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Partnerin eines psychisch Erkrankten

blondi86
Hallo, ich bin neu hier und brauche euren Rat. Ich bin mit meinem Freund seit 2 Jahren zusammen. Er wird 31 und ich bin 35. Wir waren bis vor einigen Monaten sehr glücklich, haben dieselben Interessen und uns ständig unsere Liebe bekundet. Für uns war klar, wir bleiben für immer zusammen. Vor ca. 4 bis 5 Monaten hat er sich dann sehr negativ verändert, alles was mit Liebe zu tun hatte, hat sich für mich nicht echt angefühlt und kam wir vor wie Zwang von seiner Seite. Ich wurde immer mehr frustrierter und fragte ihn ständig was los sei, er meinte, nichts ist los. Nun hab ich 3 Wochen Urlaub und wir waren am See, es war wieder seltsam zwischen uns. Ich fragte wieder nach und sagte, dass er mit mir über alles reden könne. Dann sagte er mir, dass er seit mehreren Monaten nichts mehr fühle außer Trauer und Angst. Er fühlt auch keine Liebe zu mir. Er weiß nur, dass sein Kopf ihm sagt, was in welche Situation angebracht ist (z. B. Mitleid und umarmen) aber er fühlt es nicht. Für mich brach eine Welt zusammen. Ich meinte dann, er brauche Hilfe. Das sah er auch ein. Er hatte dann einen Tag später ein Psychiatergespräch und da kam raus ,dass er schwer depressiv ist. Ich habe ihn dann am gleichen Tag in die Klinik gefahren. Jetzt ist er mittlerweile 4 Tage dort. Wir schreiben seitdem auch jeden Tag, aber alles ohne Liebe. Das tut weh. Er bekommt jetzt 2 Tabletten am Tag, eine gegen Depressionen und eine gegen Schizophrenie . Ich habe mich bereits zu den Krankheiten belesen und kann unsere Beziehung auch jetzt besser verstehen. Ich weiß trotzdem nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich versuche mich abzulenken und bin auch für ihn da. Aber ich fühle mich leer, hilflos und alleine, obwohl ich Freunde habe, die mich unterstützen. Manche Dinge, finde ich auch seltsam. Zum Beispiel hat er dich bei Facebook in einer Depressionsgruppe angemeldet, das verstehe ich, das man sich mit Gleichgesinnten austauschen möchte. Eines nachts, weil er nicht schlafen konnte , war er wieder draußen in seiner Werkstatt und kam erst um 6 Uhr morgens rein. ich hatte Panik, dass er sich was angetan hatte und konnte gar nicht schlafen. Er meinte dann, dass er mit einer andere Frau aus der Depressionsgruppe die ganze Nacht telefoniert hatte. Fand ich erst nicht so toll, hab dann aber eingesehen, dass man sich austauschen möchte mit anderen Erkrankten. Obwohl er dann gleich meinte, sie ist ja sowieso aus München (das ist von uns 800 Kilometer weit weg). Hat sich für mich so angefühlt, er hätte sich mit ihr getroffen, wenn sie dichter dran gewesen wäre. ich muss dazu sagen, dass er sehr empfänglich ist für das andere Geschlecht. Nächsten Tag ist er gleich in seine Werkstatt, da lag sein Handy um zu gucken, ob sie geschrieben hatte, alles nicht normal meiner Meinung nach. Gestern hat er dann sein Profilbild bei Facebook geändert, nur ein Bild mit sich drauf und hat auch rausgenommen mit wem er zusammen ist. Er meinte, er müsse sich jetzt auf sich konzentrieren und nicht auf uns. Wenn ich mich auf mich konzentrieren will, komme ich doch nicht darauf ,sowas abzuändern. Ich denke , das macht er, damit in seiner Depressionsgruppe keine sieht, dass er vergeben ist. Auch seinen Messenger darf ich nicht mehr sehen. Deswegen meine Fragen:

Gehört das zum Krankheitsbild dazu oder bin ich als seine Freundin nur noch da, um seine Angelegenheiten zu drehen und ansonsten zu nichts mehr?

Wie gehe ich mit der Situation um? Ohne Liebe kann man nicht zusammen sein. Ich möchte mich nicht trennen und auch jetzt in der schweren Zeit bei ihm bleiben, aber ich möchte auch nicht verarscht werden, wenn er längst Ausschau nach anderen hält. Oder braucht man das und da steckt nichts dahinter, sondern nur der Austausch mit Gleichgesinnten ? Kann man überhaupt mit jemand psychisch Kranken eine längere Beziehung führen? Ich selbst habe keine Kinder, wir wollten aber mal eins haben und auch heiraten. Er selbst hat 2 Kinder von 2 Frauen.

Ich weiß nicht weiter, was soll ich machen? Ich kann seit dem er in der Klinik ist nicht mehr schlafen.

Wie soll ich mich ihm gegenüber verhalten? Normal oder kann man auch mal Dinge ansprechen, die mich belasten?

Er meinte, er möchte nächstes Wochenende zum Geburtstag von meinem Vater kommen, ich solle ihn dann abholen, wenn sie es da erlauben. Er würde dann mit seinem Auto wieder hinfahren. Ich halte davon nichts, da er zwischendurch immer mal wieder anfängt zu weinen. Ich vermute aber, dass es nur darum geht, dass er vor Ort mobil sein kann und seine Freiheiten dort auskosten kann. Was meint ihr ? Da ich nun über Monate belogen wurde, weiß ich nicht mehr, was wahr ist und was nicht.

Für Ratschläge und Tipps wäre ich sehr dankbar.

04.07.2021 07:33 • x 2 #1


Stromboli
Liebe blondi

Erstmal willkommen hier und danke fürs Teilen deiner Geschichte. Sie liest sich leidvoll. Jedoch bist du sicher nicht alleine mit derartigen Problemen, es ist eine Konstellation, die so ähnlich schon öfter beschrieben wurde hier im Forum.

Mit Ratschlägen bin ich sehr vorsichtig, aber das eine oder andere aus meiner Erfahrung möchte ich dir gerne dazu schreiben. Was du von deinem Freund schreibst, erinnert mich teilweise an mich selbst in jüngeren Jahren. Ich war damals nicht in der Lage, eine Beziehung auf längere Dauer zu leben, die Gefühle sind jeweils auf ähnliche Weise eingefroren wie du es von ihm schilderst. Ich musste buchstäblich Jahrzehnte beharrlich therapeutisch dranbleiben, um erleben zu dürfen, dass sich das ändern konnte. Heute lebe ich in einer Beziehung, in der dieses Einfrieren nicht mehr auftaucht.

Du darfst es keinesfalls so interpretieren, dass es mit dir zu tun hätte. Auch wenn das ein wenig spekulativ ist, ich gehe davon aus, dass dein Freund, wie viele Depressive und andere psychisch Kranke, schon früh keine verlässlich gute Bindungserfahrung machen konnte. Aus deinen Zeilen kommt mir entgegen, dass er es heute als Pflicht und ein Muss erlebt, dir seine Liebe zu zeigen. So wie es in seinem Leben vermutlich real einmal gewesen ist und sich in sein Unterbewusstsein eingeprägt hat. Genau das ist mir selber sehr vertraut, dass die Worte ich liebe dich, ich mag dich im Hals steckenbleiben und Stress verursachen, weil sie nun mit der Erinnerung an eine vielleicht vereinnahmende und selber bedürftige Mutter gekoppelt werden. Auf einem solchen Nährboden ersticken die echten Liebesgefühle unvermeidlich früher oder später und an ihre Stelle tritt die alte, verdrängte Angst und Depression. Stelle es dir bildlich vor wie ein Feuer, das unter einem grossen Haufen feuchter Asche erstickt.

Auch das Ausweichen in diese Facebookgruppe, die momentane Faszination einer anderen Frau, mit der diese innere Not scheinbar nicht auftaucht, ist typisch. Ich vermute, dein Misstrauen ist durchaus begründet, aber es wird ihm in einer anderen Beziehung nur vorübergehend besser gehen, dann werden ihn die alten Muster auch dort einholen. In meinem Fall hatte die immer wiederkehrende Beziehungsangst praktisch nie etwas mit den damaligen Partnerinnen zu tun. Es waren meistens sehr sensible und verständnisvolle Frauen, so wie es mir auch aus deinen Zeilen entgegenkommt.

Bitter für dich ist, dass du ihm da nicht viel abnehmen kannst. Solange das für dich stimmt, kannst du ihm deine Zuneigung signalisieren und einfach da sein für ihn, dann, wenn er es annehmen kann. Vielleicht besser zurückhaltend als zu offenherzig, weil Letzteres eben Druck und Schuldgefühle verstärken könnte. Sieh aber zu, dass du dich nicht aufopferst und selber aufgibst. Das Helfersyndrom ist eine grosse Falle und hilft nie wirklich weiter.

Und du musst vermutlich schon der Tatsache ins Auge schauen, dass er einen langen Prozess vor sich hat, damit sich diese Muster ändern können. Ein steiniger Weg, den du mitzugehen bereit sein müsstest.

Soviel fällt mir aus meiner Erfahrung dazu ein.
Ich wünsche dir und euch beiden alles Gute!

Herzlich, Stromboli

04.07.2021 11:52 • x 4 #2


A


Hallo blondi86,

Partnerin eines psychisch Erkrankten

x 3#3


buddl1
ich kann nur hinzufügen,
entweder alles geben und darauf vertrauen, dass seine Liebe zu dir zur alten Kraft erlangt
oder aber
und dass wäre meine Handlungsweise,
er muss sich selbst finden und ich würde ihm keine
Mobilität für seine Selbstversuche bereit stellen.
du kannst ihn abholen, ihn wieder hinfahren, mehr nicht.
du weißt nicht, wenn er in ein Loch fällt, er sich oder anderen mit eigner Fahrweise antun kann.
er ist krank, deswegen in einer Klinik, brauch Hilfe, keine Abenteuer in jeglicher Hinsicht.
es wäre immer ein Schatten wenn du sein Spielball wirst....buddl1,

04.07.2021 13:11 • x 1 #3


blondi86
Danke ihr Lieben für eure Texte und die Zeit, die ihr euch dafür genommen habt.

Ich möchte ihn nicht im Stich lassen, wir reden sehr viel, auch über Wünsche , die ich noch habe. Ich bin 35 und habe noch kein Kind, das müsste man dann auch mal ins Auge fassen. Ich meine, ich begleite ihn und werde sehen, wie es sich entwickelt und ich hoffe, er bekommt es in den Griff und kann damit dann leben bzw. Wir dann. Es ist defintiv nicht einfach . Heute habe ich ihn das erste Mal besucht. Wir drücken uns zum hallo sagen und zum Abschied auch und küssen uns, also einen normalen Kuss. Ich dränge ihn auch nicht, obwohl ich ihn abschmusen möchte . Aber ich warte dann bis er kommt oder ob es ok ist, wenn ich ihn anfasse. Wo wir uns heute verabschiedet haben, da hat er mich auch lange gedrückt und ich hatte den Eindruck, dass er fast geheult hätte. Er war sehr aufgeregt beim Drücken . Also ich fühle einfach, dass er mich immer noch liebt und es nur wieder finden muss. Ich hoffe , die Therapien helfen.

04.07.2021 21:18 • x 2 #4


Kate
Sowas finde ich immer traurig. Gerade die Sache mit dem Drücken.
Es kommt bestimmt wieder in Ordnung.
LG Kate

04.07.2021 21:57 • x 2 #5

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