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Pflegebedürftige Mutter

S
Ich möchte gern mal eure Erfahrungen zu diesem Thema hören.

Bei meiner Mutter wurde im März 2018 Pflegegrad 1 festgestellt.
Sie hat eine schwere Form von Arthrose, Osteoporose und Spinalkanalstenose. Ist aber noch einigermaßen mobil mit Gehhilfen, bzw. in Zukunft auch Rollator. Sie wird nächstes Jahr 80 Jahre alt.
Sie hat durch die Osteoporose alle 1-2 Jahre Knochenbrüche und musste schon an der Wirbelsäule operiert werden.
Das Problem ist, dass sie sehr starke Schmerzen hat auch trotz Opium/Morhium usw. Dann hat sie auch mit Übelkeit zu kämpfen aufgrund der vielen Medikamente.
Ich betreue meine Mutter und habe alle Vollmachten für sie. Das haben wir auch so vereinbart. Meine 2 Geschwister wohnen im Ausland und können sich nicht kümmern.
Da ich die Verantwortung trage und natürlich meine Mama lieb habe, fällt mir es schwer, meine Mutter so leiden zu sehen. Es gibt auch Zeiten, wo meine Mutter relativ schmerzfrei war. Da habe ich viel mit ihr unternommen und die Zeit genutzt.
Wie geht ihr mit körperlich chronisch kranken Angehörigen um?
Kennt ihr solche Situationen?

29.09.2019 13:39 • #1


mutmacher
Ja, kenne ich.
2011 habe ich meinen Vater begleitet, als er starb. Meine Mutter lebte daraufhin mit 86 Jahren alleine in meinem Elternhaus, mobil mit dem Rollator.
Auch sie hat eine äußerst schmerzhafte Arthrose. Ich wohne als einziges Kind (bin jetzt 72) ca. 150 km von ihr entfernt und fuhr zunächst jeden Monat für 2 Tage zu ihr, holte ihre Rente von der Bank und machte einen Großeinkauf. Sie hatte damals eine Putzfrau (die aber auch die Wäsche machte und bügelte 2x/ Woche) und einen Helfer für den Garten 2x/Woche.
2014 rief sie mich an und bat mich, so schnell als möglich zu kommen, es ginge ihr sehr schlecht. Ich fuhr sofort zu ihr und pflegte sie 3 Jahre zusammen mit meinem Mann und wir wohnten in dieser Zeit auch bei ihr. Ich muss leider sagen, dass das Verhältnis zu meiner Mutter nie das beste war, aber ich sah es als dringende Aufgabe, hier alles in die Hand zu nehmen, denn es war ja sonst niemand da.
Wir beantragten (und bekamen) Pflegestufe 2, später 3 für sie und vertieften uns etwas in unsere Rechte und Pflichten als pflegende Angehörige. Ihr Hausarzt kam nun jede 2.Woche zu ihr und wir beantragten ein Pflegebett u. entspr. Pflegeprodukte. Auch stand ihr von der Sozialstation am Ort eine Putzfrau für 4 Std./Monat zu. Ihre alte Putzfrau mussten wir, um Kosten einzusparen leider entlassen, wie auch den Gärtner. Wir versuchten, irgendwie Struktur in ihren Alltag zu bekommen, schoben sie morgens im Toilettenstuhl ins Bad, nachdem wir alle Türschwellen entfernt und kleine Rampen hatten anbringen lassen. Am Waschbecken konnte sie sich gerade noch sitzend fertig machen und wurde dann wieder ins Bett geschoben. Ich half ihr beim Anziehen und zusammen mit meinem Mann besorgten wir dann Einkäufe, Mittagessen kochen, Haus und Garten sauber halten sowie schriftl. Sachen. Nach 3 Jahren war ich körperlich und psychisch am Ende. Es kam immer wieder zu kleinen Auseinandersetzungen, auch gerade was ihre Finanzen betraf. Sie hatte kein Ahnung über Rücklagen bzw Aktien, die mein Vater noch angelegt hatte, noch konkrete Vorstellungen, was eigtl. auf ihrem Konto vor sich ging. Sie hatte zu Lebzeiten meines Vaters nicht schlecht gelebt und hatte die Vorstellung, nach wie vor so weiter leben zu können. Irgendwann ging es einfach nicht mehr. Hilfe von der Sozialstation lehnte sie weitestgehend ab u. vor allem mir gegenüber wurde sie zunehmend unverschämter und dreister. Irgendwann besprachen wir, wie es weitergehen sollte und sie akzeptierte tatsächlich eine Kurzzeitpflege (zunächst 6 Wochen) im Altenheim u. anschließend eine Verhinderungspflege (Urlaub für pflegende Angehörige) und sie gab sogar ihr Einverständnis zum Verkauf des Elternhauses (Mutti, du kannst noch gut 10 Jahre leben, aber so lange reichen deine Ersparnisse nicht- womit also sollen wir dein Pflegeheim zahlen ? Wir müssen das Haus verkaufen.) Das leuchtete ihr ein u. seitdem lebt sie im Altersheim
und ich fahre jeden Monat für ein WE zu ihr.
Gegen ihre Arthroseschmerzen bekam sie lange Zeit Novaminsulfon und momentan bekommt sie Fentanylpflaster (bisher 12 mg), das aber jetzt verdoppelt werden soll. Auch mit 12er Fentanylpflaster jammert sie sehr, muss jetzt auch gefüttert werden. Ich könnte das kräftemäßig nicht mehr stemmen. Das Elternhaus haben wir ausgeräumt und verkauft und ein Fertighaus (siehe mein Avatar) gekauft, das bauen wir mit Schwi.-Sohn und Tochter gerade aus und wollen da zusammen wohnen.
Auf jeden Fall kannst Du als pflegende Angehörige einiges bei der zuständigen Krankenkasse erfahren, was Deiner Mutter und Dir zusteht, seien es Alltagshilfen, Pflegemittel wie auch Pflegekräfte von Sozialstationen wie auch finanzielle Beihilfen.
Ich wünsche Dir viel Kraft und Freude bei der Pflege u. solltest Du noch Fragen haben- nur zu, vlt. kann ich helfen.

29.09.2019 16:46 • x 1 #2


A


Hallo Sunshine45,

Pflegebedürftige Mutter

x 3#3


S
Hallo Mutmacher,
Danke dir für deine Informationen und deinen Bericht. Erstmal ziehe ich meinen Hut vor dir, was du da geleistet hast! Du hast meinen vollen Respekt.
Ich hoffe, dass du deine psychische Erkrankung in den Griff bekommen hast und es dir besser geht?
Bei mir ist der Unterschied, dass ich meine Mutter nicht pflege, sie hat Unterstützung von einem Pflegedienst. Das ist auch so vereinbart.
Ich erledige die Bürokratie, gehe für sie einkaufen und besuche sie im Krankenhaus, wasche mal Klamotten für sie usw.
Obwohl ich sie nicht pflege, belastet mich es trotzdem, wenn sie Schmerzen hat.
Meine Mutter ist ein herzlicher, lieber Mensch. In unserer Beziehung ist alles ok.
Nur manchmal erdrückt mich das alles. Dann sage ich mir, sie war auch für mich als Kind da und ziehe das jetzt durch und stehe zu ihr.
Ich habe noch Mann und einen Teenager zu Hause, da gibt es natürlich auch einen Alltag.
Ich muss eben auf mich aufpassen, dass mich das nicht zu sehr runterzieht, da ich auch schnell zu Depressionen leide.
Meine Mutter hat eine ebenerdige Wohnung. Da haben wir vorgesorgt. Sie wohnt zur Miete.
Meine Eltern haben sich nach 50 Jahren scheiden lassen.
Letztendlich war es für beide besser. Meine Mutter ist alleine geblieben.
Mein Papa hat eine neue Lebensgefährtin. Er ist zum Glück gesundheitlich relativ fit.
Nun ja, mein Mann und meine Schwiegereltern haben mir auch Hilfe angeboten, wenn mal etwas sein sollte.
Die Rückendeckung habe ich.
Mich machen nur die Missstände in Krankenhäusern, bei Ärzten usw. traurig. Unser Gesundheitssystem hat bald keine Lobby mehr für alte Menschen. Das habe ich leider mit meiner Mutter schon erleben müssen.

29.09.2019 17:19 • x 1 #3


mutmacher
hallo, Sunshine
Finde ich toll, dass Du Dich so für Deine Mutter einsetzt.
Meine Mutter wird im November 94 Jahre alt und ich habe fast ein schlechtes Gewissen, dass ich sie im Sept. nicht besucht habe. Es sind immer 300 km (hin und zurück) Autobahn (und das hasse ich wie die Pest), bin alleine vom Fahren geschafft. Der Aufenthalt im Altenheim ist dann auch nicht so berauschend, weil meine Mutter schon echt schwierig ist. Sie redet schlecht über das Personal dort, obwohl man sich da echt Mühe gibt, meint sogar, man würde sie beklauen usw. Ich bin immer froh, wenn dieser Pflichtbesuch geschafft ist und fahre dann zum Übernachten zu einem alten Onkel, der noch hinten in unserem Eltern(Doppel)- Haus alleine wohnt. Er ist genau das Kontrastprogramm zu meiner Mutter. Er freut sich jedesmal, wenn ich komme, erzählt ohne Punkt und Komma und freut sich, wenn ich etwas für uns koche. Er ist 89 und geht mit dem Rollator durch die Wohnung, aber seine Zufriedenheit mit allem ist einfach schön. 1x/Woche kommt jemand von der Sozialstation und setzt ihn in die Badewanne. Dann kommt 1x die Woche eine Putzfrau, die ihm aber auch die Wäsche macht. Mittwochs kommt dann seine Tochter, die einkauft oder ihn mal zum Arzt fährt oder andere Besorgungen macht. Außer am WE bekommt er Essen auf Rädern. Im oberen Stock hat er noch eine kleine Wohnung, die ich bei meinen Besuchen nutzen kann u. brauche so kein Hotel bezahlen.-
Heute war ich gerade auf der Bank und habe meine, wie auch die Auszüge meiner Mutter geholt. Ich muss das immer im Auge behalten, denn ihre Altersheimkosten betragen 1860.- Euro monatl. (dazu kommt monatl. eine Apothekerrechnung von ca. 20.- Euro, aber sie hat ca. 14oo.- Euro Rente. Seit Aug.2017 ist meine Mutter im Heim u. ihre Ersparnisse schmelzen. Die Einnahmen für das verkaufte Elternhaus fließen momentan ganz ordentlich in unser neues Haus. Hier habe ich mit meinem Mann eine 70 qm Wohnung mit Keller und Terrasse ebenerdig. Meine Tochter mit Familie hat den größeren Teil des Hauses mit eigenem Eingang. Ich vermute mal, dass wir Anfang nächsten Jahres einziehen können u. ich dann die einsparende jetzige Miete für meine Mutter nutzen kann. Das käme dann gerade noch gut hin. Ich bin ja auch schon 72 und es wird nicht mehr lange dauern u. ich werde dankbar sein, dass meine Tochter praktisch unter meinem Dach, (aber doch eigenständig) dann nach mir schauen kann. Ich wiederum betreue gern ihre (6, 14, 17 Jahre alten) Kids wenn es nötig ist. Der Schw.-Sohn macht momentan die ganzen Innenarbeiten mehr oder weniger alleine.
Ja, jetzt hab ich aber viel geschrieben, sorry.
Die ganze Thematik mit der Pflege im Alter wird immer brisanter, wo immer man hinschaut. Den Spagat, den gerade die mittlere Generation machen muss, ist manchmal schwierig. Ich selbst war ein Leben lang im Krankenhaus als MFA tätig, bin aber dankbar, dass ich (noch) keinen Arzt brauche. Die Missstände, die Du angesprochen hast, kann ich nur bestätigen.
So für heute mal genug.
Ich wünsche Dir für Deine täglichen Aufgaben viel Kraft und grüße Dich ganz herzlich.

01.10.2019 12:06 • x 1 #4


S
*Den Spagat, den gerade die mittlere Generation machen muss, ist manchmal schwierig*
Ohja, genau Mutmacher

Es ist so kompliziert und ich hätte nie im Leben gedacht, dass es so eine Herausforderung ist.
Du hast es in deinem Leben ja auch nicht so einfach. Ich finde es sehr vorbildlich, dass du dich innerhalb der Familie so engagierst! Deine Enkelkinder hast du auch noch, Wahnsinn.
Du kannst stolz auf dich sein!
Das mit dem schlechten Gewissen kenne ich leider auch.
Das kommt mehr seitens meines Sohnes raus, dass ich keine gute Mutter bin usw.
Dann besinne ich mich wieder und sage mir, dass es Quatsch ist. Wir geben alle unser Bestes und mehr geht nicht.
Gerade Menschen wie ich und du, die zum Perfektionismus neigen, gehen so hart mit sich ins Gericht. Absoluter *beep* oder?
Bei unserem Sohn läuft es gerade, da mache ich mir mal ausnahmsweise keine Sorgen
Heute habe ich mit dem Sozialdienst im Krankenhaus gesprochen. Wir wurden vorgewarnt, dass meine Mutter eventuell vor ihrer OP nochmal nach Hause muss.
Transport geht dann mit Krankenwagen hin und zurück.
Wusste ich auch nicht, dass sowas geht. Jetzt versuchen die den Pflegedienst zu organisieren. Wenn das nicht klappt, muss sie doch bis zur OP bleiben.
Es ist echt verrückt, bei unserem Gesundheitssystem und Reformen lohnt sich der stationäre Aufenthalt für die Krankenhäuser nicht mehr und werden nicht mehr anerkannt von den Kassen.
Dafür haben wir heute mit dem Sozialdienst einen Eilantrag auf Pflegegrad 2 gestellt.
Der Sozialdienst im Krankenhaus ist sehr hilfsbereit.
Notfalls kann ich meine Mutter die nächsten Tage versorgen.
Ich habe noch Urlaub.
Aber irgendwie macht mich das traurig, dass kranke, Schwache und alte Menschen so abgeschoben werden.
Überall muss man sich durchboxen. Ich bin froh, dass ich und meine kleine Familie gesund sind.
Lieber Mutmacher, dir wünsche ich auch viel Kraft und Mut bei deinen Vorhaben.
Ich habe von deinen Berichten profitiert, Danke

01.10.2019 16:49 • #5

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