Eigentlich hat das weniger was mit Sturheit zu tun, sondern eher mit dem freien Willen der beteiligten Personen. So wie es ja aussieht, Nicole, hast Du ja noch garkeine Therapie am laufen. Da stellt sich die Frage ob dein Mann involviert werden sollte ohnehin erstmal nicht.
Ich kenne Eure Verhältnisse und Euren generellen Umgang miteinander nicht, aber es gibt auch hinsichtlich der allgemeinen sozialen Situation, Beratungsstellen, die aufgesucht werden können. Besonders in Hinsicht dessen, das Ihr ja ein Kind habt, dass in einem Alter ist, wo es ja einiges mitbekommen kann. Und wenn ein Familienmitglied erkrankt ist, ist es für die anderen immer eine Belastung und eher eine Frage der Resilienz, wie gut ein anderer mit dieser Tatsache umgehen kann. Streit ist natürlich kontraproduktiv. Da wäre es halt gut, wenn alle Beteiligten klar unterscheiden könnten, was ist die Erkrankung und was ist der Mensch, der erkrankt ist.
Je nach sozialer und emotionaler Kompetenz des einen oder anderen, wird eine Gemeinschaft mehr oder weniger gut mit bestimmten Situationen umgehen können.
Dem Partner kann ein Verständnis für eine Erkrankung nicht eingetrichtert werden, wenn er nicht willens ist, sich damit zu befassen. Ob er sich damit befassen will, kann an vielen Faktoren liegen und der wichtigste ist, eine Zuneigung zum erkranken. Selbst wenn sich der Partner über die Erkrankung informiert, muss dieser trotzdem nicht in der Lage sein, die Erkrankung zu verstehen. Oder er versteht sie und ist trotzdem überfordert.
Überforderung will aber niemand haben, das ist Fakt. Zuzugeben, dass eine Überforderung gegeben ist, kratzt natürlich am Ego und dass will ja auch im Grunde niemand. Letztlich gibt es da meistens nur zwei Möglichkeiten. Akzeptanz oder Vermeidung. Akzeptanz heißt aber nicht, dass der Akzeptierende auch in der Lage ist, eine Hilfe sein zu können. Wer keine Depression hat, oder hatte, weiß halt nicht, was die mit Menschen macht. Selbst dann nicht, wenn er theoretisch die Mechanismen kennt. Dazu wären meiner Meinung nach eben bestimmte psychosoziale Kenntnisse nötig, die, so sie nicht erlernt wurden, nur die wenigsten Menschen von Hause aus haben.
In der Welt sind „gute Laune Menschen“ natürlich lieber gesehen als „Miesepeter“, denn bestenfalls interessiert es einen, weshalb jemand gute Laune hat, weil man ja vielleicht selbst dadurch gute Laune bekommen oder erhalten könnte. Geht es einem schlecht, will das doch eigentlich keiner wissen, denn sowas zieht einen unter Umständen selbst runter. Also wird in der Regel jahrelang propagiert, dass es einem gut geht, selbst wenn es nicht den Tatsachen entspricht und daran gewöhnt sich die Umgebung. Kann man dann plötzlich nichts mehr maskieren, ist die Umgebung plötzlich entsetzt oder erschüttert und muss sich erstmal umgewöhnen. Das ist halt nicht einfach. Einfacher ist es aber immer, Vorhaltungen oder gar Vorwürfe zu machen, denn damit schafft man erstmal Distanz. Distanz die idealerweise aber Zeit gibt, sich der Situation bewusst zu werden und einen guten oder richtigen Umgang zu finden. Vorausgesetzt man ist dazu in der Lage und das ist nunmal individuell zu Betrachten.
Ich hoffe für Euch, ihr kommt mit der Erkrankung klar und könnt gemeinsam an einer Genesung arbeiten.
VG Dys
15.12.2022 17:42 •
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