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Suche nach Sünden in der Kindheit

E
Hallo,

Mir fällt es oft schwer den Unterschied zwischen meinem Grübelzwang und der Depression zu ziehen bzw. zu wissen was zu erst da ist - die Depression oder der Grübelzwang. Mittlerweile glaube ich fast, dass am Anfang die Depression bei mir steht. Ich sehe es mittlerweile als Fieber, eine Reaktion des Körpers um zu heilen, nachdem man viel zu lange auf hochtouren gelaufen ist kommt sie und auf einmal geht nichts mehr. Mein Kopf fragt sich dann wohl Misst was ist los, warum fühlst du dich so unglaublich schlecht, dafür muss es doch einen Grund geben! und wenn du diesen findest, geht es dir bestimmt wieder gut und dann fängt das Grübeln an. Ich fühle mich dann einfach wie der letzte Mensch ohne Selbstwertgefühl und voller Schuldgefühle. Wenn man sich schuldig fühlt, muss es ja auch Dinge, geben welche einem zu so einem schlechten Menschen machen - also grübel ich über die Abgründe in mir und meiner Vergangenheit. Dinge die falsch an mir sein könnten, Dinge die ich als Kind falsch gemacht habe, oder wo ich vielleicht als Kind nicht normal war. Da werde ich fündig, ich finde Dinge, welche meine Therapeuten und meine Frau als Kleinigkeiten sehen. Ich hingegen Analysiere, google, spinne es weiter und grübel was das Zeug hält, denn ich will den Punkt erreichen wo ich mir selber auf die Schulter klopfe und sagen kann Ach schau, du bist doch ein toller Typ, ein wertvoller Mensch, du kannst wieder Selbstvertrauen haben. Dieses kurze schöne Gefühl, wenn die Schuldgefühle von einem abfallen. Wie eine Dro., die man dann leider bald wieder brauch, um sich nicht so unglaublich mies zu fühlen.

Welche Rolle spielt Grübeln für euch während eurer Depression? Ist das grübeln über unsere Vergangenheit unsere Sünden, die Suche nach dem falschen in uns eine bekannte Eigenschaft einer Depression? Kann ich darauf hoffen, dass wenn die Depression nachlässt, auch die Schuldgefühle, welche ich mir mache wieder nachlassen?

27.03.2022 22:01 • x 1 #1


Stromboli
Hallo Lungo und willkommen hier!

Grübeln/Gedankenkreisen, Schuld- und Versagensgefühle gehören definitiv zu den typischen Zutaten von Depressionen. Auch dass du deine Kindheit analysierst und dich dabei falsch oder sogar sündig fühlst, verwundert nicht im Zusammenhang mit Depressionen. Nicht alle Depressiven neigen zum Analysieren ihrer Vergangenheit, aber ich würde behaupten, in aller Regel liegen Kindheitsumstände vor, welche die Entwicklung eines gesunden Selbstwertgefühls behindert oder verunmöglicht haben. Dass du dich selbst schlecht, falsch oder sündhaft siehst, ist die Verinnerlichung von Botschaften, die dein Umfeld dir offen oder durch nonverbale Signale vermittelt hat. Weil die Erwachsenen ja aus kindlicher Sicht recht haben müssen, empfindet es dann logischerweise, dass mit ihm selbst etwas falsch sein muss. Der sogenannte innere Kritiker entwickelt sich und macht dich von innen heraus immer wieder runter. Bei vielen Depressiven ist dadurch die Fähigkeit verloren gegangen zu fühlen, z.B. fröhlich, traurig, wütend usw zu sein, weil sie mit dem lebendigen Ausdruck ihrer Gefühle viel Ablehnung erfahren haben.

Es braucht meistens einen längeren therapeutischen Prozess, viel Geduld und Ausdauer, um da rauszufinden und dich selbst lieb haben zu lernen. Aber er lohnt sich.

Ich wünsche dir dazu viel Kraft und die richtigen Menschen, die dich dabei unterstützen.

Herzlich, Stromboli

28.03.2022 10:02 • #2


E
Danke dir für die Antwort. Als sich diesmal die Depression angeschlichen hat, konnte ich gut merken, dass es gar nicht aus einer Grübelei aus ging.
Ich habe sehr viel gearbeitet, habe wenig positive Erlebnisse und Unternehmungen gehabt. Auf einmal wurde ich eines Tages bleiernd müde, Antriebslos und ich bekam Schwindel. Einige Tage später erst setzten die heftigen schuldbehafteten Grübeleien wieder ein, welche mein Körper sich wohl sucht, damit er etwas hat woran er sich festhalten kann. Ich bekomme so manchmal kurzzeitige Erleichterung, aber dann will ich wieder grübeln und wenn ich es nicht schaffe mich zu beruhigen kommen die Depressionen umso schwerer zurück .

Ich bin gerade dabei mein Duloxetin abzusetzen und fange ende dieser Woche mit Venlaflaxin an. Ich hoffe es hilft mir. Es wäre dann das 4. Serotonin wiederaufnahmehemmer. Manchmal glaube ich, dass evtl. ein Psychotikum mir besser helfen würde, weil sich meine Analysieren und meine Grübeleien manchmal wie ein Wahn anfühlen .

Danke euch

28.03.2022 11:58 • x 1 #3

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