rickelein
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wir sind in äußerst große Sorge meinen Bruder betreffend und ich schreibe, weil er heute aus der Geschlossenen für uns völlig unerwartet entlassen worden ist.
Vor zwei Wochen kam er abends zu meiner kleinen Geburtstagsrunde (engste Familie war anwesend) als Frau verkleidet, knapp 10km nur auf Socken gelaufen und mit der Bitte ihn Jesus zu nennen, denn mein Bruder sei gestorben. Er schenkte mir Tarot-Karten und einen USB-Stick voll mit spirituellen Bildern und lauter Symbolen. Ihr müsst wissen, er macht eigtl. das pure Gegenteil aus: absolut rational, hochintelligent, nur über Naturwissenschaften argumentieren, Religionen mit Sekten gleichstellen und gleichermaßen runtermachen. Ihm wurde in seiner Jugend Asperger diagnostiziert, wobei ich heute diese Diagnose infrage stelle, da Schizophrenie ebenfalls für seine frühen Symptome infrage kommt (früher wurde Asperger als die Kindheitserkrankung von Schizophrenie bezeichnet, bevor man es differenziert hat). Jedenfalls wurde er von Notarzt und Polizei abgeholt, weil er nicht freiwillig gehen wollte. Er hat sich nicht handgreiflich gewährt, wollte aber nicht gehen, weil er zur Arbeit gehen müsste und seinen Verpflichtungen nachkommen möchte. Er meinte noch, dass ich ihn auf Quora, einer Internetplattform, suchen solle, wo ich ihn auch fand. Was mir da in seinen Beiträgen bot, zeigte, dass er wirklich eine sehr tiefsitzende Persönlichkeitsstörung entwickelt hatte. Bevor er die Wohnung verließ, meinte er noch, dass er seine Wohnung mit einer Glasflasche aufgehalten habe, damit wir mal sähen, wie dreckig es bei ihm sei. Die Wohnung war schlimmer als alles, was ich je auf RTL Co gesehen habe. Es war unbegreiflich, dass er es nach außen so gut verbergen konnte, da er immer gut gekleidet und nie gerochen hat. Wir hatten bis heute keinen direkten Kontakt zu ihm, da er ihn stets abgelehnt hatte und bis vor kurzem noch de facto Jesus war.
Heute also rief er meinen Vater an und meinte, er wolle die Schlüssel zu seiner Wohnung haben, er käme jetzt raus. Die Ärztin meinte, die Akutphase wäre vorbei und er würde jede weitere Behandlung ablehnen. Zu allem Überfluss sind meine Eltern extrem schwierig im Umgang mit seinem Messie-Verhalten. So habe ich erst zuletzt durch meine Mutter erfahren, dass sie seit Jahrzehnten schon (er wird 35) ihm hinterherputzt und er sie vor 2 1/2 Jahren bis zuletzt der Wohnung verwiesen hat. Sie ahnte, dass es so aussehen würde. Ich hatte von alledem keine Ahnung. Natürlich habe ich es nicht schaffen können, meine Eltern davon abzuhalten, bei ihm zu Hause Ordnung zu machen. Ich meinte, es sind seine Privatsachen und wir haben nicht das Recht darin herumzuwühlen. Ich wollte nur alles Schimmelige entsorgen und das wars. Ich ging auch davon aus, dass er langfristig in Behandlung sei und schließlich selbst sein Chaos mit Hilfe beseitigen wollte. Zumindest wollte ich ihm die Chance dazu lassen. Dass er WIEDEREINMAL von meinen Eltern bevormundet wurde, indem sie das in die Hand genommen haben, wird er ihnen wahrscheinlich so übel nehmen, dass er komplett mit ihnen bricht. Ich weiß nicht, ob ich noch an ihn herankommen werde, wenn er wieder zu Hause ist und wir einen Rückfall überhaupt mitbekommen werden. Wir haben keine Ahnung wie wir ihm nun helfen können, da er selbst ja jegliche Hilfe ablehnt. Ich durfte bspw. NIE von seinem Asperger wissen. Ich hätte ihm gerne gezeigt, dass ich weiter zu ihm stehe. Dann hätte er jedoch gemerkt, dass er meiner Mutter nicht vertrauen kann, weil sie es mir erzählt hat. Um also sein Vertrauensverhältnis aufrecht zu erhalten, habe ich stillschweigen bewahrt (was womöglich auch nicht der beste Zug war).
Gibt es jmd. mit ähnlichen Erfahrungen? Wie gehen wir damit um? Wir können ihn ja nicht bevormunden, aber er braucht de facto Hilfe. Er kommt selbst überhaupt nicht zurecht und das Messie-Syndrom ist ja noch das glimpflichere. Ich weiß nicht, wie sich die mögliche Schizophrenie entwickelt, da sie ja nun in keiner Weise behandelt wird. Für mich ist es nur eine Frage der Zeit, bis es wieder schlimmer wird. Dann aber nicht auf einem Geburtstag in der Familie, sondern beim Einkaufen oder auf der Arbeit.