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Selbstschutz Umgang

B
Hallo zusammen,
bin neu hier und beschäftige mich aktuell zum ersten mal inhaltlich mit Depressionen. Ich entschuldige mich vorab wenn das hier der tausendste Thread mit den selben Fragen sein sollte, aber dazu bin ich noch zu frisch im Forum und in dem Thema an sich.

Zu mir:
Ich bin nur Angehöriger und leide selbst nicht unter einer Erkrankung/Einschränkung oder dergleichen. Bin fast 35 Jahre alt, lebensfroh, bodenständig, bisl extrovertiert, sportlich und würde mich mental als ausgeglichen bezeichnen.

Meine bisherigen Begegnungen mit dieser Krankheit beschränken sich auf das was man in der Öffentlichkeit/Medien etc. darüber mitbekommt. Sowie ein guter Bekannter/Kumpel welcher sich (vermutlich an einer Depression leidend, so 100% weiß ich das nicht) vor einigen Jahren das Leben nahm.

Kontext:
Nun betrifft mich das Thema aber seit neustem sehr direkt, da eine mir sehr nahe stehende Person kürzlich die Diagnose einer Depressiven Verstimmung bekam. Bzw. ist dies der aktuelle Verdacht mit Empfehlung einen Therapieplatz zu suchen. Ich bin nicht gerade der Paniker und eher darauf bedacht abzuwarten was weitere Erkenntnisse bringen. Ich habe gelesen dass sich solch eine erste Einschätzung/Empfehlung auch als falsch oder zumindest gut heilbar herauststellen kann. Natürlich kann im Rahmen dieses Prozesses aber auch eine richtige oder schwere Depression festgestellt werden. Das lässt sich jetzt noch nicht sagen.

Fragen:
Was den Umgang mit einer Depression angeht, so liest man sehr viele Dinge die man als Angehöriger vermeintlich tun oder nicht tun sollte. In diesen Aufzählungen treffe ich immer wieder auf Widersprüche, was es mir schwer macht den richtigen Umgang zu finden.

Dann würde mich außerdem interessieren was so erfahrungsgemäß die ersten sinnvollen Schritte sind sich zu informieren?Das ist offenbar auch eine Kunst für sich. Einige empfehlen Bücher, andere die Telefonseelsorge, wieder andere verweisen auf Selbsthilfegruppen für Angehörige. Ich fühle mich da noch ein wenig überrollt von den ganzen Informationen (vielleicht auch von der Situation) und möchte mich einfach strukturieren. Zum einen damit ich möglichst schnell lerne richtig zu reagieren aber natürlich auch in Hinblick auf die eigene Grenzen und wie ich mich selbst schütze um weiterhin der Ruhepol- bzw. die starke Schulter zu bleiben.

Ich danke euch vielmals!
LG

29.09.2022 13:11 • x 1 #1


steelrose
Hallo @Bifi,

ich finde es toll, dass Du Dich als Angehöriger auf die Suche nach Unterstützung begeben hast.

Dass Du viele unterschiedliche, teilweise widersprüchliche Ratschläge zum Umgang findest, liegt vermutlich in der Natur der Krankheit: sie zeigt sich eben auch sehr individuell. Meiner Erfahrung nach ist es hilfreich, wenn nahestehende Personen einfach ein Ohr zum Zuhören bieten ohne direkt helfen oder lösen zu wollen. Dadurch kann die/der Betreffende Dir vermutlich auch relativ gut sagen, was sie/er für sich persönlich als hilfreich empfindet, was sie/er sich aktuell zutraut, was nicht - eben wie sie/er sich den Umgang wünscht.

Um selber stark zu bleiben, solltest Du darauf achten, weiterhin deinen Interessen, Hobbies etc. nachzugehen und dein Leben nicht gänzlich auf die erkrankte Person auszurichten. Und auch wenn jemand depressiv ist, darf (und sollte m.E. auch) man ihm gegenüber trotzdem äußern, wenn man etwas anstrengend empfindet oder unsicher im Umgang ist oder sich etwas von ihm wünscht. Hilfreich dabei natürlich: empathische Ich-Botschaften ohne Druck.

Last but not least: Akzeptanz, das grad manches nicht so ist wie gewohnt. Das fällt den Betroffenen selber schon sooo schwer, da tut es gut, wenn das Umfeld ausstrahlen kann: ja, ist jetzt halt so, ist ok, mach dir keinen Kopf.

viele Grüße,
-steelrose-

29.09.2022 20:28 • x 3 #2


A


Hallo Bifi,

Selbstschutz Umgang

x 3#3


B
Danke für die tollen Worte aber auch für dein Verständnis. Jetzt wo du es hervorhebst erscheint es mir auch logisch dass die Erkrankung sich vor allem dadurch auszeichnet wie unterschiedlich jeder diese erfährt, wenn auch die Symptome ähnlich sein mögen.

Ich werde mich bemühen meine Kommunikation auf Ich-Botschaften zu optimieren. Akzeptanz, muss ich sagen, fiel mir schwer... zumindest bis die Diagnose stand. Wobei das ein weiterer Punkt ist. Ich habe noch nicht ganz begriffen ob wir hier von einer Diagnose sprechen oder von einer Einschätzung welche in einer Verifikation münden muss. Irgendwo befindet sich besagte Person auf dem Spektrum der Depression. Dessen bin ich mir sicher. Ohne mir eine Expertise zuzusprechen bin ich dennoch durch eigene Recherche sehr stark in meiner Annahme bekräftigt, dass wir hier von einer ernstzunehmenden Thematik sprechen. Nur das Ausmaß gilt es noch zu verifizieren. Wir leben in fantastischen Zeiten in denen man auf Menschen wie dich über das Internet ran kommt um von den Erfahrungen anderer zu profitieren. Vielen Dank!

Was mich selbst anbelangt so fokussiere ich mich gerade mehr den je auf Sport und meinen Job. Ich hoffe hiermit ein stabiles Fundament zu bauen womit ich zukünftig auch entsprechend stark unterstützen kann. Was auch kommen mag. Aber die Balance zwischen Selbstpflege und Empathie ist nicht so einfach und ich fürchte ich werde mir hier noch den einen oder anderen Realitätscheck holen müssen

29.09.2022 20:56 • x 2 #3


Wuslchen
Hallo Bifi,

ganz vieles hat @steelrose schon gesagt, dem kann ich uneingeschränkt zustimmen.

Wichtig ist, dass du dich abgrenzt. Es ist nicht dein Problem, auch wenn das hart klingt, aber es kann schnell gehen, dass sich Angehörige zu sehr die Probleme zu eigen machen. Und irgendwann schläfst du schlecht, obwohl es anfangs gar nicht dein Thema war. Darum gönne dir alles, was dir gut tut und Spaß macht, auch wenn die betroffene Person z.B. darunter leidet an all solchen Dinge keine Freude oder keine Kraft mehr dafür zu haben; das heißt nicht, dass sie dir keinen Spaß mehr machen dürfen.

Ansonsten gibt es in meinen Augen eine absolute Prämisse: da sein, anerkennen, ernst nehmen. Zuhören und da sein reicht, ein Ratschlag kann auch ein Schlag sein und ganz oft ist es wichtig gerade nichts zur Verbesserung beitragen zu wollen, weil das ganz schnell den Eindruck vermittelt, dass das Problem nicht da sein darf und weggemacht werden soll.

Und jeder Mensch ist anders, selbst wenn sich Symptome ähneln. Wer viel Literatur liest, kann auch dazu neigen schnell in eine Art unterbewusste Ferndiagnostik oder Laiendiagnostik zu geraten. Meiner persönlichen Meinung nach ist es wichtig, dass sich vor allem die betroffene Person sehr gut informiert über ihre Problematik und dann den Angehörigen vielleicht sagt in welchen Büchern oder auf welchen Websites die eigene Ausprägung der Depression gut dargestellt wird. Denn Depressionen zeigen sich so völlig unterschiedlich und auf diese Art gerät man nicht in die Falle sich ein ganz falsches Bild zu machen, dem die betroffene Person dann irgendwie so gar nicht entspricht...

Alles Liebe für euch auf diesem Weg wünscht aber erstmal

das Wuslchen

29.09.2022 21:16 • x 3 #4


B
@Wuslchen
ok, damit triffts du den Nagel auf den Kopf. Etwas gruselig, als könntest du in meinen Kopf sehen ^^
Es stimmt, Ferndiagnostik oder Laiendiagnostik ist ein Laster meinerseits. Ich verfalle gerne in Muster welche mich zu einer vermeintlichen Diagnostik verführen. Das liegt an meinem Wissensdurst und meiner Bestrebung mich stets gründlich zu informieren. Dadurch bilde ich mir manchmal ein, halb-fachkundig zu sein. Was natürlicher ein Fantasie Konstrukt ist.

So viel Selbstreflektion und Ehrlichkeit muss sein

Und auch hier kann ich auch nur nicken - ein Ratschlag kann auch ein Schlag sein

Jap, das ist mit Sicherheit ein Satz den ich noch verinnerlichen muss. Ich werde besagte Person motivieren mir ihre Sicht der Dinge besser zu vermitteln. Womöglich mit ein paar Quellen, ohne meinen Zwischenstand. Halte mich raus. Und ohne gleich auf eine Lösung zu drängen. Danke auch Dir!

29.09.2022 21:36 • x 2 #5


steelrose
Zitat von Wuslchen:
Ansonsten gibt es in meinen Augen eine absolute Prämisse: da sein, anerkennen, ernst nehmen. Zuhören und da sein reicht, ein Ratschlag kann auch ein Schlag sein und ganz oft ist es wichtig gerade nichts zur Verbesserung beitragen zu wollen, weil das ganz schnell den Eindruck vermittelt, dass das Problem nicht da sein darf und weggemacht werden soll.

Vielen Dank @Wuslchen - so klar konnte ich es gar nicht ausdrücken.


Zitat von Bifi:
Ich werde besagte Person motivieren mir ihre Sicht der Dinge besser zu vermitteln. Womöglich mit ein paar Quellen, ohne meinen Zwischenstand. Halte mich raus. Und ohne gleich auf eine Lösung zu drängen.

Aber auch hier möchte ich noch mitgeben: versuche das nach Möglichkeit nicht von Dir aus zu treiben. Biete einfach nur die Option, dass die Person weiß, dass sie sich bei Dir öffnen und sprechen kann, wenn sie das möchte. Leider ist das tatsächlich auch ein schmaler Grat zwischen Angebot und Drängen zum Gespräch. Halte mich raus (aber nicht fern) ist erstmal eine gute Haltung. Die einfache Frage: Wie fühlst Du dich gerade? kann ganz viel öffnen, manchmal auch Tränenschleusen, und manchmal ist ich weiß es nicht die vollumfängliche und tatsächlich zutreffende Antwort, der in einem solchem Moment auch nichts hinzugefügt werden kann.

29.09.2022 23:15 • x 1 #6

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