Liebe alonebrokegirl
Auch wenn ich mich nicht mit Messer oder Schere selbst verletze, ist mir der Impuls, mir körperlich weh zu tun, nicht fremd. Ich schlage dann vielleicht mal mit dem Kopf gegen eine Wand. Manchmal übernimmt auch das Unterbewusstsein die Arbeit, indem es mich ohne bewusste Absicht in den Finger schneiden oder sonst einen Unfall machen lässt.
Für mich drückt sich darin aus, dass der seelische Druck und Schmerz zu mächtig ist. Es ist dann noch das kleinere Übel, einen körperlichen Schmerz zu empfinden. Der ist wenigstens konkret sichtbar und man kann sich um ihn kümmern, ihn wieder versorgen. Und er bringt einen sozusagen wieder auf den Boden, indem er die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ich bin überzeugt, auch viele schwerere Erkrankungen haben mindestens teilweise ihre Wurzeln darin, dass betroffene Menschen von der seelischen Last überfordert sind und keine Möglichkeit haben, sei es äusserlich oder von innen her, diese therapeutisch wirksam zu behandeln. Dann drückt sich das im Körper aus. Genau genommen ist das auch eine Selbstverletzung.
Vielleicht magst du erstmal versuchen, diesbezüglich ein wenig nachsichtiger bzw. verständnisvoller mit dir selbst zu sein. Es ist kein Verbrechen und auch kein Versagen, wenn du dich schneidest. Es ist ein Notruf der Seele. Du schreibst, du bist in Behandlung. Fühlst du dich dort aufgehoben, gehört, ernst genommen und verstanden? Wenn ja, bring dein Problem dort ein und versuche, seinen Wurzeln auf die Spur zu kommen. Ich vermute, dir wurde in deiner Geschichte das Selbstwertgefühl immer wieder zerstört oder man liess es gar nicht erst aufkommen, sondern dir wurde vermittelt, dass du z.B. unfähig, ein Nichts oder eine Last seist. Kann das sein? Viele von uns hier kennen solche Erfahrungen, ich auch. Sie sind grausam und verheerend für die seelische Entwicklung. Kein Wunder dann, dass manche Menschen versuchen, sich selbst zu bestrafen für die Zumutung, die sie offenbar seien für die Welt.
Wenn du dir aber unsicher bist, ob die Therapie etwas bringt, wenn du dich nicht wirklich verstanden fühlst, dich auch nicht ganz öffnen kannst, bist du möglicherweise am falschen Ort. Dann wäre es gut, dich anderweitig umzusehen. Was leider bei dem Therapeutenmangel nicht ganz einfach ist. Hast du eine gute Freundin, der du vertraust? Redest du mit ihr darüber? Auch das wäre in einem ersten Schritt wichtig - dass du nicht ganz alleine bist mit deiner Not.
Ich wünsche dir von Herzen Erleichterung und baldige, gute Hilfe.
Stromboli
30.01.2024 08:04 •
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