrer Krankheit gezeichnet. Sie mochte meinen jetzigen Mann sehr, sagte ihm immer wieder wie glücklich sie ist, zu wissen das ihre Tochter nun einen lieben Mann gefunden hat. Und auch mein Mann mochte meine Mama sehr. So haben wir beschlossen -als hätten wir es geahnt, das wir doch schon im Dezember heiraten und nicht erst im Frühjahr, damit meine Mama diesen Tag noch miterleben konnte.

Es war eine richtige Entscheidung, denn leider verstarb meine geliebte Mama nur vier Monate später im April.
Hätten wir also bis zum Frühjahr gewartet- meine Mama hätte unsere Hochzeit nicht mehr erlebt.

Irgendwann beschlossen wir Kinder zu bekommen, Kinder der Liebe. Doch es war uns nicht gegönnt Kinder zu haben.
Wir verloren vier Kinder. Aber mein Mann und ich haben uns immer gegenseitig gestützt , uns Halt gegeben.Auch wenn ich persönlich ganz schlimm litt und in einer starken Depression viel. Einige Jahre später bekam ich dann in der Nacht einen
leichten Schlaganfall .In der gesamten Zeit wo es mir nicht gut ging, war mein Mann immer an meiner Seite. Er unterstützte mich wo er nur konnte. Er war für mich da als ich zwei Jahre am Rollator lief und das laufen neu lernen musste,er war da und lachte nicht wenn ich stotterte , denn auch das sprechen klappte nicht mehr einwandfrei.Zwei lange Jahre die er mir all seine
Kraft, Unterstützung und Liebe schenkte.

Und wie es das Schicksal so will, wurde ich einige Monate später erneut neurologisch krank. Man vermutete bei mir zweimal an MS erkrankt zu sein, auch in dieser schlimmen Zeit war mein Mann immer stets für mich da. Nie hat er auch nur einmal an sich gedacht. Womit habe ich solch einen Menschen, solch einen tollen Mann an meiner Seite verdient ?
Bei Wind und Wetter, es war tiefer Winter, ist er bei vereisten und verschneiten Autobahnen die weiten Strecken gefahren nur um mich zu besuchen, mich zu stützen, mir beizustehen. Ich merkte ihm natürlich seine Verzweiflung und seine Traurigkeit an, doch er versuchte sie immer vor mir zu unterdrücken. Von meinen ältesten Bruder erfuhr ich dann, das er bei meinen Bruder vor Sorge um mich geweint hat. MS hat sich bei mir zum Glück nicht bestätigt. Aber da immer mehr neurologische
Störungen bei mir auftauchten, hatte man mir gesagt das ich erneut in die Klink müsse, denn es bestehe die Annahme das ich Parkinson hätte. Wieder stand eine Zeit vor uns, der Angst und des bangens. Auch hier hat mein Mann mich in der Zeit niemals im Stich gelassen. Zum Glück konnte auch Parkinson, trotzt typischer Symptome ausgeschlossen werden.

Ich glaube, meinen heutigen Mann, meine große Liebe, hat mir ein Engel geschickt.
Oder er ist selbst ein Engel, der mir an meiner Seite das Leben lebenswerter macht.

Auch heute noch, nach fast zweiundzwanzig Jahren Ehe, ist mein Mann immer für mich da.
Er liest mir fast jeden Wunsch von den Lippen ab, er erfüllt mir meine Träume und Wünsche so weit es ihm möglich ist.
Er unterstützt mich in allen, er ist fleißig und sehr hilfsbereit. Nur leider bin ich nicht immer so, wie ich ihm gegenüber sein sollte, dankbar und friedlich. Denn durch meine schlimme Vergangenheit , bin ich an manchen Tagen sehr verletzend ihm gegenüber. Und das tut mir unendlich und aufrichtig leid. Denn er ist doch der wertvollste und tollste Mensch in meinem
gesamten Leben. Ich liebe ihn über alles auf der Welt und ich danke ihm aus tiefsten Herzen dafür, was er schon alles für mich getan hat und das er mich nicht aufgegeben hat, mich im Stich gelassen hat.
Dankeschön mein geliebter Mann.

13.09.2021 19:28 • x 7 #10


Stromboli
Wow liebe @Tierliebe
Da bleibt mir der Mund offen stehen ... das Herz sowieso!
Danke, dass du das auch mit uns teilst. Deinem geliebten Mann zeigst du es ja in vielerlei Formen, das liest sich aus allen deinen Worten.
Das ist geradezu ein Märchen, und ich glaube, DU bist der richtige Mensch, der ein solches Märchen verdient hat.

13.09.2021 19:52 • x 2 #11


T
Zitat von Stromboli:
Wow liebe @Tierliebe Da bleibt mir der Mund offen stehen ... das Herz sowieso! Danke, dass du das auch mit uns teilst. Deinem geliebten Mann zeigst du es ja in vielerlei Formen, das liest sich aus allen deinen Worten. Das ist geradezu ein Märchen, und ich glaube, DU bist der richtige Mensch, der ein solches ...

Vielen vielen lieben Dank lieber @Stromboli für deine lieben und bewegenden Worte an mich.
Nun kullert bei mir doch tatsächlich ein Tränchen.

Dankeschön

13.09.2021 19:55 • x 2 #12


Krizzly
Was für ein schöner Text, liebe @Tierliebe . Einen so besonderen Menschen an seiner Seite zu haben, ist ein großes Glück und es freut mich von Herzen, dass du trotz der grausamen Erfahrung zuvor den Mut hattest, dich darauf einzulassen.

13.09.2021 20:05 • x 3 #13


T
Zitat von Krizzly:
Was für ein schöner Text, liebe @Tierliebe . Einen so besonderen Menschen an seiner Seite zu haben, ist ein großes Glück und es freut mich von Herzen, dass du trotz der grausamen Erfahrung zuvor den Mut hattest, dich darauf einzulassen.

Dankeschön liebe @Krizzly .
Da ich mich nach den Geschehnissen nie wieder auf einem Mann einlassen wollte, geschweige denn noch einmal zu
heiraten - kann es nur sein das es doch noch jemand gut gemeint hat mir . Denn als ich meinen heutigen Mann kennen
lernte ,war von Anfang an ein magisches Band zwischen uns. Ein Band aus Liebe - Geborgenheit und Schutz.
Kein Gefühl der Angst.

13.09.2021 20:14 • x 4 #14


A


Hallo Stromboli,

x 4#15


M
Menschen die mir wichtig sind,
das sind die Menschen die mich akzeptieren wie ich bin, mit meinen guten, aber auch mit meinen unschönen Seiten.
Menschen die mich nicht wegen meiner Depression abwerten,mich ausgrenzen. Menschen die sich nicht für mich schämen.
Menschen die immer ehrlich zu mir sind, auch wenn die Ehrlichkeit nicht immer schön ist und auch schon mal weh tun kann. Aber ich finde,das Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit zu einem anderen Menschen sehr wichtig sind, ansonsten würde ich ja belogen.
Mein Mann ist mir sehr wichtig, denn mit ihm teile ich mein Leben und er teilt sein Leben mit mir.

01.10.2021 19:58 • x 4 #15

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