Sarah
- 582
- 15
- 5
Am Anfang ging es für mich vor allem darum, mein eigenes Spiegelbild beim Training zu ertragen und die körperliche Nähe des Tanzpartners zuzulassen. Nicht anderes hätte mich in der Zeit dazu bewogen, mich bis zu 6 Stunden pro Woche vor einen Spiegel zu stellen. Aber das Tanzen hat so viel Spaß gemacht, ich wollte gerne besser werden. Also habe ich diese Kröte geschluckt Und dem Tanzpartner soweit zu vertrauen, dass man sich als Frau bedingungslos führe lässt. Zumindest wenn der Mann führen kann...
Eins meiner großen Themen ist auch mein Selbstbild als weibliches Wesen. Ich habe mich selber nie als sonderlich weiblich oder gar attraktiv oder begehrenswert empfunden. Im kubanischen Tanz gehört aber gerade dieses Element ganz entscheidend dazu. Die Bewegung der Hüften, des Oberkörpers, das Spielen mit dem Partner. Die ersten Monate ging das gar nicht. Doch irgendwann kam die Bewegung der Hüfte, kam Bewegung in den Oberkörper. Ich konnte ein ganz anderes Körpergefühl entdecken. Eine tolle Lehrerin hat mal beim Ladystyling zu mir gesagt Man macht das nicht für seinen Tanzpartner. Man macht das, weil man sich sicher ist, großartig auszusehen und das will man allen zeigen. Wenn das den eigenen Tanzpartner freut ist das nur ein netter Nebeneffekt. Recht hat sie!
Irgendwann war ich soweit, über den Tellerrand der Salsa hinaus zu blicken. Ich lernte Son, Afro und Bachata kennen. Und über das Gefühl beim Tanzen lernte ich mich selber besser kennen. Ich weiß inzwischen für mich, dass der Bachata nichts für mich ist. Er wirkt aufgesetzt, eine für meinen Geschmack zu plumpe ero. zwischen den Tanzpartnern. Der für mich sinnlichste Tanz ist der Son Cubano. Ein alter kubanischer Tanz. Nicht mit dem offensichtlichen Werben des Bachata. Die Bewegungen sind weicher, feiner, fließender. Die Verbindung zwischen den Partnern ist weicher und fließender, es geht mehr um ein für den Außenstehenden unsichtbares Zusammenspiel. Dieses weiche, elegante bin einfach viel mehr ich. Und nicht nur im Tanz.
Das genaue Gegenteil ist Afro und Rumba Guaguanco. Kubanische Tänze mit tiefschwarzen afrikanischen Wurzeln (sucht mal nach Videos zum Thema Palo von einem Tänzer namens Yoyo). Ich fand beides schon immer toll, und habe mich mit beidem enorm schwer getan - und tue es teils heute noch. Denn Afro funktioniert nur, wenn man den Körper locker lässt und sich der Bewegung und der Musik hingibt. Ich muss lernen, nicht so verkrampft und kontrolliert zu sein und endlich mal den Kopf auszuschalten. Und das geht mir nicht nur beim Tanzen so. Doch durch das Tanzen habe schon ein Paar Mal das Gefühl erleben dürfen, wie gut und frei es sich anfühlt, sich einfach fallen zu lassen. Ohne Anspannung, ohne Zweifel, ohne Nachdenken - sondern einfach voll und ganz in dem Moment sein. Und weil es sich beim Tanzen schon so großartig anfühlt möchte ich das auch außerhalb des Tanzes in meinem Leben haben. Vielleicht kann ich es irgendwann übertragen. Und auf jeden Fall motiviert es mich, weiter an meiner Veränderung zu arbeiten.
Und dann sind es noch so viele kleine Dinge, die ich lernen durfte. Freundschaften sind entstanden und ich konnte meine Angst vor neuen Kontakten ein wenig ablegen. Ich musste lernen, dass ich nicht gegen mich und meinen Körper arbeiten kann und nichts erzwingen kann - nur wenn ich mit mir arbeite komme ich zum Erfolg. Und immer wieder der Satz von verschiedenen Lehrerinnen in Styling-Kursen: Es gibt kein falsch, sondern nur anders. Mach die Bewegung so, wie sie sich für deinen Körper richtig anfühlt.
Inzwischen kann ich mit Sicherheit sagen, dass das Tanzen für mic Körpertherapie pur ist!